Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Zivilabteilung 5C.66/2003
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5C.66/2003 /bnm

Urteil vom 24. April 2003
II. Zivilabteilung

Bundesrichter Raselli, Präsident,
Bundesrichterin Escher, Bundesrichter Meyer,
Gerichtsschreiber Levante.

1. A.________,
2.B._________,
Kläger und Berufungskläger,
beide vertreten durch Rechtsanwalt Roger Lippuner, St. Gallerstrasse 5,
Postfach 645, 9471 Buchs SG 1,

gegen

1.C.________, vertreten durch Rechtsanwalt Detlev Hebeisen, Neustadtgasse 1a,
Postfach 579, 8402 Winterthur,
2.D.________,
3.E.________,
4.F.________,
Beklagte und Berufungsbeklagte.

Erbteilung,

Berufung gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, II.
Zivilkammer, vom 17. Dezember 2002.

Sachverhalt:

A.
Am 26. November 1998 reichten A.________ und B.________ (nachfolgend: die
Kläger) beim Friedensrichteramt Z.________ Klage gegen C.________
(nachfolgend: der Beklagte 1) und drei Mitbeklagte ein und stellten u.a. das
Rechtsbegehren, der Nachlass des G._______ sel. sei gerichtlich festzustellen
und zu teilen (Antrag Ziffer 1), es sei gerichtlich festzustellen, dass der
Beklagte 1 für sämtliche vom Vater erhaltenen Vorempfänge, insbesondere im
Zusammenhang mit der Übernahme des landwirtschaftlichen Gewerbes Y.________
ausgleichungspflichtig sei (Antrag Ziffer 3.1), und es sei gerichtlich
festzustellen, dass Ziffer 13 des Abtretungsvertrages vom 3. Oktober 1997
erbrechtlich ungültig sei (Antrag Ziffer 3.2). Mit diesem Abtretungsvertrag
hatte der Erblasser dem Beklagten 1 das landwirtschaftliche Gewerbe
Y.________ für Fr. 70'000.-- abgetreten und ihn in Ziffer 13 des Vertrages
bezüglich eines allfälligen Mehrwertes von jeglicher Ausgleichungspflicht bei
einer späteren erbrechtlichen Auseinandersetzung befreit. Mit Teilurteil vom
21. November 2001 stellte das Bezirksgericht Hinwil bezüglich der Begehren
Ziffer 3 fest, dass keine Ausgleichungspflicht des Beklagten 1 bestehe und
dass dieser zur Befriedigung der von den Klägern einredeweise geltend
gemachten Herabsetzungsansprüche lediglich auf seinen Erbteil greifen müsse.

B.
Das Obergericht des Kantons Zürich wies am 17. Dezember 2002 die von den
Klägern bezüglich der Ausgleichungspflicht erhobene Berufung ab und stellte
demgemäss (wie das Bezirksgericht) fest, dass keine Ausgleichungspflicht des
Beklagten 1 bestehe und dieser zur Befriedigung der von den Klägern
einredeweise geltend gemachten Herabsetzungsansprüche lediglich auf seinen
Erbteil greifen müsse (Dispositiv-Ziffer 2).

C.
Mit eidgenössischer Berufung vom 27. Februar 2003 beantragen die Kläger dem
Bundesgericht, Ziffer 2 des angefochtenen Urteils sei aufzuheben, und es sei
zu erkennen, dass Ziffer 13 des Abtretungsvertrages vom 3. Oktober 1997
erbrechtlich ungültig, eventuell unwirksam sei und der Beklagte 1 für
sämtliche vom Vater erhaltenen Vorempfänge, insbesondere im Zusammenhang mit
der Übernahme des landwirtschaftlichen Gewerbes Y.________,
ausgleichungspflichtig sei. Eventualiter sei zu erkennen, dass der Beklagte 1
zur Befriedigung der von den Klägern einredeweise geltend gemachten
Herabsetzungsansprüche nicht nur auf seinen Erbteil greifen müsse, sondern
erhaltene Vorempfänge nach seiner Wahl in natura oder bar in den Nachlass
einzuwerfen habe.
Das Obergericht hat anlässlich der Aktenüberweisung auf Gegenbemerkungen
verzichtet.

Eine Berufungsantwort ist nicht eingeholt worden.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Das Bundesgericht prüft von Amtes wegen und mit freier Kognition, ob es auf
die Berufung eintreten kann (BGE 124 III 406 E. 1a S. 409; 120 II 270 E. 1 S.
271, 352 E. 1 S. 353, je mit Hinweisen).

1.1 Die Berufung ist in der Regel erst gegen die Endentscheide der oberen
kantonalen Gerichte zulässig (Art. 48 Abs. 1 OG). Gemeint ist damit ein
Entscheid, der den Prozess beendet. Der Endentscheid steht damit im Gegensatz
zu Teil- sowie Vor- und Zwischenentscheiden, die ihm vorausgehen und in der
Regel nicht berufungsfähig sind. Die Berufung soll grundsätzlich nur einmal
und darum erst in dem Stadium des Prozesses ergriffen werden können, in
welchem die Streitsache dem Bundesgericht in ihrem ganzen berufungsfähigen
Umfang unterbreitet werden kann, weil sich das Bundesgericht aus Gründen der
Prozessökonomie nur einmal mit einem Rechtsstreit befassen soll (vgl. dazu
Messmer/Imboden, Die eidgenössischen Rechtsmittel in Zivilsachen, Zürich
1992, S. 89 ff., S. 95 ff. mit Hinweisen). Rügen gegen Teil- sowie Vor- und
Zwischenentscheide sind ihm deshalb in der Regel zusammen mit dem
Endentscheid zu unterbreiten (Art. 48 Abs. 3 OG).

Vorliegend ist kein Endentscheid ergangen. Die Kläger haben im kantonalen
Verfahren als Hauptbegehren die gerichtliche Feststellung und Teilung des
Nachlasses verlangt und im Rahmen dieses Verfahrens unter anderem die
Feststellung begehrt, dass der Beklagte 1 ausgleichungspflichtig sei. Der
angefochtene Entscheid befasst sich, soweit vor Bundesgericht angefochten,
ausschliesslich mit der Ausgleichungspflicht, so dass das kantonale
Erbteilungsverfahren nach Abschluss des vorliegenden Verfahrens fortgesetzt
und zum Abschluss gebracht werden muss. Bei dieser Sachlage liegt kein
kantonaler Endentscheid im Sinne von Art. 48 Abs. 1 OG vor.

1.2 Gegen selbständige Vor- oder Zwischenentscheide ist gemäss Art. 50 Abs. 1
OG ausnahmsweise die Berufung zulässig, wenn dadurch sofort ein Endentscheid
herbeigeführt und ein so bedeutender Aufwand an Zeit oder Kosten für ein
weitläufiges Beweisverfahren erspart werden kann, dass die gesonderte
Anrufung des Bundesgerichts gerechtfertigt erscheint.

Im vorliegenden Fall wird nicht ein Vor- oder Zwischenentscheid angefochten.
Von einem solchen wird gesprochen, wenn über eine streitige Prozess- oder
Anspruchsvoraussetzung oder über einen Zwischenschritt auf dem Weg zur
Beurteilung der Klagebegehren entschieden wird. Von deren Beurteilung mag
zwar auch das Schicksal von Klagebegehren abhängen, diese bleiben aber
unbeantwortet (BGE 124 III 406 E. 1a S. 409; 107 II 349 E. 2 S. 352 f.; 104
II 285 E. 1b S. 287 f.). Im Übrigen kann vorliegend weder mit der Gutheissung
der Berufung, noch mit deren Abweisung sofort ein Endentscheid herbeigeführt
werden, so dass die Voraussetzung von Art. 50 Abs. 1 OG ohnehin nicht erfüllt
ist (vgl. BGE 127 III 433 E. 1b/bb und 1c S. 436).

1.3 Die Vorinstanz hat vielmehr über ein selbständiges Begehren, nämlich die
Frage der Ausgleichungspflicht, im Rahmen des Erbteilungsprozesses
entschieden und festgestellt, dass seitens des Beklagten 1 keine
Ausgleichungspflicht bestehe und dieser zur Befriedigung der einredeweise
geltend gemachten Herabsetzungsansprüche lediglich auf seinen Erbteil greifen
müsse. Sie hat damit in Form eines Teilentscheides eine Feststellung
getroffen. Die Rechtsprechung lässt die Berufung gegen Teilentscheide
ausnahmsweise zu, wenn die nicht beurteilten Begehren von der kantonalen
Instanz in einen anderen, selbständigen Prozess verwiesen worden sind oder
umgekehrt, wenn die vom Teilentscheid erfassten Begehren zum Gegenstand eines
selbständigen Prozesses hätten gemacht werden können und deren Beurteilung
für den Entscheid über die verbleibenden Begehren präjudiziell ist (BGE 104
II 285 E. 1b S. 287; zuletzt BGE 124 III 406 E. 1a S. 409). Das Bundesgericht
hat bei Erbteilungsstreitigkeiten die Berufung gegen Teilentscheide im oben
genannten Umfang wiederholt zugelassen (vgl. BGE 124 III 406 E. 1a S. 409;
117 II 349 E. 2a S. 350; 104 II 285 E. 1b S. 287; 94 II 231 S. 232 f.).
1.4 Was insbesondere die Feststellung der Ausgleichungspflicht anbelangt,
stellt sich die Frage, ob diese zum Gegenstand eines selbständigen Prozesses
hätte gemacht werden können. In diesem Fall wäre sie berufungsfähig, weil
deren Beurteilung für den Entscheid über die verbleibenden Begehren, nämlich
die Feststellung und Teilung der Erbschaft fraglos präjudiziell ist. Die
selbständige Feststellungklage über die Ausgleichungspflicht ist dann
zulässig, wenn dafür ein hinreichendes Feststellungsinteresse besteht. Die
Rechtsprechung verneint im Grundsatz ein rechtlich geschütztes Interesse an
blosser Feststellung, wo direkt auf Leistung oder Rechtsgestaltung geklagt
werden kann. Die Erbteilungsklage geht daher der Klage auf Feststellung der
Ausgleichungspflicht grundsätzlich vor und auf Letztere ist nicht einzutreten
(BGE 123 III 49 E. 1a S. 51; 84 II 685 E. 2 S. 691 f.). Ein schutzwürdiges
Interesse an ihrer Behandlung wird ausnahmsweise dann bejaht, wenn die
Ungewissheit der Rechtsbeziehungen zwischen den Parteien durch die
richterliche Feststellung behoben werden kann und ihre Fortdauer für den
Kläger unzumutbar ist (BGE 123 III 49 E. 1a S. 51, mit Hinweisen). Letzteres
wird etwa angenommen, wenn für längere Zeit nicht auf Erbteilung geklagt
werden kann, weil die Erbengemeinschaft längerfristig weitergeführt werden
soll (Seeberger, Die richterliche Erbteilung, Diss. Freiburg 1992, S. 291;
vgl. BGE 114 II 253 E. 2a S. 255; 103 II 220 E. 2 S. 221), oder wenn wegen
des Vorliegens eines Erbteilungsvertrages oder eines Teilvergleichs mit hoher
Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, dass sich die Parteien nach dem
Feststellungsentscheid gütlich einigen werden (BGE 123 III 49 E. 1a S. 53).
Geht es aber ausschliesslich um die längst fällige Bereinigung der
väterlichen Erbschaft, kann der Prozess dem Bundesgericht nicht in mehreren
Etappen vorgelegt werden. Vielmehr soll der Kläger dem Bundesgericht die
gesamte Erbteilung unterbreiten, sofern er dazu in der Lage ist (BGE 84 II
685 E. 2 und 3 S. 692 ff.). Würde die Ausgleichungsklage ungeachtet der
Tatsache, dass hier die Erbteilung noch bevorsteht, und ohne Nachweis eines
tatsächlichen Feststellungsinteresses im genannten Sinn zugelassen, wäre
möglich - was es nach der Rechtsprechung zu verhindern gilt -, dass zwei
selbständige aufeinanderfolgende Prozesse, von denen notwendigerweise erst
der zweite die Erbteilung herbeizuführen vermöchte, dem Bundesgericht
unterbreitet werden könnten (BGE 123 III 49 E. 1a S. 52).

1.5 Die vorliegenden Feststellungen zur Ausgleichungspflicht hätten nicht zum
Gegenstand eines selbständigen Prozesses gemacht werden können. Die Kläger
weisen lediglich darauf hin, dass die Frage der Ausgleichung von zentraler
Bedeutung sei und allein von ihr abhange, welche Erbteile den Klägern in der
Erbteilung zustehen. Tatsächlich ist nachvollziehbar, dass der Aufwand für
die Teilung der Erbschaft geringer ist, wenn zunächst die Frage der
Ausgleichung geklärt ist. Gleichwohl geht es um die Bereinigung und Teilung
der an sich liquiden väterlichen Erbschaft. Eine gütliche Einigung ist nicht
mit grosser Wahrscheinlichkeit zu erwarten, wenn die Frage der
Ausgleichungspflicht vorab entschieden wird. Die Parteien wollen die
Erbengemeinschaft nicht weiterführen und es sind auch anderweitig keine
Hindernisse erkennbar, weshalb das Erbteilungsverfahren nicht abgeschlossen
und anschliessend dem Bundesgericht zur Beurteilung unterbreitet werden
könnte. Bei dieser Sachlage ist ein selbständiges Feststellungsinteresse an
der Ausgleichungspflicht zu verneinen. Das angefochtene Urteil fällt somit
nicht unter die von der Rechtsprechung zugelassenen Ausnahmen der
berufungsfähigen Teilurteile. Auf die Berufung kann daher nicht eingetreten
werden.

2.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens haben die Kläger die Verfahrenskosten zu
gleichen Teilen und unter Solidarhaft zu tragen (Art. 156 Abs. 1 und 7 OG).
Da keine Berufungsantwort eingeholt worden ist, sind den Beklagten keine
Kosten entstanden, so dass keine Parteientschädigung geschuldet ist (vgl.
Art. 159 OG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Auf die Berufung wird nicht eingetreten.

2.
Die Gerichtsgebühr von 4'000.-- Franken wird zu gleichen Teilen und unter
Solidarhaft den Klägern auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, II.
Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 24. April 2003

Im Namen der II. Zivilabteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: