Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung 2P.32/2003
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2P.32/2003 /bie

Urteil vom 18. Februar 2003
II. Öffentlichrechtliche Abteilung

Bundesrichter Wurzburger, Präsident,
Bundesrichter Hungerbühler, Merkli,
Gerichtsschreiber Feller.

Einwohnergemeinde Trimbach, 4632 Trimbach,
Beschwerdeführerin, vertreten durch Fürsprech Peter Meier, Schmiedengasse 33,
5012 Schönenwerd,

gegen

Finanz-Departement des Kantons Solothurn,
Rathaus, 4509 Solothurn,
Finanzausgleichs-Rekurskommission des Kantons Solothurn, c/o Barbara Müller,
Hasenmattweg 5, 4515 Oberdorf SO.

Art. 9 und 50 BV (Finanzausgleich),

Staatsrechtliche Beschwerde gegen das Urteil der
Finanzausgleichs-Rekurskommission des Kantons Solothurn vom 21. November
2002.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Mit Verfügung vom 28. März 2000 setzte das Finanzdepartement des Kantons
Solothurn den im Rahmen des Finanzausgleichs an die Einwohnergemeinde
Trimbach zu entrichtenden Beitrag für das Jahr 2000 auf Fr. 289'585.-- fest.
Vom ursprünglich errechneten Betrag von Fr. 1'669'300.-- wurden Abzüge
vorgenommen, um den Umstand zu berücksichtigen, dass während Jahren
übermässig hohe Steuerrückstellungen (Gesamtbetrag von über 4 Mio Franken)
vorgenommen worden waren. Das Finanzdepartement stützte sich dabei auf § 73
Abs. 1 lit. c des solothurnischen Gesetzes vom 2. Dezember 1984 über den
direkten Finanzausgleich (Finanzausgleichsgesetz, FAG), wonach das
Finanzdepartement befugt ist, den von ihm errechneten Beitrag an eine
Gemeinde zu kürzen, falls die Gemeinde die gesetzlichen Vorschriften über den
Gemeindehaushalt und das Rechnungswesen der Gemeinden nicht befolgt. Das
Finanzdepartement wies die gegen seine Verfügung erhobene Einsprache am 30.
August 2000 ab. Die Einwohnergemeinde Trimbach erhob gegen diesen
Einspracheentscheid Beschwerde an die Finanzausgleichs-Rekurskommission des
Kantons Solothurn. Diese wies die Beschwerde am 21. November 2002 ab.

Mit staatsrechtlicher Beschwerde vom 5. Februar 2003 beantragt die
Einwohnergemeinde Trimbach dem Bundesgericht, das Urteil der
Finanzausgleichs-Rekurskommission vom 21. November 2002 aufzuheben und (die
Sache) zur Neubeurteilung an diese zurückzuweisen.

Es ist weder ein Schriftenwechsel angeordnet, noch sind die kantonalen Akten
eingeholt worden.

2.
Die Beschwerdeführerin rügt die Verletzung des Willkürverbots (Art. 9 BV) und
der ihr gemäss Art. 50 BV zustehenden Gemeindeautonomie.

2.1 Die staatsrechtliche Beschwerde ist ein Rechtsmittel zum Schutze der
Träger verfassungsmässiger Rechte gegen Übergriffe der Staatsgewalt. Solche
Rechte stehen grundsätzlich nur Privaten zu, nicht dagegen dem Gemeinwesen
als Inhaber hoheitlicher Gewalt (BGE 121 I 218 E. 2a S. 219 f.).

Eine Ausnahme gilt für Gemeinden und andere öffentlichrechtliche
Körperschaften, wenn sie nicht hoheitlich auftreten, sondern durch einen
staatlichen Akt gleich wie eine Privatperson betroffen werden (BGE 121 I 218
E. 2a S. 219 f.). Ausserdem können sich Gemeinden und andere
öffentlichrechtliche Körperschaften mit staatsrechtlicher Beschwerde gegen
eine Verletzung ihrer durch das kantonale Recht gewährleisteten Autonomie zur
Wehr setzen (BGE 128 I 3 E. 1c S. 7, mit Hinweisen).

2.2 Eine Gemeinde ist nicht schon dann wie eine Privatperson zur
staatsrechtlichen Beschwerde legitimiert, wenn ihre vermögensrechtlichen
Interessen im Spiele stehen. Voraussetzung für die Beschwerdelegitimation ist
vielmehr, dass sie sich entweder auf dem Boden des Privatrechts bewegt oder
sonstwie im streitigen Rechtsverhältnis als ein einem Bürger gleichgeordnetes
Rechtssubjekt auftritt (BGE 119 Ia 214 E. 1a S. 216; Urteil 2P.302/1993 vom
8. Juni 1995 E. 2c/bb).

Der Beschluss über die in den Finanzausgleichsfonds zu leistenden oder aus
diesem zu beziehenden Beiträge trifft eine Gemeinde, auch wenn sie in
finanziellen Interessen berührt wird, nicht gleich oder ähnlich wie einen
Privaten. Der interkommunale Finanzausgleich, welcher einen Ausgleich
zwischen finanzstarken und finanzschwachen Gemeinden im Hinblick auf die
durch die Gemeinden in ihrer Eigenschaft als Hoheitsträger zu erfüllenden
Aufgaben schaffen soll, richtet sich nach kantonalem öffentlichen Recht;
durch entsprechende Entscheide kantonaler Behörden sind die Gemeinden in
ihrer spezifischen Stellung als öffentliche Gemeinwesen betroffen, und sie
können sich dagegen nicht auf verfassungsmässige Individualrechte berufen
(BGE 119 Ia 214 E. 1b S. 216; Urteil 2P.302/1993 vom 8. Juni 1995 E. 2c/bb).

2.3
2.3.1Da das angefochtene Urteil in Anwendung der Normen über den
interkommunalen Finanzausgleich erging, ist die Beschwerdeführerin nach dem
Gesagten in ihrer hoheitlichen Stellung betroffen, und sie ist zur
staatsrechtlichen Beschwerde wegen Verletzung ihrer Gemeindeautonomie befugt.
Ob ihr im betreffenden Bereich eine geschützte Autonomie zusteht, ist nicht
eine Frage des Eintretens, sondern der materiellen Beurteilung (BGE 128 I 3
E. 1c S. 7, 136 E. 1.2 S. 139, mit Hinweisen). Eintretensfrage bleibt aber,
ob die Rüge, die Gemeindeautonomie sei verletzt, in einer den Anforderungen
von Art. 90 Abs. 1 lit. b OG genügenden Weise begründet worden ist.

2.3.2 Art. 50 Abs. 1 BV gewährleistet die Gemeindeautonomie nach Massgabe des
kantonalen Rechts. Auch unter dem Geltungsbereich der neuen Bundesverfassung
bleibt es Sache der Kantone zu bestimmen, ob und in welchem Umfang den
Gemeinden Autonomie eingeräumt wird; anzuknüpfen ist folglich am Begriff der
Autonomie gemäss bisheriger ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichts (BGE
128 I 3 E. 2a S. 7 f.). Danach ist eine Gemeinde in einem Sachbereich
autonom, wenn das kantonale Recht diesen nicht abschliessend ordnet, sondern
ihn ganz oder teilweise der Gemeinde zur Regelung überlässt und ihr dabei
eine relativ erhebliche Entscheidungsfreiheit einräumt. Der geschützte
Autonomiebereich kann sich auf die Befugnis zum Erlass oder Vollzug eigener
kommunaler Vorschriften beziehen oder einen entsprechenden Spielraum bei der
Anwendung des kantonalen oder eidgenössischen Rechts betreffen. Der Schutz
der Gemeindeautonomie setzt eine solche nicht in einem ganzen
Aufgabenbereich, sondern lediglich im streitigen Bereich voraus (BGE 128 I 3
E. 2a S. 8, mit zahlreichen Hinweisen).

2.3.3 Die Finanzausgleichsgesetzgebungen der Kantone und die gestützt darauf
ergehenden Entscheidungen über Beiträge und Abgaben richten sich in der Regel
einzig an die in das Finanzausgleichssystem einbezogenen Gemeinden. Die
Handhabung der massgeblichen Vorschriften obliegt aber nicht den Gemeinden,
sondern Organen des Kantons. Bei der Festlegung von Ausgleichsleistungen
können die einzelnen Gemeinden und ihre Behörden von der Sache her kein
Selbstbestimmungsrecht für sich beanspruchen; es geht, ähnlich wie bei der
Abgrenzung der Steuerhoheit zwischen den Gemeinden, um einen
Interessenkonflikt zwischen einander gleichgeordneten Rechtssubjekten, dessen
verbindliche Regelung naturgemäss einem übergeordneten kantonalen Organ
vorbehalten sein muss und nicht in den Autonomiebereich der einzelnen
Gemeinden fallen kann (BGE 119 Ia 214 zum Zürcher Finanzausgleichsgesetz;
vgl. ferner Urteile 2P.388/1997 vom 28. Dezember 1998 und 2P.134/1997 vom 30.
März 1998 betreffend die Verpflichtung von Gemeinden, sich entsprechend ihrer
Finanzkraft an der Sanierung der Kantonsfinanzen zu beteiligen). Eine
geschützte Autonomie könnte höchstens soweit bestehen, als der Kanton den
Vollzug des Finanzausgleichs in bestimmten Punkten, etwa bezüglich der
Modalitäten der Verwendung erhaltener Beiträge, bewusst den beteiligten
Gemeinden überlässt und deren diesbezügliche Gestaltungsfreiheit alsdann zu
respektieren hätte; beim blossen Entscheid über die Festlegung des jährlichen
Beitrags könnte dieser Aspekt aber ohnehin keine Rolle spielen. Die Natur des
Finanzausgleichs bringt es schliesslich mit sich, dass der Kanton im Hinblick
auf die Bemessung von Finanzausgleichsbeiträgen in gewisser Weise durchaus
eine Kontrolle über das Finanzgebaren der Gemeinden ausüben kann, selbst wenn
diese ansonsten diesbezüglich autonom sein mögen (Urteil 2P.314/1995 vom 27.
Dezember 1995 E. 2c/aa).
Die Beschwerdeführerin zeigt nicht auf, dass das kantonale Recht den
solothurnischen Gemeinden im Bereich des solothurnischen
Finanzausgleichsgesetzes gerade im Hinblick auf die Festsetzung der
Ausgleichsbeiträge eine gewisse Autonomie einräumen würde. Nichts ableiten
kann sie aus § 137 des solothurnischen Gemeindegesetzes vom 16. Februar 1992
(GG). Wenn darin bestimmt wird, dass das Rechnungswesen eine klare,
vollständige und wahrheitsgetreue Übersicht über den Finanzhaushalt zu
vermitteln habe, kann zwar allenfalls angenommen werden, dass den Gemeinden
bei der konkreten Augestaltung ihres Rechnungswesens gewisse Freiheiten
zukommen. Indessen hat der für den interkommunalen Finanzausgleich
verantwortliche Kanton dafür zu sorgen, dass die für die Bemessung der
Ausgleichsbeträge ausschlaggebende Finanzkraft der Gemeinden nach
einheitlichen Kriterien ermittelt wird. Indem das Finanzdepartement in
Berücksichtigung der durch die in den zurückliegenden Jahren vorgenommenen
Steuerrückstellungen gebildeten Reserven eine Korrektur des an die
Beschwerdeführerin auszurichtenden Finanzbeitrags vornahm, hat es nicht in
deren Autonomie eingegriffen.
Soweit die Autonomierüge überhaupt in einer den Anforderungen von Art. 90
Abs. 1 lit. b OG genügenden Weise vorgetragen worden ist, erweist sie sich
als offensichtlich unbegründet.

2.4 Die staatsrechtliche Beschwerde ist im vereinfachten Verfahren (Art. 36a
OG) abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist.

Entsprechend dem Verfahrensausgang sind die bundesgerichtlichen Kosten der in
ihren Vermögensinteressen betroffenen Beschwerdeführerin (vgl. Art. 156 Abs.
2 OG e contrario) aufzuerlegen (Art. 156 in Verbindung mit Art. 153 und 153a
OG).

Demnach erkennt das Bundesgericht

im Verfahren nach Art. 36a OG:

1.
Die staatsrechtliche Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten
ist.

2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 1'500.-- wird der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin sowie dem Finanzdepartement und der
Finanzausgleichs-Rekurskommission des Kantons Solothurn schriftlich
mitgeteilt.

Lausanne, 18. Februar 2003

Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: