Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Kassationshof in Strafsachen 6S.189/2003
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6S.189/2003 /kra

Urteil vom 20. August 2003
Kassationshof

Bundesrichter Schneider, Präsident,
Bundesrichter Kolly, Karlen,
Gerichtsschreiber Borner.

B. ________,
Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Jürg Federspiel, Lindenstrasse
37, Postfach 356, 8034 Zürich,

gegen

Staatsanwaltschaft des Kantons Luzern, Zentralstrasse 28, 6002 Luzern.

Strafzumessung; Landesverweisung,

Nichtigkeitsbeschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Luzern,
II. Kammer, vom

18. Februar 2003.

Sachverhalt:

A.
Im Jahre 1998 reiste B.________ unter falschem Namen ohne das erforderliche
Visum in die Schweiz ein und hielt sich in der Folge ohne entsprechende
Bewilligung in der Schweiz auf.

B. ________ organisierte und koordinierte als führendes Mitglied einer
albanischen Bande zwischen August 1999 und März 2000 einen Drogenhandel mit
insgesamt 15 Kilogramm Heroin- und Kokaingemisch. Die beträchtlichen Gewinne
aus dem Drogenhandel flossen in erster Linie den Bandenführern zu. B.________
schickte mehrfach namhafte Beträge aus dem Drogenhandel nach Albanien.

B.
Das Kriminalgericht des Kantons Luzern verurteilte B.________ am 14. Juni
2002 wegen mehrfacher schwerer Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz
(Art. 19 Ziff. 1 i.V.m. Ziff. 2 lit. a,b und c), mehrfacher Geldwäscherei
nacht Art. 305bis Ziff. 1 StGB und Widerhandlung gegen Art. 23 Abs. 1 ANAG zu
neun Jahren Zuchthaus und verwies ihn für die Dauer von zwölf Jahren des
Landes.

Auf Appellation des Verurteilten bestimmte das Obergericht des Kantons Luzern
das Strafmass auf acht Jahre Zuchthaus und bestätigte im Übrigen den
erstinstanzlichen Entscheid.

C.
B.________ führt Nichtigkeitsbeschwerde und beantragt sinngemäss, der
angefochtene Entscheid sei aufzuheben und die Sache zur Neubeurteilung an die
Vorinstanz zurückzuweisen.

Die Vorinstanz beantragt Abweisung der Beschwerde.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Der Beschwerdeführer rügt im Zusammenhang mit der vorinstanzlichen
Strafzumessung eine Verletzung von Bundesrecht (Art. 63 StGB).

1.1 Die Vorinstanz habe sein Geständnis nicht genügend berücksichtigt. Wie
sich unter anderem aus dem Verhandlungsprotokoll des Kriminalgerichts ergebe,
habe er bereits vor dieser Instanz ein Geständnis abgelegt und auch im
Appellationsverfahren den Sachverhalt und erstinstanzlichen Schuldspruch
vollumfänglich akzeptiert. Die Vorinstanz habe nun zwar sein Geständnis
angeblich stärker berücksichtigt als das Kriminalgericht, doch führe es dazu
im Widerspruch zu sich selbst aus, dass die späte teilweise
Geständnisbereitschaft bloss geringfügig zu seinen Gunsten zu gewichten sei,
da er auch ohne das Geständnis hätte überführt werden können. Er habe aber
nicht nur vor Kriminalgericht und dann speziell auch vor der Vorinstanz ein
"volles" Geständnis im Sinne des erstinstanzlichen Schuldspruchs abgelegt,
sondern seine Verfehlungen auch offensichtlich bereut und bedauert.

Dass der Beschwerdeführer ein Geständnis im Sinne des erstinstanzlichen
Schuldspruchs abgelegt hat, davon ging auch die Vorinstanz aus, wenn sie
ausführt, der Beschwerdeführer habe die ihm angelasteten Straftaten
eingestanden, und dieses Element strafmindernd berücksichtigt. Im Geständnis
vor Kriminalgericht hielt es der Beschwerdeführer für möglich, dass er von
August 1999 bis Dezember 1999 mit Drogen gehandelt habe, er könne sich jedoch
nicht mehr an die Menge erinnern; auch die Menge der in der Zeitspanne Januar
2000 bis zu seiner Verhaftung im März 2000 gehandelten Drogen könne er nicht
mehr angeben. Nachdem der Beschwerdeführer somit erst vor Kriminalgericht den
Drogenhandel eingestand und weder hinsichtlich der gehandelten Drogenmengen
noch der am Handel mitbeteiligten Personen nähere Angaben machte, durfte die
Vorinstanz von einer späten sowie bloss teilweisen Geständnisbereitschaft des
Beschwerdeführers ausgehen. Denn es liegt auf der Hand, dass das Verhalten
des Beschwerdeführers nicht mit demjenigen eines Täters verglichen werden
kann, der bereits im Anschluss an seine Verhaftung seine deliktische
Tätigkeit detailliert schildert und durch die Nennung der weiteren
Mitbeteiligten die Strafuntersuchung massgeblich fördert.
Die Vorinstanz hat das Geständnis des Beschwerdeführers geringfügig, jedoch
stärker als das Kriminalgericht gewichtet. Diese Beurteilung ist von
Bundesrechts wegen nicht zu beanstanden.

1.2 Der Beschwerdeführer macht geltend, er sei zu hart bestraft worden im
Vergleich zu einem Mittäter, der für etwa die gleichen Vorwürfe um zwei Jahre
milder bestraft worden sei, und dies, obwohl der Mittäter in weit geringerem
Umfang geständig gewesen sei als er.

Das Strafmass ist nach Art. 63 StGB individuell nach dem Verschulden eines
Täters im Rahmen des richterlichen Ermessens festzusetzen. Der Grundsatz der
Individualisierung und der dem Sachgericht vom Gesetz bei der Strafzumessung
eingeräumte weite Strafermessensspielraum führen notwendigerweise zu einer
gewissen, vom Gesetzgeber in Kauf genommenen Ungleichheit. Unterschiedliche
Gewichtungen der massgebenden Faktoren sind zudem Folge der Unabhängigkeit
des Richters, der weiten Strafrahmen, der freien Beweiswürdigung sowie des
erheblichen Ermessens des Sachrichters. In dieser Hinsicht ist zu beachten,
dass selbst gleich oder ähnlich gelagerte Fälle sich durchwegs massgeblich in
zumessungsrelevanten Punkten unterscheiden können. Eine aus diesen Gründen
resultierende Ungleichheit in der Zumessung der Strafe reicht für sich allein
nicht aus, um auf einen Missbrauch des Ermessens schliessen zu können (BGE
120 IV 136 E. 3a S. 144, 116 IV 292).

Das - im Übrigen späte und bloss teilweise (E. 1.1) - Geständnis des
Beschwerdeführers ist nur ein Element der Strafzumessung und daher
ungeeignet, eine Ungleichbehandlung zu begründen.

Soweit der Beschwerdeführer im gleichen Zusammenhang eine Verletzung von
Verfassungsrecht rügt, kann darauf nicht eingetreten werden (Art. 269 Abs. 2
BStP).

2.
Der Beschwerdeführer macht geltend, die Vorinstanz habe bei der Beurteilung
des bedingten Vollzugs der Landesverweisung wesentliche Gesichtspunkte (wie
sein Geständnis, fehlende Vorstrafen, erstmalige und gleich längere
Strafverbüssung) nicht berücksichtigt und dadurch Art. 55 StGB i.V.m. Art. 41
Ziff. 1 Abs. 1 StGB verletzt.
Es trifft zwar zu, dass die Vorinstanz im Rahmen der ungünstigen Prognose
ausdrücklich nur erwähnt, dass der Beschwerdeführer illegal in die Schweiz
eingereist sei, sein unter falschem Namen gestelltes Asylgesuch abgewiesen
worden sei, er keine persönliche Beziehung zur Schweiz habe und der deutschen
Sprache kaum mächtig sei. Doch hat sie mit ihrem Hinweis, der vom
Kriminalgericht angeordnete unbedingte Vollzug der Landesverweisung sei zu
bestätigen, zum Ausdruck gebracht, dass sie die Beurteilung des
Kriminalgerichts teile. Dieses erwähnte ausdrücklich, dass der
Beschwerdeführer nicht vorbestraft ist und dass das Rückfallrisiko auch nach
seiner Entlassung aus dem Strafvollzug als erhöht einzuschätzen sei. Da
überdies dem späten und bloss teilweisen Geständnis des Beschwerdeführers
kein grosses Gewicht zukommt (E. 1.1), verstösst die vorinstanzliche
Verweigerung des bedingten Vollzugs der Landesverweisung jedenfalls im
Ergebnis nicht gegen Bundesrecht.

3.
Nach dem Gesagten ist die Nichtigkeitsbeschwerde abzuweisen, soweit darauf
eingetreten werden kann.

Der Beschwerdeführer stellt ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege. Da
seine Begehren von vornherein aussichtslos erschienen, ist das Gesuch
abzuweisen (Art. 152 OG). Folglich wird der Beschwerdeführer kostenpflichtig
(Art. 278 Abs. 1 BStP). Bei der Bemessung der Gerichtsgebühr ist jedoch
seinen finanziellen Verhältnissen Rechnung zu tragen.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.

3.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 800.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt.

4.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Staatsanwaltschaft des Kantons
Luzern und dem Obergericht des Kantons Luzern, II. Kammer, schriftlich
mitgeteilt.

Lausanne, 20. August 2003

Im Namen des Kassationshofes
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Der Gerichtsschreiber: