Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Kassationshof in Strafsachen 6P.146/2003
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6P.146/2003
6S.414/2003 /pai

Urteil vom 22. März 2004
Kassationshof

Bundesrichter Schneider, Präsident,
Bundesrichter Wiprächtiger, Zünd,
Gerichtsschreiber Briw.

A. ________,
Beschwerdeführer, vertreten durch Fürsprecher Dr. Jürg Amsler,

gegen

B.________,
Beschwerdegegner,
handelnd durch C.________ und D.________, und diese vertreten durch
Fürsprecher Rolf P. Steinegger,
Obergericht des Kantons Bern, 2. Strafkammer, Hochschulstrasse 17, 3012 Bern.

6P.146/2003
Art. 8, 9 BV (Strafverfahren; Grundsatz "in dubio pro reo")

6S.414/2003
fahrlässige schwere Körperverletzung,

Staatsrechtliche Beschwerde (6P.146/2003) und Nichtigkeitsbeschwerde
(6S.414/2003) gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Bern, 2.
Strafkammer, vom 14. März 2003 (010/II/2003).

Sachverhalt:

A.
A. ________ musste am 2. Juni 2000, um 9 Uhr 40, auf seinem Motorrad (Yamaha
TDM 850) bei der Einfahrt nach Langenthal wegen eines geschlossenen
Bahnübergangs anhalten. Auf der Gegenfahrbahn bildete sich vor dem
Bahnübergang eine längere, rund 200 m lange Fahrzeugkolonne. Nach dem Öffnen
der Barrieren setzte A.________ in vorderster Position seine Fahrt fort.
B.________ fuhr 106 m weiter vorne mit seinem Fahrrad von links, aus der
Ausfahrt des "Wash & Shop" kommend, durch eine freigelassene Lücke zwischen
den wartenden Fahrzeugen hindurch auf die Hauptstrasse hinaus und kollidierte
mit dem heranfahrenden A.________. Beide Lenker stürzten. A.________ zog sich
Prellungen und Schürfungen zu. B.________ erlitt ein mittelschweres
Schädel-Hirn-Trauma sowie eine Unterschenkel- und Fersenbeinfraktur.

B.
Der Gerichtspräsident 1 des Gerichtskreises IV Aarwangen-Wangen sprach
A.________ am 23. Oktober 2002 von der Anschuldigung der fahrlässigen
schweren, eventuell einfachen Körperverletzung frei.

Das Obergericht des Kantons Bern erklärte im Appellationsverfahren A.________
am 14. März 2003 der fahrlässigen schweren Körperverletzung schuldig und
bestrafte ihn mit Fr. 1'000.-- Busse.

C.
A.________ erhebt staatsrechtliche Beschwerde und eidgenössische
Nichtigkeitsbeschwerde mit den gleichlautenden Anträgen, das Urteil des
Obergerichts gänzlich aufzuheben.

B. ________ beantragt in seiner Vernehmlassung die Abweisung der
Nichtigkeitsbeschwerde.

Das Obergericht des Kantons Bern verzichtet auf Gegenbemerkungen.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

I. Staatsrechtliche Beschwerde

1.
Die staatsrechtliche Beschwerde muss gemäss Art. 90 Abs. 1 lit. b OG die
wesentlichen Tatsachen und eine kurz gefasste Darlegung darüber enthalten,
welche verfassungsmässigen Rechte bzw. welche Rechtssätze und inwiefern sie
durch den angefochtenen Entscheid verletzt worden sind. Das Bundesgericht
prüft nur klar und einlässlich erhobene Rügen und wendet das Recht nicht von
Amtes wegen an (BGE 127 I 38 E. 3c). Es tritt auf ungenügend begründete Rügen
und rein appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid nicht ein (BGE 125
I 492 E. 1b).

Der Beschwerdeführer rügt eine willkürliche Beweiswürdigung und  eine
Verletzung des Grundsatzes in dubio pro reo sinngemäss als
Beweiswürdigungsregel. Nach diesem Grundsatz darf sich der Strafrichter nicht
von der Existenz eines für den Angeklagten ungünstigen Sachverhalts überzeugt
erklären, wenn bei objektiver Betrachtung erhebliche und nicht zu
unterdrückende Zweifel bestehen, ob sich der Sachverhalt so verwirklicht hat.
Ob der Grundsatz verletzt ist, prüft das Bundesgericht unter dem
Gesichtspunkt der Willkür. Willkür in der Beweiswürdigung liegt vor, wenn die
Behörde in ihrem Entscheid von Tatsachen ausgeht, die mit der tatsächlichen
Situation in klarem Widerspruch stehen, auf einem offenkundigen Fehler
beruhen oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwider laufen.
Dabei genügt es nicht, wenn der angefochtene Entscheid sich nur in der
Begründung als unhaltbar erweist; eine Aufhebung rechtfertigt sich erst, wenn
er auch im Ergebnis verfassungswidrig ist (BGE 127 I 38 E.2a).

1.1 Der Beschwerdeführer macht geltend, nach dem verkehrstechnischen
Gutachten sei er zwar mit 60 bzw. 67 km/h gefahren und wäre der Unfall bei
einer Geschwindigkeit von unter 54 km/h wegmässig vermeidbar gewesen. Das
Gutachten sei jedoch nur ein Mosaikstein und unterliege der Beweiswürdigung.
Er habe normal beschleunigt. Alle erstinstanzlich einvernommenen Zeugen
hätten seine Geschwindigkeit als relativ tief beurteilt. Somit sei
grundsätzlich zu seinen Gunsten beweismässig von einer tieferen
Geschwindigkeit als 60 km/h (Bereich ab 50 km/h) auszugehen (Beschwerde S. 3
f., Ziff. 3).
Der Beschwerdeführer setzt sich mit dem angefochtenen Urteil nur ungenügend
auseinander. Das Obergericht geht von den schlüssigen Berechnungen des
Gutachtens und zu Gunsten des Beschwerdeführers von der tieferen errechneten
Ausgangsgeschwindigkeit aus (minimale Variante 60 km/h; angefochtenes Urteil
S. 8). Der Beschwerdeführer behauptet nicht, dass das Gutachten nicht
schlüssig wäre. Das Obergericht kann ohne Willkür auf dieses abstellen.

1.2 Der Beschwerdeführer macht weiter geltend, das Obergericht vermische Tat-
und Rechtsfragen und lasse beweismässig das völlig falsche und sogar
grobfahrlässige Fahrverhalten des zwölfjährigen Beschwerdegegners gänzlich
ausser Betracht. Zur Begründung verweist er auf Zeugenaussagen, aus denen
seiner Ansicht nach folgt, dass der Beschwerdegegner völlig unaufmerksam auf
die Strasse hinausgefahren sei (Beschwerde S. 4 f.).

Das Obergericht lässt indessen das Verhalten des Beschwerdegegners nicht
ausser Betracht. Es geht von dem durch den Gerichtspräsidenten ermittelten
Beweisergebnis aus, wonach der Beschwerdegegner, ohne nach rechts zu blicken,
auf die Hauptstrasse hinausfuhr (angefochtenes Urteil S. 9). Dies übergeht
der Beschwerdeführer, weshalb seine Rüge ins Leere stösst.

1.3 Der Beschwerdeführer bringt ferner gestützt auf das Weg-Zeit-Diagramm des
verkehrstechnischen Gutachtens vor, weil der Beschwerdegegner für seine
Fahrstrecke weniger Zeit benötigte als er (der Beschwerdeführer) für seine,
sei rein logisch erstellt, dass der Beschwerdegegner "mit seinem gefährlichen
Manöver viel später begann und nachweislich zu einem Zeitpunkt, als die
Bahnschranke geöffnet war und die Blinklichter nicht mehr blinkten". Dies
übergehe das Obergericht gänzlich. Es nehme aber zu Recht an, dass er (der
Beschwerdeführer) weder zu früh noch zu spät losgefahren sei, sondern erst
bei Öffnung des Bahnüberganges (Beschwerde S. 5, Ziff. 4 mit Hinweis auf das
angefochtene Urteil S. 7, Ziff. 4). Der Beschwerdeführer legt mit seinen
Ausführungen nicht dar, inwiefern Willkür vorliegen sollte. Darauf ist nicht
einzutreten.

Indem der Beschwerdeführer eine eigene Würdigung des Verhaltens des
Beschwerdegegners vorträgt, stellt er den seiner Verurteilung zugrunde
liegenden Sachverhalt, der eine unangepasste Geschwindigkeit betrifft, nicht
in Frage.

1.4 Die staatsrechtliche Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf einzutreten
ist.

II. Eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde

2.
Die Nichtigkeitsbeschwerde kann nur damit begründet werden, dass die
angefochtene Entscheidung eidgenössisches Recht verletze (Art. 269 BStP). Das
Bundesgericht ist an die tatsächlichen Feststellungen der kantonalen Behörde
gebunden (Art. 277bis BStP). Ausführungen, die sich gegen die tatsächlichen
Feststellungen des Entscheides richten, sind unzulässig (Art. 273 Abs. 1 lit.
b BStP; vgl. BGE 126 IV 65 E. 1).

3.
Die Vorinstanz prüft eingehend die Frage, ob für den Beschwerdeführer die
Möglichkeit voraussehbar war, dass ein Verkehrsteilnehmer versuchen könnte,
aus der verdeckten Ausfahrt zwischen den stehenden Fahrzeugen hindurch auf
die bis anhin freie Fahrbahn des Beschwerdeführers hinauszufahren, und ob der
Beschwerdeführer nicht mit einer diese Möglichkeit berücksichtigenden
Geschwindigkeit hätte fahren müssen (angefochtenes Urteil S. 8 f.). Sie
bejaht diese Frage: Der Beschwerdeführer hätte seine Geschwindigkeit darauf
ausrichten müssen, auf einen nach rund 100 m von links einmündenden
Verkehrsteilnehmer noch rechtzeitig reagieren zu können. Statt dessen habe er
verzugslos auf die signalisierte Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h
beschleunigt. Mit dieser Geschwindigkeit sei er auch  knapp 40 m vor dem
Kollisionspunkt gefahren, als der Beschwerdegegner in sein Blickfeld gekommen
sei. Wäre er zu diesem Zeitpunkt 6 km/h weniger schnell unterwegs gewesen,
wäre die Kollision, bei grundsätzlich gleicher Aufmerksamkeit, vermeidbar
gewesen (angefochtenes Urteil S. 13). Die Vorinstanz wirft dem
Beschwerdeführer das Fahren mit einer nicht den Umständen angepassten, zu
hohen Geschwindigkeit im Sinne von Art. 32 Abs. 1 SVG vor. Er hätte sein
Motorrad nicht auf 60 km/h beschleunigen dürfen. Diese den konkreten
Umständen nicht angepasste Geschwindigkeit sei voraussehbare (Mit-) Ursache
der Kollision gewesen. Deshalb sei der Beschwerdeführer der fahrlässigen
schweren Körperverletzung schuldig (angefochtenes Urteil S. 14).

Der Beschwerdeführer macht im Wesentlichen geltend, die Vorinstanz gehe von
einem viel zu strengen Fahrlässigkeitsbegriff aus, sie habe den
Vertrauensgrundsatz verletzt und den adäquaten Kausalzusammenhang zu Unrecht
bejaht (Beschwerde S. 6).

4.
4.1 Gemäss Art. 125 Abs. 2 StGB wird mit Gefängnis oder mit Busse bestraft,
wer fahrlässig einen Menschen am Körper oder an der Gesundheit schwer
schädigt. Fahrlässig ist die Tatbegehung, wenn sie darauf zurückzuführen ist,
dass der Täter die Folgen seines Verhaltens aus pflichtwidriger
Unvorsichtigkeit nicht bedacht oder darauf nicht Rücksicht genommen hat.
Pflichtwidrig ist die Unvorsichtigkeit, wenn der Täter die Vorsicht nicht
beobachtet, zu der er nach den Umständen und nach seinen persönlichen
Verhältnissen verpflichtet ist (Art. 18 Abs. 3 StGB). Ein Schuldspruch setzt
somit voraus, dass der Täter den Erfolg durch Verletzung einer
Sorgfaltspflicht verursacht hat. Sorgfaltswidrig ist die Handlungsweise, wenn
der Täter zum Zeitpunkt der Tat aufgrund der Umstände sowie seiner Kenntnisse
und Fähigkeiten die damit bewirkte Gefährdung der Rechtsgüter des Opfers
hätte erkennen können und müssen und wenn er zugleich die Grenzen des
erlaubten Risikos überschritten hat. Grundvoraussetzung für das Bestehen
einer Sorgfaltspflichtverletzung ist die Vorhersehbarkeit des Erfolgs. Die
zum Erfolg führenden Geschehensabläufe müssen für den Täter mindestens in
ihren wesentlichen Zügen voraussehbar sein. Zunächst ist daher zu fragen, ob
der Täter eine Gefährdung der Rechtsgüter des Opfers hätte voraussehen
beziehungsweise erkennen können und müssen. Für die Beantwortung dieser Frage
gilt der Massstab der Adäquanz. Danach muss sein Verhalten geeignet sein,
nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge und den Erfahrungen des Lebens einen
Erfolg wie den eingetretenen herbeizuführen oder mindestens zu begünstigen.
Die Adäquanz ist nur zu verneinen, wenn ganz aussergewöhnliche Umstände, wie
das Mitverschulden eines Dritten oder Material- oder Konstruktionsfehler, als
Mitursachen hinzutreten, mit denen schlechthin nicht gerechnet werden musste
und die derart schwer wiegen, dass sie als wahrscheinlichste und
unmittelbarste Ursache des Erfolges erscheinen und so alle anderen
mitverursachenden Faktoren - namentlich das Verhalten des Angeschuldigten -
in den Hintergrund drängen (BGE 127 IV 62 E. 2d). Weiter muss der Erfolg
nicht nur voraussehbar, sondern auch vermeidbar sein (BGE 121 IV 286 E. 3).

4.2 Die Sorgfaltspflicht, welche der Beschwerdeführer zu beachten hatte,
bestimmt sich nach dem Strassenverkehrsgesetz. Gemäss Art. 32 Abs. 1 SVG ist
die Geschwindigkeit stets den Umständen anzupassen, namentlich den
Besonderheiten von Fahrzeug und Ladung, sowie den Strassen-, Verkehrs- und
Sichtverhältnissen. Die  Höchstgeschwindigkeit darf nicht unter allen
Umständen ausgefahren werden; es ist die Geschwindigkeit, mit der unter
günstigen Strassen-, Verkehrs- und Sichtverhältnissen gefahren werden darf
(BGE 121 IV 286 E. 4b; 121 II 127 E. 4a; 123 II 37 E. 1e; zur Wirkung
unterschiedlicher Bremsausgangsgeschwindigkeiten auch BGE 121 II 127 E. 4b;
121 IV 230 E. 2b/bb, 286 E. 4c). Das Mass der Aufmerksamkeit, das vom
Fahrzeuglenker verlangt wird, richtet sich nach den gesamten Umständen,
namentlich der Verkehrsdichte, den örtlichen Verhältnissen, der Zeit, der
Sicht und den voraussehbaren Gefahrenquellen (BGE 122 IV 225 E. 2b). Ist die
Situation derart konfus oder unsicher, dass zu vermuten ist, ein anderer
Verkehrsteilnehmer werde die Fahrt behindern, muss der Vortrittsberechtigte
seine Geschwindigkeit herabsetzen, auch wenn sie grundsätzlich den
Verhältnissen angepasst ist (BGE 118 IV 277 E. 4a). Nach dem aus Art. 26 Abs.
1 SVG abgeleiteten Vertrauensgrundsatz darf jeder Strassenbenützer, sofern
nicht besondere Umstände dagegen sprechen, darauf vertrauen, dass sich die
anderen Verkehrsteilnehmer ordnungsgemäss verhalten, ihn also nicht behindern
oder gefährden. Schranke für den Vertrauensgrundsatz bildet Art. 26 Abs. 2
SVG, nach welcher Bestimmung besondere Vorsicht geboten ist gegenüber
Kindern, Gebrechlichen und alten Leuten, ebenso wenn Anzeichen dafür
bestehen, dass sich ein Strassenbenützer nicht richtig verhalten wird.
Anzeichen für unrichtiges Verhalten eines Strassenbenützers können sich
ebenfalls aus der Unklarheit oder Ungewissheit einer bestimmten Verkehrslage
ergeben, die nach allgemeiner Erfahrung die Möglichkeit fremden
Fehlverhaltens unmittelbar in die Nähe rückt. In solchen Situationen liegen
zwar keine konkreten Anzeichen für unrichtiges Verhalten vor, doch ist
angesichts ihrer besonderen Gefahrenträchtigkeit risikoarmes Verhalten
gefordert (BGE 125 IV 83 E. 2b).

4.3 Die Vorinstanz führt aus, in der stehenden Kolonne habe es für den
ortskundigen Beschwerdeführer einen ohne weiteres erkennbaren Gefahrenherd
gegeben (angefochtenes Urteil S. 6 f., 11 f.), dass sich nämlich ein
Verkehrsteilnehmer angesichts der geschlossenen Bahnschranke entschliessen
werde, die fragliche Ausfahrt zu benutzen, und dass dieses Einbiegemanöver
wegen der verdeckten Sicht auf die Ausfahrt eben erst spät erkennbar wäre.
Mit dieser realen Möglichkeit habe der Beschwerdeführer rechnen müssen, und
er habe jedenfalls während des unmittelbar auf die Öffnung folgenden
Zeitraums nicht gleichsam blind dem Prima-vista-Eindruck "optimaler Strassen-
und Verkehrsverhältnisse" vertrauen dürfen: Der Beschwerdeführer sei sich
durchaus bewusst gewesen, dass er einen an dieser Stelle einmündenden
Verkehrsteilnehmer wegen der links wartenden Fahrzeuge praktisch erst würde
erblicken können, wenn dieser bereits die Strassenmitte erreicht haben würde.
Insbesondere in Berücksichtigung dieser ungünstigen Sichtverhältnisse hätte
er die Strecke nicht so befahren dürfen, wie er es tatsächlich getan habe
(angefochtenes Urteil S. 12 und 13).

Die Vorinstanz nimmt demnach an, der Beschwerdeführer habe aus
pflichtwidriger Unvorsichtigkeit auf die von ihm konkret voraussehbare
Gefahrenquelle nicht Rücksicht genommen. Wie sie feststellt, musste der
Beschwerdeführer einerseits mit auf seine Fahrbahn einbiegenden
Verkehrsteilnehmern rechnen und herrschten andererseits ungünstige
Sichtverhältnisse infolge der wartenden Fahrzeugkolonne. Die für die
signalisierte Höchstgeschwindigkeit vorausgesetzten günstigen Verhältnisse
bestanden somit nicht. Diese Verkehrssituation erforderte ein risikoarmes
Verhalten, so dass die Höchstgeschwindigkeit nicht voll ausgefahren werden
durfte. Die Vorinstanz schliesst aufgrund der augenscheinlichen konkreten
Umstände und der Ortskenntnis des Beschwerdeführers auf die gebotene
Vorsicht. Sie stellt damit nicht zu hohe Anforderungen an die
Sorgfaltspflicht (vgl. BGE 122 IV 225 E. 3c S. 230). Sie verlangt vom
Beschwerdeführer nicht, dass er sich auf eine abstrakte Möglichkeit eines
Fehlverhaltens (BGE 118 IV 277 E. 4a) oder auf jede nur denkbare Gefahr, die
das Verhalten eines anderen Strassenbenützers hervorrufen könnte, hätte
einstellen müssen (vgl. BGE 103 IV 256 E. 3c). Die vom Beschwerdeführer
erwähnten Entscheidungen BGE 122 IV 133 und 225 sowie 127 IV 34 sind im
Sachverhalt bereits deshalb nicht vergleichbar, weil die jeweiligen
Fahrzeugführer langsam fuhren. Auch BGE 6S.80/2002 vom 30. Mai 2002 lag ein
anderer Sachverhalt zugrunde: Es herrschten gute Sichtverhältnisse, und die
Topographie des fraglichen Streckenabschnitts sowie das ruhige
Verkehrsaufkommen verpflichteten zu keiner erhöhten Sorgfalt (E. 4b).

Der Beschwerdeführer kann sich nicht auf den Vertrauensgrundsatz stützen,
weil er sich selbst angesichts der Verkehrssituation nicht
verkehrsregelkonform verhalten hat (BGE 125 IV 83 E. 2b).

4.4 Der Beschwerdeführer verweist ferner auf Bestimmungen, die das Verhalten
vor Bahnübergängen regeln (Art. 28 SVG, Art. 24 Abs. 2 VRV und Art. 93 Abs. 3
SSV) sowie auf das angefochtene Urteil S. 7, ohne allerdings eine Verletzung
von Bundesrecht geltend zu machen (Beschwerde S. 3). Die Vorinstanz begründet
den Schuldspruch indessen nicht mit einer Missachtung der Signalisation am
Bahnübergang. Darauf ist demnach nicht einzutreten.

4.5 Die weiteren Einwände des Beschwerdeführers sind nicht stichhaltig. So
stellt die Vorinstanz beweismässig fest, ein Lenker habe bei der Ausfahrt
bewusst eine Lücke gelassen; das sei offensichtlich "in Anlehnung an Art. 18
Abs. 2 lit. d VRV" geschehen, was ein weiteres Indiz dafür sei, dass die
Möglichkeit, dass dort Fahrzeuge hinausfahren wollten, durchaus nahe liegend
gewesen sei (angefochtenes Urteil S. 8, 12). Die Vorinstanz nimmt damit nicht
an, bei der Ausfahrt handle es sich um eine Strassenverzweigung im Sinne von
Art. 1 Abs. 8 Satz 1 VRV. Ebenso unbegründet ist das Vorbringen, das
fragliche Geschäft sei privates Gelände für die Kundschaft und in diesem
Sinne nicht öffentlich (Beschwerde S. 4). Die Ausfahrt steht offenkundig
einem unbestimmten Personenkreis zur Verfügung, dient also dem öffentlichen
Verkehr (Art. 1 Abs. 1 und 2 VRV; BGE 104 IV 105 E. 3). Die Kollision
ereignete sich auf der öffentlichen Strasse, so dass die Bundesgesetzgebung
über den Strassenverkehr anwendbar ist (Art. 1 SVG). Die Vorinstanz geht denn
auch davon aus, dass die Ausfahrt vortrittsbelastet war (angefochtenes Urteil
S. 4, 9, 13). Wie erwähnt, muss aber bei unsicherer Verkehrslage auch der
Vortrittsberechtigte seine Geschwindigkeit herabsetzen (BGE 118 IV 277 E.
4a).

4.6 Die Vorinstanz bejaht in ausführlichen Erwägungen eine Adäquanz und
verneint damit implizit eine Unterbrechung des Kausalzusammenhangs. Mit ihr
ist davon auszugehen, dass wegen der besonderen Verkehrssituation nach dem
gewöhnlichen Lauf der Dinge mit der Ausfahrt von (auch nichtmotorisierten)
Verkehrsteilnehmern aus dem Vorplatz des "Wash & Shop" zu rechnen war,
insbesondere auch mit einem noch nicht vollendeten Einbiegemanöver während
des unmittelbar auf die Öffnung der Bahnschranken folgenden Zeitraums (vgl.
angefochtenes Urteil S. 11 - 13). Der Beschwerdeführer startete in vorderster
Position am Bahnübergang und fuhr mit einer nicht den Verhältnissen
angepassten Geschwindigkeit an der wartenden Fahrzeugkolonne vorbei auf die
verdeckte Ausfahrt zu. Aus dieser bog der Beschwerdegegner, ohne nach rechts
zu blicken, auf die Hauptstrasse ein, darauf vertrauend, die Barrieren seien
noch geschlossen (angefochtenes Urteil S. 9). Mit diesem Verhalten
(Missachten des Vortrittsrechts) trat angesichts der erwähnten
Verkehrssituation kein ganz aussergewöhnlicher Umstand hinzu, mit dem
schlechterdings nicht gerechnet werden musste (oben E. 4.2).
4.7 Mit einer den Umständen angepassten Geschwindigkeit wäre die Kollision
vermeidbar gewesen (räumliche Vermeidbarkeit). Dass eine zeitliche
Vermeidbarkeit nach dem Gutachten S. 7 nicht gegeben war, ändert insoweit
nichts. Die nicht angepasste Geschwindigkeit des Beschwerdeführers war
Mitursache der Kollision. Der Schuldspruch verletzt kein Bundesrecht. Die
Nichtigkeitsbeschwerde ist abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist.

III. Kosten und Parteientschädigung

5.
Der in beiden Verfahren unterliegende Beschwerdeführer trägt die Kosten vor
Bundesgericht (Art. 156 Abs. 1 OG und Art. 278 Abs. 1 BStP). Die
Gerichtsgebühren werden auf insgesamt Fr. 4'000.-- festgesetzt. Dem
Beschwerdegegner wird für das bundesgerichtliche Verfahren eine Entschädigung
von Fr. 2'000.-- aus der Bundesgerichtskasse ausgerichtet. Der
Beschwerdeführer wird verpflichtet, der Bundesgerichtskasse dafür Ersatz zu
leisten (Art. 278 Abs. 3 BStP).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die staatsrechtliche Beschwerde und die Nichtigkeitsbeschwerde werden
abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 4'000.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dem Beschwerdegegner wird eine Entschädigung von Fr. 2'000.-- aus der
Bundesgerichtskasse ausgerichtet. Der Beschwerdeführer wird verpflichtet, der
Bundesgerichtskasse dafür Ersatz zu leisten.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Bern, 2.
Strafkammer, sowie dem Generalprokurator des Kantons Bern schriftlich
mitgeteilt.

Lausanne, 22. März 2004

Im Namen des Kassationshofes
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Der Gerichtsschreiber: