Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Kassationshof in Strafsachen 6A.13/2003
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6A.13/2003 /kra

Urteil vom 16. Mai 2003
Kassationshof

Bundesrichter Schneider, Präsident,
Bundesrichter Karlen, Wiprächtiger,
Gerichtsschreiberin Krauskopf.

X. ________,
Beschwerdeführer,

gegen

Justizdepartement des Kantons Basel-Stadt, Abteilung Freiheitsentzug und
Soziale Dienste, Rheinsprung 16, 4001 Basel,
Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt als Verwaltungsgericht,
Bäumleingasse 1, 4001 Basel.

Gewährung des probeweisen Aufschubs der gerichtlich angeordneten
Landesverweisung,

Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Entscheid des Appellationsgerichts
des Kantons Basel-Stadt als Verwaltungsgericht vom 18. März 2003.

Sachverhalt:

A.
Das Strafgericht des Kantons Basel-Stadt verurteilte X.________ (geb. 1979)
am 17. Oktober 2002 wegen einfacher Körperverletzung, mehrfacher versuchter
Erpressung, mehrfacher Nötigung und Fälschung von Ausweisen zu 8 Monaten
Gefängnis und 5 Jahren Landesverweisung. Gleichzeitig ordnete es den Vollzug
zweier Urteile aus dem Jahre 2001 an. X.________ verbüsste diese
Freiheitsstrafen sowie 19 Tage Haft, die in zwei Bussenumwandlungsentscheiden
verhängt worden waren.

B.
Die Strafvollzugskommission des Kantons Basel-Stadt verfügte am 25. November
2002 die bedingte Entlassung frühestens auf den 4. Februar 2003 unter der
Bedingung, dass die Ausweisung aus der Schweiz unmittelbar im Anschluss an
die Strafverbüssung gewährleistet sei. Die aufschiebende Wirkung eines
allfälligen Rekurses wurde entzogen.

Das Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt als Verwaltungsgericht wies
am 18. März 2003 den Rekurs von X.________ ab.

C.
Dieser erhebt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem sinngemässen Antrag, das
angefochtene Urteil sei aufzuheben und ihm sei der probeweise Aufschub der
Landesverweisung zu gewähren. Das Verwaltungsgericht verzichtet auf eine
Vernehmlassung und beantragt die Abweisung der Beschwerde.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Gemäss Art. 105 Abs. 2 OG ist das Bundesgericht an die Feststellung des
Sachverhalts gebunden, wenn - wie vorliegend - eine richterliche Behörde als
Vorinstanz den Sachverhalt nicht offensichtlich unrichtig, unvollständig oder
unter Verletzung wesentlicher Verfahrensbestimmungen festgestellt hat.

2.
Hat der zu Zuchthaus oder Gefängnis Verurteilte zwei Drittel der Strafe
verbüsst, so kann ihn die zuständige Behörde bedingt entlassen, wenn sein
Verhalten während des Strafvollzuges nicht dagegen spricht und anzunehmen
ist, er werde sich in der Freiheit bewähren (Art. 38 Ziff. 1 Abs. 1 StGB).
Die bedingte Entlassung ist die vierte Stufe des Strafvollzugs und deshalb in
der Regel anzuordnen. Beim Prognoseentscheid sind neben dem Vorleben und der
Persönlichkeit vor allem die neuere Einstellung, der Grad der Reife einer
allfälligen Besserung und die nach der Entlassung zu erwartenden
Lebensverhältnisse des Täters zu prüfen. Auch der Art der gefährdeten
Rechtsgüter ist Rechnung zu tragen. Bei Gefährdung weniger hochwertiger
Rechtsgüter darf ein höheres prognostisches Risiko eingegangen werden als bei
der Gefährdung hochwertiger Rechtsgüter (BGE 125 IV 113 E. 2a S. 115; 124 IV
193 E. 3 S. 194).

Wird der Verurteilte gemäss Art. 38 Ziff. 1 StGB bedingt aus dem Strafvollzug
entlassen, so entscheidet nach Art. 55 Abs. 2 StGB die zuständige Behörde, ob
und unter welchen Bedingungen der Vollzug der Landesverweisung probeweise
aufgeschoben werden soll. Beim Entscheid über den probeweisen Aufschub der
Landesverweisung ist massgebend, ob in der Schweiz oder im Ausland die
besseren Chancen für die Resozialisierung bestehen. Dabei sind die
persönlichen Verhältnisse des Gesuchstellers, seine Beziehungen zur Schweiz
und zum Ausland, seine Familienverhältnisse und seine Arbeitsmöglichkeiten zu
beurteilen. Wenn der Betroffene über enge Beziehungen im Ausland bzw. zu dort
lebenden Personen verfügt, liegt ein Indiz dafür vor, dass die Chancen einer
Resozialisierung ausserhalb der Schweiz grundsätzlich gut oder jedenfalls
nicht schlechter sind als in der Schweiz. Die erneute Straffälligkeit in der
Schweiz stellt hingegen regelmässig ein Indiz dafür dar, dass die
Resozialisierungschancen hier nicht gut sind (BGE 122 IV 56 E. 3a S. 60; 116
IV 283 E. 2a S. 285 mit Hinweisen).

Das Bundesgericht greift in die Beurteilung der Bewährungsaussichten und der
Resozialisierungschancen nur ein bei Ermessensüberschreitung oder -missbrauch
(vgl. Art. 104 lit. a OG; BGE 119 IV 5 E. 2 S. 8; 116 IV 283 E. 2a S. 285).

3.
Der Beschwerdeführer macht geltend, seine Resozialisierungschancen seien in
der Schweiz besser als im Irak. Der Ausnahmezustand im Irak würde ihm als
Mitglied der kurdischen Minderheit keine Resozialisierungsmöglichkeiten
bieten. Er habe Freunde in der Schweiz und würde sogar bei einem Freund
wohnen dürfen. Zu berücksichtigen sei ebenfalls, dass er sich verändert und
gebessert habe.
Gemäss Gutachten von Prof. V. Dittmann, auf welches sich das
Appellationsgericht stützt, sind zukünftige strafbare Handlungen des
Beschwerdeführers in erhöhtem Masse wahrscheinlich. Es müsse bei der
vorhandenen Dissozialität mit geringfügiger Frustrationstoleranz und
vehementer Impulsivität mit weiteren ähnlich gearteten Delikten gerechnet
werden. Die generelle Rückfallgefahr in delinquentes Verhalten sowie in
ähnlich geartete spezifische Fehlverhaltensmuster müsse als erheblich erhöht
bewertet werden. Der Beschwerdeführer delinquierte denn auch erneut, nachdem
ihm zwei Mal im Jahre 2001 der bedingte Vollzug von Gefängnisstrafen gewährt
worden war. Aus dem Gutachten erhellt, dass er sich sich seit dem 1. Mai 1998
mit einer kurzen Unterbrechung in der Schweiz befindet. Seine zwei
Asylgesuche in der Schweiz sowie eines in Schweden sind abgewiesen worden.
Die ihm übrig gebliebene Familie lebt im Irak. Gemäss den Feststellungen des
Appellationsgerichts ist der Beschwerdeführer mit der irakischen Kultur
verwurzelt und in der Schweiz in keiner Weise sozial integriert. Er hat
keinen Beruf erlernt. Seit das Strafgericht die Landesverweisung aussprach,
hat sich die Situation des Beschwerdeführers nicht verändert. Soweit sich der
Beschwerdeführer gegen diese Feststellungen richtet, ist seine Rüge
unbegründet. Es ist auf Grund der Aktenlage nicht ersichtlich, inwieweit
diese Feststellungen offensichtlich unrichtig oder unvollständig wären. Auch
bringt der Beschwerdeführer selber keine Argumente vor, die diesen Schluss
zuliessen.

In Anbetracht der festgestellten Sachlage und der dargelegten Rechtsprechung
überschritt das Appellationsgericht sein Ermessen nicht, als es davon
ausging, der Beschwerdeführer habe in seiner Heimat bessere
Bewährungsaussichten als in der Schweiz. Es durfte auch die bedingte
Entlassung mit der unbedingten Landesverweisung verbinden. Eine derart
bedingte Entlassung beschränkt die persönliche Freiheit weniger und ist daher
für den Beschwerdeführer günstiger als die Verweigerung der bedingten
Entlassung, die die vollständige Strafverbüssung und das Wirksamwerden der
Landesverweisung am Tag des Strafendes zur Folge hat (vgl. Urteil 6A.78/2000
vom 3. November 2000, E. 2). Zwar ist, wie der Beschwerdeführer vorbringt,
die politische und wirtschaftliche Lage im Irak angespannter als in der
Schweiz. Allfällige wirtschaftliche Schwierigkeiten bei einer Rückkehr des
Beschwerdeführers ins Heimatland sind jedoch grundsätzlich nicht massgebend.
Ob von der Ausweisung aus menschenrechtlichen Gründen abgesehen werden kann,
wird gegebenenfalls als Frage des Vollzugs im Vollstreckungsverfahren zu
prüfen sein (vgl. BGE 121 IV 345 E. 1a S. 347; 116 IV 105 E. 4f S. 114).

4.
Die Beschwerde erweist sich demnach als unbegründet und ist abzuweisen. Der
Beschwerdeführer wird daher kostenpflichtig (Art. 156 Abs. 1 OG). Seinen
finanziellen Verhältnissen wird bei der Festlegung der Gerichtsgebühr
Rechnung getragen.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 500.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Justizdepartement des Kantons
Basel-Stadt, Abteilung Freiheitsentzug und Soziale Dienste und dem
Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt als Verwaltungsgericht sowie dem
Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 16. Mai 2003

Im Namen des Kassationshofes
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Die Gerichtsschreiberin: