Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Zivilabteilung 5C.265/2003
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5C.265/2003 /zga

Sitzung vom 23. Juni 2004
II. Zivilabteilung

Bundesrichter Raselli, Präsident,
Bundesrichterin Nordmann, Bundesrichter Meyer, Bundesrichterin Hohl,
Bundesrichter Marazzi, Gerichtsschreiber von Roten.

X. ________ und Y.________ ,
Beklagte und Berufungskläger,
vertreten durch Advokat Dr. Thomas Christen,

gegen

Z.________,
Klägerin und Berufungsbeklagte,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Max Flückiger.

Wegrecht,

Berufung gegen das Urteil des Obergerichts (Zivilkammer) des Kantons
Solothurn vom 21. Oktober/7. November 2003.

Sachverhalt:

A.
Y.  ________ und X.________ sind Gesamteigentümer der Grundstücke GB
G.________ Nrn. 515, 2332 und 2366 (früher Teile des Grundstücks alt-Nr.
2112). Zu Gunsten dieser Liegenschaften ist im Grundbuch ein "Wegrecht"
eingetragen, das auf den Grundstücken GB G.________ Nrn. 486 und 500 (früher
Teile des Grundstücks alt-Nr. 3441) lastet. Eigentümerin der belasteten
Grundstücke ist die Z.________.

Das Wegrecht wurde im Rahmen einer Erbteilung zwischen den Geschwistern
I.________ und J.________ mit Dienstbarkeitsvertrag vom 22. Juli 1968
errichtet. Darin wurde dem Grundstück Nr. 2112 zu Lasten des - zuvor
abparzellierten - Grundstücks Nr. 3441 ein "unbeschränktes Wegrecht"
eingeräumt, bestehend "auf der Westseite des belasteten Grundstücks in einer
Breite von 5 Metern wie im Mutationsplan Nr. 4620 eingezeichnet". Der
erwähnte Mutationsplan enthält unter anderem den Vermerk "Wegrecht z.G. No.
2112 über Parz. a [d.h. Nr. 3441] entlang der eingetrag., lt. Bebauungsplan 1
: 2000 proj. Strasse". Die im Plan mittels gestrichelten Linien
eingezeichnete Strasse führt von Süden nach Norden entlang der Westgrenze des
berechtigten Grundstücks Nr. 2112 über das belastete Grundstück Nr. 3441 und
mündet in die öffentliche Strasse ein, den T.________-Weg.

Das Strassenprojekt wurde in der Folge nicht so realisiert wie im
Bebauungsplan vorgesehen. Mit dem Bau der U.________-Strasse im Jahre 1995
gab die Gemeinde einer anderen Variante den Vorzug. Diese verläuft von Süden
her kommend dem westlichen Rand der Grundstücke Nrn. 2332, 2366 und 515 sowie
bis ungefähr zur Hälfte dem westlichen Rand des Grundstücks Nr. 500 entlang
und biegt dann rechtwinklig nach Westen ab, um anschliessend in einem rechten
Winkel in den T.________-Weg einzumünden.

B.
Am 7. Mai 2001 klagte die Z.________ auf Löschung des zu Gunsten der
Grundstücke Nrn. 515, 2332 und 2366 im Grundbuch eingetragenen Wegrechts. Die
Klägerin stellte sich auf den Standpunkt, das seinerzeit errichtete Wegrecht
sei mit dem Bau der U.________-Strasse obsolet geworden. Die
U.________-Strasse habe die ursprünglich über ihre Grundstücke projektierte
Strasse und damit auch das Wegrecht ersetzt, das den Anschluss an die
öffentliche Strasse gewährleisten sollte. Eventualiter sei den Beklagten
anstelle des bestehenden 5 m breiten Wegrechts entlang der Westgrenze des
klägerischen Grundstücks Nr. 486 ein 1.0 m breites Fusswegrecht einzuräumen.
Die Beklagten schlossen auf Abweisung der Klage. Sie machten geltend, für
ihre Grundstücke habe das bestehende Wegrecht, und zwar als Fahr- und
Fusswegrecht, eindeutige Vorteile gegenüber der Erschliessung durch die
U.________-Strasse.

Das Amtsgericht H.________ (Zivilabteilung) wies die Klage am 17. September
2002 ab im Wesentlichen mit der Begründung, die berechtigten Eigentümer
hätten nach wie vor ein Interesse sowohl am Fahr- als auch am Fusswegrecht,
und es könne auch nicht gesagt werden, dieses Interesse sei im Vergleich zur
Belastung der Klägerin unverhältnismässig gering, so dass das Wegrecht auch
nicht gegen Entschädigung abgelöst werden könne.

Auf Appellation der Klägerin hin hiess das Obergericht (Zivilkammer) des
Kantons Solothurn mit Urteil vom 21. Oktober / 7. November 2003 die Klage gut
und ordnete die Löschung des Wegrechts im Grundbuch an. Es kam im
Wesentlichen zum Schluss, dass der Zweck des Wegrechts durch die
U.________-Strasse erfüllt werde.

C.
Gegen das obergerichtliche Urteil haben die Beklagten Berufung beim
Bundesgericht eingelegt mit dem Begehren, das angefochtene Urteil sei
aufzuheben und das Wegrechtslöschungsbegehren sei abzuweisen. Gleichzeitig
haben sie gegen das nämliche Urteil staatsrechtliche Beschwerde erhoben. Das
Obergericht hat auf Gegenbemerkungen zur Berufung verzichtet und schliesst
auf deren Abweisung. Denselben Antrag stellt die Klägerin.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Das Bundesgericht prüft von Amtes wegen und mit freier Kognition, ob auf die
Berufung einzutreten ist.

1.1  Sind in der gleichen Streitsache Berufung und staatsrechtliche
Beschwerde
erhoben worden, wird Letztere in der Regel zuerst behandelt (Art. 57 Abs. 5
OG). Umgekehrt ist insbesondere dann zu verfahren, wenn die Berufung selbst
auf Grund der mit staatsrechtlicher Beschwerde kritisierten
Sachverhaltsdarstellungen der kantonalen Behörden als begründet erscheint und
die staatsrechtliche Beschwerde infolge Gutheissung der Berufung
gegenstandslos wird. Dies ist - wie nachfolgend zu zeigen sein wird - hier
der Fall.

1.2  Die vorliegende Streitigkeit ist vermögensrechtlicher Natur. Die
Beklagten führen aus, dass das Wegrecht eine Breite von 5 Metern und eine
Länge von rund 45 Metern aufweise und der Nutzungswert jährlich mindestens
Fr. 4'500.-- betrage, was gemäss Art. 36 Abs. 5 OG einen Kapitalwert von Fr.
90'000.-- ausmache. Ungeachtet der Richtigkeit dieser Berechnungsmethode,
kann nach freiem gerichtlichen Ermessen (Art. 36 Abs. 2 OG) angenommen
werden, dass sich der Wert des berechtigten bzw. des belasteten Grundstücks
um mehr als Fr. 8'000.-- verändern dürfte, je nach dem ob das strittige
Wegrecht in seinem Bestand bestätigt oder gelöscht wird. Die Streitwertgrenze
gemäss Art. 46 OG ist damit überschritten (vgl. Poudret /Sandoz-Monod,
Commentaire de la loi fédérale d'organisation judiciaire, I, Bern 1990, N.

9.5  zu Art. 36 OG, S. 284).

1.3  Auf die im weiteren form- und fristgerecht eingereichte Berufung kann
eingetreten werden.

2.
Vor Bundesgericht ist streitig, ob die Vorinstanz Art. 736 ZGB richtig
angewendet hat. Nach Art. 736 ZGB kann der Belastete die Löschung einer
Dienstbarkeit verlangen, wenn diese für das berechtigte Grundstück alles
Interesse verloren hat (Abs. 1). Ist ein Interesse des Berechtigten zwar noch
vorhanden, aber im Vergleich zur Belastung von unverhältnismässig geringer
Bedeutung, so kann die Dienstbarkeit gegen Entschädigung ganz oder teilweise
abgelöst werden (Abs. 2). Unter dem Interesse für das berechtigte Grundstück
bzw. dem Interesse des Berechtigten versteht die Rechtsprechung das Interesse
des Eigentümers des berechtigten Grundstücks an der Ausübung der
Dienstbarkeit gemäss deren Inhalt und Umfang. Dabei ist vom Grundsatz der
Identität der Dienstbarkeit auszugehen, der besagt, dass eine Dienstbarkeit
nicht zu einem andern Zweck aufrecht erhalten werden darf als jenem, zu dem
sie errichtet worden ist. Zu prüfen ist somit in erster Linie, ob der
Eigentümer des berechtigten Grundstücks noch ein Interesse daran hat, die
Dienstbarkeit zum ursprünglichen Zweck auszuüben, und wie sich dieses
Interesse zu jenem verhält, das anlässlich der Begründung der Dienstbarkeit
bestand (BGE 107 II 331 E. 3 S. 334 f.; 121 II 52 E. 2 S. 54; 114 II 426 E.
2a S. 428, je mit Hinweisen). Dabei bestimmt sich die Interessenlage des
Eigentümers des berechtigten Grundstücks nach objektiven Kriterien (BGE 121
III 52 E. 3a S. 55 mit Hinweisen).

3.
Das Obergericht ist insgesamt davon ausgegangen, das Interesse der Beklagten
an der Ausübung des Wegrechts decke sich nicht mit dem ursprünglichen Zweck,
zu dem das Wegrecht errichtet worden sei. Das im Zeitpunkt seiner Errichtung
massgebende Interesse am Wegrecht bestehe seit dem Bau der U.________-Strasse
nicht mehr. Zu einem anderen Zweck bzw. Interesse dürfe das Wegrecht aber
nicht aufrecht erhalten bleiben. Es sei deshalb im Grundbuch zu löschen.

3.1  Für die Ermittlung von Inhalt und Umfang einer Dienstbarkeit gibt Art.
738 ZGB eine Stufenordnung vor. Ausgangspunkt ist der Grundbucheintrag.
Soweit sich Rechte und Pflichten aus dem Eintrag deutlich ergeben, ist dieser
für den Inhalt der Dienstbarkeit massgebend (Art. 738 Abs. 1 ZGB). Nur wenn
sein Wortlaut unklar ist, darf im Rahmen des Eintrags auf den Erwerbsgrund
zurückgegriffen werden (Art. 738 Abs. 2 ZGB), d.h. auf den Begründungsakt,
der als Beleg beim Grundbuchamt aufbewahrt wird (Art. 948 Abs. 2 ZGB) und
einen Bestandteil des Grundbuchs bildet (Art. 942 Abs. 2 ZGB). Ist auch der
Erwerbsgrund nicht schlüssig, kann sich der Inhalt der Dienstbarkeit - im
Rahmen des Eintrags - aus der Art ergeben, wie sie während längerer Zeit
unangefochten und in gutem Glauben ausgeübt worden ist (Art. 738 Abs. 2 ZGB;
zuletzt: BGE 128 III 169 E. 3a S. 172 mit Hinweis).

Ordentlicher "Erwerbsgrund" im Sinne des Gesetzes ist der
Dienstbarkeitsvertrag (vgl. Liver, Zürcher Kommentar, 1980, N. 86 zu Art. 738
ZGB). Seine Auslegung erfolgt in gleicher Weise wie die sonstiger
Willenserklärungen (vgl. Leemann, Berner Kommentar, 1925, N. 6 zu Art. 738
ZGB). Gemäss Art. 18 Abs. 1 OR bestimmt sich der Inhalt des Vertrags nach dem
übereinstimmenden wirklichen Willen der Parteien. Nur wenn eine tatsächliche
Willensübereinstimmung unbewiesen bleibt, ist der Vertrag nach dem
Vertrauensgrundsatz auszulegen. Die empirische oder subjektive hat gegenüber
der normativen oder objektivierten Vertragsauslegung den Vorrang (allgemein:
BGE 121 III 118 E. 4b/aa S. 123; 129 III 118 E. 2.5 S. 122; für
Grunddienstbarkeiten zuletzt: BGE 128 III 265 E. 3a S. 267).

Diese allgemeinen Auslegungsgrundsätze gelten vorbehaltlos unter den
ursprünglichen Vertragsparteien, im Verhältnis zu Dritten dagegen nur mit
einer Einschränkung, die sich aus dem öffentlichen Glauben des Grundbuchs
(Art. 973 ZGB) ergibt, zu dem - wie gesagt - auch der Dienstbarkeitsvertrag
gehört. Bei dessen Auslegung können gegenüber Dritten, die an der Errichtung
der Dienstbarkeit nicht beteiligt waren und im Vertrauen auf das Grundbuch
das dingliche Recht erworben haben, individuelle persönliche Umstände und
Motive nicht berücksichtigt werden, die für die Willensbildung der
ursprünglichen Vertragsparteien bestimmend waren, aus dem
Dienstbarkeitsvertrag selber aber nicht hervorgehen und für einen
unbeteiligten Dritten normalerweise auch nicht erkennbar sind (BGE 108 II 542
E. 2 S. 545 f. unter Hinweis auf die Ansichten von Liver, N. 94 f. zu Art.
738 ZGB, und Piotet, Dienstbarkeiten und Grundlasten, SPR V/1, Basel 1977, §
93/I S. 584). Im gezeigten Umfang wird der Vorrang der subjektiven vor der
objektivierten Vertragsauslegung eingeschränkt. Diese Rechtslage bringen
Lehre und Rechtsprechung teilweise nur verkürzt zum Ausdruck, wenn es heisst,
der Dienstbarkeitsvertrag sei objektiviert bzw. nach Massgabe des
Vertrauensprinzips auszulegen, wo sich nicht mehr die Begründungsparteien,
sondern Dritte gegenüberstünden (z.B. BGE 128 III 169 E. 4b, nicht
veröffentlicht; Urteil 5C.200/2000 vom 29. März 2001, E. 2c, in: ZBGR 83/2002
S. 245; vgl. etwa Schmid/Hürlimann-Kaup, Sachenrecht, 2.A Zürich 2003, N.
1279 S. 276).

3.2  Der in erster Linie massgebende Grundbucheintrag "Wegrecht" ist nicht
schlüssig für die Frage der Zweckbestimmung der Dienstbarkeit. Das
Obergericht ist davon ausgegangen, im seinerzeitigen Mutationsplan werde für
die Lage des Wegrechts auf eine "Parz. a entlang der eingetrag., lt.
Bebauungsplan 1 : 2000 proj. Strasse" verwiesen. Mit diesem Hinweis komme das
Motiv für die Begründung des Wegrechts deutlich zum Ausdruck. Es sei darum
gegangen, eine Verbindung von den heute im Eigentum der Beklagten stehenden
Parzellen an das öffentliche Strassennetz sicher zu stellen. Der
abparzellierte südliche Teil hätte erschlossen werden sollen, zunächst mit
einem Wegrecht und anschliessend mit der laut Bebauungsplan projektierten
Strasse. Es seien keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass damals die von
den Beklagten angeführten Gründe - direkter, ungehinderter und sicherer
Anschluss - eine Rolle gespielt hätten. Mit der Begründung des Wegrechts
hätten die Parteien des seinerzeitigen Dienstbarkeitsvertrags somit einzig
und allein bezweckt, den südlich gelegenen und heute im Eigentum der
Beklagten stehenden Parzellen einen Anschluss an das öffentliche Strassennetz
zu gewähren.
Gegenüber diesen Erwägungen des Obergerichts erheben die Beklagten Einwände,
als ob es sich dabei um das Ergebnis einer objektivierten Vertragsauslegung
handelt, die das Bundesgericht im Berufungsverfahren frei überprüfen kann.
Gleichzeitig rügen die Beklagten die Verletzung der in Art. 8 ZGB enthaltenen
Beweisvorschriften, wie wenn das Obergericht den wirklichen Willen der
Parteien für das Bundesgericht verbindlich festgestellt hätte (Art. 63 Abs. 2
OG; BGE 129 III 664 E. 3.1 S. 667). Ob ein kantonales Urteil im einen oder
anderen Sinn zu verstehen ist, wird aus seiner Begründung oft nicht ohne
weiteres klar. Die Abgrenzung von Tat- und Rechtsfrage kann vorab bei der
Vertragsauslegung schwierig sein (vgl. Klett, Berufung, in: Seminar
Bundesrechtsmittel SVA,  Bd. 16, Bern 2002, S. 22; Münch, Berufung und
zivilrechtliche Nichtigkeitsbeschwerde, in: Prozessieren vor Bundesgericht,
2.A. Basel 1998, N. 4.42 S. 135 und N. 4.50 S. 138). Was tatsächliche
Feststellung ist, kann sich aus dem Gegensatz zur Rechtsfrage ergeben, lässt
sich aber nicht losgelöst von der Art ihres Zustandekommens bestimmen. Nicht
entscheidend ist, ob der Feststellung des Sachverhalts ein Beweisverfahren
vorangegangen ist. Denn Tatfragen können auch ohne Beweiserhebung auf Grund
von Indizien, eigenem Wissen des Gerichts oder allgemeiner Lebenserfahrung
beantwortet werden (vgl. für Einzelheiten: Messmer/Imboden, Die
eidgenössischen Rechtsmittel in Zivilsachen, Zürich 1992, N. 94-96 S. 128
ff., mit Hinweisen).

Das Obergericht hat - abgesehen von einem Augenschein - weder ein
Beweisverfahren durchgeführt (z.B. Einvernahme der ursprünglichen
Vertragsparteien oder des Nachführungsgeometers) noch Indizien genannt, auf
die es seine Annahme stützt. Es hat das "Motiv" für die Begründung des
Wegrechts einzig aus dem Mutationsplan erschlossen, der von den
ursprünglichen Vertragsparteien unterzeichnet worden ist und integrierenden
Bestandteil des Dienstbarkeitsvertrags gebildet hat. Unter diesen Umständen
muss davon ausgegangen werden, das Obergericht habe nicht mehr positiv
feststellen können, welche Motive für die Errichtung der Dienstbarkeit
tatsächlich massgebend waren. Gestützt auf die Grundbuchbelege wird im
obergerichtlichen Urteil vielmehr unterstellt, die Parteien hätten mit dem
Wegrecht denjenigen Zweck verfolgt, der sich auf Grund der damaligen
Verhältnisse aus den Bedürfnissen des herrschenden Grundstücks
vernünftigerweise ergab (BGE 107 II 331 E. 3b S. 335 f.). Die Ermittlung,
welchen Sinn und Zweck die Dienstbarkeit zum Zeitpunkt der Errichtung hatte,
betrifft die objektivierte Vertragsauslegung auf Grund der Bedürfnisse des
herrschenden Grundstücks (BGE 115 II 434 E. 2b S. 436; Urteil 5C.217/1991 vom
26. Mai 1992, E. 2, in: SJ 1992 S. 600/601 und ZBGR 1996 S. 51/52 mit
Hinweisen). Sie kann im Berufungsverfahren frei überprüft werden.

3.3  In der Lehre, auf die sich das obergerichtliche Urteil stützt, wird
dafürgehalten, ein Wegrecht sei zwecklos geworden und für den Eigentümer des
herrschenden Grundstücks dann nicht mehr von Interesse, wenn der damit
erfüllte Zweck inzwischen durch eine öffentliche Strasse gewährleistet werde
(Schmid/Hürlimann-Kaup, a.a.O., N. 1309 S. 283; Steinauer, Les droits réels,
t. II, 3.A. Bern 2002, N. 2267 S. 384; vgl. auch Liver, N. 18 und N. 61 zu
Art. 736 ZGB).

Diese Aussage trifft vorbehaltlos zu, wenn die öffentliche Strasse
entsprechend dem privaten Wegrecht gebaut wird, wie es im
Dienstbarkeitsvertrag umschrieben und in den dazugehörigen Plänen
eingezeichnet ist. Dann kann ohne weiteres gesagt werden, die öffentliche
Strasse erfülle den Zweck, den bisher das Wegrecht gewährleistet habe. Weist
die öffentliche Strasse dagegen einen anderen Inhalt oder Umfang auf als das
Wegrecht, nimmt sie - wie hier - insbesondere einen anderen Verlauf als das
Wegrecht oder wird sie in einer andern Breite erstellt, dann ist in jedem
einzelnen Fall zu prüfen, ob die öffentliche Strasse den mit dem Wegrecht
gewährleisteten Zweck vollumfänglich erfüllt oder - anders gesagt - ob die
bisherige private Wegverbindung nicht vorteilhafter ist als die neu erstellte
öffentliche (vgl. etwa Leemann, N. 7 zu Art. 736 ZGB). Denn entscheidend ist,
ob die Dienstbarkeit im konkreten Fall für das berechtigte Grundstück alles
Interesse verloren hat bzw. ob der berechtigte Eigentümer weiterhin ein
vernünftiges Interesse an der Ausübung der Dienstbarkeit hat (BGE 89 II 370

E. 3 und 4 S. 383 f.).

Die davon abweichende, gegenteilige Auffassung des Obergerichts könnte nur
geteilt werden, wenn ein Wegrecht gleichsam den Charakter eines Notwegrechts
hat, d.h. einem Grundeigentümer eingeräumt wird, der keinen genügenden Weg
von seinem Grundstück auf eine öffentliche Strasse hat (vgl. Art. 694 ZGB).
Wäre dies anzunehmen, verlöre das vertraglich vereinbarte Wegrecht seine
Existenzberechtigung, sobald die Notlage für das herrschende Grundstück durch
den Anschluss an das öffentliche Wegnetz behoben ist (Liver, N. 75 zu Art.
736 ZGB). Eine derartige Wegenot hat das Obergericht indessen nicht
ausdrücklich festgestellt und fände zudem keine Grundlage in den örtlichen
Gegebenheiten. Wie sich aus dem Mutationsplan ohne weiteres ersehen lässt und
ergänzend festgestellt werden kann (Art. 64 Abs. 2 OG), hat das berechtigte
Grundstück alt-Nr. 2112 nicht nur über das Wegrecht nach Norden eine
Verbindung zum öffentlichen Verkehrsnetz, sondern grenzt im Süden an die
Strassenparzelle alt-Nr. 2484, die ebenfalls zur öffentlichen Strasse führt,
dem heutigen V.________-Weg. Das Wegrecht ist im Mutationsplan denn auch als
Teil der im Bebauungsplan projektierten Strasse eingezeichnet, die der
gesamten Westgrenze des belasteten und des berechtigten Grundstücks entlang
führt und anschliessend sowohl im Norden (über ein kurzes Stück des
T.________-Wegs) als auch im Süden (über ein kurzes Stück der
Strassenparzelle alt-Nr. 2484 bzw. den V.________-Weg) mit der
R.________-Strasse, der Hauptachse im fraglichen Quartier, verbunden ist.
Eine Wegenot zu beseitigen, fällt damit als "Motiv" für die Begründung des
Wegrechts ausser Betracht.

Gleichzeitig ist damit die obergerichtliche Auffassung widerlegt, das
Wegrecht sei im Jahre 1968 nur deshalb auf der Westseite der betroffenen
Grundstücke errichtet worden, weil das am einfachsten zu bewerkstelligen
gewesen sei, indem keine weiteren Eigentümer hätten mit einbezogen werden
müssen. Die Grundbuchbelege verdeutlichen vielmehr, dass das Trassee des
Wegrechts seinerzeit an die Westgrenze des belasteten Grundstücks gelegt
wurde, weil dort die projektierte Strasse als direkte Verbindung zur
R.________-Strasse vorgesehen war. Nicht bloss irgend eine Verbindung zur
öffentlichen Strasse sollte das Wegrecht gewährleisten, sondern diejenige
gemäss Bebauungsplan.

Entscheidend für den Ausgang des vorliegenden Verfahrens ist aus den
dargelegten Gründen nicht der Umstand allein, dass die beklagtischen
Grundstücke an das öffentliche Verkehrsnetz angeschlossen sind, sondern ob
die Beklagten deswegen ein vernünftiges Interesse am Wegrecht, so wie es
konkret vereinbart worden ist, verloren haben. Dabei können alle Interessen
in die Waagschale geworfen werden, die bereits im Zeitpunkt der Errichtung
ein Rolle spielen konnten, ohne dass für jeden Vorteil oder Nachteil einzeln
nachgewiesen werden müsste, dass er damals bereits tragend war. Insofern ist
entgegen der Auffassung des Obergerichts nicht massgebend, ob es für die
geltend gemachten Interessen Anhaltspunkte gibt, dass sie bereits im
Zeitpunkt der Dienstbarkeitserrichtung für die damaligen Berechtigten
subjektiv eine Rolle gespielt haben, sondern entscheidend ist, dass sie bei
objektiver Betrachtung damals vernünftigerweise von Bedeutung sein konnten
(E. 3.1 und 3.2 soeben; vgl. Liver, N. 57 zu Art. 736 ZGB; Piotet, a.a.O., §
92/II S. 578). Das ist im Folgenden zu beurteilen (E. 4 sogleich).

4.
In Anbetracht seiner Rechtsauffassung ist das Obergericht nur mehr kurz auf
die von den Beklagten geltend gemachten Interessen an der Beibehaltung des
Wegrechts eingegangen. Seine Feststellungen über die örtlichen Verhältnisse
genügen aber zur Beurteilung der Rechtsfrage, ob die beiden Verbindungen von
den heute im Eigentum der Beklagten stehenden Parzellen an das öffentliche
Strassennetz gleichwertig sind oder ob das private Wegrecht gegenüber der
öffentlichen U.________-Strasse für die Beklagten vorteilhafter ist.

Im obergerichtlichen Urteil wird nicht in Frage gestellt, dass auf dem
T.________-Weg zwischen der Einmündung der U.________-Strasse und der
Einmündung des Wegrechts kein Trottoir besteht, was gegenüber dem bestehenden
Fusswegrecht einen Nachteil bedeutet. Ebenso wenig steht in Frage, dass das
Wegrecht über die belasteten Grundstücke eben verläuft, während die
U.________-Strasse in Richtung T.________-Weg ein Gefälle aufweist und
Letzterer gegen die Einmündung des Wegrechts wiederum ansteigt. Die
topographischen Verhältnisse sind insoweit nicht gleichwertig und lassen das
private Wegrecht gegenüber der U.________-Strasse, vor allem im Winter bei
prekärer Fahrbahn, als die bessere Verbindung zum T.________-Weg erscheinen.
Schliesslich wird im obergerichtlichen Urteil auch nicht in Frage gestellt,
dass die Beklagten über das Wegrecht eine kürzere Fusswegverbindung zum
Ortsbus haben. Auch dieses Interesse dürfen die Beklagten in die Waagschale
werfen, zumal das Obergericht zwar bezweifelt, aber nicht ausgeschlossen hat,
dass der Ortsbus bereits im Zeitpunkt der Dienstbarkeitserrichtung bestanden
hat.

Das Obergericht hat auch nicht verneint, dass der T.________-Weg als
Einbahnstrasse ausgestaltet ist, so dass zum Erreichen der beklagtischen
Grundstücke von Norden her kommend ein Umweg von mehreren hundert Metern
gefahren werden muss. Das Obergericht hat zwar darauf hingewiesen, dass
dieser Umweg heute auch bei Benutzung des Wegrechts gefahren werden müsse,
weil das Einbahnzeichen (verbotene Fahrtrichtung) unmittelbar nördlich der
Einmündung des Wegrechts angebracht sei. Dieser Hinweis vermag das geltend
gemachte Interesse gleichwohl nicht zu entkräften. Denn es ist offen, wie der
Verkehrsfluss gestaltet werden wird, falls die Klägerin bei der vorgesehenen
Überbauung ihres Terrains zu deren Erschliessung auf dem Trassee des
Wegrechts eine Privatstrasse erstellt. Aus verkehrstechnischer Sicht müsste
wohl davon ausgegangen werden, dass das heutige Signal "Einbahnstrasse" um
einige Meter auf die südliche Seite der Einmündung gestellt würde, so dass
der T.________-Weg bis zur Privatstrasse beidseitig befahren werden könnte.
Dies hätte - wie seinerzeit im Bebauungsplan vorgesehen - die direkte
Verbindung mit der R.________-Strasse als Hauptachse im Gegenverkehr zur
Folge.

Schliesslich ist auch der Hinweis des Obergerichts unbehelflich, das Trassee
des Wegrechts sei heute mit Rasen überwachsen und würde sich als Fahrweg gar
nicht eignen. Das Interesse am Fahrweg dürfte erst verneint werden, wenn nach
dem gewöhnlichen Lauf der Dinge und nach der allgemeinen Lebenserfahrung
nicht mehr damit zu rechnen wäre, dass die Dienstbarkeit in absehbarer Zeit
wieder ausgeübt wird (vgl. BGE 89 II 370 E. 3 S. 383; 81 II 189 E. 2 S. 194).
Die Möglichkeit der Weiternutzung besteht unbestrittenermassen durchaus, wenn
die Beklagten im vorliegenden Verfahren obsiegen. Diese haben die Absicht,
das Wegrecht weiterhin auszuüben. Wenn nötig wäre es ihnen unbenommen, ihr
Wegrecht gerichtlich durchzusetzen. Zudem sieht die Klägerin bei der
Überbauung ihres Grundstücks offenbar eine Privatstrasse auf dem Trassee des
Wegrechts vor, die auch von den Beklagten benutzt werden könnte.

Zusammenfassend besteht heute noch ein vernünftiges Interesse am Bestand
sowohl des Fuss- als auch des Fahrwegrechts.

5.
Die Klägerin hat vor Obergericht beantragt, eventualiter anstelle des
bestehenden 5 m breiten Wegrechts entlang der Westgrenze des klägerischen
Grundstücks Nr. 486 ein 1.0 m breites Fusswegrecht im Grundbuch einzutragen
und subeventualiter ein 3 m breites Fuss- und Fahrwegrecht einzutragen. Mit
ihren Eventualbegehren wirft die Klägerin die Frage auf, ob nur ein Teil der
Dienstbarkeit für die Beklagten "alles Interesse" im Sinne des Gesetzes
verloren hat. In Art. 736 ZGB ist nur von Teilablösung gegen Entschädigung
(Abs. 2) und nicht auch von Teilaufhebung ohne Entschädigung die Rede. Lehre
(Leemann, N. 10 Abs. 2, und Liver, N. 130, je zu Art. 736 ZGB; Piotet,
a.a.O., § 92/II S. 578) und Rechtsprechung (BGE 91 II 190 E. 5 S. 196; Urteil
5C.244/1990 vom 2. Juli 1992, E. I/4b) anerkennen indessen, dass der Wegfall
jeden Interesses an der Ausübung von Teilbefugnissen einer Dienstbarkeit ein
Vorgang ist, der unter Art. 736 Abs. 1 ZGB fällt. Die Eventualbegehren der
Klägerin sind damit zwar zulässig, erweisen sich aber als unbegründet, weil -
wie bereits dargelegt (E. 4 hiervor) - nicht nur am Fusswegrecht, sondern
auch am Fahrwegrecht nach wie vor ein Interesse besteht, die Dienstbarkeit im
bisherigen Umfang auszuüben.

6.
Fraglich ist, ob Gegenstand des Verfahrens auch die Teilablösung des
Wegrechts gegen Entschädigung bildet (vgl. Art. 736 Abs. 2 ZGB). Im
kantonalen Verfahren hat sich die Klägerin lediglich in ihrer
Appellationsbegründung darauf berufen und vor Obergericht in einem einzigen
Satz ausgeführt, dass die Dienstbarkeit auf Grund der unverhältnismässig
geringen Bedeutung gegen eine bescheidene Entschädigung abzulösen sei, wenn
wider Erwarten ein geringes Interesse an einem Fusswegrecht festgestellt
würde. Vor Bundesgericht äussert sich die Klägerin dazu nicht mehr, obschon
die Beklagten in ihrer Berufungsschrift subeventualiter die Anwendung von
Art. 736 Abs. 2 ZGB verlangt und damit ihren Rückweisungsantrag begründet
haben. Mangels ausdrücklichen Antrags der Klägerin, das Wegrecht gegen
Entschädigung teilweise abzulösen, müsste davon ausgegangen werden, die Frage
bilde nicht Gegenstand des Verfahrens. Allerdings wird in der Lehre die
Meinung vertreten, dass Art. 736 Abs. 2 ZGB im Verhältnis zu Abs. 1 derselben
Bestimmung ein "minus" und nicht ein "aliud" sei (Liver, N. 196 f. zu Art.
736 ZGB). Insoweit würde das Fehlen eines Antrags nicht stören, weil das
Gericht von Amtes wegen weniger zusprechen darf, als verlangt wird. Letztlich
kann aber dahingestellt bleiben, ob Gegenstand des Verfahrens auch die
Teilablösung des Wegrechts gegen Entschädigung bildet. Die Voraussetzungen
von Art. 736 Abs. 2 ZGB sind vorliegend nicht erfüllt.

Nach dieser Bestimmung ist zu prüfen, ob ein Interesse der Berechtigten zwar
noch vorhanden, aber im Vergleich zur Belastung von unverhältnismässig
geringer Bedeutung ist. In diesem Fall kann die Dienstbarkeit gegen
Entschädigung ganz oder teilweise abgelöst werden. Das Bundesgericht hat
anerkannt, dass Art. 736 Abs. 2 ZGB auch dann Anwendung findet, wenn das nach
wie vor vorhandene Interesse des Berechtigten durch eine entsprechende
Zunahme der Belastung auf der andern Seite unverhältnismässig gering geworden
ist (BGE 107 II 331 E. 4 S. 339). Es ist daher stets eine Interessenabwägung
vorzunehmen.

Die tatsächliche Situation der Beklagten hat sich zwar seit der
Dienstbarkeitserrichtung insoweit verändert, als neu die U.________-Strasse
gebaut wurde. Ihr Interesse am Wegrecht ist jedoch - wie ausgeführt (E. 4
hiervor) - in minderer Form nach wie vor vorhanden. Die Situation für die
belasteten Grundstücke bzw. für die Klägerin hat sich seit der
Dienstbarkeitserrichtung dagegen kaum verändert. Die Grundstücke waren sowohl
damals als auch heute Teil des Baugebiets und konnten damals und heute
überbaut werden. Die Klägerin macht denn auch gar nicht geltend, die
Überbauung ihrer Liegenschaft werde durch das Wegrecht erheblich erschwert.
Offenbar ist auf dem Trassee des Wegrechts ohnehin eine Privatstrasse
vorgesehen. Die Klägerin möchte aber, dass diese nur von den Bewohnern ihrer
Parzellen, hingegen nicht von den Beklagten benutzt wird, womit
selbstverständlich keine übermässige Belastung nachgewiesen werden kann.
Würde das Bauvorhaben nunmehr derart geändert, dass die Ausübung des
Wegrechts verunmöglicht würde, müsste die Klägerin auf die Rechtsprechung
verwiesen werden, wonach das Anwachsen der Belastung nicht auf Gründe
zurückgehen darf, die vom Eigentümer des belasteten Grundstücks selber
herbeigeführt worden sind (BGE 107 II 331 E. 4 S. 339 mit Hinweisen).

7.
Aus den dargelegten Gründen muss die Berufung gutgeheissen, das
obergerichtliche Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen werden. Bei
diesem Ausgang des Verfahrens trägt die Klägerin die Gerichtskosten für
sämtliche Verfahren und hat den Beklagten für sämtliche Verfahren eine
Parteientschädigung zu bezahlen (Art. 156 Abs. 1 und Art. 157 sowie Art. 159
Abs. 1 und 6 OG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Berufung wird gutgeheissen und das Urteil des Obergerichts (Zivilkammer)
des Kantons Solothurn vom 21. Oktober/7. November 2003 wird aufgehoben. Die
Klage wird abgewiesen.

2.
2.1 Die Gerichtskosten beider kantonalen Verfahren von insgesamt Fr. 7'850.--
werden der Klägerin auferlegt.

2.2  Die Klägerin hat die Beklagten für beide kantonalen Verfahren mit
insgesamt Fr. 6'500.-- zu entschädigen.

3.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 3'000.-- wird der Klägerin auferlegt.

4.
Die Klägerin hat die Beklagten für das bundesgerichtliche Verfahren mit
insgesamt Fr. 4'000.-- zu entschädigen.

5.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht (Zivilkammer) des Kantons
Solothurn schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 23. Juni 2004

Im Namen der II. Zivilabteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Der Gerichtsschreiber: