Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung 2P.72/2003
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2P.72/2003 /leb

Urteil vom 3. Juli 2003
II. Öffentlichrechtliche Abteilung

Bundesrichter Wurzburger, Präsident,
Bundesrichter Hungerbühler, Müller,
Gerichtsschreiber Fux.

A. ________,
Beschwerdeführer, vertreten durch Fürsprecher
Dr. Guido Fischer, Frey-Herosé-Strasse 20, Postfach, 5001 Aarau,

gegen

Departement Bildung, Kultur und Sport des Kantons Aargau, Regierungsgebäude,
5000 Aarau,
Personalrekursgericht des Kantons Aargau,
5000 Aarau.

Art. 8 Abs. 1 BV (Lohnforderung),

Staatsrechtliche Beschwerde gegen das Urteil des Personalrekursgerichts des
Kantons Aargau vom

21. Januar 2003.

Sachverhalt:

A.
A. ________ besitzt seit 1994 das aargauische Lehrpatent für Primar- und
Realschulen. Seit mehreren Jahren unterrichtet er an der Realschule in
Möhlin.
Im Kanton Aargau dauerte die Ausbildung von Sekundarlehrern ursprünglich
länger als diejenige von Reallehrern. Auf den 1. März 1994 wurden die
Lehrgänge für Sekundar- und Reallehrer zusammengeführt und die
Diplomprüfungen auf den Abschluss des ersten Ausbildungslehrgangs nach neuer
Ordnung per 1. Juli 1998 vereinheitlicht (sog. SEREAL-Ausbildung). Aufgrund
einer entsprechenden Änderung der Besoldungsordnung durch den Grossen Rat des
Kantons Aargau erhielten alle Lehrkräfte mit einer SEREAL-Ausbildung auf den
1. August 1999 gleich viel Lohn, unabhängig davon, ob sie auf Sekundar- oder
Realschulstufe unterrichteten. Auf den 1. August 2001 wurden die Löhne der
Reallehrer mit altrechtlicher Ausbildung denjenigen der Lehrkräfte mit
SEREAL-Ausbildung angeglichen (Beschluss des Grossen Rates vom 26. Juni
2001).

B.
A.________ reichte am 19. April 2002 beim Verwaltungsgericht des Kantons
Aargau Klage gegen den Kanton ein und verlangte für die Zeit vom 1. August
1999 bis zum 31. Juli 2001 sinngemäss die Nachzahlung der Lohndifferenz zum
sog. SEREAL-Lohn.
Ein Meinungsaustausch im Kanton ergab, dass die Streitsache vorerst auf dem
Verfügungsweg zu entscheiden sei und anschliessend mit einer Sprungbeschwerde
(unter Ausschluss des verwaltungsinternen Beschwerdeverfahrens vor dem
Regierungsrat) direkt an das Personalrekursgericht des Kantons Aargau
weitergezogen werden könne. Daraufhin verfügte das Departement Bildung,
Kultur und Sport des Kantons Aargau am 19. Juni 2002, dass A.________
dekretskonform besoldet worden sei und ihm für seine Tätigkeit als Reallehrer
vom 1. August 1999 bis 31. Juli 2001 keine weiteren Lohnzahlungen mehr
zustünden. In der Folge nahm das Personalrekursgericht die Eingabe vom 19.
April 2002 als Beschwerde entgegen und wies diese am 21. Januar 2003 ab.

C.
A.________ hat am 17. März 2003 staatsrechtliche Beschwerde an das
Bundesgericht erhoben mit dem Antrag, das Urteil des Personalrekursgerichts
vom 21. Januar 2003 aufzuheben. Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung des
Gleichbehandlungsgebots gemäss Art. 8 Abs. 1 BV sowie des Willkürverbots
(Art. 9 BV).
Das Departement Bildung, Kultur und Sport wie auch das Personalrekursgericht
schliessen auf Abweisung der Beschwerde.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Das angefochtene Urteil ist ein letztinstanzlicher, in Anwendung von
kantonalem Recht ergangener Endentscheid. Die behauptete Rechtsverletzung
kann auf Bundesebene nur mit staatsrechtlicher Beschwerde geltend gemacht
werden. Damit sind die Eintretensvoraussetzungen gemäss Art. 84 Abs. 2, Art.
86 Abs. 1 und Art. 87 OG erfüllt. Der Beschwerdeführer, der als
öffentlichrechtlich angestellter Lehrer eine rechtsungleiche Besoldung rügt,
ist zur Beschwerde legitimiert (Art. 88 OG). Auf die frist- und formgerecht
erhobene Beschwerde ist einzutreten.

2.
2.1 Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung des Gleichbehandlungsgebots von
Art. 8 Abs. 1 BV, weil er als Reallehrer mit altrechtlicher Ausbildung in der
Zeit vom 1. August 1999 bis 31. Juli 2001 einen tieferen Lohn erhalten habe
als Reallehrer mit SEREAL-Ausbildung. Die unterschiedliche Entlöhnung beruhe
in Wirklichkeit auf marktwirtschaftlichen und damit finanziellen Gründen. Das
Kriterium der Ausbildung sei lediglich vorgeschoben, denn heute würden beide
Kategorien von Lehrpersonen gleich entlöhnt, obwohl sich an der
Ausbildungssituation nichts geändert habe. Dass er, der Beschwerdeführer,
tiefer besoldet worden sei als SEREAL-Absolventen, die über "genau dieselbe
Wählbarkeit" verfügten, sei zudem willkürlich und verstosse gegen den im
aargauischen Lehrerbesoldungssystem geltenden Grundsatz des Stufenlohnes. In
seinem Fall sei die Ungleichheit auch deshalb ungerecht und unhaltbar, weil
er keine Möglichkeit gehabt habe, sich die SEREAL-Ausbildung anzueignen, um
den in der fraglichen Zeit geltenden höheren Lohn zu verdienen. Diese
Ungerechtigkeit erscheine noch krasser, weil der Regierungsrat ursprünglich
als gerechtfertigt erachtet habe, die Löhne aller Reallehrer auf den
Zeitpunkt der ersten SEREAL-Diplomierung denjenigen der Sekundarlehrer
anzupassen, und er somit vollumfänglich auf eine Zusicherung des
Regierungsrats habe vertrauen dürfen.

2.2
Art. 8 Abs. 1 BV verlangt, dass im öffentlichen Dienstrecht gleichwertige
Arbeit gleich entlöhnt wird. Das Bundesgericht hat freilich den politischen
Behörden einen grossen Spielraum in der Ausgestaltung von Besoldungsordnungen
zugestanden. Ob verschiedene Tätigkeiten als gleichwertig zu betrachten sind,
hängt von Beurteilungen ab, die unterschiedlich ausfallen können. Innerhalb
der Grenzen des Willkürverbots und des Rechtsgleichheitsgebots sind die
Behörden befugt, aus der Vielzahl denkbarer Anknüpfungspunkte die
Tatbestandsmerkmale auszuwählen, die für die Besoldung von Beamten massgebend
sein sollen (zur amtlichen Publikation bestimmtes Urteil 2P.214/2002 vom 19.
März 2003, E. 3.2 mit Hinweisen). Verfassungsrechtlich ist nicht verlangt,
dass die Besoldung allein nach der Qualität der geleisteten Arbeit bzw. den
tatsächlich gestellten Anforderungen bestimmt werden dürfe. So hat das
Bundesgericht (unter dem Gesichtspunkt des Lohngleichheitsgebots gemäss Art.
4 aBV) Besoldungsunterschiede, die auf objektive Motive wie Alter,
Dienstalter, Familienlasten, Qualifikation, Art und Dauer der Ausbildung,
Arbeitszeit oder übernommene Verantwortlichkeiten zurückzuführen sind, als
verfassungsrechtlich zulässig beurteilt (BGE 124 II 436 E. 7a S. 440 f. mit
Hinweisen. Zu den Lohndifferenzen, die als verfassungsrechtlich haltbar
anerkannt wurden, siehe die Kasuistik im erwähnten Urteil 2P.214/2002 vom 19.
März 2003, a.a.O.). Es kann dem Gesetzgeber auch nicht verwehrt sein,
aufgrund einer politischen Neubeurteilung die massgebenden
Tatbestandselemente anders als bisher festzulegen, solange er sich dabei an
sachliche Überlegungen hält (vgl. Urteil 2P.463/1996 vom 16. März 1998, E. 2b
mit Hinweisen).
Bei der Beurteilung von Besoldungsfragen übt das Bundesgericht eine gewisse
Zurückhaltung und greift von Verfassungs wegen bloss ein, wenn der Kanton mit
den Unterscheidungen, die er trifft, eine Grenze zieht, die sich nicht
vernünftig begründen lässt, die unhaltbar und damit in den meisten Fällen
auch geradezu willkürlich ist (erwähntes Urteil 2P.214/2002 vom 19. März
2003, a.a.O.).
2.3
2.3.1Das Personalrekursgericht vertritt die Auffassung, die ungleiche
Entlöhnung von Reallehrern mit altrechtlicher Ausbildung und solchen mit
SEREAL-Ausbildung lasse sich grundsätzlich durch sachliche Gründe, namentlich
durch die unterschiedliche Ausbildung rechtfertigen. Der Beschwerdeführer
wendet dagegen ein, das geltende Recht stelle für die Besoldung nicht auf die
Ausbildung ab, sondern auf die Schulstufe und das entsprechende
Wählbarkeitszeugnis. Die "rechtliche Feststellung" des
Personalrekursgerichts, wonach das System der Lehrerbesoldung nicht
unerheblich vom Kriterium der Ausbildung geprägt sei, sei "nicht richtig bzw.
willkürlich" und verletze einen "klaren aargauischen Rechtssatz in sehr
krasser Weise".

2.3.2 Die Rüge genügt den Begründungsanforderungen von Art. 90 Abs. 1 lit. b
OG nicht (vgl. BGE 110 Ia 1 E. 2a S. 3 f.). Abgesehen davon kann von einer
unrichtigen oder gar willkürlichen Auslegung oder Anwendung des kantonalen
Rechts keine Rede sein (vgl. zum Willkürbegriff BGE 127 I 54 E. 2b S. 56 mit
Hinweisen). Wie im angefochtenen Urteil unter Hinweis auf die einschlägigen
Besoldungsdekrete aufgezeigt wird, hängt etwa die Entlöhnung der
Instrumentallehrkräfte stark von der Ausbildung ab. Weiter erhalten
Lehrkräfte an Bezirksschulen deshalb einen höheren Lohn als Sekundar- und
Realschullehrer, weil sie eine andere Ausbildung vorzuweisen haben. Ferner
sieht das Besoldungsdekret Lohnkürzungen für den Fall vor, dass eine
Lehrkraft an einer Schulstufe unterrichtet, für die sie die nötige Ausbildung
nicht besitzt; auch aus diesem Umstand durfte das Personalrekursgericht
willkürfrei schliessen, dass der Ausbildung - jedenfalls nach geltendem Recht
- sehr wohl Bedeutung für die Besoldung zukomme. Der Beschwerdeführer
vermengt die Fragen der Wählbarkeit und der Entlöhnung und geht damit von
unzutreffenden Voraussetzungen aus.

2.4 Unbestritten ist, dass zwischen der altrechtlichen Reallehrerausbildung
und der SEREAL-Ausbildung erhebliche Unterschiede bestehen. Die altrechtliche
Ausbildung dauerte vier Semester (an der Höheren Pädagogischen Lehranstalt),
während der SEREAL-Lehrgang drei Schuljahre (am Didaktikum für
Oberstufenlehrkräfte), ein Einführungsjahr, einen Sprachaufenthalt sowie ein
Wirtschaftspraktikum umfasst. Nach ebenfalls unbestrittener Feststellung im
angefochtenen Urteil unterscheidet sich die SEREAL-Ausbildung auch in
qualitativer Hinsicht von der altrechtlichen, indem insbesondere den
didaktischen Fächern ein stärkeres Gewicht zukommt und nunmehr alle Fächer
unterrichtet werden können. Nach der oben dargestellten Rechtsprechung ist es
verfassungsrechtlich grundsätzlich zulässig, solche Unterschiede in Art und
Dauer der Ausbildung bei der Besoldung zu berücksichtigen. Wenn der
aargauische Gesetzgeber Reallehrer mit der besseren (SEREAL-)Ausbildung
während der fraglichen Zeit (1. August 1999 - 31. Juli 2001) höher entlöhnte
als solche mit altrechtlicher Ausbildung, so verletzte er deshalb weder das
Gleichbehandlungsgebot noch das Willkürverbot. Im Fall des Beschwerdeführers
betrug der Lohnunterschied nach dessen eigenen Angaben rund 6,5% - 7%, was
jedenfalls im Rahmen des Zulässigen liegt.

2.5 In der Beschwerde wird nichts vorgebracht, was im konkreten Fall zu einer
anderen Beurteilung führen würde. Wohl trifft zu, dass der Regierungsrat
ursprünglich auch die Löhne der Reallehrer mit altrechtlicher Ausbildung auf
den Zeitpunkt der ersten SEREAL-Diplomierung hin denjenigen der
Sekundarlehrer anpassen wollte. Eine Zusicherung im Sinn einer
Vertrauensgrundlage kann in dieser Absichtserklärung jedoch nicht erblickt
werden; zudem könnte der Beschwerdeführer daraus schon deshalb nichts zu
seinen Gunsten ableiten, weil für die notwendige Änderung der
Besoldungsdekrete nicht der Regierungsrat, sondern der Grosse Rat zuständig
ist (zu den Voraussetzungen des Vertrauensschutzes nach Art. 9 BV vgl. das
erwähnte Urteil 2P.214/2002 vom 19. März 2003, E. 4.1 mit Hinweisen). Dass
der Lohn der altrechtlich ausgebildeten Reallehrer aus marktwirtschaftlichen
Überlegungen nachträglich ebenfalls angepasst wurde und die kritisierten
Besoldungsunterschiede seither nicht mehr bestehen, lässt die bis dahin
geltende Regelung nicht als verfassungswidrig erscheinen. Deren
Verfassungskonformität wird schliesslich von der Frage, wie die umstrittene
Lohndifferenz unter dem zukünftigen Recht zu beurteilen wäre, nicht berührt
(vgl. angefochtenes Urteil, S. 16).

3.
Die staatsrechtliche Beschwerde erweist sich nach dem Gesagten als
unbegründet und ist abzuweisen. Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind die
Gerichtskosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 156 Abs. 1 in
Verbindung mit Art. 153 und Art. 153a OG). Es ist keine Parteientschädigung
zuzusprechen (Art. 159 OG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die staatsrechtliche Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten
ist.

2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Departement Bildung, Kultur und
Sport des Kantons Aargau und dem Personalrekursgericht des Kantons Aargau
schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 3. Juli 2003

Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Der Gerichtsschreiber: