Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Kassationshof in Strafsachen 6A.2/2003
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6A.2/2003 /kra

Urteil vom 21. Februar 2003
Kassationshof

Bundesrichter Schneider, Präsident,
Bundesrichter Kolly, Karlen,
Gerichtsschreiberin Kistler.

X. ________,
Beschwerdeführer,

gegen

Verwaltungsgericht des Kantons Solothurn, Amthaus 1, 4502 Solothurn.

Entzug des Führerausweises; Dauer des Entzugs,

Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des
Kantons Solothurn vom

13. Dezember 2002.

Sachverhalt:

A.
Am 7. Juli 2002 bog X.________ in Olten um ca. 01.30 Uhr mit seinem
Personenwagen aus südlicher Richtung von der A.________strasse in den
B.________weg ein. Dabei führte er beim dortigen Stoppsignal lediglich einen
"Rollstop" durch und fuhr anschliessend in Richtung C.________strasse weiter.
An der Einmündung B.________weg / C.________strasse missachtete X.________
das Signal "Abbiegen nach rechts verboten" und wurde kurz darauf von einer
Polizeipatrouille, der seine Fahrweise aufgefallen war, angehalten und
kontrolliert. Aufgrund des festgestellten Alkoholgeruches führten die
anwesenden Polizisten einen Atemlufttest mit positivem Resultat durch. Die
spätere Blutanalyse ergab eine rückgerechnete Blutalkoholkonzentration von
minimal 0.86 $ (maximal 1.24 $). Das Strafverfahren beim Richteramt
Olten-Gösgen ist noch hängig.

X. ________ wurde in den Jahren 1993 und 1994 drei Mal wegen
Geschwindigkeitsübertretungen administrativ verwarnt. Ferner wurde ihm der
Führerausweis mit Verfügung vom 4. Januar 2002 durch das Departement des
Innern des Kantons Solothurn wegen Fahrens in angetrunkenem Zustand, begangen
am 14. November 2001,  für drei Monate entzogen.

B.
Wegen des Vorfalls vom 7. Juli 2002 entzog das Departement des Innern des
Kantons Solothurn X.________ am 11. Oktober 2002 den Führerausweis für die
Dauer von 18 Monaten.

Die von X.________ dagegen gerichtete Beschwerde wies das Verwaltungsgericht
des Kantons Solothurn mit Urteil vom 13. Dezember 2002 ab.

C.
X.________ hat beim Bundesgericht Verwaltungsgerichtsbeschwerde eingereicht
mit dem Antrag, das vorinstanzliche Urteil aufzuheben und die Dauer des
Ausweisentzuges auf maximal sechs Monate zu beschränken.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Letztinstanzliche kantonale Entscheide über Führerausweisentzüge unterliegen
der Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht (Art. 24 Abs. 2 des
Strassenverkehrsgesetzes; SVG, SR 741.01). Der Beschwerdeführer hat als
unmittelbar Betroffener ein schutzwürdiges Interesse an der Aufhebung des
angefochtenen Entscheids, weshalb er zur Beschwerde legitimiert ist (Art. 24
Abs. 5 SVG).
Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde kann die Verletzung von Bundesrecht,
einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens, gerügt werden
(Art. 104 lit. a OG). Das Bundesgericht überprüft den angefochtenen Entscheid
in dieser Hinsicht frei. Soweit als Vorinstanz eine richterliche Behörde
entschieden hat, ist es an deren Feststellung des Sachverhalts jedoch
gebunden, falls dieser nicht offensichtlich unrichtig, unvollständig oder
unter Verletzung wesentlicher Verfahrensbestimmungen ermittelt worden ist
(Art. 105 Abs. 1 OG). Dies schliesst das Vorbringen von neuen tatsächlichen
Behauptungen und Beweismitteln weitgehend aus (BGE 126 II 202 E. 1b S. 205;
125 II 217 E. 3a S. 221).

2.
Der Beschwerdeführer beantragt, die Dauer des Ausweisentzuges auf maximal
sechs Monate zu beschränken.

2.1 Gemäss Art. 16 Abs. 3 SVG muss der Führerausweis entzogen werden, wenn
der Lenker in angetrunkenem Zustand gefahren ist (lit. b). Die
Angetrunkenheit gilt in jedem Fall als erwiesen, wenn die
Blutalkoholkonzentration mehr als 0,8 Promille beträgt (Art. 2 Abs. 2 der
Verkehrsregelnverordnung; VRV, SR 741.11). Art. 17 SVG regelt die Dauer des
Führerausweisentzugs. Er setzt die minimale Entzugsdauer grundsätzlich auf
einen Monat fest (Art. 17 Abs. 1 lit. a SVG). Wenn der Lenker in
angetrunkenem Zustand gefahren ist, beträgt der Entzug mindestens zwei Monate
(Art. 17 Abs. 1 lit. b SVG); ist er innert fünf Jahren seit Ablauf eines
früheren Entzugs wegen Fahrens in angetrunkenem Zustand erneut in diesem
Zustand gefahren, beträgt die Entzugsdauer mindestens ein Jahr (Art. 17 Abs.
1 lit. d SVG).

Im dargestellten Rahmen ist die Dauer des Warnungsentzugs nach den Umständen
festzusetzen (Art. 17 Abs. 1 SVG). Massgebend für die Bemessung sind vor
allem die Schwere des Verschuldens, der Leumund als Motorfahrzeugführer sowie
die berufliche Notwendigkeit, ein Motorfahrzeug zu führen (Art. 33 Abs. 2
VZV; SR 741.51). Alle Umstände sind dabei gesamthaft zu würdigen, und es ist
im Einzelfall die Entzugsdauer so festzusetzen, dass die mit der Massnahme
beabsichtigte erzieherische und präventive Wirkung am besten erreicht wird
(BGE 124 II 44 E. 1 S. 46). Bei Verwirklichung mehrerer Entzugsgründe durch
eine Handlung ist Art. 68 StGB sinngemäss anzuwenden. Dasselbe gilt für den
Fall, in welchem durch mehrere Handlungen mehrere Entzugsgründe gesetzt
werden bzw. die zu beurteilenden Handlungen noch vor Erlass einer früheren
Entzugsverfügung begangen wurden (BGE 122 II 180 E. 5b S. 183; 120 Ib 54 E.
2a S. 57; 108 Ib 258 E. 2a S. 259).

Den kantonalen Behörden steht bei der Bemessung der Entzugsdauer ein weiter
Spielraum des Ermessens zu. Das Bundesgericht greift nur ein, wenn dieses
Ermessen überschritten oder missbraucht wurde. Dies ist namentlich der Fall,
wenn die kantonalen Behörden einzelne Umstände zu Unrecht ganz ausser Acht
lassen oder in einer unhaltbaren Weise gewichten (BGE 115 Ib 163 E. 3 S.
166).

2.2 Der angefochtene Entscheid geht von diesen Bemessungskriterien aus.

2.2.1 Das Verwaltungsgericht hat einen Warnungsentzug von 16 Monaten für das
Fahren in angetrunkenem Zustand und von je einem Monat für das Nichtanhalten
an einer Stoppstrasse und für das Missachten des Signals "Abbiegen nach
rechts verboten" - jeweils ohne Unfallfolge - als angemessen erachtet. Es ist
gestützt auf Art. 17 Abs. 1 lit. d SVG zu Recht von einer minimalen
Entzugsdauer von zwölf Monaten ausgegangen; mit Verfügung vom 4. Januar 2002
hatte das Departement des Innern des Kantons Solothurn dem Beschwerdeführer
den Führerausweis bereits für drei Monate wegen Fahrens in angetrunkenem
Zustand entzogen. Die kurze Zeitspanne zwischen Erst- und Zweittat (wenig
mehr als ein halbes Jahr) wirkt sich bei der Bemessung der Entzugsdauer
erschwerend aus (vgl. SJ 1991 S. 533; René Schaffhauser, Grundriss des
schweizerischen Strassenverkehrsrechts, Band III, Bern 1995, N. 2461 und dort
angefügte Tabellen; Bussy/Rusconi, Commentaire du Code suisse de la
circulation routière, Lausanne 1996, N. 2.4, S. 222).
Das Signal "Stop" verpflichtet den Führer eines Fahrzeuges, anzuhalten und
den Fahrzeugen auf der Strasse, der er sich nähert, den Vortritt zu gewähren
(Art. 36 Abs. 1 SSV, SR 741.21). Der Beschwerdeführer macht zwar geltend, die
Gefahr der dortigen Einmündung gekannt zu haben. Dieser Einwand geht indes
fehl. Insbesondere vermindert er sein Verschulden nicht. Stoppsignale wie
auch das Signal "Abbiegen nach rechts verboten" (Art. 25 Abs. 1 SSV) stellen
elementare Verkehrsregeln dar. Solche Signale dienen der Erhöhung der
Verkehrssicherheit und werden regelmässig dort angebracht, wo latent
gefährliche Verkehrssituationen entstehen können. Deren Anordnungen sind klar
und unmissverständlich und eröffnen daher keinen Interpretationsspielraum.
Die Missachtung dieser Signale ist geeignet, eine erhöhte Verkehrsgefährdung
hervorzurufen und ist als grobe Verkehrsregelverletzung zu bezeichnen (zum
Stoppsignal, vgl. BGE 110 IV 39). Das Verschulden des Beschwerdeführers wiegt
aus diesen Gründen nicht leicht, was die Erhöhung der Dauer des
Führerausweisentzugs rechtfertigt.

2.2.2 Der automobilistische Leumund des Beschwerdeführers ist - wie das
Verwaltungsgericht zutreffend festhält - durch drei
Geschwindigkeitsübertretungen aus den Jahren 1993 und 1994 getrübt. Das wirkt
sich nachteilig auf die Festsetzung der Entzugsdauer aus.

2.2.3 Der Beschwerdeführer macht geltend, dass er als Aussendienstmitarbeiter
aus beruflichen Gründen auf den Führerausweis angewiesen sei. Er befürchtet,
für die Dauer des Ausweisentzuges keine neue Anstellung zu finden, was sich
auf seine finanzielle und gesellschaftliche Situation auswirken würde.

Im Rahmen der Prüfung, ob und inwieweit der Entzug des Führerausweises
verhältnismässig ist, ist auch die berufliche Notwendigkeit, ein Fahrzeug zu
führen, zu beachten. Die berufsmässig auf ein Motorfahrzeug angewiesenen
Personen werden wegen der grösseren Massnahmenempfindlichkeit in der Regel
schon durch eine kürzere Entzugsdauer wirksam gewarnt und von weiteren
Widerhandlungen abgehalten. Einem solchen Lenker soll der Führerausweis
deshalb weniger lang entzogen werden als einem, der sein Fahrzeug beruflich
nicht benötigt, selbst wenn beide Fahrzeugführer das gleiche Verschulden
trifft. Die Reduzierung bemisst sich danach, in welchem Masse der
Fahrzeugführer infolge beruflicher Notwendigkeit stärker als der normale
Fahrer von der Massnahme betroffen ist. Erst bei der Gesamtbeurteilung aller
wesentlichen Elemente ist zu prüfen, ob die berufliche Angewiesenheit auf den
Führerausweis für sich allein oder allenfalls zusammen mit andern
Beurteilungsmerkmalen (z.B. einem günstigen automobilistischen Leumund) eine
Herabsetzung der "Einsatzmassnahme" rechtfertigt  (BGE 123 II 572 E. 1 S.
574).

Im vorliegenden Fall steht fest, dass der Beschwerdeführer ausgebildeter
Mechaniker mit Berufserfahrung im Bereich Fahrdienst/Aussendienst ist und
sich zur Zeit auf Arbeitssuche befindet. Die meisten Arbeitsplätze im Raum
Olten - Mittelland sind mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen; der
Beschwerdeführer ist daher nicht dringend auf den Gebrauch eines Autos
angewiesen. Es ist ihm zudem zuzumuten, sich um eine Anstellung zu bemühen,
in der er beruflich für die Dauer des Entzuges nicht auf das Führen eines
Fahrzeuges angewiesen ist. Die vom Beschwerdeführer beklagten Nachteile sind
die Folge jedes Führerausweisentzugs. Bei der Bemessung der Entzugsdauer sind
sie nur zu berücksichtigen, wenn sie ein besonderes Ausmass annehmen und den
Ausweisinhaber besonders hart treffen. Solche Umstände sind vorliegend nicht
ersichtlich. Bei dieser Sachlage hat das Verwaltungsgericht sein Ermessen
nicht überschritten, wenn es der Massnahmenempfindlichkeit des
Beschwerdeführers kein grosses Gewicht einräumte.

2.3 Die von den kantonalen Instanzen festgesetzte Entzugsdauer von 18 Monaten
erweist sich bei gesamthafter Betrachtung aller Umstände nicht als
bundesrechtswidrig. Sie bewegt sich durchaus im Rahmen vergleichbarer Fälle.
Das angefochtene Urteil verletzt kein Bundesrecht.

3.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist abzuweisen. Bei diesem Ausgang des
Verfahrens hat der Beschwerdeführer die Kosten zu tragen (Art. 156 Abs. 1
OG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer und dem Verwaltungsgericht des
Kantons Solothurn sowie dem Departement des Innern des Kantons Solothurn und
dem Bundesamt für Strassen schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 21. Februar 2003

Im Namen des Kassationshofes
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin: