Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Kassationshof in Strafsachen 6S.345/2003
Zurück zum Index Kassationshof in Strafsachen 2003
Retour à l'indice Kassationshof in Strafsachen 2003


6S.345/2003 /kra

Urteil vom 15. Januar 2004
Kassationshof

Bundesrichter Schneider, Präsident,
Bundesrichter Karlen, Ersatzrichterin Pont Veuthey,
Gerichtsschreiber Monn.

X. ________,
Beschwerdeführer,

gegen

Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau,
Frey-Herosé-Strasse 12, Wielandhaus, 5001 Aarau.

Vernachlässigung von Unterhaltspflichten,

Nichtigkeitsbeschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Aargau,
2. Strafkammer,
vom 16. Juni 2003.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Mit Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich vom 27. Mai 1999 wurde
X.________ verpflichtet, für seine beiden 1992 und 1996 geborenen Söhne
Unterhaltsbeiträge von je Fr. 600.-- bzw. ab deren zwölftem Altersjahr von je
Fr. 650.-- zu bezahlen. Von August 2000 bis Mai 2002 kam er dieser
Verpflichtung nicht nach.

Das Bezirksgericht Lenzburg sprach X.________ am 6. Februar 2003 der
Vernachlässigung von Unterhaltspflichten gemäss Art. 217 Abs. 1 StGB schuldig
und bestrafte ihn mit sechs Wochen Gefängnis, bedingt aufgeschoben bei einer
Probezeit von zwei Jahren. Das Obergericht des Kantons Aargau, 2.
Strafkammer, wies am 16. Juni 2003 eine dagegen gerichtete Berufung des
Verurteilten ab.

X. ________ führt eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde und beantragt, das
Urteil des Obergerichts sei ausser Kraft zu setzen, d.h. aufzuheben.

2.
Der Vernachlässigung von Unterhaltspflichten macht sich gemäss Art. 217 StGB
schuldig, wer diese Pflichten nicht erfüllt, obschon er über die Mittel dazu
verfügt oder verfügen könnte. Damit wird auch erfasst, wer zwar nicht über
ausreichende Mittel zur Pflichterfüllung verfügt, es jedoch unterlässt, ihm
offen stehende und zumutbare Möglichkeiten zum Geldverdienen zu ergreifen.
Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung muss der Unterhaltspflichtige in
einem Umfang einer entgeltlichen Tätigkeit nachgehen, der es ihm erlaubt,
seine Unterhaltspflichten zu erfüllen. Das Recht auf freie berufliche
Tätigkeit wird beschränkt durch die Pflicht des Unterhaltspflichtigen. Dieser
muss deshalb gegebenenfalls sogar seine Stelle oder seinen Beruf wechseln,
soweit es ihm zuzumuten ist (BGE 126 IV 131 E. 3).

Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, dass er gegenüber seinen beiden Söhnen
unterhaltspflichtig ist und dass er von August 2000 bis Mai 2002 keine
Zahlungen geleistet hat (angefochtener Entscheid S. 8 lit. b). Er macht
geltend, nachdem er aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr in seinem
angestammten Beruf habe arbeiten können, habe er seit 1989 (recte wohl 1999)
ein Geschäft für Zauberartikel und Informatikdienstleistungen gegründet. Die
daraus resultierenden Einnahmen hätten in der Folge für die Zahlung der
Unterhaltsleistungen nicht ausgereicht. Zwar habe er Fehler gemacht, aber er
habe zu keinem Zeitpunkt jemandem Schaden zufügen wollen (vgl. Beschwerde S.
1/2).

Die Vorinstanz, auf deren Ausführungen hier verwiesen werden kann (vgl.
angefochtener Entscheid S. 8 - 10 lit. c - e), kommt zum Schluss, dass dem
Beschwerdeführer zum einen Fr. 500.-- bzw. in den letzten beiden in Frage
stehenden Monaten Fr. 200.-- über das betreibungsrechtliche Existenzminimum
hinaus zur Verfügung gestanden hätten, mit denen er wenigstens einen Teil der
Unterhaltsbeiträge hätte bezahlen können. Diese Feststellung der Vorinstanz
ist im vorliegenden Verfahren verbindlich (Art. 277bis Abs. 1 Satz 2 BStP),
und soweit der Beschwerdeführer etwas anderes behauptet, ist darauf gestützt
auf Art. 273 Abs. 1 lit. b BStP nicht einzutreten. Zum zweiten hat der
Beschwerdeführer nach der Darstellung der Vorinstanz nicht alles Zumutbare
unternommen, um seine Arbeitskraft im Rahmen eines Berufswechsels ökonomisch
optimal zu nutzen. Auch der Beschwerdeführer schliesst nicht aus, dass er bei
Annahme einer Vollzeitstelle "vielleicht" mehr finanzielle Mittel gehabt
hätte (Beschwerde S. 1 unten). Er sei jedoch irrtümlich der Meinung gewesen,
er werde genügend Geld für sich und die Unterhaltszahlungen verdienen
(a.a.O.). Diese Behauptung ist offensichtlich verfehlt. Der Beschwerdeführer
hat die Unterhaltszahlungen nicht nur während einer kurzen Zeit, sondern
während beinahe zweier Jahre nicht geleistet. Während dieser langen Zeitdauer
hat er zweifellos gemerkt, dass er nicht genug Geld verdient. Davon, dass er
"mit bestem Willen zusätzliche Erwerbsquellen erschlossen" hätte (Beschwerde
S. 2 oben), kann angesichts der im vorliegenden Verfahren verbindlichen
Feststellungen der Vorinstanz nicht die Rede sein. Der angefochtene
Schuldspruch ist bundesrechtlich nicht zu beanstanden und die Beschwerde
deshalb abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann.

3.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens hat der Beschwerdeführer die
bundesgerichtlichen Kosten zu tragen (Art. 278 Abs. 1 BStP).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde wird abgewiesen, soweit darauf
einzutreten ist.

2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Staatsanwaltschaft des Kantons
Aargau und dem Obergericht des Kantons Aargau, 2. Strafkammer, schriftlich
mitgeteilt.

Lausanne, 15. Januar 2004

Im Namen des Kassationshofes
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Der Gerichtsschreiber: