Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Kassationshof in Strafsachen 6P.27/2003
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6P.27/2003 /pai

Urteil vom 3. August 2003
Kassationshof

Bundesrichter Schneider, Präsident,
Bundesrichter Karlen,
Ersatzrichterin Pont Veuthey,
Gerichtsschreiber Borner.

S. ________,
Beschwerdeführer, vertreten durch Fürsprecher Mark Schibler, Käfiggässchen
10, 3011 Bern,

gegen

H.________,
Beschwerdegegnerin, vertreten durch Fürsprecherin Brigitte Kreuzer,
Chaumontweg 2, Postfach,
3095 Spiegel b. Bern,
Generalprokurator des Kantons Bern, Postfach 7475, 3001 Bern,
Obergericht des Kantons Bern, 3. Strafkammer, Postfach 7475, 3001 Bern.

Art. 9, 29 Abs. 2, 32 Abs. 1 BV, Art. 6 Abs. 1 und 2 EMRK; rechtliches Gehör,
willkürliche Beweiswürdigung,

Staatsrechtliche Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons
Bern, 3. Strafkammer, vom 12. Dezember 2002.

Sachverhalt:

A.
A.a Die zum Tatzeitpunkt knapp 20-jährige H._______ und ihre Freundin
R._______ verliessen in der Nacht vom 14./15. März 2001 heimlich das
Schulheim X.________, um in den Ausgang zu gehen. Nach dem Besuch des
Dancings Babalu in Bern fuhren sie mit dem Angeschuldigten S.________, seinen
Kollegen A. und B. G._______, seiner Kollegin K._______, einem Kollegen von
B. und A. sowie C._______ zu dessen Wohnung an der Effingerstrasse. Dort
standen ihnen ein kleineres und ein grösseres Zimmer zur Verfügung.

Nach den Aussagen von H._______ erzwang S.________, als sie sich allein im
kleineren Zimmer befanden, den Geschlechtsverkehr. Gemäss Darstellung von
S.________ war der Sexualakt von beiden gewollt. Als Kind war H._______ in
Somalia rituell beschnitten worden. Dabei wurden ihr Teile der
Geschlechtsorgane entfernt und die Vagina vom Schambein her bis auf eine
kleine, etwa Daumen-durchgängige Öffnung zugenäht. Als S.________ mit seinem
Penis in die Vagina eindrang, wurde das Narbengewebe aufgerissen.

A.b Am 22. Februar, 10. und 11. Juni sowie 2. Juli 2001 benützte S.________
ohne gültigen Fahrausweis Fahrzeuge der Städtischen Verkehrsbetriebe Bern.

B.
Das Kreisgericht VIII Bern-Laupen verurteilte S.________ am 23. April 2002
wegen Vergewaltigung mittels psychischen Unter-Druck-Setzens sowie mehrfacher
Widerhandlung gegen das Transportgesetz zu einer bedingten Zuchthausstrafe
von 15 Monaten, Fr. 240.-- Busse und zur Bezahlung von Fr. 10'000.--
Genugtuung an H._______. Gleichentags widerrief es den bedingten Strafvollzug
einer fünftägigen Gefängnisstrafe, die das Untersuchungsrichteramt III
Bern-Mittelland am 18. Mai 2000 wegen Urkundenfälschung und Widerhandlung
gegen das Transportgesetz ausgesprochen hatte.

Auf Appellation des Verurteilten sowie Anschlussappellation von H._______ und
des Generalprokurators des Kantons Bern erkannte das Obergericht des Kantons
Bern am 12. Dezember 2002 ebenfalls auf Vergewaltigung, jedoch mittels
Gewaltanwendung; es setzte die Freiheitsstrafe auf 18 Monate fest, verwies
S.________ zusätzlich für drei Jahre des Landes, beides bei bedingtem
Vollzug, und bestätigte im Übrigen den erstinstanzlichen Entscheid.

C.
S.________ führt staatsrechtliche Beschwerde und beantragt, der angefochtene
Entscheid sei betreffend den Vorwurf der Vergewaltigung im Schuld-,
Sanktions- und Zivilpunkt aufzuheben.

Das Obergericht hat auf Gegenbemerkungen verzichtet (act. 7).

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Weil das staatsrechtliche Beschwerdeverfahren nicht das vorangegangene
kantonale Verfahren weiterführt, sondern als ausserordentliches Rechtsmittel
ein selbständiges staatsgerichtliches Verfahren darstellt, das der Kontrolle
kantonaler Hoheitsakte unter dem spezifischen Aspekt ihrer
Verfassungsmässigkeit dient, prüft das Bundesgericht nur klar und detailliert
erhobene Rügen. Zur tatsächlichen und rechtlichen Substantiierung von
staatsrechtlichen Beschwerden hat der Beschwerdeführer gemäss Art. 90 Abs. 1
lit. b OG ausser dem wesentlichen Sachverhalt nicht nur die als verletzt
behaupteten Rechtssätze zu nennen, sondern auch darzulegen, inwiefern diese
Rechtssätze bzw. Rechte verletzt sein sollen. Bei Willkürrügen hat der
Beschwerdeführer anhand des angefochtenen Entscheids im einzelnen
aufzuzeigen, inwiefern der Entscheid offensichtlich unhaltbar ist (BGE 126
III 534 E. 1b, 125 I 492 E. 1b, 117 Ia 393 E. 1c).

2.
Die erste Instanz begründete den Schuldspruch wegen Vergewaltigung damit, die
Tatbestandsvariante des psychisch Unter-Druck-Setzens sei erfüllt.
Demgegenüber erachtete das Obergericht die Tatbestandsvariante der
Gewaltanwendung als gegeben.

2.1 Zur Frage, ob diese unterschiedliche Beurteilung allenfalls den
Anklagegrundsatz verletze, führt das Obergericht aus, gemäss Art. 257 Ziff. 1
Abs. 3 StrV bezeichne der Überweisungsbeschluss die der angeschuldigten
Person zur Last gelegte Tat unter möglichst genauer Angabe der Geschädigten
sowie von Ort, Zeit und soweit nötig Art der Ausführung. Gegenstand des
Urteils sei die im Überweisungsbeschluss oder, wenn ein solcher nicht
vorliege, die in der Anzeige erwähnte Tat, wie sie sich nach dem Ergebnis der
Verhandlung darstelle (Art. 308 Abs. 1 StrV).
Die Überweisung beziehe sich auf einen - allerdings strafrechtlich
bedeutsamen - Sachverhalt, einen faktischen, historischen Lebensvorgang und
nicht auf einen gesetzlich umschriebenen Tatbestand, auf die rechtliche
Qualifikation des Geschehens. Daran ändere nichts, dass gemäss konstanter,
langjähriger Praxis für die Umschreibung der Tat die juristischen
Tatbestandsbezeichnungen gewählt würden. Ganz allgemein sei darauf zu achten,
dass die Tat im Überweisungsbeschluss nicht zu einengend umschrieben werde.
Die Tat sei anderseits genau anzugeben. Allzu ausufernde Umschreibungen, die
jede Einzelheit zu erfassen versuchten - etwa bei komplexen Tatbeständen wie
Betrug - seien jedoch zu unterlassen. Der Überweisungsbeschluss diene nicht
nur dem urteilenden Gericht als Grundlage für seine Tätigkeit (Art. 308 Abs.
1 StrV); er orientiere auch den Angeschuldigten über die ihm vorgeworfene Tat
und erlaube ihm damit den Aufbau seiner Verteidigung.

Der Beschwerdeführer habe von Beginn der Voruntersuchung weg gewusst, dass
ihm vorgeworfen werde, in der Nacht des 15. März 2001 in der Wohnung des
C.________ an der Effingerstrasse in Bern mit der Beschwerdegegnerin gegen
deren Willen den Geschlechtsverkehr vollzogen zu haben. Ort, Zeit,
Geschädigte und vorgeworfenes Delikt seien ihm also von Beginn an vollständig
klar gewesen und auch im Überweisungsbeschluss vollständig und korrekt
aufgenommen worden. Der Überweisungsbeschluss habe folglich seine
Umgrenzungsfunktion erfüllt. Der Untersuchungsrichter habe erst im
Überweisungsbeschluss ein bestimmtes Nötigungsmittel bezeichnet (das in den
vorgehenden Befragungen durchaus nicht im Zentrum des Interesses gestanden
habe), nämlich dasjenige des psychischen Drucks. Es sei dem Obergericht nicht
ganz verständlich, warum der Untersuchungsrichter dieses Nötigungsmittel
überhaupt aufgenommen habe, bzw. wenn er denn schon das Nötigungsmittel habe
nennen wollen, er nicht auch das der Gewalt aufgeführt habe, habe die
Beschwerdegegnerin doch schon anlässlich ihrer ausführlichen Aussage vor der
Polizei angegeben gehabt, der Beschwerdeführer habe ihre Beine, die sie
zusammengepresst gehabt habe, auseinandergedrückt. Es hätte genügt, wenn der
Untersuchungsrichter einzig Ort, Tatzeit, Geschädigte und Delikt im
Überweisungsbeschluss genannt hätte, die Angabe des Nötigungsmittels sei aus
dieser Sicht eine unnötige Weiterung.

Dem Beschwerdeführer bzw. dessen Verteidiger seien die Aussagen der
Beschwerdegegnerin vom 20. März 2001 bei der Polizei spätestens am 12.
November 2001 bekannt gewesen. Der Verteidiger habe an diesem Tag an der
untersuchungsrichterlichen Einvernahme der Beschwerdegegnerin teilgenommen,
anlässlich welcher ihr ihre Aussagen bei der Polizei vorgelesen worden seien.
Auch an der erstinstanzlichen Hauptverhandlung sei in Bezug auf die Frage des
Nötigungsmittels umfassend Beweis geführt worden. Der Beschwerdeführer habe
sich also im Klaren sein müssen, dass auch die Anwendung physischer Gewalt
zur Diskussion stehen würde. Er habe sein diesbezügliches Fragerecht durch
seinen Verteidiger umfassend wahrnehmen können. Dieser habe denn auch in der
Hauptverhandlung  keine Einwände gegen eine entsprechende Beweisführung
vorgebracht. Zusammenfassend könne festgehalten werden, dass der
Verfahrensgegenstand trotz der ungeschickten Formulierung im
Überweisungsbeschluss stets klar und die Verteidigungsrechte des
Beschwerdeführers jederzeit gewahrt gewesen seien. Die Verurteilung des
Beschwerdeführers wegen Vergewaltigung, begangen durch die Anwendung des
Nötigungsmittels der körperlichen Gewalt, verletze das Akkusationsprinzip
nicht.

2.2 Der Beschwerdeführer macht geltend, das Obergericht habe den
Anklagegrundsatz bzw. den Anspruch auf ein faires Verfahren verletzt (Art. 6
Ziff. 1 und 3 lit. a EMRK), es habe ihm das rechtliche Gehör verweigert (Art.
29 Abs. 2 BV) und kantonale Verfahrensgarantien willkürlich angewandt (Art. 9
BV; Art. 302 und 308 StrV).

Im präzise formulierten Überweisungsbeschluss werde nur eine Verhaltensweise
des Beschwerdeführers geschildert, die als psychisches Unter-Druck-Setzen
gewertet werden könne. Es sei keine Rede davon, dass der Beschwerdeführer die
Beschwerdegegnerin in irgend einer Form bedroht oder körperliche Gewalt
angewendet hätte. Die erste Instanz habe sich an den in der Anklageschrift
umschriebenen Sachverhalt gebunden gefühlt. Nicht so das Obergericht.
Überraschend habe es im angefochtenen Entscheid eine Gewaltanwendung des
Beschwerdeführers zu Grunde gelegt. Damit habe er nicht rechnen müssen. Das
Obergericht hätte dem Beschwerdeführer zumindest Gelegenheit zur
Stellungnahme geben müssen. Es sei nicht die Aufgabe der Verteidigung,
irgendwelche Anträge zu einer in der Anklageschrift nicht enthaltenen und von
der ersten Instanz bewusst nicht beurteilten Sachverhaltsvariante zu stellen.
Es gehe nicht an, dass ein in den Augen des Obergerichts "unglücklich
formulierter" Überweisungsbeschluss dem Beschwerdeführer in irgend einer Form
zum Nachteil gereiche.

2.3 Der Anklagegrundsatz dient dem Schutz der Verteidigungsrechte des
Angeklagten und konkretisiert insofern das Prinzip der Gehörsgewährung (Art.
29 Abs. 2 BV [Art. 4 aBV] und Art. 6 EMRK; BGE 120 IV 348 E. 2b). Nach diesem
Grundsatz bestimmt die Anklage das Prozessthema. Gegenstand des gerichtlichen
Verfahrens können mithin nur Sachverhalte sein, die dem Angeklagten in der
Anklageschrift vorgeworfen werden. Diese muss die Person des Angeklagten
sowie die ihm zur Last gelegten Delikte in ihrem Sachverhalt so präzise
umschreiben, dass die Vorwürfe im objektiven und subjektiven Bereich genügend
konkretisiert sind (Umgrenzungsfunktion). An diese Anklage ist das Gericht
gebunden. Zum anderen vermittelt sie dem Angeschuldigten die für die
Durchführung des Verfahrens und die Verteidigung notwendigen Informationen.
Sie dient insofern dem Schutz der Verteidigungsrechte des Angeklagten
(Informationsfunktion). Beiden Funktionen kommt gleiches Gewicht zu (BGE 126
I 19 E. 2a; 120 IV 348 E. 2b und c; 116 Ia 455 E. 3a/cc je mit Hinweisen;
ferner BGE 103 Ia 6; Hauser/Schweri, Kurzlehrbuch des schweizerischen
Strafprozessrechts, 5. Auflage, § 50 N 6 f. und 16 ff.).
2.4 Die Anklageschrift umschreibt den Vorwurf an den Beschwerdeführer wie
folgt: "Vergewaltigung, begangen am 15.03.2001 (in der Wohnung des
C.________) an der Effingerstrasse (..) in Bern z.N. der H.________
(Privatklägerin), indem er an dem wegen den im Nebenzimmer anwesenden
Kollegen des Täters unter psychischem Druck stehenden und verängstigten Opfer
entgegen ihrem klar geäusserten Willen den Geschlechtsverkehr vollzog."

Aus dieser Umschreibung geht deutlich der dem Beschwerdeführer vorgeworfene
Lebenssachverhalt hervor, er habe zu einem bestimmten Zeitpunkt an einem
genau bezeichneten Ort entgegen dem Willen der Beschwerdegegnerin den
Geschlechtsverkehr mit ihr erzwungen. Wenn auch das Obergericht im Gegensatz
zur ersten Instanz die Tatbestandsvariante der Gewaltanwendung und nicht
diejenige des psychisch Unter-Druck-Setzens als gegeben erachtet, hat sie
doch offensichtlich den klar umgrenzten Lebensvorgang beurteilt, wie er im
Überweisungsbeschluss umschrieben worden war. Nachdem der Rechtsvertreter des
Beschwerdeführers zudem spätestens an der untersuchungsrichterlichen
Einvernahme erfahren hatte, dass dieser gegenüber der Beschwerdegegnerin
Gewalt angewandt habe, und auch an der erstinstanzlichen Hauptverhandlung in
Bezug auf die Frage des Nötigungsmittels umfassend Beweis geführt worden war
(vgl. E. 2.1 letzter Absatz), musste der Beschwerdeführer damit rechnen, dass
auch die Anwendung physischer Gewalt zur Diskussion stehen würde. Im Übrigen
lässt sich weder aus Art. 6 Ziff. 1 und 3 lit. a EMRK noch aus Art. 29 Abs. 2
BV ableiten, dass eine obere kantonale Instanz an die rechtliche Würdigung
der ersten Instanz gebunden wäre.

Unter diesen Umständen sind die Ansprüche des Beschwerdeführers auf ein
faires Verfahren und auf rechtliches Gehör nicht verletzt worden.

2.5 Das Obergericht erörtert ausführlich die kantonalrechtlichen Bestimmungen
zum Anklagegrundsatz und kommt zum Schluss, die Angabe des Nötigungsmittels
im Überweisungsbeschluss sei bloss eine unnötige Weiterung gewesen (vgl. E.
2.1).

Inwiefern diese Anwendung kantonalen Prozessrechts willkürlich sein soll,
legt der Beschwerdeführer nicht dar. Sein allgemeiner Hinweis im Anschluss an
die Rügen der Verletzung von Art. 29 Abs. 2 BV und Art. 6 EMRK, das
Obergericht habe "zudem" kantonale Verfahrensbestimmungen willkürlich
angewendet, genügt den Begründungsanforderungen an eine staatsrechtliche
Beschwerde nicht.

3.
Der Beschwerdeführer rügt Willkür in der Beweiswürdigung (Art. 9 BV) sowie
eine Verletzung des Grundsatzes "in dubio pro reo" (Art. 26 Abs. 4 KV/BE;
Art. 32 Abs. 1 BV und Art. 6 Abs. 2 EMRK.

3.1 Er macht geltend, die Beweiswürdigungsregel "in dubio pro reo" sei ein
ausdrücklicher Grundsatz des bernischen Verfassungsrechts. Nach Art. 26 Abs.
4 KV/BE sei ein Strafverfahren sicher unfair, wenn der Richter Zweifel
unterdrücke, die er vernünftigerweise haben müsse. Das Bundesgericht  erachte
Art. 32 Abs. 1 BV und Art. 6 Abs. 2 EMRK erst als verletzt, wenn bei
objektiver Würdigung des ganzen Beweisergebnisses offensichtlich erhebliche
und schlechterdings nicht zu unterdrückende Zweifel an der Schuld des Täters
bestünden. Aufgrund der Verfassungslage im Kanton Bern müsse das
Bundesgericht eine weitergehende Prüfung vornehmen als die soeben erwähnte.

Im schriftlichen Parteivortrag an das Obergericht hatte der Beschwerdeführer
unter dem Titel "Beweiswürdigung; Beweisregel 'in dubio pro reo'" unter
anderem ausgeführt: "Als Beweiswürdigungsregel (und Verfassungsgrundsatz nach
Art. 26 Abs. 4 KV) besagt die Maxime, dass sich der Richter nicht von der
Existenz eines für den Angeklagten ungünstigen Sachverhalts überzeugt
erklären darf, wenn bei objektiver Betrachtung Zweifel bestehen, ob sich der
Sachverhalt so verwirklicht hat. Es muss sich um erhebliche, nicht zu
unterdrückende Zweifel handeln, d.h. um solche, die sich nach der objektiven
Sachlage aufdrängen".

Aus diesem Parteivortrag geht hervor, dass der Beschwerdeführer lediglich in
Klammern auf die bernische Verfassungsbestimmung hingewiesen, ansonsten aber
wörtlich aus der bundesgerichtlichen Rechtsprechung zur fraglichen Maxime
zitiert hatte (vgl. BGE 124 IV 86 E. 2a). Nachdem er somit vor Obergericht
nicht geltend gemacht hatte, es sei die (angeblich) weiter gehende kantonale
Verfassungsbestimmung anwendbar, sondern ausdrücklich die bundesgerichtliche
Definition zum Grundsatz "in dubio pro reo" angewandt wissen wollte, ist
hinsichtlich dieser Frage der kantonale Instanzenzug nicht erschöpft. Deshalb
kann auf die Rüge nicht eingetreten werden (BGE 129 II 82 E. 7.3).
3.2 Der Beschwerdeführer macht geltend, selbst bei einer vollständigen
Beschränkung auf eine Willkürprüfung verblieben bei objektiver Würdigung des
ganzen Beweisergebnisses offensichtlich erhebliche und schlechterdings nicht
zu unterdrückende Zweifel an seiner Schuld.

3.2.1 Als ersten Punkt bezeichnet der Beschwerdeführer die Annahme des
Obergerichts als aktenwidrig, die Beschwerdegegnerin habe das Kerngeschehen
stets gleich geschildert. Sie habe gemäss einer Aktennotiz der Schulleitung
zunächst angegeben, in einer Restauranttoilette von einem Unbekannten
vergewaltigt worden zu sein. Anlässlich der ärztlichen Untersuchung habe sie
diese Version geändert. Sie habe gemäss Bericht des Instituts für
Rechtsmedizin eine Vergewaltigung in einer fremden Wohnung geschildert. Dabei
habe sie kein Verhalten des Täters beschrieben, das als nötigende Gewalt
beurteilt werden könnte; eine solche Gewalt habe sie gegenteilig sogar
verneint. Sie habe insbesondere nicht geltend gemacht, dass sie ihre Beine
zusammengepresst und der Täter diese auseinandergedrückt habe. Dies habe sie
erst fünf Tage später bei der polizeilichen Befragung erstmals geltend
gemacht. Diesbezüglich handle es sich aber nicht um ein blosses Detail,
sondern es sei schlicht und allein diese Behauptung, welche letztlich zur
Verurteilung des Beschwerdeführers durch das Obergericht geführt habe.
Insbesondere bezüglich dieser alles entscheidenden Aussage dürfe mithin
gerade nicht von einer Aussagekonstanz der Beschwerdegegnerin ausgegangen
werden.

Das Obergericht hält in seiner Begründung fest, die Beschwerdegegnerin habe
das Kerngeschehen "wie ausgeführt" stets gleich geschildert. Dieser Verweis
bezieht sich auf die zwei voranstehenden Absätze im angefochtenen Entscheid.
Danach hat die Beschwerdegegnerin anlässlich der rechtsmedizinischen
Untersuchung das Kerngeschehen bereits "relativ klar" beschrieben und "in
allen weiteren Einvernahmen" spricht sie lediglich und konstant davon, der
Beschwerdeführer habe ihre zusammengepressten Beine auseinandergerissen, sei
auf sie gelegen und in sie eingedrungen. Das Obergericht leitet die
Aussagekonstanz der Beschwerdegegnerin betreffend das Kerngeschehen somit
teilweise aus deren Darstellung gegenüber der Rechtsmedizinerin ab und
insbesondere aus den Aussagen gegenüber der Polizei und vor erster Instanz.
Inwiefern es willkürlich sein sollte, aus diesen Aktenstellen auf ein
konstantes Aussageverhalten der Beschwerdegegnerin im Kerngeschehen zu
schliessen, legt der Beschwerdeführer nicht dar. Sein Einwand, gegenüber der
Gerichtsmedizinerin habe die Beschwerdegegnerin gerade nicht geltend gemacht,
dass sie die Beine zusammengepresst und der Beschwerdeführer diese
auseinandergedrückt habe, ist unbegründet; das Obergericht hat diesem Umstand
nämlich Rechnung getragen, indem es die Schilderung des Kerngeschehens
gegenüber der Gerichtsmedizinerin als "relativ klar" bezeichnete. Dass die
Angaben gegenüber der Schulleitung mit den späteren nicht übereinstimmen,
erklärt sich nur schon daraus, dass die Beschwerdegegnerin das wirklich
Vorgefallene zu diesem Zeitpunkt noch verheimlichen wollte.

Unter diesen Umständen durfte das Obergericht willkürfrei annehmen, die
Aussagen der Beschwerdegegnerin seien glaubwürdig.

3.2.2 Der Beschwerdeführer rügt die obergerichtliche Annahme als willkürlich,
es sei verständlich, dass die Beschwerdegegnerin sich in der konkreten
Situation nicht weiter gehend zur Wehr gesetzt habe. So hätte sie das Zimmer
einfach verlassen, den Beschwerdeführer wegstossen oder mittels
Schreien/Hilferufe oder Klopfzeichen die im Nebenzimmer anwesenden Personen
auf sich aufmerksam machen können.

Die Beschwerdegegnerin befand sich persönlich in der folgenden Situation: Sie
hatte mit ihrer Freundin das Schulheim X.________ heimlich verlassen, um in
den Ausgang zu gehen. Nach dem Besuch des Babalu wurde sie Augenzeugin einer
Streiterei zwischen Albanern, wobei ein Messer im Spiel war. Sie bekam ein
ungutes Gefühl und wollte eigentlich heimgehen. Da sie ihrer Freundin nicht
zu widersprechen wagte, fuhr sie jedoch mit einer Gruppe junger Leute zu
einer Wohnung. Dort begannen die Männer Alkohol zu trinken, zu kiffen und
auch andere Drogen zu konsumieren. Die Beschwerdegegnerin war die einzige
dunkelhäutige Person und verstand die andern meist nicht, weil sie
miteinander albanisch sprachen. Aufgrund ihrer strengen sittlich-religiösen
Herkunft drohte ihr sowohl bei freiwilligem als auch erzwungenem Sex, von
ihrem Verlobten und ihrer Familie verstossen zu werden. Zudem fürchtete sie
die Schmerzen einer Defibulation. Die Kollegen des Beschwerdeführers im
Nebenzimmer erschienen ihr nicht als mögliche Hilfe, sondern als Bedrohung,
weil sie damit rechnen musste, dass jene aus Loyalität eher zum
Beschwerdeführer halten würden. Auch in ihre Freundin hatte sie in der
konkreten Situation kein volles Vertrauen. Die Beschwerdegegnerin bezeichnet
sich selbst als sehr sensibel. Sie könne es nicht leiden, wenn sie
angeschrien werde. Ihre Familie liebe sie nicht, sondern behandle sie wie der
letzte Dreck. Von den Eltern sei sie genug angeschrien und geschlagen worden.
Als sie noch klein gewesen sei, habe der Bruder ihres Vaters versucht, sie zu
vergewaltigen. Ihre Mutter sei dazugekommen und es sei dann nichts passiert.
Die Mutter habe sie darauf geschlagen und mit ihr geschimpft.

Vor diesem Hintergrund erscheint es durchaus nachvollziehbar, dass sich die
Beschwerdegegnerin aus Angst nicht traute, dem Beschwerdeführer weiter
gehenden Widerstand entgegenzusetzen. Denn einerseits erlaubten die
persönlichen familiären Erlebnisse der Beschwerdegegnerin wohl kaum, ein
gesundes Selbstbewusstsein gerade Männern gegenüber aufzubauen, und
anderseits war die beschriebene konkrete Situation in der fremden Wohnung
sehr wohl geeignet, die Beschwerdegegnerin in Angst zu versetzen.

Von einer willkürlichen Beweiswürdigung kann somit keine Rede sein.

3.2.3 Auch bei den weiteren Rügen gibt der Beschwerdeführer die
Beweiswürdigung des Obergerichts nur teilweise und damit verzerrt wieder,
hebt einzelne Aktenstellen besonders hervor und interpretiert sie aus seiner
eigenen Sichtweise. Das genügt nicht, um Willkür darzutun, weshalb weitere
Erörterungen unterbleiben können. Beispielhaft sei lediglich erwähnt, dass
sich der Beschwerdeführer mit keinem Wort mit den originellen Äusserungen der
Beschwerdegegnerin auseinandersetzt, die das Obergericht als weiteren Hinweis
für die Glaubhaftigkeit ihrer Aussagen anführt.

4.
Nach dem Gesagten ist die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf überhaupt
eingetreten werden kann.

Der Beschwerdeführer stellt ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege. Da
seine Begehren von vornherein aussichtslos erschienen, ist das Gesuch
abzuweisen (Art. 152 OG). Bei der Bemessung der Gerichtsgebühr ist jedoch
seinen finanziellen Verhältnissen Rechnung zu tragen.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die staatsrechtliche Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten
ist.

2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.

3.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 800.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Generalprokurator des Kantons Bern und
dem Obergericht des Kantons Bern, 3. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 3. August 2003

Im Namen des Kassationshofes
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Der Gerichtsschreiber: