Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen P 23/2002
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P 23/02

Urteil vom 20. September 2002
IV. Kammer

Bundesrichter Rüedi, Bundesrichter Ferrari und nebenamtlicher Richter
Maeschi; Gerichtsschreiberin Helfenstein Franke

S.________, 1963, Beschwerdeführerin,
handelnd durch den Vormundschaftsbehörde Y.________, z.H. U.________, 3076
Worb 1, und dieser vertreten durch Fürsprecher Peter Huber, Belpstrasse 16,
3001 Bern,

gegen

Ausgleichskasse des Kantons Bern, Abteilung Leistungen, Chutzenstrasse 10,
3007 Bern, Beschwerdegegnerin

Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Bern

(Entscheid vom 12. Februar 2002)

Sachverhalt:

A.
S. ________, geboren 1963, ist geistig behindert und lebt seit 1980 in der
Eingliederungsstätte G.________. Ab 1. Januar 1987 bezog sie
Ergänzungsleistungen zur Rente der Invalidenversicherung. Auf Grund eines
Erbteilungsvertrages vom 28. Februar 1992, mit welchem sie neben ihrer
Schwester F.________ Eigentümerin zur Hälfte an einer Liegenschaft
X.________wurde, nahm die Ausgleichskasse des Kantons Bern eine Neuberechnung
der Ergänzungsleistung vor. Mit Verfügung vom 17. Oktober 1995 forderte sie
für die Zeit von Januar 1992 bis Dezember 1994 Leistungen im Betrag von Fr.
12'316.-- zurück und und verneinte einen Anspruch für die Zeit ab 1. Januar
1995. Diese Verfügung blieb unangefochten. Am 23. November 1998 reichte die
Vormundschaftsbehörde Y.________ namens der Versicherten ein neues Gesuch um
Zusprechung von Ergänzungsleistungen ein, nachdem S.________ ihren hälftigen
Liegenschaftsanteil auf den 1. Juli 1998 zu einem Anrechnungspreis von Fr.
1'525'000.-- der Schwester abgetreten hatte. Am 23. Juni 2000 lehnte die
Ausgleichskasse das Begehren verfügungsweise ab, wobei sie ausgehend von
einem Repartitionswert der Liegenschaft (½ Anteil) von Fr. 2'119'599.-- einen
Vermögensverzicht für 1998 und 1999 von Fr. 594'598.-- in Rechnung stellte
und einen Einnahmenüberschuss von Fr. 20'672.-- ab 1. November 1998
ermittelte.

B.
Die hiegegen erhobene Beschwerde, mit welcher die Vormundschaftsbehörde die
Aufhebung der Verfügung vom 23. Juni 2000 und die Zusprechung einer
Ergänzungsleistung unter Berücksichtigung eines Verkehrswertes der
Liegenschaft von Fr. 3'050'000.-- beantragte, wies das Verwaltungsgericht des
Kantons Bern mit der Feststellung ab, dass die Ausgleichskasse zu Recht vom
Repartitionswert des hälftigen Liegenschaftsanteils von Fr. 2'119'599.--
ausgegangen, die Berechnung jedoch insofern zu korrigieren sei, als ein
Betrag von Fr. 50'000.--, welchen die Erwerberin laut Erbteilungsvertrag auf
den 1. Juli 1998 bar zu bezahlen hatte, unberücksichtigt geblieben sei, was
indessen am Einnahmenüberschuss nichts ändere (Entscheid vom 12. Februar
2002).

C.
Vertreten durch Fürsprecher Peter Huber, Bern, lässt die
Vormundschaftsbehörde Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen mit dem
Rechtsbegehren, der angefochtene Entscheid sei aufzuheben und es sei die
Sache zur Neuberechnung des Anspruchs auf Ergänzungsleistung an die
Verwaltung zurückzuweisen. In der Begründung wird daran festgehalten, dass
der veräusserte Liegenschaftsanteil zum ermittelten Verkehrswert gemäss
Schätzungen vom 27. Juni 1996 und 18. Februar 1997 anzurechnen sei.

Die Ausgleichskasse schliesst auf Abweisung der
Verwaltungsgerichtsbeschwerde, während das Bundesamt für Sozialversicherung
(BSV) sich nicht vernehmen lässt.

Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

1.
1.1 Gemäss Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 2a ELG haben Schweizer Bürger
und Bürgerinnen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt in der Schweiz
Anspruch auf Ergänzungsleistungen, wenn sie eine der Voraussetzungen nach den
Art. 2a-d ELG erfüllen und die gesetzlich anerkannten Ausgaben (Art. 3b ELG)
die anrechenbaren Einnahmen (Art. 3c ELG) übersteigen. Dabei entspricht die
jährliche Ergänzungsleistung dem Betrag, um den die anerkannten Ausgaben die
anrechenbaren Einnahmen übersteigen (Art. 3a Abs. 1 ELG).

Die anrechenbaren Einnahmen werden nach Art. 3c ELG berechnet. Als Einkommen
anzurechnen sind danach unter anderem Einkünfte und Vermögenswerte, auf die
verzichtet worden ist (Art. 3c Abs. 1 lit. g ELG). Eine Verzichtshandlung
liegt vor, wenn die versicherte Person ohne rechtliche Verpflichtung und ohne
adäquate Gegenleistung auf Vermögen verzichtet hat, wenn sie einen
Rechtsanspruch auf bestimmte Einkünfte und Vermögenswerte hat, davon aber
faktisch nicht Gebrauch macht bzw. ihre Rechte nicht durchsetzt, oder wenn
sie aus von ihr zu verantwortenden Gründen von der Ausübung einer möglichen
oder zumutbaren Erwerbstätigkeit absieht (BGE 121 V 205 Erw. 4a, 117 V 289
Erw. 2a; AHI 1997 S. 254 Erw. 2; SVR 1999 EL Nr. 2 S. 3 Erw. 2).

1.2 Gestützt auf Art. 3a Abs. 7 lit. b ELG hat der Bundesrat in Art. 17 ELV
nähere Bestimmungen zur Vermögensbewertung erlassen. Danach ist das
anrechenbare Vermögen nach den Grundsätzen der Gesetzgebung über die direkte
kantonale Steuer für die Bewertung des Vermögens im Wohnsitzkanton zu
bewerten (Abs. 1). Dienen Grundstücke dem Bezüger oder einer Person, die in
der EL-Berechnung eingeschlossen ist, nicht zu eigenen Wohnzwecken, so sind
sie zum Verkehrswert einzusetzen (Abs. 4). Nach Abs. 5 in der ab 1. Januar
1999 gültigen Fassung der Bestimmung (Verordnungsänderung vom 16. September
1998; AS 1998 2582) ist bei der entgeltlichen oder unentgeltlichen
Veräusserung eines Grundstücks für die Prüfung, ob ein Vermögensverzicht im
Sinne von Art. 3c Abs. 1 lit. g ELG vorliegt, der Verkehrswert massgebend.
Der Verkehrswert gelangt nicht zur Anwendung, wenn von Gesetzes wegen ein
Rechtsanspruch auf den Erwerb zu einem tieferen Wert besteht. Gemäss dem mit
der Verordnungsänderung vom 16. September 1998 eingefügten Abs. 6 der
Bestimmung können die Kantone anstelle des Verkehrswertes einheitlich den für
die interkantonale Steuerausscheidung massgebenden Repartitionswert anwenden.
Der Kanton Bern hat von der mit Art. 17 Abs. 6 ELV eingeräumten Möglichkeit
Gebrauch gemacht und stellt seit 1. Januar 1999 für die Bewertung von
Grundstücken im Rahmen der Berechnung der Ergänzungsleistung einheitlich auf
den Repartitionswert ab (EL-Handbuch, hrsg. von der Ausgleichskasse des
Kantons Bern, gültig ab 1. Januar 1999, C/7.1 Nr. 125.2). Dieser beträgt für
den Liegenschaftsanteil der Beschwerdeführerin in X.________ 150% des
amtlichen Wertes (Kreisschreiben des Ausschusses der Konferenz staatlicher
Steuerbeamter für die Bewertung der Grundstücke bei der interkantonalen
Steuerausscheidung in der Steuerperiode 1997/1998 vom 6. Dezember 1996,
veröffentlicht in Steuerrevue 52 [1997] S. 137, und Kreisschreiben des
Vorstandes der Schweizer Steuerkonferenz für die Bewertung der Grundstücke
bei der interkantonalen Steuerausscheidung in der Steuerperiode 1999/2000 vom
11. Dezember 1998).

1.3 Im vorliegenden Fall geht es um den EL-Anspruch ab 1. November 1998. Ob
die Ausgleichskasse unter den gegebenen Umständen zu Recht auch für die Zeit
vor dem 1. Januar 1999 auf den Repartitionswert abgestellt hat, ist fraglich
(vgl. hiezu BGE 120 V 184 Erw. 4b), kann jedoch offen bleiben, wie sich aus
dem Folgenden ergibt.

2.
2.1 Die Beschwerdeführerin beruft sich auf die Rechtsprechung zu Art. 17 Abs.
1 ELV, wonach ausnahmsweise vom kantonalen Steuerwert abgewichen werden kann,
und macht geltend, es bestehe kein Grund, diese Praxis nicht auch auf den
Repartitionswert gemäss Art. 17 Abs. 6 ELV anzuwenden. Beide Bestimmungen
bezweckten, die EL-Berechnung zu vereinfachen, und stellten zur Vermeidung
aufwendiger Abklärungen auf bereits bekannte Steuerwerte ab. Der Steuerwert
beruhe auf einer kantonalen Gesetzesgrundlage und werde in Form einer
anfechtbaren Verfügung festgesetzt. Demgegenüber bestehe für die Erhebung des
Repartitionswertes seit Inkrafttreten des Bundesgesetzes über die direkte
Bundessteuer (DBG) am 1. Januar 1995 keine gesetzliche Grundlage mehr. Der
Repartitionswert werde durch den Ausschuss der Konferenz staatlicher
Steuerbeamter (nunmehr: Vorstand der Schweizerischen Steuerkonferenz)
periodisch festgelegt und einvernehmlich von den Kantonen akzeptiert. Er
könne, soweit ersichtlich, auch nicht angefochten werden. Im Rahmen von Art.
17 Abs. 6 ELV bestünden daher noch vermehrt Gründe für ein ausnahmsweises
Abweichen vom massgebenden Wert.

2.2 Art. 17 ELV in der bis Ende 1991 gültig gewesenen Fassung sah vor, dass
bei der Bewertung von Liegenschaften auf die kantonale Steuerschätzung
abgestellt werden konnte, sofern sie nicht wesentlich von den Grundsätzen der
Gesetzgebung der direkten Bundessteuer abwich; andernfalls war das
anrechenbare Vermögen nach den bundessteuerlichen Grundsätzen über die
Bewertung des Vermögens juristischer Personen zu bewerten, wobei die
Eidgenössische Steuerverwaltung in ihren Kreisschreiben periodisch die
Koeffizienten festlegte, nach denen die kantonalen Schätzungen gegebenenfalls
anzupassen waren (vgl. BGE 113 V 192 Erw. 4c/aa). Nach der Rechtsprechung
waren diese Regeln auch bei der Bewertung entäusserter Liegenschaften im
Rahmen von Art. 3 Abs. 1 lit. f ELG (Vermögensverzicht) massgebend.
Vorbehalten blieb der Fall, dass die Bewertung eines entäusserten Vermögens
nach bundesrechtlichen Grundsätzen sich als missbräuchlich erwies oder zu
einem stossenden Ergebnis führte (BGE 113 V 194 Erw. 5b; nicht
veröffentlichte Urteile B. vom 7. Januar 1991, P 13/89, und H. vom 14. Juli
1993, P 21/93). In Urteil B. vom 13. Dezember 2001, P 31/01, hat das
Eidgenössische Versicherungsgericht offen gelassen, ob diese Rechtsprechung
analog auf den am 1. Januar 1999 in Kraft getretenen Art. 17 Abs. 6 ELV über
die Bewertung von Liegenschaften nach dem Repartitionswert anwendbar ist,
weil im konkreten Fall keine besondern Verhältnisse gegeben waren, die ein
ausnahmsweises Abgehen von der Verordnungsregelung zu rechtfertigen
vermochten. Im Urteil M. vom 8. April 2002, P 55/01, hat es die Frage in der
Folge bejaht mit der Feststellung, dass auch der Repartitionswert auf dem
kantonalen Steuerwert beruht und keine Gründe ersichtlich sind, weshalb die
von der Rechtsprechung in Bezug auf die Massgeblichkeit des Steuerwertes
statuierten Einschränkungen nicht auch bezüglich des Repartitionswertes
Anwendung finden sollten. Für ein Abgehen vom Repartitionswert genügt es
jedoch nicht, dass der Verkehrswert vom Repartitionswert  abweicht. Vielmehr
bedarf es besonderer Umstände, die ein Festhalten am Repartitionswert als
missbräuchlich erscheinen lassen oder zu einem stossenden Ergebnis führen.

3.
3.1 Die Beschwerdeführerin macht geltend, im vorliegenden Fall könne nicht auf
den Repartitionswert abgestellt werden, weil es sich beim veräusserten
Vermögenswert um einen Anteil an einem Mehrfamilienhaus handle und für eine
hälftige Beteiligung an einem Eigentum zu gesamter Hand auf dem offenen Markt
kaum je ein Käufer zu finden sei. Des Weitern sei zu beachten, dass zwei
unabhängig voneinander erstellte Verkehrswertgutachten vorlägen und die
Veräusserung im Rahmen eines zweistufigen vormundschaftlichen
Genehmigungsverfahrens erfolgt sei, weshalb die Gefahr, dass im Hinblick auf
die Ergänzungsleistung oder aus andern Gründen in missbräuchlicher Weise
unter dem Verkehrswert verkauft worden sei, ausgeschlossen werden könne. Aus
den Liegenschaftsschätzungen ergebe sich, dass die Veräusserung des
Grundeigentums zum tatsächlich realisierbaren Verkehrswert der hälftigen
Beteiligung zu gesamter Hand erfolgt sei. Dazu komme, dass selbst das
Kreisschreiben des Ausschusses der Konferenz staatlicher Steuerbeamter
Ausnahmen vorsehe, indem der Repartitionswert für nicht landwirtschaftliche
Grundstücke in X.________ ab der Steuerperiode 1997/98 "in der Regel" 150%
des kantonalen Steuerwertes betrage. Der kantonale Steuerwert werde für
vermietete Liegenschaften nach dem Ertragswert berechnet. Beide
Liegenschafts-Schätzungen wiesen nach, dass der Verkehrswert nur geringfügig
über dem Ertragswert liege, womit feststehe, dass die Regelvermutung des
Repartitionswertes, wonach der Verkehrswert der Liegenschaft den Ertragswert
um die Hälfte übersteige, im vorliegenden Fall unhaltbar sei.

3.2 Ob die kantonale Steuerbehörde den Repartitionswert für den hälftigen
Liegenschaftsanteil zu Recht auf Fr. 2'119'599.-- (= 150% des amtlichen
Wertes von Fr. 1'413'066.--) festgesetzt hat oder ob Gründe dafür bestanden
hätten, vom Regelansatz von 150% des amtlichen Wertes abzugehen, kann nicht
Gegenstand des vorliegenden Verfahrens sein. Mit der Steuerausscheidung vom
3. September 1998 hat die kantonale Steuerverwaltung den Repartitionswert zur
Vermögenssteuer 1997/98 auf 150% des kantonalen Steuerwertes festgesetzt,
wovon auch im Rahmen von Art. 17 Abs. 6 ELV auszugehen ist. Fraglich kann
lediglich sein, ob unter EL-rechtlichen Gesichtspunkten ausnahmsweise vom
gemeldeten Repartitionswert abzugehen ist. Diesbezüglich ist zunächst
festzustellen, dass zwischen dem Repartitionswert für die gesamte
Liegenschaft von Fr. 4'239'198.-- und den vorhandenen Verkehrswertschätzungen
eine erhebliche Differenz besteht, indem der Repartitionswert 30% bis 40%
über dem geschätzten Verkehrswert liegt. In der Schätzung des
Hausbesitzer-Vereins X.________ vom 27. Juni 1996 wird der Verkehrswert der
gesamten Liegenschaft per 1. Januar 1995 mit Fr. 3'321'900.-- (Mittel aus dem
Realwert von Fr. 3'392'600.--, dem Zeitwert von Fr. 3'267'400.-- und dem
Ertragswert von Fr. 3'305'600.--) und der Marktwert mit Fr. 3'400'000.-- bis
3'500'000.-- angegeben. Die Frima T.________ AG gelangte in der Schätzung vom
18. Februar 1997 zu einem Verkehrswert von Fr. 3'068'118.-- (Mittel aus dem
Realwert von Fr. 3'129'701.-- und dem Ertragswert von Fr. 3'006'536.--),
gerundet Fr. 3'050'000.--. Beide Schätzungen wurden von der
Vormundschaftsbehörde in Auftrag gegeben und es spricht nichts dafür, dass
sie nicht objektiv sind oder in einem wesentlichen Punkt nicht den Tatsachen
entsprechen. Es bestehen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass der
Verkehrswert tiefer angesetzt wurde, weil es sich um einen Verkauf unter
Familienangehörigen handelte. Wie dem Vormundschafts-Bericht vom 18. Januar
1999 zu entnehmen ist, war die Schwester der Beschwerdeführerin auf Grund der
ersten Schätzung zunächst bereit, die Liegenschaft zu einem Anrechnungspreis
von Fr. 3'250'000.-- zu übernehmen, nachdem die finanzierende Bank einen
Verkaufspreis von Fr. 3'300'000.- als realistisch bezeichnet hatte. Unter dem
Eindruck sinkender Liegenschaftspreise wurde in der Folge die
Verkehrswert-Schätzung der Frima T.________ AG von Fr. 3'050'000.-- für den
Verkauf und die Finanzierung der Liegenschaft als realistischer betrachtet,
worauf sich die Vormundschaftsbehörde mit diesem Übernahmepreis einverstanden
erklärte. Dabei zog sie in Betracht, dass die Schwester ihren Anteil nicht
verkaufen wollte und die Hälfte einer Liegenschaft zu gesamter Hand auf dem
offenen Markt nur schwer verkäuflich ist. Im bereits erwähnten Urteil B. vom
13. Dezember 2001, P 31/01, hat das Eidgenössische Versicherungsgericht es
zwar abgelehnt, besondere, ein Abgehen vom Repartitionswert begründende
Verhältnisse darin zu erblicken, dass es sich bei der veräusserten
Liegenschaft um einen blossen Miteigentumsanteil handelte. Ausschlaggebend
hiefür war indessen, dass die versicherte Person zuvor einen
Miteigentumsanteil zu einem Preis erworben hatte, welcher auf einen höheren
Verkehrswert schliessen liess. So verhält es sich hier nicht, hat die
Beschwerdeführerin die Liegenschaft bei der Erbteilung im Jahre 1992 doch
zusammen mit ihrer Schwester zu einem Anrechnungspreis der gesamten
Liegenschaft von Fr. 2'266'105.25 übernommen. Sodann lässt sich nicht
bestreiten, dass ein Verkauf des hälftigen Liegenschaftsanteils auf dem
offenen Markt nur schwer zu realisieren gewesen wäre, auch wenn die
Liegenschaft aus einem Grundstück mit zwei Wohnhäusern besteht, die
allerdings von stark unterschiedlicher Grösse sind. Ohne dass es weiterer
Abklärungen bedarf, ist mit überwiegender Wahrscheinlichkeit anzunehmen, dass
der bei der Handänderung angerechnete Verkaufspreis angemessen war, wofür
auch der Umstand spricht, dass es sich um eine Renditeliegenschaft mit
durchschnittlichem Ausbaustandard an mittlerer Wohnlage handelt und der
Übernahmepreis in etwa dem Ertragswert entsprach. Eine Anrechnung zum
Repartitionswert liefe unter den gegebenen Umständen darauf hinaus, der
Beschwerdeführerin ein fiktives, auf dem Liegenschaftsmarkt kaum
realisierbares Vermögen anzurechnen, was sich mit Sinn und Zweck der
gesetzlichen Regelung nicht vereinbaren lässt. Es rechtfertigt sich daher,
ausnahmsweise vom Repartitionswert abzugehen und festzustellen, dass die
Beschwerdeführerin mit dem Verkauf des Liegenschaftsanteils an die Schwester
nicht im Sinne von Art. 3c Abs. 1 lit. g ELG auf Vermögenswerte verzichtet
hat. Die Sache ist daher an die Verwaltung zurückzuweisen, damit sie über den
EL-Anspruch der Beschwerdeführerin ab 1. November 1998 unter Berücksichtigung
eines Verkehrswertes des hälftigen Liegenschaftsanteils von Fr. 1'525'000.--
und ohne Anrechnung eines Verzichtvermögens neu verfüge.

Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:

1.
In Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde werden der Entscheid des
Verwaltungsgerichts des Kantons Bern vom 12. Februar 2002 und die Verfügung
der Ausgleichskasse des Kantons Bern vom 23. Juni 2000 aufgehoben und es wird
die Sache an die Ausgleichskasse des Kantons Bern zurückgewiesen, damit diese
über den Anspruch auf Ergänzungsleistungen im Sinne der Erwägungen neu
verfüge.

2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3.
Die Ausgleichskasse des Kantons Bern hat der Beschwerdeführerin für das
Verfahren vor dem Eidgenössischen Versicherungsgericht eine
Parteientschädigung von Fr. 2'500.-- (einschliesslich Mehrwertsteuer) zu
bezahlen.

4.
Das Verwaltungsgericht des Kantons Bern wird über eine Parteientschädigung
für das kantonale Verfahren entsprechend dem Ausgang des letztinstanzlichen
Prozesses zu befinden haben.

5.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern,
Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, und dem Bundesamt für
Sozialversicherung zugestellt.

Luzern, 20. September 2002
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts

Der Vorsitzende der IV. Kammer:   Die Gerichtsschreiberin: