Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung 2P.215/2003
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2P.215/2003 /kil

Urteil vom 22. August 2003
II. Öffentlichrechtliche Abteilung

Bundesrichter Wurzburger, Präsident,
Bundesrichter Hungerbühler, Müller,
Gerichtsschreiber Feller.

A. und B.________,
Beschwerdeführer,

gegen

Ausgleichskasse des Kantons Solothurn,
Postfach 116, 4501 Solothurn,
Versicherungsgericht des Kantons Solothurn, Amthaus 1, 4502 Solothurn.

Art. 9 BV (Kinderzulagen für C.________, D.________ und E.________),

Staatsrechtliche Beschwerde gegen das Urteil des Versicherungsgerichts des
Kantons Solothurn vom 30. April 2003.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Die Eheleute A. und B.________ ersuchten die Ausgleichskasse des Kantons
Solothurn um Ausrichtung von Kinderzulagen für die Kinder C.________ (geb.
2002), D.________ (geb. 1994) und E.________ (geb. 1993) an. Die
Ausgleichskasse wies das Gesuch von B.________ mit der Begründung ab, diese
sei nicht Arbeitnehmerin, was Voraussetzung für die Ausrichtung von
Kinderzulagen wäre. A. und B.________ gelangten gegen diesen Entscheid mit
Beschwerde an das Versicherungsgericht des Kantons Solothurn. Nebst
Kinderzulagen beantragten sie auch eine Geburtszulage für C.________. Das
Versicherungsgericht wies die Beschwerde am 30. April 2003 ab. Auf die gegen
dieses Urteil erhobene Verwaltungsgerichtsbeschwerde vom 15. Mai 2003 trat
das Eidgenössische Versicherungsgericht mit Urteil vom 15. Juli 2003 nicht
ein, weil es sich bei den streitigen Kinderzulagen um ausschliesslich
kantonalrechtliche Ansprüche handle, mithin nicht eine auf Bundesrecht
gestützte Verfügung im Sinne von Art. 5 VwVG vorliege, was gemäss Art. 97 OG
Voraussetzung für die Zulässigkeit der eidgenössischen
Verwaltungsgerichtsbeschwerde wäre. Das Eidgenössische Versicherungsgericht
überwies daher die Eingabe vom 15. Mai 2003 mitsamt den Akten gestützt auf
Art. 96 Abs. 1 OG an das Schweizerische Bundesgericht.

2.
Gegen das ausschliesslich auf öffentlichem kantonalem Recht beruhende
letztinstanzliche Urteil des Versicherungsgerichts des Kantons Luzern steht
als Rechtsmittel einzig die staatsrechtliche Beschwerde offen. Gestützt auf
die Überweisung des Eidgenössischen Versicherungsgerichts ist daher vor
Bundesgericht ein Verfahren der staatsrechtlichen Beschwerde eröffnet worden.

Ein Schriftenwechsel ist im Verfahren vor dem Eidgenössischen
Versicherungsgericht durchgeführt worden, und dieses hat auch die
Verfahrensakten eingeholt. Weitere Instruktionsmassnahmen erübrigen sich.

3.
3.1 Wer staatsrechtliche Beschwerde erhebt, hat darzulegen, welche
verfassungsmässigen Rechte bzw. Rechtssätze und inwiefern sie durch den
angefochtenen Entscheid verletzt worden sein sollen (Art. 90 Abs. 1 lit. b
OG).

3.2 Die Beschwerdeführer erwecken mit ihren Ausführungen in der
Beschwerdeschrift den Eindruck, als wollten sie aus der Bundesverfassung, aus
der solothurnischen Kantonsverfassung, aus der EMRK oder aus der
UNO-Kinderrechtekonvention ein Recht auf Ausrichtung der beantragten
Kinderzulagen ableiten. Ob sich ihrer Rechtsschrift diesbezüglich überhaupt
eine den Anforderungen von Art. 90 Abs. 1 lit. b OG genügende Begründung
entnehmen lässt, kann offen bleiben. Jedenfalls ist nicht ersichtlich,
inwiefern sich unmittelbar aus Grundrechtsnormen ergeben sollte, dass das
Gemeinwesen die Gewährung von Grundbedürfnissen konkret durch ein Recht auf
Kinderzulagen sicherzustellen hätte. Ob, unter welchen Voraussetzungen und an
welche Personengruppen Kinderzulagen auszurichten sind, bestimmt sich
ausschliesslich nach den einschlägigen kantonalen Erlassen. Die
Beschwerdeführer müssten denn auch aufzeigen, inwiefern entsprechende Normen
verfassungswidrig, insbesondere willkürlich ausgelegt und sachwidrig auf
ihren Fall angewendet worden seien.

Nun gehen die Beschwerdeführer auf die kantonalrechtliche Regelung,
insbesondere auf die einzelnen Bestimmungen des solothurnischen
Kinderzulagengesetzes vom 20. Mai 1979 (KZG), nicht näher ein. So befassen
sie sich nicht mit der gesetzlichen Umschreibung des Kreises der
unterstellten oder bezugberechtigten Personen (§§ 1 und 4 KZG). Offenbar will
das kantonale Recht nebst hauptberuflichen Landwirten nur Arbeitnehmern
Anspruch auf Kinderzulagen einräumen (§ 1 KZG). Gegen welches
verfassungsmässige Recht dies verstossen sollte, ist nicht erkennbar und wird
jedenfalls nicht aufgezeigt. Die Auffassung des Versicherungsgerichts, der
Beschwerdeführer sei als Beteiligter an einer einfachen Gesellschaft nicht
als "Angestellter einer einfachen Gesellschaft" und insofern nicht als
Arbeitnehmer im Sinne des Kinderzulagengesetzes zu betrachten, ist in
verfassungsrechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden. Ebenso hält die
Auffassung der kantonalen Behörden, die Beschwerdeführerin könne weder in
ihrer Eigenschaft als Hausfrau noch als in der Unternehmung des
Beschwerdeführers tätige Person als Arbeitnehmerin betrachtet werden, nachdem
ihr kein AHV-pflichtiger Lohn ausgerichtet werde und der Beschwerdeführer für
sie keine Beiträge gemäss § 24 Abs. 1 KZG geleistet habe,
verfassungsrechtlicher Prüfung stand. Beim vom Versicherungsgericht
eingenommenen Standpunkt kommt es auf den Inhalt der bei den
Beschwerdeführern angeforderten, bisher offenbar nicht vollständig
eingereichten Unterlagen nicht an, wovon das angefochtene Urteil offenkundig
(stillschweigend) ausgeht. Die Ausführungen in der Beschwerdeschrift hierzu
(Vorwurf des überspitzten Formalismus) stossen damit ins Leere.

3.3 Abgesehen davon, dass unter den gegebenen Umständen kein Grund
ersichtlich ist, gestützt worauf die Beschwerdeführer einen
Genugtuungsanspruch haben könnten, kann ein auf Genugtuungszahlung
abzielendes Begehren nicht direkt beim Bundesgericht gestellt werden.

3.4 Soweit auf die Beschwerde überhaupt eingetreten werden kann, ist sie
offensichtlich unbegründet und abzuweisen. Das Urteil ergeht im Verfahren
nach Art. 36a OG.

3.5 Die Beschwerdeführer haben ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege
gestellt. Nun sind sie, gestützt auf die Rechtsmittelbelehrung im
angefochtenen Urteil, mit ihrer Beschwerde ans Eidgenössische
Versicherungsgericht gelangt. Dieses hat sich für unzuständig erklärt und die
Sache an das Schweizerische Bundesgericht weitergeleitet; wäre es zuständig
gewesen, hätte es auch für einen materiellen Entscheid keine Gerichtsgebühr
erhoben (vgl. Art. 134 OG). Angesichts der besonderen verfahrensrechtlichen
Umstände rechtfertigt es sich, ausnahmsweise auch im Verfahren der
staatsrechtlichen Beschwerde von der Erhebung einer Gerichtsgebühr abzusehen,
sodass das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege gegenstandslos wird.

Demnach erkennt das Bundesgericht

im Verfahren nach Art. 36a OG:

1.
Die staatsrechtliche Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten
ist.

2.
Es werden keine Kosten erhoben.

3.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird gegenstandslos erklärt.

4.
Dieses Urteil wird den Beschwerdeführern, der Ausgleichskasse und dem
Versicherungsgericht des Kantons Solothurn sowie, zur Kenntnisnahme, dem
Eidgenössischen Versicherungsgericht schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 22. August 2003

Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Der Gerichtsschreiber: