Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen P 11/2002
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P 11/02

Urteil vom 22. Juli 2003
II. Kammer

Bundesrichterin Widmer, Bundesrichter Ursprung und Frésard;
Gerichtsschreiberin Helfenstein Franke

F.________, 1960, Beschwerdeführerin,

gegen

Sozialversicherungsanstalt des Kantons Aargau, Kyburgerstrasse 15, 5001
Aarau, Beschwerdegegnerin

Versicherungsgericht des Kantons Aargau, Aarau

(Entscheid vom 17. Januar 2002)

Sachverhalt:

A.
Die 1960 geborene F.________ bezieht seit 1. Februar 1997
Ergänzungsleistungen zu ihrer Invalidenrente, ab 1. Januar 2001 in der Höhe
von monatlich Fr. 457.-. Sie lebt mit ihren Töchtern N.________, geboren
1988, und V.________, geboren 1990, sowie ihrem Lebenspartner in der
gemeinsamen Wohnung. Im Anschluss an eine periodische Überprüfung des
Anspruchs setzte die Ausgleichskasse des Kantons Aargau (nachfolgend:
Ausgleichskasse) mit Verfügung vom 18. September 2001 die monatlichen
Ergänzungsleistungen ab 1. Oktober 2001 neu auf Fr. 269.- fest. Nach einer
von F.________ verlangten Überprüfung der Neuberechnung verfügte die
Ausgleichskasse am 5. Oktober 2001 neu einen Anspruch von Fr. 291.-
monatlich.

B.
Die hiegegen erhobene Beschwerde wies das Versicherungsgericht des Kantons
Aargau mit Entscheid vom 17. Januar 2002 ab.

C.
F.________ führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde und beantragt eine monatliche
Ergänzungsleistung von Fr. 827.- ab 1. Oktober 2001.

Die Ausgleichskasse und das Bundesamt für Sozialversicherung (nachfolgend:
BSV) verzichten auf eine Vernehmlassung.

Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

1.
Im Beschwerdeverfahren um die Bewilligung oder Verweigerung von
Versicherungsleistungen ist die Überprüfungsbefugnis des Eidgenössischen
Versicherungsgerichts nicht auf die Verletzung von Bundesrecht
einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens beschränkt,
sondern sie erstreckt sich auch auf die Angemessenheit der angefochtenen
Verfügung; das Gericht ist dabei nicht an die vorinstanzliche Feststellung
des rechtserheblichen Sachverhalts gebunden und kann über die Begehren der
Parteien zu deren Gunsten oder Ungunsten hinausgehen (Art. 132 OG).

2.
Die Vorinstanz hat die rechtlichen Grundlagen des strittigen Anspruchs auf
Ergänzungsleistungen (Art. 2 Abs. 1 ELG in der hier anwendbaren, bis zum 31.
Dezember 2002 [In-Kraft-Treten des Bundesgesetzes über den Allgemeinen Teil
des Sozialversicherungsrechts, ATSG, am 1. Januar 2003] gültig gewesenen
Fassung und Art. 2b ELG), insbesondere die Regeln betreffend anerkannte
Ausgaben (Art. 3b ELG) und anrechenbare Einnahmen (Art. 3c ELG) sowie über
die Zusammenrechnung von Ausgaben und Einnahmen von Ehegatten, Personen mit
rentenberechtigten oder an der Rente beteiligten Kindern (Art. 3a Abs. 4 ELG)
zutreffend dargelegt. Richtig ist auch, dass Kinder, deren anrechenbare
Einnahmen die anerkannten Ausgaben übersteigen, für die Berechnung der
jährlichen Ergänzungsleistungen ausser Betracht fallen (Art. 3a Abs. 6 ELG in
Verbindung mit Art. 8 Abs. 2 ELV in der seit 1. Januar 1998 geltenden
Fassung). Darauf wird verwiesen.

Zu ergänzen ist, dass das am 1. Januar 2003 in Kraft getretene ATSG vom 6.
Oktober 2000 im vorliegenden Fall nicht anwendbar ist, da nach dem
massgebenden Zeitpunkt des Erlasses der streitigen Verfügung (hier: 5.
Oktober 2001) eingetretene Rechts- und Sachverhaltsänderungen vom
Sozialversicherungsgericht nicht berücksichtigt werden (BGE 127 V 467 Erw. 1,
121 V 366 Erw. 1b).

3.
3.1 Streitig ist die Höhe und damit die Berechnung des Anspruchs der
Versicherten auf Ergänzungsleistungen. Die Ausgleichskasse sprach der
Versicherten mit der streitigen Verfügung eine Ergänzungsleistung von Fr.
291.- zu. Dabei bezog sie die beiden Töchter in die Berechnung mit ein, da
die Gegenüberstellung von deren Einnahmen und Ausgaben einen
Ausgabenüberschuss von Fr. 588.- ergab (Ausgaben: Lebensbedarf von Fr.
8850.-, Mietzinsanteil von Fr. 6495.- [ein Viertel der Jahresmiete von Fr.
25'980.-] sowie Krankenkassenpauschale von Fr. 600.- abzüglich Einnahmen:
IV-Kinderrente von Fr. 8148.- und Unterhaltsbeiträge von Fr. 7209.-). Die
Vorinstanz bestätigte diese Berechnung, insbesondere die Aufteilung des
Mietzinses auf die vier Bewohner. Demgegenüber bringt die Beschwerdeführerin
vor, die Berechnung für ihre Töchter ergebe einen Einnahmenüberschuss,
weshalb diese in ihrer EL-Berechnung ausser Acht zu lassen seien. Sie macht
dazu geltend, der Mietzinsanteil pro Person sei basierend auf dem
Maximalabzug zu ermitteln, nicht auf dem effektiven Mietzins, was Fr. 3750.-
(Fr. 15'000.- : 4) anstelle von Fr. 6495.- und somit einen
Einnahmenüberschuss von Fr. 2157.- ergebe. Zudem seien ihr drei Viertel der
Mietkosten anzurechnen, da sie als Inhaberin der elterlichen Sorge
verpflichtet sei, für den Unterhalt ihrer Kinder aufzukommen und ihnen
unentgeltlich Unterkunft zu gewähren.

3.2 Zu den anerkannten Ausgaben gehört bei Personen, die nicht dauernd oder
längere Zeit in einem Heim oder Spital leben (zu Hause wohnende Personen) der
Mietzins einer Wohnung und die damit zusammenhängenden Nebenkosten (Art. 3b
Abs. 1 lit. b ELG). Gemäss Art. 5 Abs. 1 lit. b ELG legen die Kantone den
Betrag für die Mietzinsausgaben fest, höchstens aber auf Fr. 12'000.- bei
Alleinstehenden und Fr. 13'800.- bei Ehepaaren und Personen mit
rentenberechtigten oder an der Rente beteiligten Kindern (gemäss Art. 2 lit.
a und b der Verordnung über Anpassungen bei den Ergänzungsleistungen zur
AHV/IV vom 18. September 2000, in Kraft seit 1. Januar 2001, Fr. 13'200.- und
Fr. 15'000.-). Art. 16c ELV bestimmt, dass der Mietzins auf die einzelnen
Personen aufzuteilen ist, wenn Wohnungen oder Einfamilienhäuser auch von
Personen bewohnt werden, welche nicht in die EL-Berechnung eingeschlossen
sind. Die Mietzinsanteile der Personen, welche nicht in die EL-Berechnung
eingeschlossen sind, werden bei der Berechnung der Ergänzungsleistung ausser
Betracht gelassen (Abs. 1). Die Aufteilung hat grundsätzlich zu gleichen
Teilen zu erfolgen (Abs. 2).

3.3 Gestützt auf diese Bestimmungen ist es nicht zu beanstanden, wenn die
Vorinstanz mit der Verwaltung basierend auf einem monatlichen Mietzins von
Fr. 2165.- = Fr. 25'980.- Jahresmiete den Mietzinsanteil der vier im Haushalt
der Beschwerdeführerin lebenden Personen auf Fr. 6495.- festgesetzt hat.
Daran ändert nichts, dass vorliegend im Maximum nur ein Jahresmietzins von
Fr. 15'000.- berücksichtigt werden kann. Es besteht entgegen der Auffassung
der Beschwerdeführerin keine Veranlassung, den jeweiligen Mietanteil gestützt
auf den maximal abzugsberechtigten Mietzins von Fr. 15'000.- (davon ein
Viertel = Fr. 3750.-) festzusetzen. Vielmehr würde dies bei der EL-Berechnung
der Anspruchsberechtigten selbst dazu führen, dass lediglich ein gegenüber
dem effektiv bezahlten Mietzins tieferer Betrag berücksichtigt werden könnte,
was nicht Sinn des Gesetzes sein kann.

3.4 Damit ergibt sich aus der Gegenüberstellung von Einnahmen und Ausgaben
der Kinder ein Ausgabenüberschuss von Fr. 588.-, wie ihn die Ausgleichskasse
ermittelt hat, weshalb die beiden Töchter in der EL-Berechnung zu
berücksichtigen sind. Entsprechend ist in der EL-Berechnung der
Beschwerdeführerin gestützt auf drei Viertel des effektiven Mietzinses von
Fr. 19'485.- der Maximalbetrag von Fr. 15'000.- aufzurechnen. Unter diesen
Umständen kann offen gelassen werden, ob im Fall der Ausserachtlassung der
Töchter in der EL-Berechnung der Versicherten auf Grund ihrer
Unterhaltspflicht gleichwohl drei Viertel des Mietzinses anzurechnen wären.

Im Übrigen ist die EL-Berechnung durch Verwaltung und Vorinstanz nicht zu
beanstanden, zumal die weiteren Positionen auch nicht bestritten werden
(Ausgaben von Fr. 53'474.- [Lebensbedarf für die Versicherte Fr. 16'880.-,
für beide Kinder Fr. 8850.- x 2, Mietanteil Fr. 15'000.-;
Krankenkassenpauschale für die Versicherte Fr. 2292.- und für beide Kinder
Fr. 600.- x 2 sowie Sozialversicherungsbeiträge Fr. 402.-] abzüglich
Einnahmen von Fr. 51'879.- [IV-Rente der Versicherten Fr. 20'364.-,
IV-Kinderrenten Fr. 8148.- x 2, Unterhaltsbeiträge des Vaters Fr. 7902.- x 2
sowie Vermögensertrag von Fr. 801.-] ergebend einen Ausgabenüberschuss von
Fr. 1595.- und damit eine monatliche Ergänzungsleistung von Fr. 133.- bzw. im
Rahmen der Mindestgrenze Fr. 291.- ), weshalb der vorinstanzliche Entscheid
vor Bundesrecht standhält.

Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.

2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Aargau
und dem Bundesamt für Sozialversicherung zugestellt.
Luzern, 22. Juli 2003

Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts

Die Vorsitzende der II. Kammer:  Die Gerichtsschreiberin: