Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung 2P.107/2003
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2P.107/2003 /kil

Urteil vom 7. August 2003
II. Öffentlichrechtliche Abteilung

Bundesrichter Wurzburger, Präsident,
Bundesrichter Hungerbühler, Müller,
Gerichtsschreiber Fux.

A. ________ und B.________,
Beschwerdeführer,

gegen

Kanton Bern, vertreten durch die Steuerverwaltung
des Kantons Bern, Münstergasse 3, 3011 Bern,
Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Verwaltungsrechtliche Abteilung,
Speichergasse 12,
3011 Bern.

Art. 9 BV (amtliche Bewertung per 1. Januar 1999),

Staatsrechtliche Beschwerde gegen das Urteil
des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern
vom 10. März 2003.

Das Bundesgericht stellt fest und zieht in Erwägung:

1.
A. ________ und B.________ sind Eigentümer des Grundstücks C.________ Gbbl.
Nr. xxxx. Die Liegenschaft, die ein Wohnhaus und zwei Garagen sowie Umschwung
umfasst, war mit Fr. 418'500.-- eingeschätzt. Bei der allgemeinen
Neubewertung auf den 1. Januar 1999 setzte die Steuerverwaltung den amtlichen
Wert auf Fr. 562'400.-- fest. Die dagegen erhobene Einsprache blieb ebenso
erfolglos wie anschliessend der Rekurs an die Steuerrekurskommission des
Kantons Bern und die Beschwerde an das kantonale Verwaltungsgericht. Mit
staatsrechtlicher Beschwerde vom 1. Mai 2003 beantragen A.________ und
B.________, das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern vom 10. März
2003 sei aufzuheben. Sie rügen eine Verletzung von Art. 9 BV (Willkür; Treu
und Glauben).

2.
Ein Entscheid ist nach der Rechtsprechung nicht schon dann willkürlich, wenn
eine andere Lösung ebenfalls vertretbar erscheint, sondern erst dann, wenn er
offensichtlich unhaltbar ist, zur tatsächlichen Situation in klarem
Widerspruch steht, eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass
verletzt oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft.
Willkür liegt sodann nur vor, wenn nicht bloss die Begründung eines
Entscheids, sondern auch das Ergebnis unhaltbar ist (vgl. BGE 128 II 259 E. 5
S. 280 f.).

Für die Begründung der Willkürrüge im Verfahren der staatsrechtlichen
Beschwerde gelten nach konstanter bundesgerichtlicher Praxis zu Art. 90 Abs.
1 lit. b OG strenge Voraussetzungen: Der Beschwerdeführer hat nicht nur die
Rechtsnorm zu bezeichnen, die qualifiziert unrichtig angewandt oder nicht
angewandt worden sein soll; er muss zudem anhand der angefochtenen Subsumtion
im Einzelnen darlegen, inwiefern der kantonale Entscheid offensichtlich
unhaltbar und damit geradezu willkürlich im oben umschriebenen Sinn ist. Auf
ungenügend begründete Rügen und auf rein appellatorische Kritik am
angefochtenen Entscheid tritt das Bundesgericht nicht ein (BGE 110 Ia 1 E. 2a
S. 3 f.; 107 Ia 186; 129 I 113 E. 2 S. 120, je mit Hinweisen).

3.
3.1 Die Beschwerdeführer rügen, die Bewertung ihrer Liegenschaft sei
gesetzwidrig und im Ergebnis unhaltbar. Der amtliche Wert sei nicht nach den
geltenden, sondern nach den früheren Schätzungsnormen ermittelt worden;
insbesondere sei die gesetzlich vorgeschriebene Gewichtung des Realwerts mit
dem Ertragswert unterblieben. Gemäss dem im Parlament klar zum Ausdruck
gebrachten Willen des Gesetzgebers hätten sich die amtlichen Werte an der
Zielgrösse von 70% des Verkehrswerts zu orientieren; nach Treu und Glauben
hätten sie, die Beschwerdeführer, Anspruch auf eine Bewertung gemäss dieser
Zielvorgabe. Der neue Wert ihrer Liegenschaft liege aber eher im Bereich von
90% des Verkehrswerts und weiche somit massiv und ohne sachlichen Grund vom
Willen des Gesetzgebers ab.

3.2 Sowohl das Verwaltungsgericht als auch die Beschwerdeführer gehen davon
aus, dass in materieller Hinsicht, d.h. zur Festsetzung des amtlichen Werts,
noch das alte kantonale Steuergesetz vom 29. Oktober 1944 (aStG; in Kraft bis
31. Dezember 2000) anwendbar ist. Danach ist der amtliche Wert der
Grundstücke unter Berücksichtigung des Verkehrs- und des Ertragswerts
festzusetzen (Art. 54 Abs. 1 aStG). Ebenfalls unbestritten ist die
grundsätzliche Anwendbarkeit des entsprechenden Ausführungsdekrets vom 22.
Januar 1997 (ABD). Nach dessen Art. 20 ist bei Wohn- und Geschäftshäusern für
die amtliche Bewertung vom Ertragswert (vgl. Art. 17 ABD) auszugehen. Der
Realwert wird nicht besonders ermittelt; ihm wird mit einem Zuschlag oder
Abzug Rechnung getragen. Die Realwertzuschläge werden unter Berücksichtigung
der Faktoren Gebäudeart und wirtschaftliches Alter nach speziellen, von der
kantonalen Schätzungskommission erstellten Bewertungsnormen berechnet.

3.3 Das Verwaltungsgericht legte im angefochtenen Entscheid dar, dass der
amtliche Wert der Liegenschaft nach den geltenden Vorschriften ermittelt
wurde: Die Steuerverwaltung sei von Ertragswerten von Fr. 334'533.-- für das
Wohnhaus bzw. Fr. 22'523.-- für die Garagen ausgegangen; beide Werte würden
von den Beschwerdeführern nicht bestritten. Zu den Ertragswerten habe sie
einen Realwertzuschlag von 61% bzw. 6% hinzugerechnet. Dieser basiere
seinerseits auf den anerkannten kantonalen Bewertungsnormen, von denen
abzuweichen kein Anlass bestehe. Das Verwaltungsgericht nahm auch zu den
Einwänden der Beschwerdeführer Stellung: Es widerlegte deren Behauptung, der
Verkehrswert sei mit dem Realwert gleichgesetzt worden, und hielt ihnen
entgegen, ihre eigene Berechnungsmethode (Mittel aus Ertragswert und
doppeltem Realwert) entbehre der gesetzlichen Grundlage. Schliesslich könnten
sich die Beschwerdeführer nicht auf die im Parlament diskutierte Zielgrösse
von 70% des Verkehrswerts berufen: Einerseits fehle es von vornherein an
einer Vertrauensgrundlage; anderseits wäre eine solche Zielgrösse mit dem
übergeordneten Bundesrecht nicht vereinbar.

3.4 Die Beschwerdeführer wiederholen in ihrer Eingabe die Rügen, die sie
schon im kantonalen Verfahren erhoben hatten und mit denen sich das
Verwaltungsgericht wie erwähnt im Einzelnen befasst hatte. Auf dessen
Begründung gehen die Beschwerdeführer nicht ein, sondern sie kritisieren den
angefochtenen Entscheid rein appellatorisch, indem sie lediglich ihre eigene
Auffassung und ihre eigenen Berechnungen vortragen. Damit genügt die
Beschwerdeschrift den Begründungsanforderungen von Art. 90 Abs. 1 lit. b OG
nicht.

Im Übrigen ist im Urteil des Verwaltungsgerichts keine Willkür auszumachen.
So ist eine willkürliche Anwendung der einschlägigen kantonalen Vorschriften
nicht dargetan. Insbesondere kann die gesetzliche Vorgabe des Art. 54 Abs. 1
aStG, wonach der amtliche Wert der Grundstücke unter Berücksichtigung des
Verkehrs- und des Ertragswerts festzusetzen ist, ohne jede Willkür so
umgesetzt werden, dass zum Ertragswert ein sogenannter Realwertzuschlag
erhoben wird. Die Faktoren, anhand derer dieser Zuschlag vorliegend ermittelt
wurde, sind unbestritten. Auf die von den Beschwerdeführern angestellten
Berechnungen ist nicht weiter einzugehen; sie beruhen auf einer
Schätzungsmethode, die im kantonalen Recht nicht vorgesehen ist, und zum Teil
auf Wertgrössen, die im vorliegenden Zusammenhang nicht massgebend sind (z.B.
Gebäudeversicherungswert; Kaufpreis der Fertiggaragen). Die kantonalen
Vorschriften (Steuergesetz, Ausführungsdekret) gewähren ferner, entgegen der
Auffassung der Beschwerdeführer, keinen Anspruch darauf, dass der amtliche
Wert eines Grundstücks auf 70% des Verkehrswerts geschätzt werden müsste.
Eine solche Zielgrösse wäre mit den verfassungsrechtlichen Vorgaben denn auch
nicht vereinbar (vgl. BGE 124 I 159 E. 2h S. 168; 128 I 240 E. 3.2.3 S. 249
f., mit Hinweisen; vgl. jetzt auch Art. 14 Abs. 1 des
Steuerharmonisierungsgesetzes [SR 642.14], das auf den vorliegenden Fall
freilich noch nicht direkt anwendbar war). Aus dem Umstand, dass eine
entsprechende Zielvorgabe bei der Beratung des Ausführungsdekrets im
kantonalen Parlament diskutiert wurde, können die Beschwerdeführer ebenfalls
nichts zu ihren Gunsten ableiten (zu den Voraussetzungen des
Vertrauensschutzes nach Art. 9 BV vgl. BGE 129 I 161 E. 4.1 S. 170 mit
Hinweisen). Schliesslich kann der angefochtene Entscheid auch im Ergebnis
nicht als stossend oder schlichtweg unhaltbar bezeichnet werden: Die
Beschwerdeführer haben im kantonalen Verfahren selber eingeräumt, dass der
Verkehrswert der Liegenschaft, die sie vor 20 Jahren für Fr. 650'000.--
gekauft hatten, Fr. 600'000.-- beträgt (vgl. Einsprache vom 30. Oktober 1998,
S. 2). Der willkürfrei ermittelte neue amtliche Wert liegt somit immer noch
deutlich unter dem Verkehrswert.

4.
Die Beschwerde erweist sich, abgesehen von der ungenügenden Substanziierung,
als offensichtlich unbegründet. Sie ist deshalb im vereinfachten Verfahren
mit nur summarischer Begründung abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist
(vgl. Art. 36a OG).

Die Beschwerdeführer haben bei diesem Verfahrensausgang die
bundesgerichtlichen Kosten zu tragen (Art. 153, 153a und 156 OG). Es wird
keine Parteientschädigung zugesprochen (Art. 159 OG).

Demnach erkennt das Bundesgericht

im Verfahren nach Art. 36a OG:

1.
Die staatsrechtliche Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten
ist.

2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird den Beschwerdeführern unter
solidarischer Haftbarkeit auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Beschwerdeführern, der Steuerverwaltung und dem
Verwaltungsgericht des Kantons Bern schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 7. August 2003

Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Der Gerichtsschreiber: