Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung 2P.177/2003
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2P.177/2003 /leb

Urteil vom 11. Juli 2003
II. Öffentlichrechtliche Abteilung

Bundesrichter Wurzburger, Präsident,
Bundesrichter Betschart, Bundesrichterin Yersin,
Gerichtsschreiber Wyssmann.

A. ________,
Beschwerdeführer, verbeiständet durch B.________,

gegen

Steueramt des Kantons Solothurn,
Werkhofstrasse 29c, 4509 Solothurn,
Kantonales Steuergericht Solothurn, Centralhof, Bielstrasse 9, 4500
Solothurn.

Staatssteuer 2001,

Staatsrechtliche Beschwerde gegen das Urteil des Kantonalen Steuergerichts
Solothurn vom 5. Mai 2003.

Sachverhalt:

A.
A. ________ wurde für die Staatssteuer 2001 mit einem Reineinkommen von Fr.
22'857.-- und einem Reinvermögen von Fr. 19'097.-- veranlagt, womit sich die
einfache Staatssteuer auf Fr. 628.25 beläuft. In der Vorperiode betrug das
Reineinkommen Fr. 17'922.-- und das Reinvermögen Fr. 8'292.-- (einfache
Staatssteuer Fr. 195.45). Die Erhöhung des Reineinkommens in der
Steuerperiode 2001 ist darauf zurückzuführen, dass die Rente aus AHV/IV neu
zu 100% erfasst wurde - bisher wurde diese zu 80% besteuert - und infolge des
höheren Renteneinkommens auch der Sozialabzug für Rentner mit ungenügendem
Einkommen nur noch Fr. 2'143.-- (Vorperiode Fr. 5'000.--) betrug. Diese
Änderung des Steuergesetzes des Kantons Solothurn vom 1. Dezember 1985 (StG)
erfolgte im Zuge der Anpassungen an die Vorgaben der Steuerharmonisierung im
Jahre 1999 und ist erstmals in der Steuerperiode 2001 anwendbar.
Eine Einsprache des Steuerpflichtigen gegen die Veranlagung 2001 wurde von
der Veranlagungsbehörde auch unter dem Gesichtspunkt des Steuererlasses
geprüft. Mit Entscheid vom 10. Januar 2003 wies diese die Einsprache ab.
Der Steuerpflichtige führte Rekurs beim Steuergericht des Kantons Solothurn.
Das Steuergericht wies den Rekurs mit Entscheid vom 5. Mai 2003 ab.
Mit staatsrechtlicher Beschwerde vom 24. Juni 2003 beantragt A.________:
"1. Der Kanton Solothurn habe per sofort den Steuertarif so auszurichten,
dass die untersten Einkommen entscheidend entlastet werden.

1.1.  Allenfalls ist der Sozialabzug (für ungenügendes Einkommen)
entsprechend zu erhöhen.

2.  Im Fall A.________ sei die Taxation ab 2001 solange zurückzustellen, bis
die Sache im Lot ist und das Verhältnis zu seinem Bruder wieder einigermassen
stimmt.

3.  Für alle Steuerpflichtigen, denen pro 2001 ein Erlass gewährt wurde, gilt
dieser auch für die folgenden Jahre (s. Pt. 2).

4.  Allen Steuerpflichtigen, die pro 2001 Einsprache gemacht haben, sei ein
(Teil-)erlass zu gewähren, sofern sie nicht mehr in den Genuss des
Sozialabzuges oder eines Teiles davon gekommen sind."

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Die vorliegende Eingabe ist als staatsrechtliche Beschwerde bezeichnet. Sie
wirft Fragen auf, die im Bundesgesetz über die Harmonisierung der direkten
Steuern der Kantone und Gemeinden vom 14. Dezember 1990 geregelt sind
(Besteuerung von Einkünften aus Vorsorgeeinrichtungen, vgl. Art. 7 StHG), wie
auch solche, die von der Steuerharmonisierung ausgenommen sind (Steuertarif
und Steuerfreibeträge, vgl. Art. 129 Abs. 2 BV, Art. 9 Abs. 4 und Art. 11
StHG). Ob die Beschwerdeeingabe als Verwaltungsgerichtsbeschwerde im Sinne
von Art. 73 StHG oder als staatsrechtliche Beschwerde zu behandeln ist, kann
aber offen bleiben, da die staatsrechtliche Beschwerde auch als
Verwaltungsgerichtsbeschwerde behandelt werden kann. Soweit kantonales Recht
in Frage steht, dessen Auslegung und Anwendung das Bundesgericht nur unter
verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten überprüft, übernimmt die
Verwaltungsgerichtsbeschwerde ohnehin die Funktion der staatsrechtlichen
Beschwerde (BGE 124 II 409 E. 5; 122 IV 8 E. 1b und 2a; ferner 129 II 82 E.
1.3 mit weiteren Hinweisen).

2.
Fraglich ist, inwieweit die Beschwerdeanträge zulässig sind.
Die Beschwerdeanträge Ziff. 1 und 1.1, wonach der Kanton Solothurn den
Steuertarif neu auszurichten oder allenfalls den Sozialabzug für ungenügendes
Einkommen entsprechend zu erhöhen habe, laufen auf eine abstrakte
Normenkontrolle hinaus. Die Frist gemäss Art. 89 OG von 30 Tagen für die
Anfechtung der im Jahre 1999 geänderten Bestimmungen des Steuergesetzes des
Kantons Solothurn (einschliesslich der Änderungen der Vollzugsverordnung zum
Steuergesetz im Jahre 2000) im Rahmen der abstrakten Normenkontrolle ist
indes abgelaufen. Auf diese Anträge kann daher nicht eingetreten werden.
Unzulässig ist ferner der Beschwerdeantrag Ziffer 2, es sei die Taxation des
Beschwerdeführers "zurückzustellen". Angefochten ist mit der Beschwerde beim
Bundesgericht ein Entscheid des kantonalen Steuergerichts über die
Steuerveranlagung 2001. Das Bundesgericht kann auf Beschwerde hin diese
Taxation überprüfen. Im Nachhinein sistieren kann das Bundesgericht das
kantonale Veranlagungsverfahren jedoch nicht.

Soweit der Beschwerdeführer Anträge im Namen "aller Steuerpflichtigen" stellt
(Beschwerdeanträge Ziffern 3 und 4), kann auf die Beschwerde ebenfalls nicht
eingetreten werden. Anfechtungsobjekt der vorliegenden Beschwerde im Sinne
von Art. 84 bzw. 97 OG ist der Entscheid des kantonalen Steuergerichts
betreffend den Beschwerdeführer A.________. Nur dieser ist im vorliegenden
Verfahren Prozesspartei. Der Beschwerde liegen zwar auch Entscheide des
Steuergerichts bei, die andere Personen betreffen, doch enthält die
Beschwerde in Bezug auf diese Urteile keine Anträge.
Immerhin kann der Beschwerde der sinngemäss gestellte Antrag entnommen
werden, das Urteil des kantonalen Steuergerichts sei aufzuheben. Auch geht
aus der Beschwerde genügend klar hervor, was der Beschwerdeführer bemängelt.
Insofern bleibt die Beschwerde zulässig.

3.
In der Sache geht es dem Beschwerdeführer um die gesetzliche Ausgestaltung
der Rentenbesteuerung, der Sozialabzüge und des Steuertarifes, wie sinngemäss
seiner Beschwerdebegründung und den Beschwerdeanträgen Ziff. 1 und Ziff. 1.1.
entnommen werden kann. Er beanstandet, dass er mit dem Übergang zur
Vollbesteuerung von AHV- und IV-Renten über Gebühr belastet werde. Er bezahle
aufgrund der neuen Regelung im Jahre 2001 über drei Mal mehr Steuern als im
Vorjahr.

3.1 Es ist unbestritten, dass die Besteuerung aufgrund der vom
Beschwerdeführer ausgefüllten Steuererklärung und der massgebenden Normen
richtig vorgenommen wurde. Wie das Steuergericht im angefochtenen Entscheid
zudem festhielt, wurden über die vom Beschwerdeführer geltend gemachten
Abzüge hinaus weitere Korrekturen zu seinen Gunsten vorgenommen. Es steht
auch ausser Frage, dass der Abzug für ungenügende Einkommen (§ 43 Abs. 1 lit.
f StG) und der Steuertarif keine Rücksicht auf die Zusammensetzung des
Einkommens (Arbeitslohn, Rentenleistungen, Vermögensertrag) nimmt. Diese
Besteuerung ist im Grundsatz der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit
begründet. Rentenleistungen aus AHV und IV wurden zwar nach Bundessteuerrecht
und in vielen Kantonen vor der Einführung der Steuerharmonisierung lediglich
zu 80% besteuert (vgl. Zuppinger/ Böckli/Locher/Reich, Steuerharmonisierung,
Bern 1984, S. 84). Diese Privilegierung der Sozialversicherungsrenten ist
jedoch durch die volle Besteuerung von Einkünften aus Vorsorgeeinrichtungen
weggefallen (vgl. Art. 7 Abs. 1 StHG und dazu Reich, in: Kommentar zum
Schweizerischen Steuerrecht, Band I/1, 2. A., N 65 zu Art. 7). Der
Beschwerdeführer scheint das nicht bestreiten zu wollen. Er wendet sich indes
dagegen, dass der Übergang zur Vollbesteuerung der AHV- und IV-Renten durch
den Kanton nicht sozialverträglich vorgenommen worden sei.

3.2 Die Ausgestaltung des Steuertarifs und der Freibeträge und Sozialabzüge
verbleibt auch nach der Steuerharmonisierung in der Zuständigkeit der
Kantone. Im Falle des Beschwerdeführers ergibt sich die Erhöhung der Steuer
vor allem daraus, dass er wegen der vollen Besteuerung der Rentenleistung
sich neu in einer Einkommensklasse befindet, wo die Progression des
kantonalen Tarifs sich bereits spürbar auswirkt. In der Vorperiode fiel
aufgrund des niedrigeren Einkommens die Progression für den Beschwerdeführer
kaum ins Gewicht. Auch entfaltete der Sozialabzug für ungenügendes Einkommen
(Fr. 5'000.--, vgl. § 43 Abs. 1 lit. f StG) in der Vorperiode seine volle
Wirkung. Das hat sich durch die Vollbesteuerung der Renten aus AHV/IV
geändert. Das Zusammenwirken der verschiedenen Elemente aus Steuertarif,
Sozialabzüge und Steuerfreibeträge soll einer sachgemässen Verteilung der
Steuerlast dienen. Das ist auch nach der Steuerharmonisierung Erfordernis.
Inwiefern dieses Ziel durch den Kanton nicht erreicht worden sein soll,
begründet der Beschwerdeführer indessen nicht. Dass die Steuer im Falle des
Beschwerdeführers um rund das Dreifache zugenommen hat, ergibt sich in erster
Linie daraus, dass dieser vor der Harmonisierung aufgrund der Besteuerung der
Rente zu 80% wenig Steuern zu bezahlen hatte. Die Erhöhung der Steuer im
Falle des Beschwerdeführers lässt daher noch nicht darauf schliessen, dass
das System nicht sozialverträglich ausgestaltet worden ist. Daran ändert auch
der vom Beschwerdeführer angestellte Vergleich mit seinem Bruder C.________
nichts, da dieser bereits in der Vorperiode aufgrund weiterer Einkünfte ein
höheres Einkommen versteuerte, so dass bei ihm die volle Besteuerung der
Rente nicht mehr die gleiche Progression bewirkte.

3.3 Der Beschwerdeführer rügt sinngemäss auch eine konfiskatorische, gegen
die Eigentumsgarantie verstossende Besteuerung, wenn er geltend macht, diese
Art der Besteuerung werde in fünf Jahren sein Vermögen aufgezehrt haben.
Die Eigentumsgarantie nach Art. 26 BV als Institutsgarantie verbietet die
Erhebung von Steuern, die konfiskatorisch wirken. Den Privaten darf ihr
privates Vermögen durch übermässige Besteuerung nicht nach und nach entzogen
werden (BGE 106 Ia 342 E. 6; ASA 56, 439 ff.; StE 1997 A 22 Nr. 2 E. 2a). Von
einer derartigen Besteuerung kann hier indessen nicht die Rede sein. Soweit
der Übergang zur Vollbesteuerung der Renten aus AHV und IV in Einzelfällen zu
Härten geführt hat, hat der Gesetzgeber nach den Ausführungen in der
Beschwerdeschrift Handlungsbedarf anerkannt. Auch räumt der Beschwerdeführer
ein, dass die Behörden in Härtefällen von der Möglichkeit des Steuererlasses
vermehrt Gebrauch machen wollen. Die Einsprache des Beschwerdeführers wurde
denn auch, ohne dass es beantragt worden wäre, von Amtes wegen als Gesuch um
Steuererlass entgegengenommen und behandelt. Die Steuerbehörde hat jedoch das
Erlassgesuch abgewiesen, weil dem Beschwerdeführer unter Berücksichtigung
seiner Lebenshaltungskosten und seines Einkommens ein monatlicher Freibetrag
zur Verfügung steht, welcher die Zahlung der Steuer erlaubt. Das wird vom
Beschwerdeführer nicht bestritten. Eine konfiskatorische Besteuerung ist
unter diesen Umständen nicht dargetan.

4.
Die Beschwerde ist offensichtlich unbegründet, soweit darauf einzutreten ist,
und im vereinfachten Verfahren nach Art. 36a OG zu erledigen. Auf den Beizug
der amtlichen Akten kann verzichtet werden, zumal bereits die Beschwerde
ausreichend dokumentiert ist. Die Verfahrenskosten sind dem Beschwerdeführer
aufzuerlegen, wobei bei der Bemessung der Gerichtsgebühr seinen bescheidenen
finanziellen Verhältnissen Rechnung zu tragen ist (Art. 156 Abs. 1, Art. 153
und 153a OG).

Demnach erkennt das Bundesgericht

im Verfahren nach Art. 36a OG:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 200.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Steueramt des Kantons Solothurn
und dem Kantonalen Steuergericht Solothurn schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 11. Juli 2003

Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Der Gerichtsschreiber: