Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Kassationshof in Strafsachen 6P.73/2003
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6P.73/2003
6S.194/2003/pai

Urteil vom 15. Dezember 2003
Kassationshof

Bundesrichter Schneider, Präsident,
Bundesrichter Wiprächtiger,
Ersatzrichterin Pont Veuthey,
Gerichtsschreiber Heimgartner.

X. ________,
Beschwerdeführer, vertreten durch Advokatin Barbara Pauen Borer,

gegen

Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau,
Frey-Herosé-Strasse 12, Wielandhaus, 5001 Aarau.

6S.194/2003
Verweigerung des bedingten Strafvollzugs

6P.73/2003
Art. 9 BV und Art. 29 Abs. 2 BV (Strafverfahren; Willkür, rechtliches Gehör),

Nichtigkeitsbeschwerde (6S.194/2003) und staatsrechtliche Beschwerde
(6P.73/2003) gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Aargau, 1.
Strafkammer, vom 27. März 2003.

Sachverhalt:

A.
A.a X.________ wurde vom Obergericht des Kantons Aargau am 17. Mai 1999 wegen
Fahrens eines Motorfahrzeugs in angetrunkenem Zustand zu einer bedingt
vollziehbaren Gefängnisstrafe von 6 Wochen verurteilt.

A.b Am 8. März 2001 verurteilte das Bezirksgericht Lenzburg X.________ wegen
versuchten Betrugs, Urkundenfälschung, Pfändungsbetrugs, Missbrauchs von
Ausweisen und Schildern, Beschädigung von elektrischen Anlagen sowie Führens
eines Motorfahrzeugs ohne die vorgeschriebene Haftpflichtversicherung zu
einer Gefängnisstrafe von 9 Monaten und einer Busse von Fr. 2'000.--,
teilweise als Zusatzstrafe zu der mit Urteil vom 17. Mai 1999 gefällten
Strafe.

A.c Das Obergericht des Kantons Aargau hiess am 22. April 2002 die von
X.________ gegen diesen Entscheid erhobene Berufung teilweise gut und sprach
ihn frei von der Anklage des Führens eines Motorfahrzeugs ohne die
vorgeschriebene Haftpflichtversicherung und verurteilte ihn wegen der übrigen
Delikte zu einer Gefängnisstrafe von 8 ½ Monaten und einer Busse von Fr.
2'000.--, als Zusatzstrafe zu der mit Urteil vom 17. Mai 1999 gefällten
Strafe.

A.d Der Kassationshof des Bundesgerichts hiess am 6. Februar 2003 die gegen
das Urteil des Obergerichts erhobene Nichtigkeitsbeschwerde teilweise gut.
Die Verurteilung wegen Pfändungsbetrugs wurde für bundesrechtswidrig erklärt.
Auf die Rüge betreffend Verletzung von Art. 41 StGB und Art. 68 StGB wurde
mit dem Hinweis nicht eingetreten, dass die Vorinstanz das Strafmass infolge
der teilweisen Gutheissung der Beschwerde neu festzusetzen habe.

A.e Das Obergericht des Kantons Aargau verurteilte X.________ am 27. März
2003 wegen versuchten Betrugs, Urkundenfäschung, Missbrauchs von Ausweisen
und Schildern sowie wegen Beschädigung von elektrischen Anlagen zu einer
Gefängnisstrafe von 7 ½ Monaten und einer Busse von Fr. 2'000.--, als
Zusatzstrafe zu der mit Urteil des Obergerichts des Kantons Aargau vom 17.
Mai 1999 gefällten, bedingt vollziehbaren Gefängnisstrafe von 6 Wochen.

B.
X. ________ führt eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das
Urteil des Obergerichts des Kantons Aargau sei aufzuheben und die Sache zur
neuen Entscheidung bezüglich des Strafmasses und der Gewährung des bedingten
Strafvollzugs an die Vorinstanz zurückzuweisen. Ferner ersucht er um
Bewilligung der unentgeltlichen Rechtspflege und der unentgeltlichen
Verbeiständung.   Er führt überdies auch staatsrechtliche Beschwerde mit
denselben Anträgen.

C.
Die Vorinstanz beantragt in ihren Gegenbemerkungen die Abweisung beider
Beschwerden. Die Staatsanwaltschaft hat sich innert Frist nicht vernehmen
lassen.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

I. Nichtigkeitsbeschwerde

1.
Nach Art. 275 Abs. 5 BStP setzt der Kassationshof die Entscheidung über die
Nichtigkeitsbeschwerde in der Regel bis zur Erledigung einer
staatsrechtlichen Beschwerde aus. Ein Abweichen von der Regel ist aus
prozessökonomischen Gründen zulässig, wenn sich durch die vorgängige
Behandlung der Nichtigkeitsbeschwerde das Verfahren vereinfacht oder sich die
Beurteilung der staatsrechtlichen Beschwerde erübrigt. Letzteres trifft im
vorliegenden Fall zu, weshalb die Nichtigkeitsbeschwerde vorab zu beurteilen
ist.

2.
Der Beschwerdeführer macht geltend, die Vorinstanz habe ihm unter anderem in
Verletzung von Art. 41 StGB zu Unrecht den bedingten Strafvollzug nicht
gewährt. Zudem sei er in Verletzung von Art. 63 StGB zu einer Strafe
verurteilt worden, die nicht seinem Verschulden entspreche.

3.
3.1 Der Beschwerdeführer ist der Ansicht, dass neben den formellen auch die
persönlichen Voraussetzungen für die Gewährung des bedingten Strafvollzugs
nach Art. 41 Ziff. 1 Abs. 1 StGB erfüllt seien. Die zu berücksichtigenden
Umstände seien in unzulässiger Weise einseitig zu seinen Ungunsten gewürdigt
worden.

3.1.1 Die Vorinstanz habe angeführt, dass er sich aufgrund seiner Delinquenz
in den letzten elf Jahren, in Bezug auf seine Gleichgültigkeit gegenüber der
Rechtsordnung nicht ändern würde, zumal es sich bei seinen Taten immer um
ähnlich gelagerte Vermögens- oder Strassenverkehrsdelikte wie im vorliegenden
Fall gehandelt habe. Dabei seien seine früheren Verurteilungen lediglich als
mehrfache Vorstrafen der vergangenen elf Jahren erwähnt, aber nicht im
Einzelnen gewürdigt worden. Er sei bisher, neben der Verurteilung vom 17. Mai
1999 wegen Fahrens eines Motorfahrzeugs in angetrunkenem Zustand, am 24.
Februar 1992 wegen mehrfacher Widerhandlung gegen das AHVG und ähnlichen
Widerhandlungen zu einer Gefängnisstrafe von 30 Tagen, am 20. November 1992
wegen übler Nachrede zu einer Busse von Fr. 300.-- sowie am 4. September 1996
wegen untauglichen Versuchs der falschen Anschuldigung, Ungehorsams gegen
eine amtliche Verfügung und Führens eines Motorfahrzeugs ohne
Haftpflichtversicherung zu einer bedingt vollziehbaren Gefängnisstrafe von 14
Tagen verurteilt worden. Vom massgeblichen Urteil der Vorinstanz vom 27. März
2003, elf Jahre zurück gerechnet, würden zudem die beiden Verurteilungen aus
dem Jahr 1992 entfallen. Entgegen der Begründung der Vorinstanz handle es
sich bei diesen Delikten offensichtlich nicht um ähnliche Vermögens- und
Strassenverkehrsdelikte wie im vorliegenden Verfahren. Wegen
Vermögensdelikten sei er bisher noch nie bestraft worden, und seine zwei
Vorstrafen bezüglich des Strassenverkehrs beträfen ganz andere Tatbestände
als im vorliegenden Verfahren. Aufgrund dieser nicht einschlägigen,
geringfügigen Vorstrafen könne ihm somit keine ungünstige Prognose gestellt
werden.

3.1.2 Weiter schliesse die Vorinstanz aus seinem angeblich einsichtslosen
Verhalten im Strafverfahren auf eine ungünstige Prognose. Nach der
Rechtsprechung dürfe das Bestreiten der Tat aber nicht ohne weiteres zur
Verweigerung des bedingten Strafvollzugs führen (BGE 101 IV 258). Im Übrigen
habe er die Verantwortung für das ihm vorgeworfene Verhalten übernommen und
lediglich dessen Strafbarkeit bestritten.

3.1.3 Ferner habe die Vorinstanz nicht berücksichtigt, dass er sich seit dem
Herbst 1998 wohl verhalten habe. Ebenso wenig habe sie in Betracht gezogen,
dass die ihm mit Urteil des Obergerichts des Kantons Aargau vom 17. Mai 1999
auferlegte vierjährige Probezeit abgelaufen sei und er sich in dieser Zeit
bewährt habe. Im Übrigen sei es nicht nachvollziehbar, dass dasselbe Gericht
ihm im ersten Verfahren den bedingten Vollzug gewährt habe, ihm diesen im
Verfahren betreffend eine Zusatzstrafe jedoch verweigere. Zudem sei in der
Zwischenzeit keine Veränderung eingetreten, die eine schlechtere Prognose
rechtfertige. Vielmehr habe er sich seither wohl verhalten, was umso mehr
dafür spreche, ihm auch für das Zusatzurteil den bedingten Strafvollzug zu
gewähren.

3.1.4 Im Übrigen seien auch die Grundsätze der retrospektiven Konkurrenz nach
Art. 68 Ziff. 2 StGB verletzt worden. Nach der Rechtsprechung dürfe zwar der
die Zusatzstrafe ausfällende Richter für diese den bedingten Strafvollzug
verweigern, auch wenn der erste Richter den Vollzug der Grundstrafe
aufgeschoben habe. Diesfalls müsse er aber die vom ersten Richter
angeführten, zu einer gegenteiligen Prognose führenden Gründe genau prüfen
(BGE 73 IV 89). Die Vorinstanz habe sich indessen nicht mit der
diesbezüglichen Begründung des ersten Richters auseinandergesetzt.

3.2 Die Vorinstanz räumt im Urteil vom 27. März 2003 zunächst ein, dass der
Beschwerdeführer sich seit dem September 1998 wohl verhalten habe. Aufgrund
seiner Straffälligkeit in den vergangenen elf Jahren und angesichts seiner
teilweisen Delinquenz in den Probezeiten bestünden aber keine Anzeichen, dass
er sich hinsichtlich seiner Gleichgültigkeit gegenüber der Rechtsordnung
ändern würde. Dies gelte umso mehr, als er stets ähnliche Vermögens- oder
Strassenverkehrsdelikte begangen habe. Die Tatsache, dass er im
Strafverfahren immer neue Ausflüchte angeben habe, um keine Taten zugeben zu
müssen, zeige zudem seine Uneinsichtigkeit auf. Aus diesen Gründen könne ihm
keine günstige Prognose gestellt werden. Daran ändere auch der Umstand
nichts, dass die vom Appellationsgericht Basel-Stadt vom 4. September 1996
bedingt ausgesprochene Gefängnisstrafe widerrufen werde und er diese Strafe
somit zu verbüssen habe. Es handle sich dabei lediglich um eine kurze
Gefängnisstrafe, und der Beschwerdeführer habe sich durch den Vollzug einer
Gefängnisstrafe von 14 Tagen im Jahr 1992 auch nicht von weiteren Straftaten
abhalten lassen.

3.3 Der Richter kann den Vollzug einer Freiheitsstrafe von nicht mehr als 18
Monaten aufschieben, wenn Vorleben und Charakter des Verurteilten erwarten
lassen, er werde auch durch eine bedingt vollziehbare Strafe von weiteren
Delikten abgehalten (Art. 41 Ziff. 1 Abs. 1 StGB).

3.3.1 Die sich aus Grundstrafe und Zusatzstrafe ergebende gesamte Strafdauer
ist dafür massgebend, ob die Gewährung des bedingten Strafvollzugs
hinsichtlich einer Zusatzstrafe objektiv zulässig ist (BGE 109 IV 68 E. 1,
mit Hinweisen). Die objektiven Voraussetzungen für die Gewährung des
bedingten Strafvollzugs gemäss Art. 41 Ziff. 1 Abs. 1 StGB sind mit der
massgebenden Gesamtstrafe von 9 Monaten Gefängnis gegeben.

3.3.2 Der Richter hat zur Prüfung der subjektiven Voraussetzungen eine
Prognose über das zukünftige Verhalten des Täters zu stellen (BGE 123 IV 107
E. 4a). Dabei steht ihm ein erhebliches Ermessen zu. Das Bundesgericht hebt
einen Entscheid auf, wenn die Vorinstanz nicht von rechtlich massgebenden
Gesichtspunkten ausgegangen ist oder diese in Überschreitung oder Missbrauch
ihres Ermessens unrichtig gewichtet hat. Bei der Prüfung, ob der Verurteilte
für ein dauerndes Wohlverhalten Gewähr bietet, ist eine Gesamtwürdigung aller
wesentlichen Umstände vorzunehmen. In die Beurteilung einzubeziehen sind
neben den Tatumständen sämtliche Tatsachen, die gültige Schlüsse auf den
Charakter des Täters und die Aussichten seiner Bewährung zulassen (BGE 118 IV
97 E. 2b). Für die Einschätzung des Rückfallrisikos ist ein Gesamtbild der
Täterpersönlichkeit unerlässlich. Relevante Faktoren sind etwa seine
strafrechtliche Vorbelastung, das Verhalten während und nach der Tat, seine
voraussichtliche Reaktion auf die Bestrafung, der Zeitablauf seit der Tat
(vgl. dazu Roland M. Schneider, Basler Kommentar StGB I, Art. 41 N. 90 ff.).
Dabei sind die persönlichen Verhältnisse bis zum Zeitpunkt des Entscheids
einzubeziehen (Urteil 6S.43/2001 vom 19. Juni 2002 E. 4a, publiziert in Pra
2001 Nr. 197 S. 1192 ff.).

Es ist unzulässig, unter den nach Art. 41 Ziff. 1 Abs. 1 StGB zu
berücksichtigenden Umständen Einzelnen eine vorrangige Bedeutung beizumessen
und andere zu vernachlässigen oder überhaupt ausser Acht zu lassen (BGE 123
IV 107 E. 4a; 118 IV 97 E. 2b). Wie bei der Strafzumessung müssen die Gründe
im Urteil so wiedergegeben werden, dass sich die richtige Anwendung des
Bundesrechts überprüfen lässt (BGE 128 IV 193 E. 3a; 117 IV 112 E. 3a).

3.3.3 Die Vorinstanz erwähnt zwar, dass der Beschwerdeführer sich seit dem
September 1998 wohl verhalten habe, in der Gesamtwürdigung wird auf diese
Tatsache jedoch nicht weiter eingegangen. Zudem lässt sie gänzlich ausser
Acht, dass er sich während der mit Urteil vom 17. Mai 1999 auferlegten
Probezeit bewährt hat. Hinsichtlich des gegen eine günstige Prognose
angeführten Umstandes, dass der Beschwerdeführer wiederholt gleichartige
Delikte begangen habe, räumt die Vorinstanz in ihren Gegenbemerkungen vom 1.
Juli 2003  berichtigend ein, dass er zuvor nie eines Vermögensdelikts
schuldig gesprochen worden sei. Dass zumindest bezüglich der schwerer
wiegenden Vermögensdelikte - entgegen der Begründung im Urteil der Vorinstanz
- keine einschlägigen Vorstrafen bestehen, relativiert die Bedeutung der
Vorstrafen für das Stellen der Prognose erheblich (vgl. Urteil 6S.43/2001 vom
19. Juni 2001, E. 4b, publiziert in Pra 2001 Nr. 197 S. 1192 ff.). Ferner
unterlässt es die Vorinstanz, die Wirkung einer weiteren bedingten
Gefängnisstrafe auf den Beschwerdeführer hinreichend in Betracht zu ziehen.
Da sich dieser bereits während einer vierjährigen Probezeit bewährt hat,
hätte sie zumindest erwägen müssen, ob ihren Bedenken allenfalls mit einer
erneuten Probezeit von bis zu maximal fünf Jahren Rechnung getragen werden
könnte.

3.3.4 Das Vorliegen von Uneinsichtigkeit ist grundsätzlich ein Kriterium, das
der Richter beim Stellen der Prognose in Betracht zu ziehen hat (Roland M.
Schneider, a.a.O., Art. 41 N. 98 f.). Allerdings darf daraus, dass ein
Angeklagter die Tat bestreitet oder die Auskunft verweigert nicht leichthin
gefolgert werden, er lasse sich durch eine bedingt vollziehbare Strafe nicht
bessern (BGE 101 IV 257 E. 2a). Ein solches Verhalten kann auf verschiedenen
Beweggründen beruhen und ist nicht zwangsläufig ein Zeichen fehlender Reue
oder mangelnder Einsicht in die Verwerflichkeit der begangenen Tat. Wer aus
Scham oder Furcht leugnet, vermag eher Gewähr für zukünftiges Wohlverhalten
bieten als derjenige, der die Tat offen zugibt, sie aber nicht für
verwerflich hält oder sich über die Folgen seiner Tat gleichgültig zeigt (BGE
101 IV 257 E. 2a; Urteil 6S.477/2002 vom 12. März 2003, E. 1.4). Der Richter
hat somit zu ergründen, warum ein Angeklagter seine Verfehlungen bestreitet.

3.3.5 Die Vorinstanz schliesst aus den Ausflüchten des Beschwerdeführers
während der Strafuntersuchung auf dessen Uneinsichtigkeit. Aus dem
angefochtenen Entscheid geht aber weder hervor, welches Motiv diesem
Verhalten zu Grunde lag, noch inwiefern ein solches seine einsichtslose
Einstellung aufzeigt. Die Vorinstanz erwähnt lediglich, dass der
Beschwerdeführer damit bezweckt habe, keine der Verfehlungen zugeben zu
müssen. Entgegen der erwähnten Rechtsprechung des Kassationshofs legt die
Vorinstanz somit nicht dar, dass das Suchen von Ausflüchten auf eine
mangelnde Einsicht zurückzuführen ist.

3.3.6 Der Richter, der eine Zusatzstrafe nach Art. 68 Ziff. 2 StGB
ausspricht, ist an die im früheren Urteil vertretenen Auffassungen nicht
gebunden. Er kann somit namentlich den bedingten Strafvollzug für die
Zusatzstrafe verweigern, auch wenn er für die Grundstrafe gewährt worden war
(BGE 109 IV 68 E. 1, mit Hinweisen). Dabei soll er aber nicht von der
Prognose abweichen, welche der erste Richter gestellt hat, ohne sich mit
dessen Begründung näher auseinanderzusetzen (BGE 73 IV 89 E. 3a).

Die Vorinstanz geht diesbezüglich überhaupt nicht auf den von ihr gefällten
Entscheid vom 17. Mai 1999 ein. Dies erscheint insofern als erhebliches
Versäumnis, als dem Beschwerdeführer darin noch eine günstige Prognose
gestellt wurde, die sich offenbar bisher als zutreffend erwiesen hat.

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass das Urteil der Vorinstanz Art. 41
Ziff. 1 Abs. 1 StGB verletzt, indem es die genannten Gesichtspunkte nicht
oder nicht hinreichend beziehungsweise zum Teil fälschlicherweise
berücksichtigt oder würdigt. Die eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde ist
folglich in diesem Punkt gutzuheissen und das angefochtene Urteil insoweit
aufzuheben.

4.
Der Beschwerdeführer macht weiter geltend, er sei in Verletzung von Art. 63
StGB zu einer Strafe verurteilt worden, die nicht seinem Verschulden
entspreche.

4.1 Der Beschwerdeführer rügt zunächst, die Vorinstanz habe bei der
Strafzumessung die lange Verfahrensdauer nicht berücksichtigt. Gemäss Art. 6
Ziff. 1 EMRK hat jedermann Anspruch darauf, dass seine Sache innert
angemessener Frist gehört wird. Die Frage, ob dieses so genannte
Beschleunigungsgebot verletzt wurde, betrifft die unmittelbare Verletzung der
Bundesverfassung beziehungsweise der EMRK, die mit staatsrechtlicher
Beschwerde aufzuwerfen ist. Welche Folgen eine Verletzung des
Beschleunigungsgebots auf die Auslegung und Anwendung eidgenössischen
Strafrechts hat, betrifft demgegenüber die mittelbare Verletzung von Art. 29
Abs. 1 BV und Art. 6 Ziff. 1 EMRK. Mit eidgenössischer Nichtigkeitsbeschwerde
kann gerügt werden, das Bundesrecht sei nicht verfassungs- beziehungsweise
konventionsgemäss ausgelegt und angewendet worden (BGE 119 IV 107 E. 1b). Das
Beschleunigungsgebot verpflichtet die Behörden, das Strafverfahren zügig
voranzutreiben, um den Beschuldigten nicht unnötig über die gegen ihn
erhobenen Vorwürfe im Ungewissen zu lassen. Wird eine Verletzung des
Beschleunigungsgebotes festgestellt, ist diesem Umstand angemessen Rechnung
zu tragen. Nach der Rechtsprechung kommt dabei unter anderem in Betracht, die
Verfahrensverzögerung im Rahmen der Strafzumessung zu berücksichtigen. Die
nach Art. 6 Ziff. 1 EMRK noch angemessene Verfahrensdauer bestimmt sich nach
den Umständen des Einzelfalles, die in ihrer Gesamtheit zu würdigen sind.
Dabei sind namentlich die Komplexität des Falles, das Verhalten des
Beschuldigten und die Behandlung des Falles durch die Behörden zu
berücksichtigen (BGE 124 I 139 E. 2c). Gegenstand der Prüfung ist
grundsätzlich das gesamte Verfahren, von der Einleitung der Strafverfolgung
bis zum letzten Entscheid in der Sache. Dabei sind auch alle Verfahren vor
Rechtsmittelinstanzen zu berücksichtigen (Urteil 1P.338/2000 vom 23. Oktober
2000, E. 4b, publiziert in Pra 2001 Nr. 3 S. 12 ff., mit Hinweisen).

4.2 Das vorliegende Strafverfahren gegen den Beschwerdeführer wurde mit
Strafanzeige vom 24. Juli 1997 eingeleitet. Mit Anklage vom 14. Oktober 1999
beziehungsweise durch Zusatzanklage vom 16. Mai 2000 wurde das Verfahren an
das Bezirksgericht Laufenburg überwiesen, und mit Urteil vom 8. März 2001
wurde der Beschwerdeführer erstinstanzlich verurteilt. Auf Berufung
verurteilte ihn das Obergericht des Kantons Aargau am 22. April 2002. Die
gegen diesen Entscheid erhobene Nichtigkeitsbeschwerde an das Bundesgericht
wurde am 6. Februar 2003 gutgeheissen, worauf das Obergericht ihn am 27. März
2003 mit vorliegend angefochtenem Entscheid verurteilte.

Dem Beschwerdeführer kann nicht vorgeworfen werden, er habe die Verzögerung
seiner Verurteilung mitverursacht. Zu berücksichtigen ist, dass es sich um
einen relativ aufwändigen Fall handelt, der ursprünglich neun Anklagepunkte
und unterschiedliche Handlungskomplexe umfasste. Insgesamt gingen die
Behörden bei der Erledigung dieses Strafverfahrens beförderlich vor. Die
Verzögerung des rechtskräftigen Abschlusses ist lediglich auf den - bis zum
angefochtenen Entscheid - normalen Gang des Rechtsmittelverfahrens
zurückzuführen. Das Beschleunigungsgebot ist demgemäss nicht verletzt und
eine Strafminderung fällt unter diesem Aspekt ausser Betracht. Die Beschwerde
ist in diesem Punkt abzuweisen.

4.3 Der Beschwerdeführer ist weiter der Ansicht, die Vorinstanz habe bei der
Strafzumessung tatsachenwidrig straferhöhend berücksichtigt, dass er während
der mit Urteil vom 17. Mai 1999 gewährten Probezeit delinquiert habe. Die
Vorinstanz anerkennt in der Vernehmlassung, diese Ausführungen seien dahin
gehend zu korrigieren, dass sich der Beschwerdeführer in dieser Probezeit
wohl verhalten habe. Bei den Ausführungen zur Frage der Gewährung des
bedingten Strafvollzugs sei diese Tatsache sinngemäss festgehalten worden. An
der Strafzumessung ändere dies aber nichts, da seine Delinquenz während der
mit Urteil vom 4. September 1996 gewährten Probezeit gleichwohl straferhöhend
wirke.

4.4 Der Richter bemisst die Strafe nach dem Verschulden des Täters. Er
berücksichtigt die Beweggründe, das Vorleben und die persönlichen
Verhältnisse des Täters (Art. 63 StGB). Das Bundesgericht kann in die
Strafzumessung auf Nichtigkeitsbeschwerde hin nur eingreifen, wenn das
kantonale Gericht den gesetzlichen Strafrahmen über- oder unterschritten hat,
wenn es von rechtlich nicht massgebenden Gesichtspunkten ausgegangen ist oder
wenn es wesentliche Gesichtspunkte ausser Acht gelassen beziehungsweise in
Überschreitung oder Missbrauch seines Ermessens falsch gewichtet hat (BGE 127
IV 101 E. 2c; 123 IV 150 E. 2a, mit Hinweisen).

Der Richter muss die Überlegungen, die er bei der Bemessung der Strafe
vorgenommen hat, in den Grundzügen wiedergeben, so dass die Strafzumessung
nachvollziehbar ist. Hält sich die Strafe unter Beachtung aller relevanten
Kriterien im Rahmen des dem Richter zustehenden Ermessens, kann der
Kassationshof das angefochtene Urteil bestätigen, auch wenn dieses einzelne
Unklarheiten und Unvollkommenheiten enthält.

4.5 Die Vorinstanz ist bei der Strafzumessung fälschlicherweise davon
ausgegangen, der Beschwerdeführer habe nicht nur in der mit Urteil vom 4.
September 1996, sondern auch in der mit Urteil vom 17. Mai 1999 angesetzten
Probezeit delinquiert. Die Vorinstanz hat abgesehen davon alle massgeblichen
Gesichtspunkte gegeneinander abgewogen. Sie hat dargelegt, dass aufgrund des
schweren Verschuldens, seiner Vorstrafen, seiner Delinquenz während der
Probezeit vom 4. September 1996, eine Zusatzstrafe zum Urteil des
Obergerichts Aargau vom 17. Mai 1999 von 7 ½ Monaten Gefängnis und einer
Busse von Fr. 2'000.-- angemessen sei. Die Vorgehensweise der Vorinstanz bei
der Festsetzung der Höhe der Zusatzstrafe nach den Grundsätzen der
retrospektiven Konkurrenz gemäss Art. 68 Ziff. 2 StGB wird nicht beanstandet
und erweist sich auch als zutreffend. Die Höhe der Strafe erscheint
angesichts des erheblichen Verschuldens und den übrigen Faktoren nicht als
übermässig. Die gefällte Strafe liegt somit auch unter Berücksichtigung der
fehlerhaften Annahme der Vorinstanz im Rahmen des ihr zustehenden Ermessens,
weshalb es trotz der anerkannten Mängel in der Begründung zu bestätigen ist.
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass der angefochtene Entscheid
hinsichtlich der Strafzumessung kein Bundesrecht verletzt. Die Beschwerde ist
in diesem Punkt abzuweisen.

5.
Die Nichtigkeitsbeschwerde ist teilweise gutzuheissen und das angefochtene
Urteil in Bezug auf die Frage der Gewährung des bedingten Strafvollzugs
aufzuheben.

Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend sind keine Kosten aufzuerlegen, und
der Beschwerdeführer ist angemessen zu entschädigen (Art. 278 Abs. 3 BStP).
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird damit
gegenstandslos.

II. Staatsrechtliche Beschwerde

6.
Mit der teilweisen Gutheissung der Nichtigkeitsbeschwerde wird die
staatsrechtliche Beschwerde gegenstandslos. Für dieses Verfahren werden
praxisgemäss weder Kosten erhoben noch eine Entschädigung ausgesprochen. Das
Gesuch um unentgeltliche Verbeiständung wird abgewiesen. Die eingereichten
Belege genügen offensichtlich nicht, eine Bedürftigkeit des Beschwerdeführers
nachzuweisen.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise gutgeheissen, das
Urteil des Obergerichts des Kantons Aargau vom 27. März 2003 insoweit
aufgehoben und die Sache zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz
zurückgewiesen.

2.
Die staatsrechtliche Beschwerde wird als gegenstandslos abgeschrieben.

3.
Die Gesuche um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung werden
abgewiesen, soweit sie nicht gegenstandslos sind.

4.
Es werden keine Kosten erhoben.

5.
Dem Beschwerdeführer wird für das Verfahren der eidgenössischen
Nichtigkeitsbeschwerde eine Entschädigung von Fr. 3'000.-- aus der
Bundesgerichtskasse ausgerichtet.

6.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Staatsanwaltschaft des Kantons
Aargau und dem Obergericht des Kantons Aargau, 1. Strafkammer, schriftlich
mitgeteilt.

Lausanne, 15. Dezember 2003

Im Namen des Kassationshofes
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Der Gerichtsschreiber: