Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Kassationshof in Strafsachen 6S.247/2003
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6S.247/2003 /kra

Urteil vom 25. August 2003
Kassationshof

Bundesrichter Schneider, Präsident,
Bundesrichter Wiprächtiger, Karlen,
Gerichtsschreiber Garré.

X. ________,
Beschwerdeführer, vertreten durch Advokatin Annalisa Landi, Binningerstrasse
1, Postfach 924, 4123 Allschwil 1,

gegen

Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Stadt, Binningerstrasse 21, Postfach,
4001 Basel.

Strafzumessung (Freiheitsberaubung, Entführung, sexuelle Nötigung, vollendete
und versuchte Vergewaltigung),

Nichtigkeitsbeschwerde gegen das Urteil des Appellationsgerichts des Kantons
Basel-Stadt
vom 13. November 2002.

Sachverhalt:

A.
Am 19. Juli 2000 lockten Y.________ (geb. 1975) und X.________ (geb. 1960)
die noch nicht 16-jährige, aber älter wirkende A.________ (geb. am 26. Juli
1984) um ca. 14.00 Uhr mit einem falschen Versprechen betreffend einen
Ferienjob zuerst in das Auto und schliesslich in die Wohnung von X.________
in Basel, wo sie von beiden Männern sexuell genötigt und von Y.________
vergewaltigt wurde. X.________ versuchte ebenfalls, sie zu vergewaltigen,
aber dank ihrer starken Gegenwehr kam es nicht zum Geschlechtsverkehr.
Anschliessend setzten sie das Opfer gegen seinen Willen in das Auto von
X.________ und verbrachten es an verschiedene Orte, bis es nach drei
gescheiterten Fluchtversuchen ca. um 20.30 Uhr unter massiven Drohungen
freigelassen wurde.

B.
Mit Urteil vom 10. Mai 2001 sprach das Strafgericht Basel-Stadt Y.________
der versuchten Erpressung, der mehrfachen versuchten Nötigung, der
Freiheitsberaubung und Entführung, der mehrfachen sexuellen Nötigung sowie
der vollendeten und versuchten Vergewaltigung schuldig und verurteilte ihn zu
6 Jahren Zuchthaus und zu 15 Jahren Landesverweisung. Es erklärte zudem
X.________ der Freiheitsberaubung und Entführung, der sexuellen Nötigung
sowie der vollendeten und versuchten Vergewaltigung schuldig und verurteilte
ihn zu 2 ½ Jahren Zuchthaus sowie zu 7 Jahren Landesverweisung, diese bedingt
mit einer Probezeit von 2 Jahren.

C.
Auf Appellation der Verurteilten hin bestätigte das Appellationsgericht des
Kantons Basel-Stadt am 13. November 2002 das erstinstanzliche Urteil.

D.
Mit eidgenössischer Nichtigkeitsbeschwerde vom 26. Juni 2003 stellt
X.________ den Antrag, das Urteil des Appellationsgerichts sei aufzuheben und
die Sache zur Neufestsetzung des Strafmasses an die Vorinstanz
zurückzuweisen. Er ersucht ferner um Gewährung des Rechts zur Replik auf die
allfällige Stellungnahme des Appellationsgerichts.

E.
Das Appellationsgericht schliesst auf Abweisung der Beschwerde.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Es liegen keine besonderen Gründe vor, um einen weiteren Schriftenwechsel
i.S.v. Art. 276 Abs. 2 BStP anzuordnen.

2.
2.1 Der Beschwerdeführer rügt, die Vorinstanz habe nicht alle für die
Strafzumessung massgeblichen Gesichtspunkte berücksichtigt und unter
Missbrauch des richterlichen Ermessens die Strafzumessungskriterien falsch
gewichtet. Es fehle zudem eine nachvollziehbare Begründung. Damit wird eine
Verletzung von Art. 63 StGB geltend gemacht (Beschwerde S. 4 ff.).
2.2 Gemäss Art. 63 StGB misst der Richter die Strafe nach dem Verschulden des
Täters zu; er berücksichtigt die Beweggründe, das Vorleben und die
persönlichen Verhältnisse des Schuldigen. Das Bundesgericht hat die bei der
Strafzumessung zu berücksichtigenden Grundsätze letztmals in BGE 129 IV 6 E.
6 erläutert. Es kann darauf verwiesen werden.

2.3 Die Vorinstanz führt aus, das Verschulden des Beschwerdeführers sei
ausserordentlich schwer. Sie verweist auf die besondere Brutalität und Dauer
der Übergriffe, die das Leben des jungen Opfers  stark beeinträchtigt haben.
Belastend seien auch die im Laufe des Verfahrens manifestierte
Einsichtslosigkeit und fehlende Reue. Zugunsten des Beschwerdeführers sei zu
berücksichtigen, dass er auf den erzwungenen Vollzug des Geschlechtsverkehrs
verzichtet und dass er nicht die bestimmende Rolle innegehabt habe. Ausserdem
sei er nicht vorbestraft und sowohl beruflich als auch familiär integriert
(angefochtenes Urteil S. 20 f.).
2.4 Der Beschwerdeführer wendet ein, sein Alter und seine Berufsaussichten
seien nicht beachtet worden. Er werde höchstwahrscheinlich nach der
allfälligen Verbüssung der Zuchthausstrafe arbeitslos sein und allein das
Risiko tragen, für den ganzen zivilrechtlichen Schaden aufzukommen. Eine
Verlängerung der fremdenpolizeilichen Aufenthaltsbewilligung wäre zudem unter
solchen Umständen ausgeschlossen (Beschwerde S. 4 ff.).

Die Vorinstanz hat die besondere Strafempfindlichkeit für den
Beschwerdeführer und indirekt für seine Familie erkannt, ist aber zum Schluss
gekommen, sein Fehlverhalten sei derart gravierend, dass keine Strafe
ausgefällt werden könne, die den bedingten Vollzug zuliesse (angefochtenes
Urteil S. 21). Seine persönliche Situation  wurde somit rechtsgenügend
berücksichtigt. Dass er Gefahr läuft, kraft Solidarhaftung alleine die
gesamten Kosten zu tragen, ergibt sich aus der mittäterschaftlichen Begehung
einer Straftat (vgl. Art. 50 Abs. 1 OR) und dient den legitimen Interessen
des Opfers. Von einer "ausserordentlichen Wiedergutmachung" (Beschwerde S. 6)
kann daher nicht die Rede sein.

2.5 In der Beschwerde wird auch die Überschreitung des richterlichen
Ermessens durch falsche Gewichtung der Strafzumessungskriterien gerügt. Die
Vorinstanz habe die Rollenverteilung zwischen den Mittätern falsch gewichtet.
Sie habe verkannt, dass der unbescholtene Beschwerdeführer nur eine
nebensächliche Rolle gespielt habe (Beschwerde S. 6 f.).

Die Rüge ist unbegründet, denn im angefochtenen Urteil wird das geringere
Verschulden des Beschwerdeführers im Vergleich zum Mittäter ausdrücklich
hervorgehoben (angefochtenes Urteil S. 20 f.). Er hat aber bei der Ausführung
aller gewalttätigen Delikte gegen das junge Opfer mitgewirkt (angefochtenes
Urteil S. 18 sowie die Stellungnahme vom 30. Juli 2003 des
Appellationsgerichts, S. 1). Sein Verschulden bleibt auch unter
Berücksichtigung der strafmindernden Punkte ausserordentlich schwer. Die
Vorinstanz hat damit die Strafzumessungskriterien korrekt gewichtet und ihr
Ermessen nicht überschritten.

2.6 Der Beschwerdeführer macht schliesslich geltend, die Strafzumessung sei
nicht nachvollziehbar, zumal sie auf nicht schuldangemessenen Argumenten
generalpräventiver Art beruhe. Spezialpräventive Gründe würden hingegen für
eine tiefere Strafe sprechen, die an sich praxisgemässer wäre (Beschwerde S.
7 ff.).

Auch diese Rüge ist unbegründet. Die Schwere des Verschuldens schliesst eine
allfällige Herabsetzung der Strafe bis zur Grenze des bedingten
Strafvollzuges aus (vgl. BGE 127 IV 97 E. 3). Die Vorinstanz hat sich mit
dieser Problematik rechtsgenügend auseinandergesetzt (angefochtenes Urteil S.
21). Die Hypothese wurde mit dem Argument verworfen, sein Fehlverhalten sei
hierfür zu gravierend, da er nicht nur die Vergewaltigung durch den Mittäter
unterstützt sondern auch selbst sexuelle Missbrauchshandlungen vorgenommen
habe. Von einer Überschreitung der schuldangemessenen Strafe aus
generalpräventiven Überlegungen kann daher nicht die Rede sein. Der Vergleich
mit dem in der Basler Zeitung vom 7./8. Juni 2003 publizierten Urteil und mit
der gegen den Mittäter verhängten Strafe (Beschwerde S. 12 f.) ist nicht
stichhaltig, denn im Bereich der Strafzumessung kann das Prinzip der
Individualisierung zu einer gewissen, vom Gesetzgeber beabsichtigten
Ungleichheit führen, die für sich allein nicht genügt, um einen
Ermessensmissbrauch anzunehmen (BGE 123 IV 150 E. 2a S. 153). Das
Bundesgericht hat nur darüber zu wachen, dass das Bundesrecht korrekt
angewandt wird, was hier aus den oben erwähnten Gründen der Fall ist.

3.
Bei diesem Verfahrensausgang hat der Beschwerdeführer die Kosten zu tragen
(Art. 278 Abs. 1 BStP).

Demnach erkennt das Bundesgericht in Anwendung von Art. 36a Abs. 3 OG:

1.
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 2000.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Staatsanwaltschaft des Kantons
Basel-Stadt und dem Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt schriftlich
mitgeteilt.

Lausanne, 25. August 2003

Im Namen des Kassationshofes
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Der Gerichtsschreiber: