Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Kassationshof in Strafsachen 6S.33/2003
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6S.33/2003 /pai

Urteil vom 2. April 2003
Kassationshof

Bundesrichter Schneider, Präsident,
Bundesrichter Wiprächtiger, Kolly,
Gerichtsschreiberin Giovannone.

X. ________,
Beschwerdeführer, vertreten durch Advokat Alain Joset, Rebgasse 15, 4410
Liestal,

gegen

Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Landschaft, Bahnhofplatz 16, 4410
Liestal.

Strafzumessung (Art. 63 StGB),

Nichtigkeitsbeschwerde gegen das Urteil des Kantonsgerichts Basel-Landschaft,
Abteilung Zivil- und Strafrecht, vom 19. November 2002.

Sachverhalt:

A.
Das Strafgericht des Kantons Basel-Landschaft sprach X.________ am 12. April
2002 der mehrfachen, teilweise qualifizierten Widerhandlung gegen das
Betäubungsmittelgesetz sowie der Geldwäscherei, begangen zwischen Anfang Juli
und Ende August 2001, schuldig. Als teilweise Zusatzstrafe zu zwei Urteilen
des Strafbefehlsrichters Basel-Stadt vom 10. und 16. Juli 2001 verurteilte es
ihn zu einer Gefängnisstrafe von zwei Jahren und zu einer unbedingten
Landesverweisung von 10 Jahren.

Auf Appellation von X.________ und seines im gleichen Entscheid verurteilten
Mittäters bestätigte das Kantonsgericht Basel-Landschaft, Abteilung Zivil-
und Strafrecht, das Urteil des Strafgerichts am 19. November 2002
vollumfänglich.

B.
X.________ ficht das kantonsgerichtliche Urteil mit eidgenössischer
Nichtigkeitsbeschwerde an und beantragt Aufhebung und Rückweisung an die
Vorinstanz zu neuer Entscheidung. Gleichzeitig ersucht er um Gewährung der
aufschiebenden Wirkung sowie um Bewilligung der unentgeltlichen Rechtspflege
und Verbeiständung.

C.
Mit Verfügung vom 7. Februar 2003 ist der Kassationshof des Bundesgerichts
auf das Gesuch um aufschiebende Wirkung mangels Begründung nicht eingetreten.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
In der Nichtigkeitsbeschwerde hat der Beschwerdeführer zumindest kurz
darzulegen, welche Bundesrechtssätze und inwiefern sie durch den
angefochtenen Entscheid verletzt seien (Art. 273 Abs. 1 lit. b BStP; BGE 129
IV 6 E. 5.1). Vorliegend bringt der Beschwerdeführer lediglich vor, die
verhängte Strafe von zwei Jahren Zuchthaus verstosse gegen Art. 63 StGB, ja
sie sei im Sinne von Art. 9 BV willkürlich. Die Beschwerde richtet sich somit
allein gegen die Strafzumessung. Soweit sich die Rechtsbegehren des
Beschwerdeführers auch auf den Schuldspruch wegen mehrfacher, teilweise
qualifizierter Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz sowie wegen
Geldwäscherei beziehen, ist darauf nicht einzutreten.

1.1 Der Begriff des Verschuldens im Sinne von Art. 63 StGB beinhaltet den
gesamten Unrechts- und Schuldgehalt der konkreten Straftat. Für die
massgeblichen Faktoren, die nach ständiger Praxis des Bundesgerichts im
Rahmen der "Tatkomponente" und der "Täterkomponente" zu beachten sind, kann
auf BGE 129 IV 6 E. 6.1 verwiesen werden.

Bei der Beurteilung des Verschuldens und der Strafzumessung steht dem
Sachgericht ein erheblicher Spielraum zu. Das Bundesgericht greift nur ein,
wo das kantonale Gericht den gesetzlichen Strafrahmen über- oder
unterschreitet, von rechtlich nicht massgebenden Gesichtspunkten ausgeht oder
wenn es wesentliche Gesichtspunkte ausser Acht gelassen bzw. in
Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens falsch gewichtet (BGE 127 IV 101
E. 2c mit Hinweisen).

Angesichts des erheblichen Ermessensspielraums verlangt das Bundesgericht,
dass das Sachgericht nachvollziehbar darlegt, wie sich das Strafmass
rechtfertigt. Der Begründung muss entnommen werden können, ob alle rechtlich
massgebenden Gesichtspunkte berücksichtigt und wie sie gewichtet werden. Das
Sachgericht ist aber nicht verpflichtet, im Urteil in absoluten Zahlen oder
Prozenten anzugeben, inwieweit es bestimmten Tatsachen strafmindernd oder
-erhöhend Rechnung trägt. Verweist die obere kantonale Instanz bei der
Strafzumessung auf die Begründung durch die Vorinstanz, geht sie aber von
einem wesentlich geringeren Deliktsbetrag aus und führt zudem strafmindernde
Gründe an, welche die untere Instanz nicht berücksichtigt hat, so darf sie
die von der ersten Instanz ausgefällte Strafe nicht ohne weitere Begründung
als angemessen ansehen (BGE 118 IV 18 E. 1c/bb). Ein an einem
Begründungsmangel leidendes Urteil hebt das Bundesgericht allerdings nur auf,
sofern der Mangel schwer wiegt und der Entscheid auch im Ergebnis Bundesrecht
verletzt. Insgesamt kommt es allein darauf an, dass die gefundene Strafe
unter Berücksichtigung aller massgeblichen Strafzumessungsfaktoren im
Ergebnis bundesrechtlich vertretbar ist (vgl. BGE 127 IV 101 E. 2c; 122 IV
265 E. 2d S. 269, je mit Hinweisen).

1.2 Im zu beurteilenden Fall legt das Kantonsgericht seiner Strafzumessung in
Anwendung von Art. 19 Ziff. 1 Abs. 2 und Ziff. 2 BetmG einen Strafrahmen von
einem bis zwanzig Jahren Freiheitsentzug zugrunde. Das Tatverschulden
beurteilt es insgesamt als schwer. Zu Lasten des Beschwerdeführers wirkten
sich nicht nur die qualifizierte Menge der involvierten Drogen und die
bandenmässige und gewerbsmässige Tatbegehung sowie der Tatbestand der
Geldwäscherei aus, sondern auch der Umstand, dass er den Drogenhandel vorab
aus finanziellen Motiven betrieben habe. Einsicht oder Reue könne ihm nicht
zugute gehalten werden. Strafschärfend stellt das Kantonsgericht die
Tatmehrheit sowie die Rückfälligkeit im Sinne von Art. 67 Ziff. 1 StGB in
Rechnung. Die mehrfachen, teilweise einschlägigen Vorstrafen und das
gleichzeitige Vorliegen mehrerer Qualifikationsgründe gemäss Art. 19 Ziff. 2
BetmG bezieht es straferhöhend in seine Würdigung ein. Zu Gunsten des
Beschwerdeführers berücksichtigt es in Anwendung von Art. 64 Abs. 9 StGB sein
jugendliches Alter zur Tatzeit und sein in der Voruntersuchung abgelegtes
Teilgeständnis.

1.3 Der Beschwerdeführer wirft dem Kantonsgericht zur Hauptsache vor, es
bestätige das Strafmass des erstinstanzlichen Urteils, obwohl es ihm anstelle
der erstinstanzlichen 500 g Kokaingemisch lediglich 110 g Kokaingemisch
anlaste und damit die zurechenbare Drogenmenge erheblich reduziere. Dabei
gewichte es die übrigen Strafzumessungskriterien nicht anders als die erste
Instanz. Entweder lasse das Kantonsgericht also die Deliktsmenge als
wesentliche Tatkomponente ausser Acht, womit sein Urteil fehlerhaft sei, oder
es berücksichtige sie, aber dann sei das Urteil widersprüchlich. Jedenfalls
sei die Strafzumessung aufgrund der Begründung nicht plausibel, was zur
Aufhebung des angefochtenen Urteils führen müsse.

1.4 Das Strafgericht ging als erste Instanz aufgrund der nachgewiesenen Kauf-
und Verkaufsmengen von einer strafrechtlich relevanten Gesamtmenge von 110 g
Kokaingemisch aus. Überdies rechnete es dem Beschwerdeführer beschlagnahmte
sowie für den Lebensunterhalt verbrauchte Gelder von rund Fr. 10'000.-- als
Drogenerlös an. Von diesem Betrag schloss es unter Annahme einer Gewinnmarge
von Fr. 20.-- auf eine strafrechtlich relevante Menge von insgesamt
mindestens 500 g Kokaingemisch (Urteil des Strafgerichts S. 16 f.).

Das Kantonsgericht legt seinem Urteil ebenfalls 110 g Kokaingemisch aus
nachgewiesenen Käufen und Verkäufen zugrunde. Wie die erste Instanz nimmt es
zudem an, dass der Beschwerdeführer zusammen mit seinem Mittäter insgesamt
Fr. 10'000.-- aus dem Drogenhandel erwirtschaftet hat. Diese beträchtliche
Summe wertet es als Indiz, dass der Beschwerdeführer in kurzer Zeit hohe
Geldbeträge generiert und dementsprechend grosse Mengen umgesetzt hat (Urteil
des Kantonsgerichts S. 9 und 13).
Wie das Strafgericht geht demnach das Kantonsgericht von einem Drogenerlös
von Fr. 10'000.-- aus. Diesen Betrag rechnet es zwar nicht in die mutmasslich
gehandelte Menge um, schliesst aber ebenfalls auf eine dementsprechend grosse
Menge umgesetzter Drogen. Die Behauptung des Beschwerdeführers, wonach das
Kantonsgericht von einer fünfmal kleineren Drogenmenge ausgehe, ist deshalb
unzutreffend. Damit entfällt die Argumentationsgrundlage der
Nichtigkeitsbeschwerde: Entgegen dem Vorbringen des Beschwerdeführers liegt
dem Kantonsgerichtsurteil kein geringeres Ausmass des verschuldeten Erfolges
zugrunde, das angesichts der Bestätigung des Strafmasses durch zusätzliche
Umstände kompensiert werden müsste, die dem Beschwerdeführer anzulasten
wären. Somit lässt das Kantonsgericht weder einen wesentlichen Faktor im
Rahmen der Tatkomponente ausser Acht, noch leidet sein Urteil an einem
Widerspruch.

1.5 Die Strafzumessung des Kantonsgerichts verstösst auch sonst nicht gegen
Bundesrecht: Anders als der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde glauben
machen will, verweist das Kantonsgericht nicht etwa einfach nur auf die
Begründung des Strafgerichts, sondern nimmt selbst eine Gesamtwürdigung vor.
Dabei trägt es den massgeblichen Kriterien der Strafzumessung Rechnung. Die
zur Anwendung gebrachten Strafschärfungs- und Strafmilderungsgründe ficht der
Beschwerdeführer zu Recht nicht an. Bundesrechtskonform ist ferner, dass das
Kantonsgericht die teilweise einschlägigen Vorstrafen sowie das
Zusammentreffen mehrerer qualifizierender Merkmale gemäss Art. 19 Ziff. 2
BetmG straferhöhend mit einbezieht (BGE 120 IV 330 E. 1c/bb). Insgesamt
erscheint denn auch die verhängte Strafe von 2 Jahren Gefängnis und einer
unbedingten Landesverweisung von 10 Jahren als bundesrechtlich vertretbar.

2.
Die Nichtigkeitsbeschwerde ist demnach abzuweisen, soweit darauf eingetreten
werden kann. Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind dem Beschwerdeführer die
Kosten des Verfahrens vor Bundesgericht aufzuerlegen (Art. 278 Abs. 1 BStP).
Seinem Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege kann nicht entsprochen werden,
da seine Rechtsbegehren von vornherein aussichtslos waren (Art. 152 Abs. 1
OG). Den finanziellen Verhältnissen des Beschwerdeführers ist mit einer
reduzierten Gerichtsgebühr Rechnung zu tragen.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde wird abgewiesen, soweit darauf
einzutreten ist.

2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.

3.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 800.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt.

4.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Staatsanwaltschaft des Kantons
Basel-Landschaft und dem Kantonsgericht Basel-Landschaft, Abteilung Zivil-
und Strafrecht, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 2. April 2003

Im Namen des Kassationshofes
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Die Gerichtsschreiberin: