Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Kassationshof in Strafsachen 6S.337/2003
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6S.337/2003 /kra

Urteil vom 14. November 2003
Kassationshof

Bundesrichter Schneider, Präsident,
Bundesrichter Wiprächtiger,
Ersatzrichterin Pont Veuthey,
Gerichtsschreiber Weissenberger.

X. ________,
Beschwerdeführer, vertreten durch Fürsprecherin Barbara Boner,
Schauplatzgasse 9, Postfach 678, 3000 Bern 7,

gegen

Generalprokurator des Kantons Bern, Postfach 7475, 3001 Bern.

Missachten des Signals "Einfahrt verboten",

Nichtigkeitsbeschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Bern, 1.
Strafkammer, vom 14. August 2003.

Sachverhalt:

A.
X. ________ fuhr mit seinem Personenwagen am 13. April 2002 in Bern vom
Bubenplatz her kommend bis vor das Hotel Schweizerhof. Er hielt parallel zu
den vor dem Hotel parkierten Fahrzeugen an und fuhr anschliessend rückwärts
an den Fahrbahnrand vor die Schweizerhof-Passage (Bahnhofplatz 9). Dabei
überfuhr er die Wartelinie der dort einmündenden Einbahnstrasse. Er stellte
sein Fahrzeug ab und entfernte sich.

B.
Mit Strafmandat des Untersuchungsrichters 7 des UR-Amtes III Bern-Mittelland
wurde X.________ wegen Nichtbeachtens des Vorschriftssignals "Verbot für
Motorwagen" sowie Parkierens innerhalb des signalisierten Parkverbots bis
zwei Stunden zu einer Busse von Fr. 140.-- verurteilt.

Dagegen erhob X.________ Einsprache. Der Gerichtspräsident 15 des
Gerichtskreises VIII Bern-Laupen verurteilte ihn am 11. Februar 2003 wegen
Missachtens des Signals "Einfahrt verboten" und Parkierens innerhalb des
signalisierten Parkverbots bis zwei Stunden zu einer Busse von Fr. 140.--.

Auf Appellation des Verurteilten hin stellte das Obergericht des Kantons Bern
am 14. August 2003 fest, dass das angefochtene Urteil insoweit in Rechtskraft
erwachsen sei, als X.________ des Parkierens innerhalb des signalisierten
Parkverbots bis zwei Stunden schuldig erklärt worden war. Mit gleichem Urteil
verurteilte das Obergericht X.________ wegen Missachtung des Signals
"Einfahrt verboten" zu einer Busse von Fr. 140.--.

C.
X.________ erhebt eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das
angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zu neuer Beurteilung an die
Vorinstanz zurückzuweisen, soweit er des Missachtens des Signals "Einfahrt
verboten" schuldig erklärt worden sei.

Das Obergericht des Kantons Bern verzichtet auf Gegenbemerkungen (act. 6).

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Bereits gegenüber den Vorinstanzen brachte der Beschwerdeführer vor, die
betreffende Einbahnstrasse beginne nicht auf der Höhe der Wartelinie, welche
entlang der um den Bahnhofplatz führenden Strasse und damit schräg angebracht
sei, sondern auf der Höhe des zurückversetzten Signals "Einfahrt verboten".
Indem er den Bereich zwischen der vorversetzten Wartelinie und dem Signal
befahren habe, habe er das Signal nicht missachtet. Die Wartelinie und das
Signal für die Einbahnstrasse würden nicht zusammenhängen, weshalb die
Wartelinie den Geltungsbereich des Signals nicht erweitern könne. Der
Schuldspruch verletze Bundesrecht (Beschwerde, S. 5 ff.).
1.1 Signale und Markierungen sowie die Weisungen der Polizei sind zu befolgen
(Art. 27 Abs. 1 SVG). Nach Art. 103 Abs. 1 der Signalisationsverordnung vom
5. September 1979 (SSV, SR 741.21)  stehen Signale am rechten Strassenrand.
Sie können am linken Strassenrand wiederholt, über die Fahrbahn gehängt, auf
Inseln gestellt oder in zwingenden Ausnahmefällen ausschliesslich links
angebracht werden. Gemäss Abs. 2 der Norm werden Signale so aufgestellt, dass
sie rechtzeitig erkannt und nicht durch Hindernisse verdeckt werden.

Vorschriftssignale im Sinne von Art. 16 Abs. 1 SSV gelten gemäss Abs. 2
dieser Bestimmung unter Vorbehalt abweichender Bestimmungen an der Stelle
oder von der Stelle an, wo das Signal steht, bis zum Ende der nächsten
Verzweigung. Soll die angekündigte Vorschrift weiter gelten, wird das Signal
dort wiederholt. Nach Art. 18 Abs. 3 SSV zeigt das Signal "Einfahrt verboten"
(2.02, Anhang SSV) an, dass die Einfahrt für alle Fahrzeuge verboten, der
Verkehr aus der Gegenrichtung jedoch gestattet ist. Am andern Ende der
Strasse steht das "Signal Einbahnstrasse" (4.08, Anhang SSV). Diese
Vorschriften werden durch Art. 37 Abs. 3 VRV (SR 741.11) ergänzt, wonach der
Fahrzeugführer auf Einbahnstrassen nicht rückwärts fahren darf, ausser beim
Parkieren, Ankuppeln von Anhängern und dergleichen.

1.2 Gemäss den verbindlichen tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz
überfuhr der Beschwerdeführer beim Rückwärtsfahren zum Parkieren die
Wartelinie der Einbahnstrasse. Da er sich vor dem Rückwärtsfahren noch nicht
in der Strasse selbst befand, findet die Ausnahmevorschrift von Art. 37 Abs.
3 VRV keine Anwendung.
Die fragliche Strasse ist zweispurig. Vor dem Bahnhofplatz trennt eine Insel
die beiden Spuren. Die dem Hotel Schweizerhof am nächsten liegende Spur
mündet in eine von links kommende und um den Bahnhofplatz führende Strasse
ein. Diese beschreibt eine langgezogene Linkskurve. Die Markierung der
Wartelinie folgt der Kurve, weshalb deren beiden Enden nicht auf der gleichen
Höhe stehen. Aus der Sicht des die Einbahnstrasse befahrenden Verkehrs steht
das Signal "Einfahrt" verboten" vor der Strassenmündung links auf einer Insel
in der Mitte der Strasse (die andere Fahrspur darf vom Gegenverkehr befahren
werden). Es steht im Verhältnis zum Beginn der Wartelinie auf der
gegenüberliegenden Strassenseite am Trottoirrand deutlich zurückversetzt
(vgl. Urteil Gerichtskreis VIII Bern-Laupen, S. 1 ff.).

Die Vorinstanzen haben zutreffend angenommen, dass das Fahrverbot ab der
äussersten Markierung der Wartelinie am Trottoirrand vor dem Hotel
Schweizerhof gilt und nicht erst auf der Höhe des zurückversetzten Signals.
Stehen die beiden äusseren Endpunkte einer Strasse bzw. Fahrspur wie hier auf
Grund der Strassenlage nicht auf der gleichen Höhe, genügt es, das Signal
"Einfahrt verboten" seitlich an einem der beiden Enden anzubringen. Wie die
Vorinstanzen überzeugend darlegen, diente das Aufstellen der Signaltafel auf
einer Insel der besseren Erkennbarkeit des Signals. Nur dort ist das Signal
für alle Verkehrsteilnehmer, die das Verbindungsstück zur Spitalstrasse in
der verbotenen Richtung zu befahren beabsichtigten, klar erkennbar, während
dies auf der rechten Strassenseite nicht der Fall wäre (Urteil Gerichtskreis
VIII Bern-Laupen, S. 3 f.; angefochtenes Urteil, S. 7). Da der aktuelle
Standort aus Gründen der Verkehrsführung und Verkehrsregelung optimal ist,
lag ein Grund im Sinne von Art. 103 Abs. 1 SSV vor, der das Aufstellen des
Signals auf der linken statt der rechten Strassenseite erlaubte (Art. 103
Abs. 1 SSV). Daran vermag der Umstand, dass es sich dabei um das kürzere eine
Ende der Einbahnspur handelte, nichts zu ändern. Das Gesetz schreibt keine
Pflicht fest, in solchen Situationen auf beiden Seiten ein Signal
aufzustellen.

Das Signal "Einfahrt verboten" stand hier vorschriftsgemäss am einen Ende der
betreffenden Strasse (Art. 18 Abs. 3 SSV). Dies begründet eine Ausnahme von
der Regelung des Art. 16 Abs. 2 SSV, zumal das Signal sehr gut erkennbar und
optisch durch die Wartelinie klar mit der anderen Strassenseite verbunden
war. In Fällen wie hier markiert nicht das Signal selbst, sondern das längere
Ende der Einmündung den Beginn der Einbahnstrasse. Die Signalisation gilt
entsprechend vom Anfang der Einbahnstrasse an. Die Verurteilung des
Beschwerdeführers verletzt kein Bundesrecht.

2.
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann.
Dementsprechend hat der Beschwerdeführer die Kosten des Verfahrens zu tragen
(Art. 278 Abs. 1 BStP).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Generalprokurator des Kantons
Bern und dem Obergericht des Kantons Bern, 1. Strafkammer, schriftlich
mitgeteilt.

Lausanne, 14. November 2003

Im Namen des Kassationshofes
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Der Gerichtsschreiber: