Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Zivilabteilung 5C.243/2003
Zurück zum Index II. Zivilabteilung 2003
Retour à l'indice II. Zivilabteilung 2003


5C.243/2003 /bnm

Urteil vom 28. Januar 2004
II. Zivilabteilung

Bundesrichter Raselli, Präsident,
Bundesrichterinnen Escher, Hohl,
Gerichtsschreiberin Scholl.

X. _________ (Ehefrau),
Beklagte und Berufungsklägerin,
vertreten durch Rechtsanwalt Jean-Luc Rioult,

gegen

Y.________ (Ehemann),
Kläger und Berufungsbeklagten,
vertreten durch Rechtsanwältin Marie-Louise Isler-Huguenin-Dumittan,

Abänderung des Scheidungsurteils,

Berufung gegen das Urteil des Obergerichts des
Kantons Zürich, I. Zivilkammer, vom 22. Oktober 2003.

Sachverhalt:

A.
X. ________ (Ehefrau) und Y.________ (Ehemann) wurden mit Urteil vom 1.
Dezember 1982 geschieden und ihre Konvention über die Nebenfolgen
gleichzeitig genehmigt. Darin wurde Y.________ verpflichtet, an X.________
für entgangenen ehelichen Unterhalt eine unbefristete Rente im Sinne von Art.
151 [a]ZGB von monatlich Fr. 1'150.-- (indexiert) zu bezahlen.

B.
Mit Abänderungsklage vom 29. März 2000 verlangte Y.________ die Herabsetzung
evtl. die Aufhebung der Scheidungsrente. Das Bezirksgericht Andelfingen wies
die Klage mit Urteil vom 21. Oktober 2002 vollumfänglich ab. Dagegen erhob
Y.________ Berufung beim Obergericht des Kantons Zürich. Mit Urteil vom 22.
Oktober 2003 reduzierte dieses in teilweiser Gutheissung der Klage die Rente
auf monatlich Fr. 1'000.-- und legte die Indexklausel neu fest.

C.
Gegen dieses Urteil gelangt X.________ an das Bundesgericht. Sie beantragt im
Wesentlichen, von der Herabsetzung der Rente abzusehen. Zudem stellt sie für
das bundesgerichtliche Verfahren ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege
und Verbeiständung.

Es sind keine Vernehmlassungen eingeholt worden.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Die Abänderung eines Scheidungsurteils in Bezug auf die geschuldeten
Unterhaltsbeiträge stellt eine vermögensrechtliche Zivilrechtsstreitigkeit im
Sinne von Art. 46 OG dar (BGE 116 II 493 E. 2b S. 495). Bei Kapitalisierung
der im vorinstanzlichen Verfahren noch strittigen Unterhaltsbeiträge ist der
Streitwert von Fr. 8'000.-- erreicht. Die Berufung ist rechtzeitig erhoben
worden und richtet sich gegen einen Endentscheid eines oberen kantonalen
Gerichts, der nicht mehr     durch ein ordentliches kantonales Rechtsmittel
angefochten werden kann (Art. 54 Abs. 1 und Art. 48 Abs. 1 OG). Aus dieser
Sicht erweist sich die Berufung als zulässig.

2.
Gemäss Art. 7a Abs. 3 SchlTZGB erfolgt die Abänderung eines vor dem 1. Januar
2000 gefällten Scheidungsurteils nach den Vorschriften des alten Rechts,
mithin nach Art. 153 aZGB. Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung zu
dieser Bestimmung kann eine auf Art. 151 aZGB gestützte Scheidungsrente
herabgesetzt werden, wenn sie dem Unterhalt dient und sich die Umstände seit
der Scheidung erheblich und dauerhaft verändert haben (BGE 117 II 211 E. 1a
S. 213; 118 II 229 E. 2 S. 231). Strittig im vorliegenden Fall ist einzig die
Rechtsnatur der vom Kläger geschuldeten Scheidungsrente. Das Obergericht ist
zum Schluss gelangt, es handle sich um eine Unterhaltsersatzrente, die der
Abänderung zugänglich sei. Die Beklagte macht demgegenüber geltend, die Rente
diene dem Ersatz von entgangenen Anwartschaften in Bezug auf die
Altersvorsorge und sei deshalb nicht herabsetzbar.

2.1 Die Beklagte bemängelt zunächst eine "unrichtige Beurteilung einer
Tatsache": Die Vorinstanz habe ein Schreiben ihres damaligen Rechtsvertreters
an sie übersehen, in welchem ausdrücklich festgehalten werde, die Rente an
die Ehefrau bleibe eine "Entschädigungsrente". Nach dem Vertrauensprinzip sei
unter diesen Umständen davon auszugehen, dass der Inhalt dieses Schreibens
dem übereinstimmenden Willen der Parteien bei Abschluss der
Scheidungskonvention entsprochen habe.

Zunächst ist festzuhalten, dass die Vorinstanz keinen übereinstimmenden
Willen der Parteien festgestellt hat. Dies wäre ohnehin eine im vorliegenden
Verfahren durch das Bundesgericht nicht überprüfbare Tatfrage (Art. 63 Abs. 2
OG). Vielmehr ist das Obergericht unter Zuhilfenahme der Scheidungsakten und
detaillierter Würdigung der damaligen Aussagen der Parteien, deren
Rechtsvertreter sowie der gesamten Umstände zum Ergebnis gelangt, dass eine
Unterhaltsersatzrente vereinbart worden sei. Ob dieser Schluss in Bezug auf
die Rechtsnatur der Rente zutrifft, stellt grundsätzlich eine vom
Bundesgericht im Berufungsverfahren überprüfbare Rechtsfrage dar. Die Rüge
der Beklagten erschöpft sich jedoch im Verweis auf ein einzelnes Schreiben
ihres eigenen Rechtsvertreters, ohne sich in irgendeiner Weise mit der
ausführlichen Argumentation der Vorinstanz auseinanderzusetzen. Damit genügt
die Berufung in diesem Punkt den gesetzlichen Begründungsanforderungen nicht,
so dass darauf nicht eingetreten werden kann (Art. 55 Abs. 1 lit. c OG).

2.2 Die Beklagte geht weiter davon aus, dass ihr - wäre die Ehe fortgesetzt
worden - eine Anwartschaft auf die Altersvorsorge der zweiten Säule des
Klägers zugestanden hätte. Diese Auffassung geht fehl, wie bereits die
Vorinstanz zutreffend und ausführlich dargelegt hat: Das im Rahmen der
zweiten Säule angesparte Altersguthaben des Klägers steht ausschliesslich
diesem zu. Auch als dessen Ehefrau hat für die Beklagte nie ein direkter
Anspruch auf seine Altersrente bestanden. Hingegen würde sie bei einer
bestehenden Ehe von dieser mittelbar durch die eheliche Unterstützungspflicht
nach Art. 163 f. ZGB profitieren. Der Verlust dieser indirekten Beteiligung
an der Altersrente des Klägers stellt jedoch lediglich einen
Unterhaltsschaden und keinen Verlust von Anwartschaften dar
(Hausheer/Spycher, Handbuch des Unterhaltsrechts, 1997, N. 05.51; Daniel
Steck, Jüngste Entwicklungen beim Scheidungsunterhalt, insbesondere gestützt
auf Art. 151 ZGB, ZBJV 1997 S. 184; wohl anders: Bühler/Spühler, Berner
Kommentar, N. 29 zu Art. 151 [a]ZGB). Die Beklagte verkennt, dass, obwohl die
vereinbarte Rente zweifellos auch ihrer Altersvorsorge dienen sollte, diese
nicht zwingend den Charakter eines Anwartschaftsersatzes haben muss. Nur in
Bezug auf die Hinterbliebenenleistungen der Pensionskasse des Klägers
erleidet sie durch die Scheidung einen eigenen Anwartschaftsverlust (BGE 116
II 101 E. 5f S. 102). Sie macht jedoch nicht geltend, die Rente habe als
Ersatz für solche Ansprüche dienen sollen. Die Vorinstanz hat folglich mit
der Qualifizierung der Rente als herabsetzbaren Unterhaltsersatz kein
Bundesrecht verletzt.

3.
Nicht nachvollziehbar ist die von der Beklagten erhobenen Rüge der Verletzung
bundesrechtlicher Beweisvorschriften (Art. 8 ZGB): Die Vorinstanz hat, in
Übereinstimmung mit der bundesgerichtlichen Rechtsprechung (BGE 104 II 237 E.
5 S. 243), dem Kläger den Nachweis dafür auferlegt, dass eine abänderbare
Unterhaltsersatzrente vereinbart worden sei. Zudem ist die Frage der
Beweislast gegenstandslos geworden, als die Vorinstanz die Abänderbarkeit der
Rente als erwiesen angesehen hat. Inwiefern das Obergericht in diesem Punkt
Bundesrecht verletzt haben soll, legt die Beklagte nicht rechtsgenüglich dar
(Art. 55 Abs. 1 lit. c OG).

4.
Bei diesem Ergebnis erübrigt sich die Behandlung der weiteren Vorbringen der
Beklagten (Indexierung, Kosten), welche keine eigenständigen Rügen
darstellen. Damit ist die Berufung abzuweisen, soweit überhaupt darauf
eingetreten werden kann. Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird die Beklagte
kostenpflichtig (Art. 156 Abs. 1 OG). Sie schuldet dem Kläger allerdings
keine Parteientschädigung für das bundesgerichtliche Verfahren, zumal keine
Berufungsantwort eingeholt wurde.

5.
Die Beklagte hat für das bundesgerichtliche Verfahren ein Gesuch um
unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung gestellt. Die unentgeltliche
Rechtspflege ist einer Partei zu bewilligen, die bedürftig und deren Sache
nicht aussichtslos ist (Art. 152 Abs. 1 OG). Als aussichtslos sind nach der
bundesgerichtlichen Rechtsprechung Prozessbegehren anzusehen, bei denen die
Gewinnaussichten beträchtlich geringer sind als die Verlustgefahren und die
deshalb kaum als ernsthaft bezeichnet werden können. Dagegen gilt ein
Begehren nicht als aussichtslos, wenn sich Gewinnaussichten und
Verlustgefahren ungefähr die Waage halten oder jene nur wenig geringer sind
als diese. Massgebend ist, ob eine Partei, die über die nötigen finanziellen
Mittel verfügt, sich bei vernünftiger Überlegung zu einem Prozess
entschliessen würde (BGE 125 II 265 E. 4b S. 275; 127 I 202 E. 3a und b S.
204, je mit Hinweisen).

Im vorliegenden Fall konnte auf einen Teil der Rügen mangels
rechtsgenüglicher Begründung überhaupt nicht eingetreten werden. Zudem fehlte
es an einer eingehenden Auseinandersetzung mit den einlässlichen Ausführungen
der Vorinstanz. Damit muss die  Berufung als von vornherein aussichtslos
angesehen werden, so dass das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege
abzuweisen ist.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Berufung wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege der Beklagten wird abgewiesen.

3.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird der Beklagten auferlegt.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, I.
Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 28. Januar 2004

Im Namen der II. Zivilabteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Die Gerichtsschreiberin: