Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Kassationshof in Strafsachen 6S.25/2003
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6S.25/2003 /kra

Urteil vom 12. Mai 2003
Kassationshof

Bundesrichter Schneider, Präsident,
Bundesrichter Karlen, Ersatzrichterin Pont Veuthey,
Gerichtsschreiber Boog.

X. ________,
Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Jean-Pierre Gallati,
Bahnhofstrasse 3, Postfach 15, 8965 Berikon 1,

gegen

A.________Beratungen AG in Nachlassliquidation,
Beschwerdegegnerin, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Ralph Scheidegger,
Kempterstrasse 5, Postfach 721, 8029 Zürich,
Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau, Frey-Herosé-Strasse 12, 5001 Aarau.

Mehrfacher betrügerischer Konkurs; ungetreue Geschäftsbesorgung,

Nichtigkeitsbeschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Aargau,
2. Strafkammer, vom 15. November 2002.

Sachverhalt:

A.
Das Bezirksgericht Muri erklärte X.________ mit Urteil vom 28. Juni 2001 der
mehrfachen Urkundenfälschung (Art. 251 Ziff. 1 i.V.m. Ziff. 2 StGB), des
mehrfachen betrügerischen Konkurses (Art. 163 Ziff. 1 i.V.m. 171 Abs. 1 und
172 StGB) sowie der ungetreuen Geschäftsbesorgung (Art. 158 Ziff. 1 Abs. 1
StGB) schuldig und verurteilte ihn zu fünf Monaten Gefängnis, mit bedingtem
Strafvollzug und einer Probezeit von drei Jahren, sowie zu einer Busse von
Fr. 2'000.--, bei Nichtbezahlen innert dreier Monate umwandelbar in Haft. In
drei Anklagepunkten sprach es ihn frei. Ferner verpflichtete das
Bezirksgericht X.________ zur Zahlung von Fr. 29'200.-- nebst Zins zu 5 %
seit dem 7.3.1995 an die Zivilklägerin. Im Übrigen wies es die Zivilklage ab.

Eine hiegegen vom Beurteilten geführte Berufung wies das Obergericht des
Kantons Aargau mit Urteil vom 15. November 2002 ab. Die Anschlussberufung der
Zivilklägerin hiess es gut und sprach dieser zusätzlich den Betrag von WIR
Fr. 40'334.80 zuzüglich Zins zu.

B.
X.________ führt eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, die
Ziffern 1, 2, 3 und 5 des angefochtenen Urteils seien aufzuheben, und es sei
die Sache zur neuen Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen.

C.
Das Obergericht des Kantons Aargau hat auf Gegenbemerkungen verzichtet.
Vernehmlassungen wurden nicht eingeholt.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die Schuldsprüche der ungetreuen
Geschäftsbesorgung und des betrügerischen Konkurses. Den Schuldspruch der
mehrfachen Urkundenfälschung hat er bereits im vorinstanzlichen Verfahren
nicht angefochten. Insofern ist das erstinstanzliche Urteil in Rechtskraft
erwachsen.

2.
2.1 Die Vorinstanz stellt hinsichtlich des Anklagevorwurfs der ungetreuen
Geschäftsbesorgung verbindlich fest (Art. 277bis Abs. 1 BStP), der
Beschwerdeführer habe als Liegenschaftsverwalter für das Ehepaar B.________
von deren Konto mit Einzelunterschrift per 19. September 1997 einen Betrag
von Fr. 9'174.-- an sich ausbezahlt. Die vom Beschwerdeführer geltend
gemachte Forderung gegen das Ehepaar sei nicht gerechtfertigt gewesen.
Jedenfalls habe er nicht in guten Treuen davon ausgehen können, dass er sich
für seine Forderung eigenmächtig bezahlt machen dürfe.

2.2 Der Beschwerdeführer macht geltend, er habe nicht die Stellung eines
selbständigen Geschäftsführers im Sinne von Art. 158 Ziff. 1 StGB innegehabt.

Der Treubruchtatbestand im Sinne von Art. 158 Ziff. 1 StGB erfordert beim
Täter die Eigenschaft eines Geschäftsführers. Als solcher wird angesehen, wer
in tatsächlich oder formell selbständiger und verantwortlicher Stellung im
Interesse eines andern für einen nicht unerheblichen Vermögenskomplex zu
sorgen hat (BGE 123 IV 17 E. 3b; 120 IV 190 E. 2b; 118 IV 244 E. 2a je mit
Hinweisen). Die Stellung als Geschäftsführer setzt ein hinreichendes Mass an
Selbständigkeit voraus, mit welcher dieser über das fremde Vermögen oder über
wesentliche Bestandteile desselben verfügen kann (BGE 120 IV 190 E. 2b; 105
IV 307 IV E. 2a je mit Hinweisen). Geschäftsführer ist daher, wer unter
Berücksichtigung der rechtlichen wie auch der tatsächlichen Umstände den
Vermögensinhaber mit Bezug auf wesentliche Bestandteile des verwalteten
Vermögens nach aussen und innen in leitender Stellung selbständig vertritt.
Das gilt auch, wenn der betroffenen Person die Stellung nur faktisch zukommt
und nicht formell eingeräumt worden ist. Dementsprechend ist in der Regel
nicht Geschäftsführer, wer der ständigen Kontrolle und Überwachung eines
Vorgesetzten unterliegt. Die Pflicht zur Beachtung genereller Weisungen
ändert indes an der Selbständigkeit nichts. Nur wenn der Betreffende der
ständigen Kontrolle durch eine mit der selbständigen Vermögensverwaltung
betraute Person unterliegt und durch Weisungen derart eingeschränkt ist, dass
ihm lediglich ein sehr begrenzter Handlungsspielraum bei der Verwaltung
verbleibt, ist die Geschäftsführereigenschaft zu verneinen. Ebenso wenig gilt
als Geschäftsführer, wer in untergeordneter Stellung bei der Betreuung von
Vermögensinteressen mitwirkt oder lediglich als Berater für die Verwaltung
beigezogen wird (BGE 105 IV 307 E. 2a; ferner Urteil des Kassationshofs
6S.711/2000 vom 8.1.2003 mit Hinweisen).

2.3 Die Beschwerde ist in diesem Punkt unbegründet. Dass der Beschwerdeführer
als Liegenschaftsverwalter des Einfamilienhauses der Ehegatten B.________
fremdes Vermögen in fremdem Interesse verwaltet hat, steht ausser Frage.
Erfüllt ist entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers auch die
Voraussetzung der Selbständigkeit. Zwar trifft zu, dass dem Beschwerdeführer
keine Befugnis zur Einzelunterschrift zukam. Denn nach den Feststellungen der
kantonalen Instanzen hatten die Eheleute B.________ dem Beschwerdeführer,
welcher mit der Verwaltung ihrer Mietzinseinnahmen bei der Raiffeisenbank
Neuenhof-Killwangen betraut war, am 13. Februar 1996 Kollektivunterschrift je
zu zweien mit einem der beiden Ehegatten erteilt. Doch verlangt der
Tatbestand nach der Rechtsprechung nicht, dass die Kompetenz zum Abschluss
von Verträgen dem Geschäftsführer allein zustehe (BGE 105 IV 106 E. 2 und 307
E. 2a). Im zu beurteilenden Fall hatte der Beschwerdeführer zudem bei einem
anderen Vergütungsauftrag bemerkt, dass die Bank Belastungen des Kontos auch
vornahm, wenn der Vergütungsauftrag nur von ihm allein unterschrieben war. In
diesem Wissen liess er sich den fraglichen Betrag von Fr. 9'174.-- auszahlen.
Er konnte damit faktisch selbständig, ohne Täuschung seiner
Mitzeichnungsberechtigten über das Vermögen verfügen. Er nahm somit
jedenfalls faktisch die Stellung eines Geschäftsführers ein. Dass diese auf
einem irrtümlichen Verhalten der Bank beruhte, ändert an diesem Ergebnis
nichts.

Die Verletzung der Vermögensfürsorgepflicht liegt hier aber nicht im
Zuwiderhandeln gegen die Unterschriftenregelung, wie die kantonalen Instanzen
annehmen, als vielmehr im Bewirken einer schädigenden Belastung des Kontos
der Ehegatten B.________, indem sich der Beschwerdeführer für  eine
bestrittene Forderung eigenmächtig bezahlt gemacht hat.

3.
3.1 Hinsichtlich des Schuldspruchs des mehrfachen betrügerischen Konkurses
stellt die Vorinstanz verbindlich fest, der Beschwerdeführer habe am 21.
November 1985 namens der A.________Beratungen AG als Darleiherin und dem
Missionsdienst C.________ als Borger einen Darlehensvertrag über DM
150'000.-- abgeschlossen. Mit Schreiben vom 20. Dezember 1994 habe er die
Rückzahlung der noch offenen Restanz von DM 61'500.-- (Fr. 49'200.--) in zwei
Raten verlangt. Die Rückzahlung dieses Betrages habe der Beschwerdeführer im
Nachlassverfahren der A.________Beratungen AG verschwiegen.

Bezüglich der ersten Rate von DM 31'500.-- nimmt die Vorinstanz an, diese
habe der Beschwerdeführer an einen Dritten überweisen lassen, der mit einem
Teil dieses Geldes (Fr. 20'000.--) den Kostenvorschuss für die
Nachlassliquidation der A.________Beratungen AG sowie der
A.________Immobilien AG bezahlt hatte. Da dieser Betrag im Nachlassverfahren
zwar nicht offen gelegt, aber zu Gunsten der Gläubiger verwendet wurde,
erfolgte in diesem Umfang im kantonalen Verfahren somit kein Schuldspruch.
Bei der zweiten Rückzahlungsrate von DM 30'000.-- geht die Vorinstanz
demgegenüber davon aus, sie sei - wie auch der Restbetrag von DM 6'000.-- aus
der ersten Rate - nicht für die Gläubiger verwendet worden, so dass insofern
der Tatbstand des betrügerischen Konkurses im Sinne von Art. 163 Ziff. 1
i.V.m. Art. 171 Abs. 1 StGB erfüllt sei. Selbst wenn der Beschwerdeführer -
wie er geltend macht - Fr. 17'000.-- für das Nachlassverfahren verwendet
haben sollte, verbleibe immer noch ein Betrag von Fr. 12'000.--, welchen er
vor den Gläubigern verheimlicht habe.

3.2 Was der Beschwerdeführer hiegegen vorbringt, geht an der Sache vorbei.
Soweit er geltend macht, die Überweisungen des Missionsdienstes stellten
freiwillige Zahlungen an ihn persönlich dar, die nicht auf einem
Darlehensvertrag beruhten, wendet er sich in unzulässiger Weise gegen die
tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz. Insofern kann auf die Beschwerde
nicht eingetreten werden (Art. 273 Abs. 1 lit. b und Art. 277bis Abs. 1
BStP). Dasselbe gilt, soweit der Beschwerdeführer vorbringt, er habe den
Betrag von DM 61'500.-- vollumfänglich für die Rettung der
A.________Beratungen AG verwendet. Ohne Bedeutung ist ferner, dass das
Schreiben vom 20. Dezember 1994 mehr als neun Monate vor der richterlichen
Bestätigung des Nachlassvertrages abgefasst worden ist und zu jenem Zeitpunkt
noch keinen Zusammenhang mit dem Nachlassvertrag und den Interessen der
Gläubiger der A.________Beratungen AG aufwies. Vorgeworfen wird dem
Beschwerdeführer nicht, dass er vom Missionsdienst die Rückzahlung des
Darlehens erwirkt hat, sondern dass er die geleisteten Zahlungen im
Nachlassverfahren verschwiegen und insofern den Anschein eines geringeren als
des wirklichen Vermögensstandes erweckt hat.

Die Beschwerde erweist sich in diesem Punkt als unbegründet.

4.
4.1 Hinsichtlich des weiteren, den Tatbestand des betrügerischen Konkurses
betreffenden Anklagepunktes geht die Vorinstanz davon aus, der
Beschwerdeführer habe kurze Zeit vor und nur wenige Tage nach Einleitung des
Nachlassverfahrens vom WIR-Konto der A.________Beratungen AG WIR Fr.
22'351.30 und WIR Fr. 17'983.50 auf ein Konto seiner Einzelfirma überwiesen.
Der Beschwerdeführer habe über WIR-Konten der A.________Beratungen AG Kredite
aufgenommen, um seine Privatliegenschaft zu finanzieren. Bei den
Überweisungen habe es sich um Geld aus einer Erhöhung der privaten Hypothek
gehandelt. Der Beschwerdeführer habe sich insofern des betrügerischen
Konkurses schuldig gemacht, als er Aktiven aus der A.________Beratungen AG
abgezogen habe, während auf der Passivseite der Bilanz die Kreditbelastung
der A.________Beratungen AG gegenüber der WIR-Genossenschaft (für die private
Schuld im Zusammenhang mit der Liegenschaft) stehen geblieben sei.

Der Beschwerdeführer macht ohne Grund geltend, die in Frage stehenden
Überweisungen erfüllten den Tatbestand des betrügerischen Konkurses schon
deshalb nicht, weil sie vor der Einreichung des Gesuchs um Nachlasstundung
erfolgt seien. Dies trifft ohnehin nur für die erste Überweisung vom 15.
September 1994 zu. Die zweite Überweisung erfolgte am 27. September 1997,
mithin nach Einreichung des Gesuchs am 22. September 1994. Wie es sich damit
verhält, ist aber letztlich einerlei, da die Bestimmung von Art. 163 StGB
auch die Vermögensverminderung, die schon vor der Eröffnung des Konkurses im
Hinblick auf die zu erwartende Zwangsverwertung vorgenommen wird, erfasst
(vgl. BGE 93 IV 90 E. 1). Das gilt auch für die Einleitung des
Nachlassverfahrens.

4.2 Vergeblich bringt der Beschwerdeführer im Weiteren vor, das WIR-Konto der
A.________Beratungen AG stelle gar kein Guthaben der AG dar, sondern sei nur
deshalb auf deren Namen eröffnet und geführt worden, weil er als Privatperson
bei der WIR Bank kein Konto habe eröffnen können. Der WIR-Kredit sei denn
auch durch einen Inhaberschuldbrief auf der Liegenschaft der Ehefrau
grundpfandrechtlich gesichert gewesen. Ein nicht zu Gunsten der
Nachlassschuldnerin bestehender Vermögenswert könne aber gar nicht zum
Nachteil der Gläubiger zum Schein vermindert werden.

Die Vorinstanz begründet den Schuldspruch des betrügerischen Konkurses damit,
dass der Beschwerdeführer einerseits die Aktiven von den WIR-Konten abgezogen
und auf ein eigenes Konto überwiesen, andererseits aber die Kreditbelastung
auf der Passivseite der Bilanz stehen gelassen habe. Er hätte die
Gegenforderung der A.________Beratungen AG gegen ihn offen legen und die
Gelder auf dem Konto belassen müssen.

Dies ist nicht zu beanstanden. Mit seinem Vorgehen hat der Beschwerdeführer
die abgezogenen Gelder einerseits der Kenntnis der Gläubiger vorenthalten,
und andererseits den Anschein erweckt, die WIR-Schuld belaste die
A.________Beratungen AG. Darin hat die Vorinstanz zu Recht ein Verheimlichen
von Vermögenswerten bzw. ein Vortäuschen von Schulden im Sinne von Art. 163
Ziff. 1 StGB erblickt. Eine Verletzung von Bundesrecht ist nicht ersichtlich.

Soweit der Beschwerdeführer schliesslich einwendet, die beiden Konti
betreffend WIR seien bereits vor Eröffnung des Nachlassverfahrens auf der
Passivseite auf Null gestellt, d.h. aufgehoben worden, so dass die
Überweisung der beiden WIR Beträge gar keine Vermögensverminderung habe
bewirken können, wendet er sich abermals gegen die verbindlichen
tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz. Auf die Beschwerde kann daher in
diesem Punkt ebenfalls nicht eingetreten werden.

Die Beschwerde ist auch in diesem Punkt unbegründet.

5.
Aus diesen Gründen ist die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf eingetreten
werden kann. Bei diesem Ausgang des Verfahrens trägt der Beschwerdeführer die
Kosten (Art. 278 Abs. 1 BStP).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde wird abgewiesen, soweit darauf
einzutreten ist.

2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, der Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau
und dem Obergericht des Kantons Aargau, 2. Strafkammer, schriftlich
mitgeteilt.

Lausanne, 12. Mai 2003

Im Namen des Kassationshofes
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Der Gerichtsschreiber: