Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Zivilabteilung 5C.130/2003
Zurück zum Index II. Zivilabteilung 2003
Retour à l'indice II. Zivilabteilung 2003


5C.130/2003 /bnm

Urteil vom 14. Oktober 2003
II. Zivilabteilung

Bundesrichter Meyer, präsidierendes Mitglied, Bundesrichterin Hohl,
Bundesrichter Marazzi,
Gerichtsschreiber von Roten.

U. ________,
Beklagte und Berufungsklägerin,
handelnd durch Brigitta Bütschi, Sozialdienste des Amtsbezirks Interlaken,
Untere Bönigstrasse 14,
3800 Interlaken, vertreten durch Fürsprecher Urs Mosimann, Marktgasse 18,
Postfach, 3605 Thun,

gegen

V.________,
Kläger und Berufungsbeklagten, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Peter
Albrecht, Konkordiastrasse 20, Postfach 156, 8030 Zürich.

Anfechtung der Vaterschaftsanerkennung,

Berufung gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, II.
Zivilkammer, vom 29. April 2003.

Sachverhalt:

A.
Am 7. Juli 1992 anerkannte V.________ die am 15. Februar 1992 geborene
U.________ als sein Kind. Gemäss DNA-Analyse vom 26. April 2001 kann
V.________ als Vater von U.________ mit Sicherheit ausgeschlossen werden. Am
17. Mai 2001 bevollmächtigte V.________ seinen heutigen Rechtsvertreter, die
Vaterschaftsanerkennung gerichtlich anzufechten.

B.
Die Klage wurde am 25. April 2002 eingereicht mit dem Begehren, es sei
festzustellen, dass der Kläger nicht der Vater der Beklagten sei. Das
Bezirksgericht Zürich (2. Abteilung) wies die Klage wegen Verwirkung der
Klagefrist ab (Urteil vom 14. Oktober 2002). Auf Berufung des Klägers hin
stellte das Obergericht (II. Zivilkammer) des Kantons Zürich fest, dass der
Kläger nicht der Vater der Beklagten ist. Es liess die Klage zu, weil deren
verspätete Erhebung mit wichtigen Gründen entschuldigt werden könne (Urteil
vom 29. April 2003).

C.
Mit eidgenössischer Berufung beantragt die Beklagte, es sei festzustellen,
dass der Kläger ihr Vater sei. Das Obergericht hat auf Gegenbemerkungen
verzichtet. Der Kläger schliesst auf Abweisung der Berufung. Eventuell sei
die Sache an das Obergericht zurückzuweisen zur Klärung der
sozialpsychologischen Beziehung der Beklagten mit dem Kläger und ihrer
persönlichen Einstellung zur Klage, nötigenfalls auch zur Klärung ihrer
Urteilsfähigkeit für eine persönliche Stellungnahme zur Klage. Beide Parteien
ersuchen um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege vor Bundesgericht.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Gemäss Art. 252 Abs. 2 ZGB entsteht das Kindesverhältnis zwischen dem Kind
und dem Vater unter anderem durch Anerkennung. Nach der gesetzlichen Regelung
kann der Vater, der das Kind anerkannt hat (Art. 260 ZGB), die Anerkennung
beim Gericht ausnahmsweise dann anfechten, wenn er das Kind in einem Irrtum
über seine Vaterschaft anerkannt hat (Art. 260a Abs. 2 ZGB). Er hat zu
beweisen, dass er nicht der Vater des Kindes ist (Art. 260b Abs. 1 ZGB). Die
Klage ist binnen Jahresfrist einzureichen, seitdem der Kläger den Irrtum
entdeckte, in jedem Fall aber vor Ablauf von fünf Jahren seit der
Anerkennung. Nach Ablauf der Frist wird eine Anfechtung zugelassen, wenn die
Verspätung mit wichtigen Gründen entschuldigt wird (Art. 260c Abs. 1 und 3
ZGB).

1.1 Der Kläger hat die Beklagte als sein Kind anerkannt und mittels
DNA-Analyse bewiesen, dass er mit Sicherheit nicht der Vater der Beklagten
sein kann. Mit seiner Klage vom 25. April 2002 hat er die gesetzliche
Klagefrist nicht eingehalten, die fünf Jahre nach der Anerkennung und damit
im Juli 1997 endgültig abgelaufen ist. Strittig ist, ob die verspätete
Klageerhebung mit wichtigen Gründen entschuldigt werden kann.

Das Obergericht hat dafürgehalten, erst das DNA-Gutachten habe den Irrtum des
Klägers über seine Vaterschaft beseitigt. Für die Frage der rechtzeitigen
Klageerhebung sei unerheblich, dass die Kindsmutter zur Zeit der Zeugung der
Beklagten mit Wissen des Klägers als Prostituierte gearbeitet habe und dass
der Kläger nach der Trennung von der Kindsmutter erstmals an seiner
Vaterschaft gezweifelt habe. Vom Ergebnis des DNA-Gutachtens habe der Kläger
spätestens im Mai 2001 Kenntnis gehabt. Dass der von ihm sofort
bevollmächtigte Rechtsanwalt erst nach fast einem Jahr und damit die Klage
wiederum zu spät eingeleitet habe, sei ein Fehler, der aber ebenfalls
entschuldigt werden könne (E. 3 S. 3 ff.).

Die Beklagte wendet dagegen ein, es liege kein Irrtum vor. Spätestens im
Herbst 1996 habe der Kläger zudem derart an seiner Vaterschaft gezweifelt,
dass er alles hätte unternehmen müssen, um seine Vaterschaft abklären zu
lassen. Auf einen angeblichen Anwaltsfehler bei der Klageerhebung komme es
unter diesen Umständen nicht an.

1.2 Die Anfechtung des Kindesverhältnisses ist gesetzlich befristet. Die
Befristung dient vorab der Rechtssicherheit. Das Kindesverhältnis soll
zeitlich nicht unbegrenzt in Frage gestellt werden können. Es handelt sich um
Verwirkungsfristen, nach deren unbenutztem Ablauf der Klageanspruch von
Gesetzes wegen untergeht und die Anfechtungsklage abzuweisen ist. Da für den
Klageberechtigten in jedem Fall viel auf dem Spiele steht, können verwirkte
Fristen aus "wichtigen Gründen" wiederhergestellt werden, wie das in Art.
256c Abs. 3 (Anfechtung der Vaterschaftsvermutung des Ehemannes), in Art.
260c Abs. 3 (Anfechtung der Anerkennung) sowie in Art. 263 Abs. 3 ZGB
(Vaterschaftsklage) vorgesehen ist (vgl. dazu Hegnauer, Berner Kommentar,
1984, N. 9, N. 37 und N. 45 zu Art. 256c ZGB).
Nach der Rechtsprechung sind die Bestimmungen über die Wieder-herstellung der
Klagefrist restriktiv anzuwenden. Die Beurteilung der wichtigen Gründe, die
eine verspätete Anfechtung entschuldigen sollen, hat nach einem strengen
Massstab zu erfolgen, weil mit der Kindesrechtsrevision von 1976/78 die
Klagefristen grosszügig erweitert worden sind und deren Wiederherstellung aus
wichtigen Gründen in zeitlicher Hinsicht unbeschränkt zugelassen werden muss
(für Art. 260c Abs. 3 ZGB: Urteil des Bundesgerichts 5C.45/1994 vom 6. Juni
1994, E. 2, unter Hinweis auf Sager, Die Begründung des Kindesverhältnisses
zum Vater durch Anerkennung und seine Aufhebung, Diss. Zürich 1979, S. 183).
Wichtige Gründe zur verspäteten Klageeinreichung liegen unter anderem dann
vor, wenn der Kläger bis anhin keine zureichende Veranlassung zu Zweifeln an
seiner Vaterschaft und zur Anhebung der Anfechtungsklage hatte. Blosse
Zweifel ohne bestimmte Anhaltspunkte bilden indessen keine Grundlage zur
Anfechtungsklage mit ihren sehr strengen Anforderungen. Es geht nicht an,
einem Klageberechtigten die Klageerhebung zuzumuten, bevor er die
erforderlichen tatsächlichen Grundlagen zur Klage besitzt. Wohl können aber
die Umstände so liegen, dass der Kläger gehalten ist, sich über den
Tatbestand Gewissheit zu verschaffen, und dass das Unterlassen von
Abklärungen als unentschuldbar erscheint (zu aArt. 257 Abs. 3 bzw. dem
gleichlautenden Art. 256c Abs. 3 ZGB: BGE 91 II 153 E. 2 S. 155 und Urteil
des Bundesgerichts 5C.19/1992 vom 30. April 1992, E. 2).

Als wichtigen Grund im Sinne von Art. 260c Abs. 3 ZGB hatte der Kläger im
kantonalen Verfahren einen Irrtum über seine Vaterschaft behauptet (vgl. dazu
Hegnauer, N. 32 zu Art. 260c ZGB). Der Irrtum muss sich auf die Tatsache
beziehen, dass der Anerkennende in der Empfängniszeit als einziger der
Kindsmutter beigewohnt hat. Er liegt vor, wenn der Kläger Tatsachen nicht
kannte, die seine leibliche Vaterschaft ausschliessen oder ernsthafte Zweifel
daran zulassen. Der Irrtum ist hingegen unbeachtlich, wenn der Kläger das
Kind anerkannt hat, obgleich er wusste oder damit rechnete, dass die
Kindsmutter um die Empfängniszeit Dritten beigewohnt hatte (Stettler, Das
Kindes-recht, SPR III/2, Basel 1992, § 13/II/E/2 S. 206 f.; Hegnauer, N. 88
und N. 94-99 zu Art. 260a ZGB). Was der Kläger in einem bestimmten Zeitpunkt
wusste, stellt die kantonale Letztinstanz für das Bundesgericht - von hier
nicht erhobenen, ausnahmsweise zulässigen Sachverhaltsrügen abgesehen -
verbindlich fest (Art. 63 f. OG; BGE 119 II 110 E. 3a S. 112, betreffend die
Frist gemäss Art. 256c ZGB).

1.3 Das Obergericht hat einleitend den Standpunkt des Klägers dargelegt und
festgehalten, die Beiständin der Beklagten stelle die Sachvorbringen nicht in
Frage, ergänze aber immerhin, dass die Mutter der Beklagten um die Zeit der
Empfängnis mit Wissen des Klägers als Prostituierte gearbeitet habe. "Dass
sich die Mutter des Kindes mit Wissen des Klägers prostituierte" (E. 3a S.
4), hat das Obergericht alsdann in rechtlicher Hinsicht gewürdigt. Der Kläger
bestreitet in seiner Berufungsantwort, dass es sich bei der in
Anführungszeichen gesetzten Aussage um eine Tatsachenfeststellung handle; es
sei nicht sicher, ob das Obergericht den Nebensatz absichtlich mit "dass"
begonnen habe statt mit "falls" oder "wenn".

Der klägerische Einwand ist unbegründet. Abgesehen davon, dass im Urteil der
Indikativ - die sog. Wirklichkeitsform - verwendet wird ("mit Wissen des
Klägers prostituierte"), stehen die obergerichtlichen Ausführungen vor dem
Hintergrund der Vorbringen des Klägers, der in seiner kantonalen
Berufungsschrift dargelegt hat, die Kindsmutter habe sich vor und mit seinem
Wissen während der Schwangerschaft prostituiert. Dass das Obergericht den
zeitlichen Angaben nicht geglaubt hat, wonach die Kindsmutter gerade in der
kritischen Zeit mit keinen anderen Männern als mit dem Kläger geschlechtlich
verkehrt haben soll, ergibt sich ohne weiteres aus der Unbestimmtheit der
klägerischen Behauptungen, die zudem reichlich "konstruiert" anmuten (vgl.
act. 44, S. 7 ff. der kantonalen Berufungsschrift). In tatsächlicher Hinsicht
hat sich das Obergericht offenkundig auf die Darstellung der Beklagten
gestützt, dass die Kindsmutter um die Zeit der Empfängnis mit Wissen des
Klägers als Prostituierte gearbeitet hat. Dabei kann es für das Vorliegen des
behaupteten Irrtums letztlich nicht darauf ankommen, ob und allenfalls für
welche Zeitspanne sich die Kindsmutter gemäss ihren Zusicherungen nicht mehr
prostituiert haben soll. Entscheidend ist in rechtlicher Hinsicht, dass die
Kindsmutter regelmässig auch mit Dritten geschlechtlichen Umgang hatte und
der Kläger davon wusste. Er hat damit in Kauf genommen, dass er
möglicherweise nicht der Vater ist, und kann sich im Nachhinein nicht auf
später entdeckte Tatsachen berufen, die gegen seine Vaterschaft sprechen. Mit
Blick darauf ist von vornherein unerheblich, was der Kläger oder die
Kindsmutter bezüglich der Vaterschaft seinerzeit gehofft oder geglaubt haben
wollen.

Das Obergericht hat den Einwand der Beklagten, ihre Mutter habe sich mit
Wissen des Klägers prostituiert, deshalb verworfen, weil die Kindsmutter als
Prostituierte in aller Regel "geschützten" Verkehr  praktiziert haben dürfte,
was eine Empfängnis weitgehend ausschliesse. Da auch nach dieser Auffassung
ausnahmsweise "ungeschützter" Geschlechtsverkehr stattgefunden haben könnte
und selbst der "geschützte" Geschlechtsverkehr eine Schwangerschaft nicht
absolut ausschliessen dürfte, ändert sich nichts an der rechtlichen
Würdigung. Der Kläger hat vom Mehrverkehr der Kindesmutter gewusst und die
Beklagte trotz der Möglichkeit anerkannt, dass er nicht der Vater sein
könnte. Die erfolgreiche Berufung auf einen Irrtum über die Vaterschaft
erweist sich unter diesen Umständen als ausgeschlossen.

1.4 Das Obergericht hat weiter festgehalten, nach der Darstellung des Klägers
seien er und die Mutter der Beklagten jedenfalls anfänglich immer davon
ausgegangen, er sei der Vater. Nach der Trennung seien ihm erstmals Zweifel
gekommen, und er habe die Mutter der Beklagten ersucht, in einen
Vaterschaftstest einzuwilligen (E. 3a S. 4). Die Beklagte beruft sich in
einem Eventualstandpunkt auf diese Tatsachenfeststellung, die das Obergericht
in rechtlicher Hinsicht nicht bzw. zu wenig gewürdigt habe. In seiner
Berufungsantwort wendet der Kläger ein, es treffe zwar zu, dass er am 25.
September 1996 der Vormundschaftsbehörde zu Protokoll gegeben habe, er werde
einen Vaterschaftstest einleiten lassen, weil er und die Mutter der Beklagten
Anfang der Neunzigerjahre in wilden Verhältnissen gelebt hätten. Er habe
damals jedoch (noch) nicht an seiner Vaterschaft gezweifelt, sondern die
Kindsmutter nur deshalb um ihre Mitwirkung an einem Test gebeten, weil seine
Ehefrau die Klärung dieser Vaterschaft verlangt hätte.
Den Inhalt der Rechtsschriften und der Parteierklärungen im Prozess stellt
die kantonale Letztinstanz verbindlich fest (Art. 63 Abs. 2 OG; BGE 125 III
305 E. 2e Abs. 3 S. 311). Ob eine Prozesserklärung im kantonalen Verfahren
als Tatsachengeständnis ausgelegt werden darf, ist eine Frage des kantonalen
Rechts (Art. 43 OG; BGE 116 II 196 E. 3a S. 201). Die Vorbringen des Klägers,
die sich gegen die obergerichtliche Feststellung richten, dem Kläger seien
nach der Trennung (scil. 1996) erstmals Zweifel an seiner Vaterschaft
gekommen, sind deshalb unzulässig (Art. 55 Abs. 1 lit. c i.V.m. Art. 59 Abs.
3 OG). Das Bundesgericht muss insoweit darauf abstellen, dass der Kläger im
September 1996 erstmals an seiner Vaterschaft gezweifelt und die Mutter der
Beklagten ersucht hat, in einen Vaterschaftstest einzuwilligen.
Bei der geschilderten Sachlage ist der Einwand der Beklagten berechtigt, die
Umstände hätten bereits im September 1996 so gelegen, dass der Kläger
verpflichtet gewesen wäre, seine Zweifel an der eigenen Vaterschaft zu
beheben. Seine fehlenden Bemühungen, die Vaterschaft abzuklären, erscheinen
unter diesem Blickwinkel als unentschuldbar. Das Vorbringen des Klägers, er
habe im November 1998 einen Rechtsanwalt konsultiert (S. 10 der
Berufungsantwort), ist  - soweit zulässig - unbehelflich. Als er 1996 zu
zweifeln begonnen und seinen angeblichen Irrtum bemerkt hat, hätte der Kläger
nicht nochmals zwei Jahre damit zuwarten dürfen, einen Rechtsanwalt zu
konsultieren. Er hätte sich vielmehr mit aller nach den Umständen möglichen
Beschleunigung um eine Klärung der Verhältnisse - sei es aussergerichtlich
oder gerichtlich - bemühen müssen. Dass er sofort nach dem Auftauchen erster
Zweifel im September 1996 in dieser Richtung irgendetwas unternommen hätte,
wird weder im obergerichtlichen Urteil festgestellt noch vom Kläger in seiner
Berufungsantwort behauptet (vgl. zum Mass der Verspätung: Hegnauer, N. 33 zu
Art. 260c i.V.m. N. 59 zu Art. 256c ZGB, mit Nachweisen). Bei diesem Ergebnis
wird auch bedeutungslos, ob seinem im Jahre 2001 beigezogenen Rechtsanwalt
ein Fehler unterlaufen ist.

1.5 Aus den dargelegten Gründen hat das Obergericht Bundesrecht verletzt,
indem es die Klagefrist in Anwendung von Art. 260c Abs. 3 ZGB
wiederhergestellt hat. Die Berufung muss gutgeheissen und die Klage
abgewiesen werden, wie die Beklagte das sinngemäss beantragt. Zu einer
weitergehenden Feststellung, dass der Kläger der Vater der Beklagten sei,
besteht kein Grund. Bei der Anfechtung der Anerkennung handelt es sich um
eine negative Gestaltungsklage, deren Gutheissung das bestehende
Kindesverhältnis zum Vater rückwirkend aufhebt (Hegnauer, N. 56 und N. 118 zu
Art. 260a ZGB). Die Abweisung der Anfechtungsklage belässt das väterliche
Kindesverhältnis, wie es ist, so dass diesbezüglich auch nichts festzustellen
ist.

2.
Für den Gutheissungsfall beantragt der Kläger in seiner Berufungs-antwort,
die Sache an das Obergericht zurückzuweisen zur Klärung der
sozialpsychologischen Beziehung der Beklagten mit dem Kläger und ihrer
persönlichen Einstellung zur Klage, nötigenfalls auch zur Klärung ihrer
Urteilsfähigkeit für eine persönliche Stellungnahme zur Klage. Es kann
dahingestellt bleiben, ob der Kläger einen solchen - über die blosse
Abweisung der Berufung hinausgehenden - Antrag stellen darf, ohne formell
(Eventual-)Anschlussberufung zu erheben (vgl. dazu Scyboz, Le recours en
réforme au Tribunal fédéral, SAV Bd. 15, Bern 1997, S. 7 ff., S. 53/54).

Der Antrag steht offenbar vor dem Hintergrund der Frage, inwiefern das
Interesse einer der Parteien an der Anfechtung der Anerkennung eine
verspätete Klageerhebung zu entschuldigen vermöge. Überwiegt das Interesse
des Klägers an der Zulassung der Klage das gegenteilige Interesse der
Beklagten eindeutig, kann sich die Annahme eines wichtigen Grundes unter
Umständen rechtfertigen, die sonst hiefür nicht ausreichen würden. Dasselbe
darf angenommen werden, wenn auch das Kind an der Klage des Anerkennenden
interessiert ist (vgl. dazu Hegnauer, N. 61 zu Art. 256c und N. 34 zu Art.
260c ZGB). Das Obergericht hat dazu lediglich festgehalten, die
Zuverlässigkeit, mit der heute eine Vaterschaft nachgewiesen oder
ausgeschlossen werden könne, sei ein Grund dafür, dass wenn immer prozessual
möglich Wirklichkeit und Rechtslage in Übereinstimmung gebracht werden
sollten; es könne auch im wohlverstandenen Interesse des Kindes liegen, dass
ein naturwissenschaftlich ausgeschlossenes Kindesverhältnis beseitigt werde
(E. 3b S. 7).

Der obergerichtliche Standpunkt überzeugt nicht. Die Rechtsprechung verlangt
eine Interessenabwägung, ob die Anfechtung des Kindesverhältnisses oder
dessen Fortdauer für das Kind vorteilhaft ist (BGE 121 III 1 E. 2c S. 4).
Dabei wäre hier in Rechnung zu stellen, dass die Beklagte durch die
Anfechtung jedenfalls vorläufig vaterlos würde und jeglichen
Unterhaltsanspruch gegen den Kläger verlöre. Die Zulassung der verspäteten
Klage liegt insoweit offensichtlich nicht im Interesse des Kindes, so dass es
sich erübrigt auf die klägerischen Ausführungen zu den sozialpsychischen
Aspekten der Anfechtung einzugehen (vgl. dazu Hegnauer, Zur Beistandschaft
für das Kind im Anfechtungsprozess, ZVW 50/1995 S. 213 ff.). Interessen des
Klägers, die die gegenteiligen Interessen der Beklagten zudem überwiegen
müssten, sind dem obergerichtlichen Urteil nicht entnehmbar, noch werden sie
vom Kläger behauptet.

3.
Bei diesem Verfahrensausgang wird der Kläger kosten- und
entschädigungspflichtig (Art. 156 Abs. 1 und Art. 159 Abs. 2 OG).

Dem Gesuch des Klägers um unentgeltliche Rechtspflege kann entsprochen
werden. Die eingereichten Unterlagen weisen seine Bedürftigkeit aus und als
Berufungsbeklagtem kann ihm die Aussichtslosigkeit des gestellten
Rechtsbegehrens nicht entgegengehalten werden, zu dessen Erhebung und
Begründung er fraglos auf anwaltliche Hilfestellung angewiesen gewesen ist
(Geiser, Grundlagen, in: Prozessieren vor Bundesgericht, 2.A. Basel 1998, N.
1.42 S. 21 f. und S. 23). Das Gesuch der Beklagten um unentgeltliche
Rechtspflege ist gegenstandslos geworden, soweit es die Befreiung von den
Gerichtskosten betrifft, hingegen nicht, was die Bestellung eines
unentgeltlichen Rechtsbeistands angeht. Zwar wird der obsiegenden Beklagten
eine Parteientschädigung zugesprochen. Falls diese sich aber als
uneinbringlich erweisen sollte, wäre der unentgeltliche Rechtsbeistand aus
der Bundesgerichtskasse zu entschädigen (Art. 152 Abs. 2 OG; BGE 122 I 322
Nr. 41). Die Voraussetzungen der unentgeltlichen Rechtspflege sind auch auf
Seiten der Beklagten erfüllt; es ist nicht davon auszugehen, dass die
Sozialdienste des Amtsbezirks Interlaken über einen Rechtsdienst verfügen,
der die Interessen der Beklagten vor Bundesgericht wahrnehmen könnte und den
Beizug eines Rechtsanwalts unnötig machte. Unter dem Vorbehalt der
Uneinbringlichkeit ist dem unentgeltlichen Rechtsbeistand der Beklagten eine
um einen Drittel reduzierte Entschädigung (Art. 9 des Tarifs über die
Entschädigungen an die Gegenpartei für das Verfahren vor dem Bundesgericht,
SR 173.119.1) aus der Bundesgerichtskasse zuzusprechen.

Eine Rückweisung der Sache zur Neuverlegung der Kosten- und
Entschädigungsfolgen des kantonalen Verfahrens (Art. 157 und Art. 159 Abs. 6
OG) kann unterbleiben, da die im Anfechtungsprozess obsiegende Beklagte keine
kantonalen Gerichtskosten zu tragen hat, vor erster Instanz auf eine
Prozessentschädigung verzichtet und am kantonalen Berufungsverfahren nicht
teilgenommen hat.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Berufung wird gutgeheissen, Dispositiv-Ziffer 1 des Urteils des
Obergerichts des Kantons Zürich, II. Zivilkammer, vom 29. April 2003
aufgehoben, und die Klage abgewiesen.

2.
Das Gesuch des Klägers um unentgeltliche Rechtspflege wird gutgeheissen, und
es wird ihm Rechtsanwalt Dr. Peter Albrecht, Konkordiastrasse 20, Postfach
156, 8030 Zürich, als amtlicher Vertreter bestellt. Das Gesuch der Beklagten
um unentgeltliche Rechtspflege wird gutgeheissen, soweit es nicht
gegenstandslos geworden ist, und es wird ihr Fürsprecher Urs Mosimann,
Marktgasse 18, Postfach, 3605 Thun, als amtlicher Vertreter bestellt.

3.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird dem Kläger auferlegt, einstweilen
aber auf die Bundesgerichtskasse genommen.

4.
Der Kläger hat die Beklagte für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr.
3'000.-- zu entschädigen. Für den Fall der Uneinbringlichkeit der
Parteientschädigung wird Fürsprecher Urs Mosimann, Marktgasse 18, Postfach,
3605 Thun, aus der Bundesgerichtskasse ein Honorar von Fr. 2'000.--
ausgerichtet.

5.
Rechtsanwalt Dr. Peter Albrecht, Konkordiastrasse 20, Postfach 156, 8030
Zürich, wird aus der Bundesgerichtskasse ein Honorar von Fr. 2'000.--
ausgerichtet.

6.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, II.
Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 14. Oktober 2003

Im Namen der II. Zivilabteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Das präsidierende Mitglied:  Der Gerichtsschreiber: