Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Kassationshof in Strafsachen 6P.83/2003
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6P.83/2003 /kra

Urteil vom 15. Oktober 2003
Kassationshof

Bundesrichter Schneider, Präsident,
Bundesrichter Wiprächtiger,
Ersatzrichterin Pont Veuthey,
Gerichtsschreiber Weissenberger.

X. ________,
Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Sylvain Maurice Dreifuss,
Postfach 5223, 8022 Zürich,

gegen

Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich, Postfach, 8023 Zürich,
Kassationsgericht des Kantons Zürich, Postfach 4875, 8022 Zürich.

Art. 9 BV (Strafverfahren; willkürliche Beweiswürdigung, Grundsatz "in dubio
pro reo"),

Staatsrechtliche Beschwerde gegen den Beschluss des Kassationsgerichts des
Kantons Zürich vom 9. Mai 2003.

Sachverhalt:

A.
Mit Urteil vom 30. August 2001 sprach das Bezirksgericht Zürich X.________
der mehrfachen Urkundenfälschung schuldig und verurteilte ihn zu einer
bedingten Gefängnisstrafe von sechs Monaten. Vom Vorwurf des mehrfachen
Betrugsversuchs sprach ihn das Gericht frei.

Auf Berufungen des Verurteilten und der Staatsanwaltschaft hin bestätigte das
Obergericht des Kantons Zürich das erstinstanzliche Urteil am 12. April 2002.
Eine dagegen gerichtete kantonale Nichtigkeitsbeschwerde von X.________ wies
das Kassationsgericht des Kantons Zürich mit Beschluss vom 9. Mai 2003 ab,
soweit es darauf eintrat.

B.
X.________ führt staatsrechtliche Beschwerde mit den Anträgen, es sei der
Beschluss des Kassationsgerichts des Kantons Zürich vom 9. Mai 2003
aufzuheben, und er sei vollständig freizusprechen oder es sei die Sache "der
Vorinstanz oder der Vorvorinstanz zur Neubeurteilung zurückzuweisen". Er
beantragt ferner, das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich vom 12.
April 2002 aufzuheben und ihn vollständig freizusprechen oder die Sache "der
Vorvorinstanz" zur Neubeurteilung zurückzuweisen.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
1.1 Die staatsrechtliche Beschwerde ist grundsätzlich kassatorischer Natur.
Das Bundesgericht kann eine als verfassungswidrig erkannte Verfügung oder
Bestimmung mit hier nicht gegebenen Ausnahmen lediglich ganz oder teilweise
aufheben, nicht aber abändern oder ersetzen (vgl. nur BGE 118 Ia 64 E. 1e;
119 Ia 28 E. 1; 122 I 120 E. 2a). Soweit der Beschwerdeführer mehr als die
Aufhebung des Urteils des Kassationsgerichts verlangt, ist auf die Beschwerde
daher nicht einzutreten.

1.2 Ebenfalls nicht zu hören ist der Beschwerdeführer mit den Anträgen,
(auch) die Urteile der unteren kantonalen Behörden aufzuheben und die Sache
an diese zu neuer Beurteilung zurückzuweisen. Nach Art. 86 OG ist die
staatsrechtliche Beschwerde nur gegen letztinstanzliche Urteile zulässig. Ein
Entscheid einer unteren kantonalen Behörde kann mitangefochten werden, wenn
entweder die letzte kantonale Behörde nicht alle Fragen, die Gegenstand der
staatsrechtlichen Beschwerde bilden, beurteilen konnte, oder wenn sie die
Rügen mit einer engeren Kognition als das Bundesgericht zu prüfen in der Lage
war. Wird der letzten kantonalen Behörde vor Bundesgericht Willkür
vorgeworfen, ist die Prüfungsbefugnis der letzten kantonalen Instanz in der
Regel nicht eingeschränkter als diejenige, die dem Bundesgericht im Verfahren
der staatsrechtlichen Beschwerde zukommt. In diesen Fällen hat sich die Rüge
der Verletzung von Art. 9 BV (Art. 4 aBV) ausschliesslich gegen das
letztinstanzliche Urteil zu richten (vgl. BGE 118 Ia 165 E. 2b mit
Hinweisen).

Anfechtungsobjekt der zu beurteilenden staatsrechtlichen Beschwerde ist damit
einzig das kassationsgerichtliche Urteil.

1.3 Nach Art. 90 Abs. 1 lit. b OG muss eine staatsrechtliche Beschwerde die
wesentlichen Tatsachen und eine kurz gefasste Darlegung darüber enthalten,
welche verfassungsmässigen Rechte bzw. welche Rechtssätze und inwiefern sie
durch den angefochtenen Erlass oder Entscheid verletzt worden sind. Im
Verfahren der staatsrechtlichen Beschwerde prüft das Bundesgericht nur klar
und detailliert erhobene und, soweit möglich, belegte Rügen. Auf ungenügend
begründete Rügen und bloss allgemein gehaltene, rein appellatorische Kritik
am angefochtenen Entscheid tritt das Bundesgericht nicht ein. Den
gesetzlichen Begründungsanforderungen wird nicht Genüge getan, wenn der
Beschwerdeführer im Rahmen pauschaler Vorbringen einfach behauptet, der
angefochtene Entscheid sei verfassungswidrig, und er seine Sicht der Dinge
derjenigen der letzten kantonalen Instanz bloss gegenüberstellt. Vielmehr
muss in Auseinandersetzung mit der Begründung des angefochtenen Entscheids
dargetan werden, inwiefern dieser gegen ein konkretes verfassungsmässiges
Recht verstossen soll (grundlegend: BGE 110 Ia 1 E. 2a; 125 I 492 E. 1b S.
495, mit Hinweisen; vgl. ferner BGE 127 I 38 E. 3c und 4 S. 43 mit weiteren
Hinweisen). Dabei reicht es nicht, wenn der angefochtene Entscheid sich nur
in der Begründung als unhaltbar erweist; eine Aufhebung rechtfertigt sich
erst, wenn er auch im Ergebnis verfassungswidrig ist (BGE 124 IV 86 E. 2a).

Die Rügen des Beschwerdeführers genügen diesen Begründungsanforderungen
weitgehend nicht. Der Beschwerdeführer wendet sich gegen einzelne
Begründungen in den Urteilen des Bezirksgerichts und des Obergerichts. Mit
den Erwägungen im einzig anfechtbaren und angefochtenen Urteil des
Kassationsgerichts setzt er sich nicht auseinander. Der Umstand, dass das
Kassationsgericht die kantonale Nichtigkeitsbeschwerde abgewiesen hat,
entbindet den Beschwerdeführer nicht von einer (näheren) Auseinandersetzung
mit der Begründung des Kassationsgerichts (dazu eingehend BGE 125 I 492 E.
1a/cc).

Im Übrigen erhebt der Beschwerdeführer unzulässige Kritik am angefochtenen
Urteil. Er legt nicht hinreichend dar, inwieweit die Beweiswürdigung auch im
Ergebnis unhaltbar sein soll. Soweit auf seine Rügen überhaupt eingetreten
werden kann, erweisen sie sich als unbegründet. Die Beweiswürdigung des
Kassationsgerichts ist differenziert, eingehend, nachvollziehbar und stimmig.
Willkür ist zu verneinen. Es kann hier auf die Erwägungen im angefochtenen
Urteil verwiesen werden (Art. 36a Abs. 3 OG).

1.4 Der Beschwerdeführer macht in Zusammenhang mit seiner Rüge der Verletzung
von Art. 9 BV geltend, das Kassationsgericht habe den Grundsatz "in dubio pro
reo" missachtet. Soweit er zugleich eine Umkehr der Beweislast und damit mehr
als Willkür zu rügen scheint (Beschwerde, S. 7 Ziff. 09, S. 9 f., S. 15), ist
darauf nicht einzutreten. Er legt nicht dar, dass und inwiefern das
Kassationsgericht ihn mit der Begründung verurteilt habe, er hätte seine
Unschuld nicht nachgewiesen, oder es von der falschen Meinung ausgegangen
wäre, der Beschwerdeführer habe seine Unschuld zu beweisen, und dass es ihn
verurteilte, weil ihm dieser Beweis misslang. Das Kassationsgericht hat
vielmehr die erhobenen Beweise gewürdigt und angenommen, diese reichten für
eine Verurteilung aus. Darin liegt keine Umkehr der Beweislast, sondern eine
Beweiswürdigung (zur Tragweite des Grundsatzes "in dubio pro reo" als
Beweislastregel vgl. etwa BGE 127 I 38 E. 2a).

2.
Die Beschwerde ist daher abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann.

Der Beschwerdeführer stellt ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege. Da
seine Beschwerde von vornherein aussichtslos war, ist das Gesuch abzuweisen
(Art. 152 Abs. 1 OG). Dementsprechend hat er die Kosten des Verfahrens vor
Bundesgericht zu tragen (Art. 156 Abs. 1 OG).

Demnach erkennt das Bundesgericht im Verfahren nach Art. 36a OG:

1.
Die staatsrechtliche Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten
ist.

2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.

3.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt.

4.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Staatsanwaltschaft des Kantons
Zürich und dem Kassationsgericht des Kantons Zürich schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 15. Oktober 2003

Im Namen des Kassationshofes
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Der Gerichtsschreiber: