Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Kassationshof in Strafsachen 6A.86/2003
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6A.86/2003 /kra

Urteil vom 5. Februar 2004
Kassationshof

Bundesrichter Schneider, Präsident,
Bundesrichter Wiprächtiger, Zünd,
Gerichtsschreiber Weissenberger.

X. ________,
Beschwerdeführer,

gegen

Verwaltungsgericht des Kantons Aargau, 1. Kammer, Obere Vorstadt 40, 5001
Aarau.

Entzug des Führerausweises; Dauer des Entzugs,

Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des
Kantons Aargau, 1. Kammer, vom 16. Oktober 2003.

Sachverhalt:

A.
X. ________, geboren am 18. März 1957, wurde der Führerausweis der Kategorie
B 1976 erteilt. Seither wurden gegen ihn folgende vier Massnahmen, jeweils
wegen Geschwindigkeitsüberschreitungen, rechtskräftig ausgesprochen:

11. Februar 1999: Verwarnung
3. Juni 1999: Entzug des Führerausweises für drei Monate
8. März 2001: Entzug des Führerausweises für zwei Monate
(Vollzug vom 27. September bis 26. November 2001)

18. März 2003: Verwarnung.

B.
X.________ lenkte seinen Personenwagen am 27. September 2001 um 19.25 h in
Niederlenz, obwohl er den Führerausweis am Tag zuvor abgegeben hatte.
Aufgrund dieses Vorfalls wurde X.________ mit Strafbefehl des Bezirksamts
Lenzburg vom 31. Januar 2002 wegen Führens eines Motorfahrzeugs trotz Entzugs
des Führerausweises zu einer bedingten Haftstrafe von zehn Tagen und zu einer
Busse von Fr. 500.-- verurteilt. Der Strafbefehl erwuchs in Rechtskraft.

Mit Verfügung vom 10. Oktober 2002 entzog das Strassenverkehrsamt des Kantons
Aargau X.________ den Führerausweis für die Dauer von sechs Monaten. Es
berechtigte ihn, während der Entzugsdauer Motorfahrräder zu führen. Das
Verwaltungsgericht des Kantons Aargau als kantonal dritte Instanz bestätigte
die Verfügung am 16. Oktober 2003.

C.
X.________ führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem sinngemässen Antrag,
den Entscheid des Verwaltungsgerichts aufzuheben und einen
Führerausweisentzug für die Dauer eines Monats auszusprechen.

Das Verwaltungsgericht verzichtet auf eine Stellungnahme.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Nach Art. 24 Abs. 2 SVG ist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen
letztinstanzliche kantonale Entscheide über Führerausweisentzüge zulässig.
Die Voraussetzungen für die Ergreifung dafür sind erfüllt. Auf die Beschwerde
ist einzutreten.

Mit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde kann die Verletzung von Bundesrecht,
einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens, nicht aber
Unangemessenheit gerügt werden (Art. 104 OG). Nachdem als Vorinstanz eine
richterliche Behörde entschieden hat, ist das Bundesgericht mit den in Art.
105 Abs. 2 OG genannten, hier jedoch nicht gegebenen Ausnahmen, an die
Feststellung des Sachverhaltes gebunden.

2.
Der Beschwerdeführer bringt vor, die Vorinstanz hätte angesichts seiner
beruflichen Angewiesenheit auf den Führerausweis und der Unmöglichkeit, bei
einem langen Führerausweisentzug eine neue Stelle als Versicherungsvertreter
zu finden, den Führerausweis nur für einen Monat entziehen dürfen. Die
Entzugsdauer von sechs Monaten berücksichtige die gravierenden beruflichen
und existenziellen Folgen nicht.

2.1 Die Vorinstanz erwägt, dem Strafbefehl lasse sich nicht entnehmen, ob das
Bezirksamt Lenzburg dem Beschwerdeführer Vorsatz oder Fahrlässigkeit
vorwerfe. Das Strafmass und die Kumulation von Freiheitsstrafe und Busse
liessen allerdings auf Vorsatz schliessen. Die Administrativbehörden seien
deshalb in der rechtlichen Beurteilung des Falles frei.

Gemäss den verbindlichen tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz hat der
Beschwerdeführer den Personenwagen im Wissen um den laufenden Entzug des
Führerausweises gelenkt und gehofft, er werde dabei nicht ertappt (eingehend
angefochtenes Urteil, S. 9 f.). Der von der Vorinstanz daraus gezogene
Schluss, der Beschwerdeführer habe sich vorsätzlich über die Massnahme
hinweggesetzt (angefochtenes Urteil, S. 10), ist bundesrechtlich nicht zu
beanstanden. Es kann hier vollumfänglich auf die entsprechenden Erwägungen
der Vorinstanz verwiesen werden. Im Unterschied zum kantonalen Verfahren
stellt der Beschwerdeführer denn auch nicht mehr in Frage, vorsätzlich
gehandelt zu haben.

2.2 Gemäss Art. 17 Abs. 1 lit. c SVG beträgt die Dauer des Entzugs von
Führerausweisen mindestens sechs Monate, wenn der Führer trotz Ausweisentzugs
ein Motorfahrzeug geführt hat. Die Bestimmung ist auf die typischen Fälle
zugeschnitten, in denen sich der Betroffene vorsätzlich über einen laufenden
Führerausweisentzug hinwegsetzt. Handelt der Betroffene ausnahmsweise
fahrlässig, ist zwischen einfacher und grober Fahrlässigkeit zu
unterscheiden. Unter einem besonders leichten Fall ist die Begehungsform der
einfachen Fahrlässigkeit zu verstehen. Bei einfacher Fahrlässigkeit ist von
einer Mindestentzugsdauer von einem Monat auszugehen, weil die Anwendung des
Art. 17 Abs. 1 lit. c SVG, dem von Gesetzes wegen eine gewisse Schwere
zukommt, infolge des geringen Verschuldens nicht gerechtfertigt ist (vgl. nur
BGE 124 II 103 E. 2a).

Ausgehend von ihren Feststellungen durfte die Vorinstanz wie bereits erwähnt
ohne Bundesrecht zu verletzen annehmen, der Beschwerdeführer habe den
Tatbestand vorsätzlich erfüllt. Damit gilt die gesetzliche
Mindestentzugsdauer von sechs Monaten ungeachtet der aus beruflichen Gründen
erhöhten Sanktionsempfindlichkeit des Beschwerdeführers. Daran vermag die
seit dem Vorfall verstrichene Zeit nichts zu ändern. Das kantonale Verfahren
hat bis zum vorinstanzlichen Urteil rund zwei Jahre beansprucht. Das ist
nicht unverhältnismässig lang, zumal das Strassenverkehrsamt angesichts des
streitigen Falls den Ausgang des Strafverfahrens abwarten durfte.

3.
Die Beschwerde ist abzuweisen. Bei diesem Ausgang des Verfahrens trägt der
Beschwerdeführer die Kosten (Art. 156 Abs. 1 OG). Seiner finanziellen
Situation wird mit einer reduzierten Gerichtsgebühr Rechnung getragen.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 1'000.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer und dem Verwaltungsgericht des
Kantons Aargau, 1. Kammer, sowie dem Strassenverkehrsamt des Kantons Aargau
schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 5. Februar 2004

Im Namen des Kassationshofes
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Der Gerichtsschreiber: