Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Kassationshof in Strafsachen 6P.72/2003
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6P.72/2003/sch

Urteil vom 1. Oktober 2003
Kassationshof

Bundesrichter Schneider, Präsident,
Bundesrichter Karlen, Ersatzrichterin Pont Veuthey,
Gerichtsschreiber Boog.

X. ________,
Beschwerdeführerin, vertreten durch Rechtsanwalt
Dr. Christoph Kradolfer, Bahnhofstrasse 3,
8590 Romanshorn 1,

gegen

A.________,
Beschwerdegegner, vertreten durch Rechtsanwalt
Max Tobler, Pestalozzistrasse 14, 8570 Weinfelden,
Staatsanwaltschaft des Kantons Thurgau, Staubeggstrasse 8, 8500 Frauenfeld,
Obergericht des Kantons Thurgau, Promenadenstrasse 12, 8500 Frauenfeld.

Art. 9 BV (Strafverfahren; Willkür, Grundsatz "in dubio pro reo"),

Staatsrechtliche Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons
Thurgau vom 17. Dezember 2002.

Sachverhalt:

A.
Das Bezirksgericht Weinfelden erklärte X.________ mit Urteil vom 15.
September 2000 der fahrlässigen schweren Körperverletzung schuldig und
verurteilte sie zu fünf Tagen Gefängnis, mit bedingtem Strafvollzug bei einer
Probezeit von zwei Jahren, und einer Busse von Fr. 800.--. Ferner erkannte
das Bezirksgericht, die Beurteilte sei im Umfang von 80 % für den vom Opfer
erlittenen Schaden ersatzpflichtig, und verpflichtete sie zur Leistung einer
Genugtuung im selben Umfang. Das Obergericht des Kantons Thurgau befand eine
von X.________ erhobene Berufung mit Urteil vom 17. Dezember 2002 für
teilweise begründet und reduzierte den von ihr zu tragenden Umfang des
erlittenen und des übrigen Schadens sowie der Genugtuung auf 66 %. Im
Strafpunkt bestätigte es das erstinstanzliche Urteil.

B.
X.________ führt staatsrechtliche Beschwerde, mit der sie beantragt, das
angefochtene Urteil sei aufzuheben.

C.
Das Obergericht des Kantons Thurgau beantragt in seinen Gegenbemerkungen die
Abweisung der Beschwerde. Vernehmlassungen wurden nicht eingeholt.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Das Obergericht geht von folgendem Sachverhalt aus:

Die Beschwerdeführerin fuhr am 14. Dezember 1999 kurz vor 07.00 Uhr bei
starkem Regen mit ihrem Personenwagen auf der Istighoferstrasse in Bürglen in
Richtung SBB-Bahnübergang. Dort setzte die Wechselblinklichtanlage (vgl. Art.
28 SVG; Art. 93 Abs. 1 SSV), nachdem sich die Bahnschranken erst kurz zuvor
geöffnet hatten, bei der Anfahrt der Beschwerdeführerin bereits wieder ein.
Trotz des eingeschalteten Blinklichtsignals überquerte diese in der Folge den
Bahnübergang. Zur gleichen Zeit nahte auf dem östlichen Trottoir der
Istighoferstrasse der Geschädigte auf seinem Fahrrad in Richtung Bahnübergang
heran. Ungefähr 60 bis 70 Meter vor diesem verliess er das Trottoir und bog
auf die aus seiner Sicht linke Fahrbahn der Istighoferstrasse ein, in der
Absicht, an der vor dem Bahnübergang stehenden Fahrzeugkolonne
vorbeizufahren. Dort stiess er frontal mit dem ihm entgegenkommenden Fahrzeug
der Beschwerdeführerin zusammen. Keiner der beiden Unfallbeteiligten hatte
eine Bremsreaktion eingeleitet. Der Geschädigte wurde bei der Kollision gegen
die Windschutzscheibe des Personenwagens und anschliessend auf die Strasse
geschleudert, wobei er schwere Verletzungen erlitt (Frakturen an beiden
Vorderarmen sowie am Unterschenkel und Knie rechts).

2.
Die Beschwerdeführerin macht Willkür geltend und rügt eine Verletzung des
Grundsatzes "in dubio pro reo". Dabei bringt sie zunächst sinngemäss vor, das
Obergericht habe das angeordnete verkehrstechnische Gutachten gar nicht
seriös geprüft und zur Kenntnis genommen.

Was die Beschwerdeführerin zur Begründung ihrer Rüge vorbringt, genügt den
Anforderungen von Art. 90 Abs. 1 lit. b OG nicht. Aus den angeführten
Urteils- und Aktenstellen, nach welchen das Obergericht einerseits die
Einholung eines verkehrstechnischen Gutachtens zum Unfallhergang als
unabdingbar erachtete und andererseits den Parteivertretern mitteilte, das
Gericht sei grundsätzlich der Auffassung, dass auf der Grundlage der Akten
entschieden werden könnte, ergibt sich nichts, was darauf hindeuten würde,
das Obergericht habe sich anlässlich der ersten Urteilsberatung eine Meinung
gebildet, von der es unabhängig vom Ergebnis der Expertise von vornherein
nicht habe abrücken wollen. Die Rüge erschöpft sich in einer blossen
Unterstellung. Im Übrigen erhellt aus dem genannten Schreiben, dass das
Obergericht die Einholung des Gutachtens namentlich deshalb als notwendig
erachtete, weil zweitinstanzlich ein Parteigutachten eingereicht worden war,
das mit Blick auf den Zivilpunkt von Bedeutung war. Dass das Obergericht
bereits zu einem definitiven Schluss gelangt wäre, lässt sich auch daraus
nicht ableiten.

Die Beschwerde ist in diesem Punkt unbegründet, soweit darauf überhaupt
eingetreten werden kann.

3.
Im Weiteren beanstandet die Beschwerdeführerin, das Obergericht habe in Bezug
auf den Geschädigten und sie selbst widersprüchliche Anforderungen an die
Aufmerksamkeit gestellt. Ausserdem beanstandet sie den Schluss des
Obergerichts, sie habe ihre Pflicht zur Aufmerksamkeit verletzt, weil sie den
Geschädigten während seiner Fahrt auf dem Trottoir nicht wahrgenommen habe.

Die Frage nach dem Mass, welches an die Aufmerksamkeit des Fahrzeuglenkers zu
stellen ist, und die Frage, worauf die Beschwerdeführerin im konkreten Fall
ihre Aufmerksamkeit richten musste, betreffen nicht die Beweiswürdigung,
sondern beschlagen Rechtsfragen, die im Rahmen der eidgenössischen
Nichtigkeitsbeschwerde aufgeworfen werden müssen. Insofern kann auf die
staatsrechtliche Beschwerde nicht eingetreten werden (Art. 84 Abs. 2 OG; Art.
269 Abs. 1 BStP).

4.
Die Beschwerdeführerin rügt ferner, das Obergericht habe hinsichtlich der
Frage, ob der Geschädigte das Vorderlicht an seinem Fahrrad eingeschaltet
gehabt habe, auf dessen Ausagen abgestellt, die er erst, nachdem das
erstinstanzliche Urteil ergangen war, in Kenntnis der Bedeutung der Frage
gemacht habe.

4.1 Der Geschädigte ist erst im zweitinstanzlichen Verfahren vorsorglich als
Zeuge einvernommen worden. Dabei hat er erklärt, dass an seinem Fahrrad
jedenfalls die batteriebetriebene Beleuchtung eingeschaltet war. Dass die
Beleuchtung an seinem Fahrrad hinten und vorne in Ordnung war, da er es bei
der Wegfahrt noch kontrolliert habe, hatte er auch schon unmittelbar nach dem
Unfall zu Protokoll gegeben.

4.2 Das Obergericht stützt sich entgegen der Auffassung der
Beschwerdeführerin nicht ausschliesslich auf die Aussagen des Geschädigten.
Im Wesentlichen gelangt es deshalb zur Annahme, das vordere und hintere, je
mit Batterie betriebene Fahrradlicht seien mit an Sicherheit grenzender
Wahrscheinlichkeit eingeschaltet gewesen, weil gemäss den polizeilichen
Feststellungen das Rücklicht in Ordnung gewesen sei. Die Tatsache, dass das
Opfer auch vorne am Fahrrad eine zusätzliche Beleuchtung angebracht hatte,
lasse darauf schliessen, dass ihm eine korrekte bzw. funktionierende
Beleuchtung wichtig gewesen sei. Der Umstand allein, dass die
Beschwerdeführerin den Geschädigten bis zur Kollision nicht wahrgenommen
habe, lasse nicht den Schluss zu, die Beleuchtung habe nicht funktioniert.

Dieser Schluss ist nicht schlechterdings unhaltbar. Es mag zutreffen, dass
auch eine andere Lösung oder Würdigung als vertretbar erscheint, doch genügt
dies nach ständiger Rechtsprechung für die Begründung von Willkür nicht.

Dass der Geschädigte mit seinem Fahrstil, d.h. mit nach vorn gestrecktem
Oberkörper und gesenktem bzw. eingezogenem Kopf, die Wirkung des in der Mitte
der Lenkstange angebrachten Lichts behindert haben könnte, wie die
Beschwerdeführerin vorbringt, erscheint als abwegig. Es schadet daher nicht,
dass das Obergericht zu diesem Einwand nicht ausdrücklich Stellung genommen
hat.

Die Beschwerde ist in diesem Punkt unbegründet.

5.
Die Beschwerdeführerin macht ferner geltend, aus dem verkehrstechnischen
Gutachten ergebe sich, dass der Geschädigte unmittelbar vor ihr Fahrzeug
gefahren sei.

5.1 Das Obergericht nimmt gestützt auf die von ihm eingeholte
Verkehrsunfallanalyse an, der Geschädigte habe seine Fahrlinie im Bereich der
Einmündung der Schlosshalde vom Trottoir auf die Hauptstrasse gewechselt.
Vorher sei er über eine Strecke von mehr als 40 Metern auf dem Trottoir
gefahren. Als er auf die Hauptstrasse eingebogen sei, habe sich die
Beschwerdeführerin auf dem Bahnübergang oder kurz danach befunden. Der
Fahrradfahrer sei nicht unmittelbar vor den Personenwagen der
Beschwerdeführerin gefahren.

5.2 Dieser Schluss des Obergerichts ist nicht willkürlich. Aus den
Distanzangaben in den Akten ergibt sich, dass die Schlosshalde von der
Fahrtrichtung des Geschädigten aus gesehen in einer Entfernung von mehr als
43 Metern zum Bahnübergang in die Hauptstrasse einmündet. Da sich die
Beschwerdeführerin nach dem Gutachten zu diesem Zeitpunkt auf dem
Bahnübergang oder kurz danach befunden hat, kann nicht angenommen werden, der
Geschädigte sei beim Wechseln vom Trottoir auf die Strasse unmittelbar vor
das Fahrzeug der Beschwerdeführerin gefahren. Das folgt zusätzlich daraus,
dass der Gutachter bei Annahme einer Erkennbarkeitsdistanz von mehr als 35
Metern davon ausgeht, dass die Beschwerdeführerin mit einer Reaktion auf die
Gefahrensituation die Kollisionsgeschwindigkeit massgebend hätte reduzieren
können, was voraussetzt, dass die beiden Unfallbeteiligten auf der Strasse
jedenfalls in diesem Abstand von einander entfernt waren.

Die Beschwerde erweist sich auch in diesem Punkt als unbegründet.

6.
Schliesslich bringt die Beschwerdeführerin vor, das Obergericht sei bei der
Frage der Vermeidbarkeit der Unfalls ohne triftige Gründe vom
verkehrstechnischen Gutachten abgewichen.

6.1 Der Gutachter nimmt an, der Geschädigte habe im Bereich der Einmündung
Schlosshalde vom Trottoir auf die Strasse gewechselt. Die Frontalkollision
habe sich - in Fahrtrichtung der Beschwerdeführerin gesehen - unmittelbar vor
der mutmasslichen Endlage des Opfers ereignet. Aufgrund der entstandenen
Schäden an den Fahrzeugen sei von einer durchschnittlichen Zufahrts- bzw.
Kollisionsgeschwindigkeit der Beschwerdeführerin von 38 - 50 km/h auszugehen.
Die maximale theoretische Erkennbarkeitsdistanz habe 50 Meter betragen. Die
Sicht sei mit grosser Wahrscheinlichkeit durch den starken Regenfall, den
Dämmerungsübergang, fremde Lichtquellen und durch mögliches Streulicht
beeinträchtigt gewesen. Aus den Weg-Zeit-Geschwindigkeitsbetrachtungen lasse
sich u.a. ableiten, dass sich die Beschwerdeführerin, als der Geschädigte in
die Hauptstrasse eingebogen sei, auf dem Bahnübergang oder kurz danach
befunden habe.

Der Gutachter gelangt zum Schluss, eine Kollision wäre bei den herrschenden
Witterungs- und Verkehrsbedingungen auch bei einem optimalen
Reaktionsverhalten der Unfallgegner mit grosser Wahrscheinlichkeit nicht
vermeidbar gewesen. Im Sinne einer Entscheidgrundlage zeigten die Erhebungen
näherungsweise, dass die Fahrzeuglenker bei einer gegenseitigen Erkennbarkeit
auf eine Distanz von weniger als 35 Metern das Unfallgeschehen auch bei einer
der Gefahrensituation entsprechenden Reaktion zeitlich nicht nachweisbar bzw.
eindeutig hätten beeinflussen können. Bei einer gegenseitigen
Erkennbarkeitsdistanz von mehr als 35 Metern lägen - insbesondere bei einer
angenommenen Geschwindigkeit der Beschwerdeführerin von 38 km/h - eindeutige
Hinweise dafür vor, dass diese bei einer Reaktion entsprechend der
Gefahrensituation die Zufahrtsgeschwindigkeit massgebend hätte reduzieren
können, was sich mit überwiegender Wahrscheinlichkeit auch auf die
Unfallfolgen bzw. das Verletzungsbild des Opfers ausgewirkt hätte.

6.2 Das Obergericht geht aufgrund dieser Erkenntnisse davon aus, der Unfall
wäre vermeidbar gewesen. Mindestens wäre die Kollision weniger heftig
ausgefallen, so dass die schwerwiegenden Verletzungsfolgen hätten gemildert
werden können.

Das Obergericht nimmt an, es gebe nicht den geringsten Anhaltspunkt dafür,
dass die generelle Sichtweite zum damaligen Zeitpunkt deutlich unter 50
Metern gelegen habe. Ebenso sei davon auszugehen, dass die Distanz, innerhalb
welcher die Beschwerdeführerin den auf dem Trottoir und der Strasse
entgegenkommenden Fahrradfahrer hätte erkennen können, nicht weniger als 35
Metern betragen habe. Denn aufgrund der allgemeinen Lebenserfahrung sei zu
schliessen, dass auch bei schlechten Witterungsverhältnissen in der Dämmerung
ein dunkel angezogener Fahrradlenker mit normal funktionierendem Vorderlicht
auf eine Distanz von mindestens 35 bis 40 Metern erkennbar sei. Es bestünden
keine Zweifel, dass die Beschwerdeführerin bei Aufwendung der gebotenen
Aufmerksamkeit das Opfer so rechtzeitig hätte erkennen können, dass eine
Kollision sich aufgrund eines früher eingesetzten Bremsmanövers doch mit
erheblich geringerer Kollisionsgeschwindigkeit ereignet hätte.

6.3 Ob ein Gericht die im Gutachten enthaltenen Erörterungen für überzeugend
hält oder nicht und ob es dementsprechend den Schlussfolgerungen des Experten
folgen oder eine Oberexpertise anordnen soll, ist eine Frage der
Beweiswürdigung. Zieht der Richter mangels eigener Fachkenntnis einen
Experten bei, ist er bei der Würdigung des Gutachtens grundsätzlich frei.
Weicht er von den Folgerungen des Gutachters ab, so hat er dies zu begründen.
Dabei darf er in Fachfragen nicht ohne triftige Gründe von der Meinung des
Experten abweichen (BGE 101 IV 129 E. 3a mit Hinweisen).
Dass das Gutachten nicht schlüssig wäre, wird von der Beschwerdeführerin
nicht vorgebracht. Sie stellt sich indes auf den Standpunkt, das Obergericht
sei von den Schlussfolgerungen der Unfallanalyse abgewichen. Dies trifft
nicht zu. Zwar gelangt der Gutachter zum Ergebnis, die Kollision hätte sich
unter den gegebenen Bedingungen mit grosser Wahrscheinlichkeit auch bei einem
optimalen Reaktionsverhalten der Unfallgegner ereignet. Doch lässt sich
daraus nicht ableiten, dass nach seiner Auffassung die Unfallfolgen, d.h. im
Wesentlichen die vom Geschädigten erlittenen Körperverletzungen, im selben
Ausmass auch dann eingetreten wären, wenn sich die Beschwerdeführerin
pflichtgemäss verhalten und die geforderte Sorgfalt aufgewendet hätte. Denn
aus seinen Berechnungen ergibt sich, dass jedenfalls bei einer gegenseitigen
Erkennbarkeitsdistanz von mehr als 35 Metern die vom Geschädigten erlittenen
Verletzungen bei pflichtgemässem Verhalten der Beschwerdeführerin weit
weniger gravierend ausgefallen wären. Dass auch das rechtmässige Verhalten
der Beschwerdeführerin mit Sicherheit zu den selben Verletzungen geführt
hätte, trifft unter dieser Voraussetzung somit nicht zu.

Hinsichtlich der im Unfallzeitpunkt tatsächlich herrschenden Sichtweite legt
sich das Gutachten nicht fest. Es zeigt lediglich im Sinne einer
Entscheidungsgrundlage die Verhältnisse bei einer Erkennbarkeitsdistanz von
weniger als 35 Metern und diejenigen bei einer solchen von mehr als 35 Metern
auf. Soweit sich die Beschwerdeführerin gegen den Schluss des Obergerichts
wendet, auch bei schlechten Witterungsverhältnissen in der Dämmerung sei ein
dunkel gekleideter Fahrradlenker mit normal funktionierendem Vorderlicht auf
eine Distanz von mindestens 35 bis 40 Meter erkennbar, ist sie nicht zu
hören. Das Obergericht beruft sich hiefür auf die allgemeine Lebenserfahrung.
Die Überprüfung der Richtigkeit von Erfahrungssätzen wird praxisgemäss aber
als Rechtsfrage behandelt, die mit eidgenössischer Nichtigkeitsbeschwerde
aufzuwerfen ist (BGE 104 IV 18 E. 3, S. 21 und 43 E. 2a, S. 45 je mit
Hinweisen).

Schliesslich macht die Beschwerdeführerin auch zu Unrecht geltend, die
Erkennbarkeitsdistanz sei von der Stelle aus zu messen, wo der Geschädigte
nach rechts auf die Fahrbahn ausgeschert sei und wo die Sicht erheblich
weniger als 30 Meter betragen habe. Aus den Erwägungen zur
Nichtigkeitsbeschwerde ergibt sich, dass die Beschwerdeführerin ihre
Aufmerksamkeit auch auf das Geschehen auf dem Trottoir richten musste und
insbesondere nicht darauf vertrauen durfte, die übrigen Verkehrsteilnehmer
würden sich regelkonform verhalten (6S.192/2003 E. 3.2). Dass die
Beschwerdeführerin den Geschädigten auf dem Trottoir nicht hätte sehen
können, trifft jedenfalls nicht zu, wenn man mit dem Obergericht von einer
konkreten Sichtweite von mehr als 35 Metern ausgeht. Die Schlussfolgerung des
Gutachters, die Unfallgegner hätten sich zum Zeitpunkt, als der Geschädigte
das Einmünden in die Hauptstrasse eingeleitet hat, noch nicht erkennen
können, steht dem nicht entgegen. Diese ist im Zusammenhang mit der
gutachterlichen Feststellung zu sehen, wonach die maximale
Erkennbarkeitsdistanz bei der Betrachtung "Fahrrad noch auf Trottoir" maximal
50 Meter betrug. Sie kann sich daher offensichtlich nur auf die Fahrt des
Geschädigten auf dem Trottoir vom Hinterausgang des Restaurant Bären bis zum
Ende des Parkareals des Restaurants beziehen.

Die Beschwerde ist auch in diesem Punkt unbegründet.

7.
Aus diesen Gründen ist die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf eingetreten
werden kann. Bei diesem Ausgang des Verfahrens trägt die Beschwerdeführerin
die Kosten (Art. 156 Abs. 1 OG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die staatsrechtliche Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten
ist.

2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, der Staatsanwaltschaft des Kantons Thurgau
und dem Obergericht des Kantons Thurgau schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 1. Oktober 2003

Im Namen des Kassationshofes
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Der Gerichtsschreiber: