Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung 2P.109/2003
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2P.109/2003 /bmt

Urteil vom 15. August 2003
II. Öffentlichrechtliche Abteilung

Bundesrichter Wurzburger, Präsident,
Bundesrichter Hungerbühler, Merkli,
Gerichtsschreiberin Diarra.

A.________,
Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Eric Stern,
Beethovenstrasse 24, 8002 Zürich,

gegen

Stadt Zürich, Postfach, 8022 Zürich,
Beschwerdegegnerin, vertreten durch den Stadtrat von Zürich, Stadthaus,
Postfach, 8022 Zürich,
Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, 4. Abteilung, 4. Kammer,
Militärstrasse 36, Postfach, 8021 Zürich.

Art. 9 und 29 BV (Kündigung),

Staatsrechtliche Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des
Kantons Zürich, 4. Abteilung, 4. Kammer, vom 26. Februar 2003.

Sachverhalt:

A.
A. ________, geboren 1955, dipl. Controller und Betriebsökonom HWV, wurde mit
Verfügung der Vorsteherin des Polizeidepartements der Stadt Zürich auf 1. Mai
2001 für die damals neue Dienstabteilung "Schutz & Rettung Zürich", in der
die Feuerpolizei, Feuerwehr, Sanität, der Zivilschutz und das Kreiskommando
zusammengefasst sind, als Controller und als Mitglied der Geschäftsleitung
eingestellt. Während der bis 31. Juli 2001 dauernden Probezeit wurde ihm die
Projektleitung über die am 25./26. August 2001 abgehaltene Leistungsschau
2001 übertragen; gleichzeitig sollte er sich in sein neues Aufgabengebiet
einarbeiten.

B.
Vom 5. bis 12. September 2001 fand eine Dienstreise mit Workshops in
Stockholm und Helsinki statt. In Helsinki wurde die Zürcher Delegation zu
einer Abendveranstaltung in das Offizierskasino "Katajanokan Casino" und den
dortigen Pilotensaal eingeladen. Neben diversen Bildern von verschiedenen
Flugzeugtypen hingen darin auch die Hoheitszeichen der finnischen Luftwaffe,
nämlich das vormalige (blaues Hakenkreuz auf weissem Grund) sowie das seit
1945 gebräuchliche (blauer Kreis auf weissem Grund), das wegen der Adaptation
des Hakenkreuzes durch Hitler das bisher verwendete Hoheitszeichen abgelöst
hatte.

A. ________, der jüdischer Herkunft ist, stiess sich nach seinen eigenen
Angaben an den mehreren im Lokal angebrachten, "metergrossen Standartenfahnen
und Symbolen der Nationalsozialistischen deutschen Arbeiterpartei (NSDAP) und
anderer nationalsozialistischer Organisationen". Am darauf folgenden Tag warf
er dem Delegationsleiter und Vorgesetzten B.________ vor, er hätte gegen die
"Nazi-Symbole" protestieren sollen. In Helsinki soll es deswegen auch zu
einem Streit zwischen ihm und Frau C.________ (Bereichsleiterin Zentrale
Dienste) gekommen sein. A.________ datiert jedenfalls den Umschwung des ihm
gegenüber bis dahin freundlich gestimmten Klimas am Arbeitsplatz auf den
Zeitpunkt der Rückkehr von der Dienstreise in Helsinki. Ausserdem habe ein
eigentliches eskalierendes Mobbing gegen ihn eingesetzt. Am 17. September
2001 erhielt er eine E-Mail von seinem Vorgesetzten B.________, wonach dieser
mit seinen Arbeitsleistungen nicht zufrieden war und sich die Beschwerden
über Ausfälle von A.________ gegenüber Mitarbeitern von Schutz & Rettung
Zürich häuften. A.________ bestritt die erhobenen Vorwürfe in seiner Antwort
vom 19. September 2001, worauf sein Vorgesetzter in einer weiteren E-Mail vom
selben Tag daran festhielt. Am 21. September 2001 fand eine erste Aussprache
mit dem Vorgesetzten statt. Vom 1. bis 21. Oktober 2001 befand sich
A.________ in den Ferien. Am 23. Oktober 2001 kam es zu einer Aussprache
zwischen dem Betroffenen, dem Vorgesetzten B.________ und Frau D.________ als
Direktunterstellte von Frau C.________ in ihrer Funktion als
Personalleiterin. Anlässlich dieser Aussprache wurde A.________ die Kündigung
nahegelegt. Auf das Angebot, das von A.________ eingebrachte Thema "Mobbing"
aufzuarbeiten, ging dieser nicht ein.

Noch am gleichen Tag meldete sich A.________ mit Fax-Meldung wegen akuter
Erkrankung ab und teilte mit, er könne vorläufig seine Pflichten als
Controller und Mitglied der Geschäftsleitung nicht mehr erfüllen. Mit
Schreiben vom 29. Oktober 2001 liess A.________ seinem Vorgesetzten
B.________ ein gleichentags von Dr. med. E.________ ausgestelltes Arztzeugnis
zukommen, das ihm ab 24. Oktober 2001 und in der Folge bis 31. Dezember 2001
vollständige Arbeitsunfähigkeit bescheinigte. Nachdem A.________ das Aufgebot
zur vertrauensärztlichen Untersuchung bei Dr. med. F.________ auf 5. November
2001 verpasst hatte, wurde er am 16. November 2001 erneut auf den 23.
November 2001 dazu aufgeboten. Mit anwaltlicher Hilfe wehrte er sich dagegen
und bezeichnete die Anordnung der amtsärztlichen Untersuchung als Fortsetzung
des ihn betreffenden Mobbings.

C.
Mit Verfügung vom 23. November 2001 kündigte die Departementsvorsteherin das
Arbeitsverhältnis mit A.________ auf den 31. Dezember 2001, ohne dass die
vertrauensärztliche Untersuchung stattgefunden hatte. Am 11. Dezember 2001
erstattete das Polizeidepartement der Stadt Zürich die von A.________
verlangte schriftliche Begründung. Es bestätigte die am 23. November 2001
verfügte Kündigung, stellte A.________ für den Rest der Kündigungsfrist frei
und entzog einer Einsprache die aufschiebende Wirkung.

Dagegen erhob A.________ mit Eingabe vom 10. Januar 2002 Einsprache beim
Stadtrat von Zürich. Er bezeichnete sich als Mobbing-Opfer und verlangte
unter anderem als Genugtuung für Mobbing und Schadenersatz Fr. 136'000.--
zuzüglich 1% Teuerungsausgleich, Anwalts- und Verfahrenskosten und 5%
Verzugszins auf dem Totalbetrag ab 1. Januar 2002, ferner die Aufhebung der
unbegründeten und missbräuchlichen Kündigung, seine vollständige
Rehabilitation und die Weiterbeschäftigung an der bisherigen Stelle sowie die
Einleitung eines Disziplinarverfahrens gegen seine Vorgesetzten. In der von
seinem Rechtsvertreter am 14. Januar 2002 erhobenen ergänzenden Einsprache
beantragte A.________, festzustellen, dass die Kündigung per 31. Dezember
2001 ungültig und missbräuchlich sei, weil sie innerhalb der Sperrfrist von
Art. 336c Abs. 1 lit. b OR ausgesprochen und durch das Mobbing von
Arbeitgeberseite verursacht worden sei, und verlangte eine Entschädigung von
fünf Monatslöhnen, unter Vorbehalt weiterer Ansprüche. Am 6. März 2002 wies
der Stadtrat von Zürich die Einsprache ab und bestätigte die Auflösung des
Arbeitsverhältnisses auf 31. Dezember 2001.

D.
Mit Rekurs vom 15. April 2002 an den Bezirksrat Zürich beantragte A.________,
den Stadtratsbeschluss vom 6. März 2002 aufzuheben und die Kündigung des
Arbeitsverhältnisses auf 31. Dezember 2001 ungültig zu erklären. Mit
Beschluss vom 12. September 2002 wies der Bezirksrat Zürich den Rekurs
vollumfänglich ab. Im Übrigen trat das Arbeitsgericht Zürich auf die
zusätzlich erhobene Klage über Fr. 20'000.-- aus missbräuchlicher Kündigung
im Sinne von Art. 336a und b OR am 20. September 2002 mangels Zuständigkeit
nicht ein.

E.
Die von A.________ gegen den Beschluss des Bezirksrats Zürich erhobene
Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich mit Entscheid vom
26. Februar 2003 ab, soweit es darauf eintrat.

F.
Mit staatsrechtlicher Beschwerde vom 2. Mai 2003 beantragt A.________, den
Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich vom 26. Februar 2003
wegen Verletzung des Willkürverbots und des rechtlichen Gehörs aufzuheben und
die Sache zur Neubeurteilung "an die Vorinstanz" zurückzuweisen.
Das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich und der Stadtrat von Zürich
schliessen auf Abweisung der Beschwerde.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
1.1 Der Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich ist ein kantonal
letztinstanzlicher Endentscheid, gegen den auch auf Bundesebene kein
ordentliches Rechtsmittel zur Verfügung steht. Die staatsrechtliche
Beschwerde ist daher zulässig (Art. 86 Abs. 1 OG).

1.2 Der Beschwerdeführer ist legitimiert, den Entscheid, mit dem die
Rechtmässigkeit der verfügten Kündigung bestätigt wird, anzufechten (vgl.
Art. 88 OG).

2.
Der Beschwerdeführer macht vorab geltend, das Verwaltungsgericht habe den
Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt, indem es bezüglich der
festgestellten Krankheiten auf eine Befragung der Zeugen verzichtet habe.
Weiter wirft er dem Verwaltungsgericht Willkür bei der Beweiswürdigung
bezüglich der sich überlagernden bzw. - nach seiner Ansicht - ablösenden
Krankheiten vor.

2.1 Nach der Rechtsprechung kann der Richter das Beweisverfahren schliessen,
wenn die Beweisanträge eine nicht erhebliche Tatsache betreffen oder
offensichtlich untauglich sind oder wenn er auf Grund bereits abgenommener
Beweise seine Überzeugung gebildet hat und ohne Willkür in vorweggenommener
Beweiswürdigung annehmen kann, dass seine Überzeugung durch weitere
Beweiserhebungen nicht geändert würde. Das Bundesgericht greift auf
staatsrechtliche Beschwerde hin nur ein, wenn die Beweiswürdigung
offensichtlich unhaltbar ist, mit der tatsächlichen Situation in klarem
Widerspruch steht, auf einem offenkundigen Versehen beruht oder in stossender
Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft (BGE 124 I 208 E. 4a S. 211,
mit Hinweisen).

2.2
2.2.1Der Beschwerdeführer war am 24. Oktober 2001 wegen einer Grippe bei Frau
Dr. med. G.________ in ärztlicher Behandlung, was von ihr ohne Angaben zu
seiner Arbeitsunfähigkeit bestätigt wird. Wegen einer Depression begab sich
der Beschwerdeführer überdies zu Dr. med. E.________, der die Behandlung mit
der Diagnose "Depression" am 29. Oktober 2001 begann und gleichentags den
Beschwerdeführer ab 24. Oktober 2001 arbeitsunfähig erklärte. Nach Ansicht
des Beschwerdeführers handelte es sich um zwei sich ablösende Krankheiten,
die jede für sich eine Schutzfrist gemäss Art. 336c Abs. 1 lit. b OG
auslöste, was zur Folge habe, dass die Kündigung während der (zweiten)
Schutzfrist erfolgt und deshalb nichtig sei. Das Verwaltungsgericht geht
hingegen von zwei sich überlagernden Krankheiten mit Beginn am 24. Oktober
2001 aus. Die Kündigung sei daher mit Ablauf der 30-tägigen Schutzfrist
ausgesprochen worden.

2.2.2 Unter den vorliegenden Umständen durfte das Verwaltungsgericht in
zulässiger antizipierter Beweiswürdigung auf die beantragte Zeugenbefragung
verzichten. Es durfte ohne Willkür davon ausgehen, dass seine Überzeugung
durch die Zeugenaussagen nicht geändert würde. Die vom Verwaltungsgericht
vorgenommene Beweiswürdigung bezüglich des Beginns der beiden Krankheiten ist
ebenfalls keineswegs willkürlich. Nachdem der Arzt, der den Beschwerdeführer
ab 29. Oktober 2001 wegen Depression behandelte, diesen ab 24. Oktober 2001
arbeitsunfähig erklärt hatte, durfte das Verwaltungsgericht ohne Willkür
annehmen, dass die diagnostizierte Depression bereits am 24. Oktober 2001
bestand. Dies umso mehr als nicht geltend gemacht wird, dieses Arztzeugnis
sei nach Rücksprache mit der Ärztin, die den Beschwerdeführer wegen Grippe
behandelt hatte, erstellt worden. Das Verwaltungsgericht ging daher
willkürfrei davon aus, dass der am 29. Oktober 2001 konsultierte Arzt die
Arbeitsunfähigkeit ab 24. Oktober 2001 nicht aufgrund des schon nicht mehr
feststellbaren grippalen Infekts, sondern gestützt auf die durch die
Ereignisse vor dem 24. Oktober 2001 ausgelöste Depression bescheinigt hatte.
Damit geht die Argumentation fehl, wonach die Kündigung zur Unzeit erfolgt
sei.

3.
Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, müssen für eine
Kündigung sachliche Gründe vorliegen. Die Kündigung wurde unter anderem damit
begründet, dass die Aufgabenerfüllung des Beschwerdeführers den Anforderungen
und Erwartungen an einen ausgebildeten Controller nicht entsprochen habe. Es
wurde ihm insbesondere vorgehalten, dass wichtige Arbeiten während seinen
Ferien liegen geblieben seien und er sich weder des Personalcontrollings und
-budgets verantwortlich angenommen noch den Finanzplan zu seinem Geschäft
gemacht habe. Es fehle ihm an aktivem Intervenieren und Selbständigkeit. Auch
im persönlichen Bereich habe er zu Klagen Anlass gegeben. Nach den
verbindlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichts vermochte der
Beschwerdeführer den ihm gegenüber geäusserten konkreten Vorhaltungen nichts
entgegen zu setzen. Das Verwaltungsgericht ist somit nicht in Willkür
verfallen, wenn es das Vorliegen objektiver Kündigungsgründe bejaht und die
Vorkommnisse im Offizierskasino in Helsinki als für die Kündigung des
Angestelltenverhältnisses unerheblich betrachtet hat. Dass dem
Beschwerdeführer für seinen Einsatz oder bestimmte Leistungen gedankt wurde,
schliesst nicht aus, dass die Vorgesetzten mit seinen übrigen Leistungen
nicht zufrieden waren. Bei diesem Ergebnis besteht kein Anlass, auf die Frage
betreffend die gegenüber Hakenkreuz-Symbolen angebrachte Betroffenheit näher
einzugehen.

4.
Die staatsrechtliche Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und ist
abzuweisen.

Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird der Beschwerdeführer kostenpflichtig
(Art. 156 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 153 und Art. 153a OG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die staatsrechtliche Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 3000.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Verwaltungsgericht des Kantons
Zürich, 4. Abteilung, 4. Kammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 15. August 2003

Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Die Gerichtsschreiberin: