Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen K 89/2002
Zurück zum Index Sozialrechtliche Abteilungen 2002
Retour à l'indice Sozialrechtliche Abteilungen 2002


K 89/02

Urteil vom 10. Dezember 2003
IV. Kammer

Präsidentin Leuzinger, Bundesrichter Rüedi und Ferrari; Gerichtsschreiberin
Amstutz

1. G.________,
2. E.________,
Beschwerdeführende,

gegen

Sanitas Krankenversicherung, Lagerstrasse 107, 8004 Zürich,
Beschwerdegegnerin

Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, Winterthur

(Entscheid vom 19. Juli 2002)

Sachverhalt:

A.
Mit Verfügung vom 10. Juli 2001 teilte die Direktion der städtischen
Gesundheitsdienste Zürich G.________ per 1. August 2001 der Sanitas
Krankenversicherung zu, nachdem sie es trotz schriftlicher Aufforderung und
Mahnung unterlassen hatte, den Gesundheitsdiensten ihren obligatorischen
Krankenversicherer mitzuteilen. Mit Schreiben vom 19. Juli 2001 ersuchte die
Sanitas G.________ für den Fall, dass sie bereits bei einer anerkannten
Krankenversicherung für die gesetzlichen Leistungen versichert sei, um
Zustellung einer Kopie ihres Versicherungsausweises an die
Gesundheitsdirektion, welche anschliessend über die Aufhebung der Verfügung
vom 10. Juli 2001 entscheiden werde; ohne gegenteiligen Bericht innert 10
Tagen werde die Versicherung bei der Sanitas per 1. August 2001 eröffnet.
G.________ reagierte nicht.
Die Zahlung der von der Sanitas in der Folge in Rechnung gestellten
Krankenkassenprämien für die Monate August bis Dezember 2001 blieb trotz
wiederholter Mahnung aus, worauf die Versicherung am 21. März 2002 gegen
G.________ die Betreibung einleitete (Betreibung Nr. 26938). Den am 26. März
2002 gegen den Zahlungsbefehl vom 22. März 2002 (Forderungsbetrag: Fr.
1'262.50 zuzüglich Umtriebsentschädigung von Fr. 100.--,
Zahlungsbefehlskosten von Fr. 70.-- und Kosten eines Zustellungsversuchs von
Fr. 8.--) erhobenen Rechtsvorschlag erklärte die Sanitas mit Verfügung vom
28. März 2002 als aufgehoben, wogegen G.________ und ihr Ehegatte
einspracheweise geltend machten, die Zwangszuweisung zur Sanitas sei aufgrund
des bereits bestehenden, umfassenden Versicherungsschutzes durch die im
Rahmen der International Health Insurance Y.________ abgeschlossenen,
weltweit gültigen Privatversicherung zu Unrecht erfolgt und die Prämien daher
ohne Rechtsgrund erhoben worden; gegen die Zuweisungsverfügung vom 10. Juli
2001 sei denn auch ein Rechtsmittelverfahren hängig. Mit Einspracheentscheid
vom 7. Mai 2002 hielt die Sanitas an ihrem Standpunkt fest.

B.
Hiegegen erhoben G.________ und ihr Ehehamm Beschwerde mit dem sinngemässen
Antrag, mangels Prämienleistungspflicht seien der Einspracheentscheid vom 7.
Mai 2002 sowie die Verfügung vom 28. März 2002 aufzuheben. In teilweiser
Gutheissung der Beschwerde änderte das Sozialversicherungsgericht des Kantons
Zürich den Einspracheentscheid vom 7. Mai 2002 dahingehend ab, dass es die
geschuldete Umtriebsentschädigung von Fr. 100.-- auf Fr. 60.-- herabsetzte;
im Übrigen wies es die Beschwerde ab und hob den Rechtsvorschlag in der
Betreibung Nr. 26938 auf (Entscheid vom 19. Juli 2002).

C.
Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde erneuern G.________ und ihr Ehegatte ihr
vorinstanzlich gestelltes Rechtsbegehren. Die von den Eheleuten erhobenen
Kostenvorschüsse von je Fr. 500.-- wurden am 14. September 2002 fristgerecht
geleistet.
Die Sanitas sowie das Bundesamt für Sozialversicherung haben auf eine
Vernehmlassung verzichtet.

Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

1.
1.1 Nach ständiger Rechtsprechung prüft das Eidgenössische
Versicherungsgericht von Amtes wegen die formellen Gültigkeitserfordernisse
des Verfahrens, insbesondere auch die Frage, ob die Vorinstanz zu Recht auf
die Beschwerde oder Klage eingetreten ist (BGE 123 V 283 Erw. 1, 122 V 373
Erw. 1 und 322 Erw. 1, je mit Hinweisen). Da der vorinstanzliche Entscheid
vom 19. Juli 2002 vor In-Kraft-Treten des am 6. Oktober 2000 erlassenen
Bundesgesetzes über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG)
am 1. Januar 2003 ergangen ist, sind - nach den Regeln des intertemporalen
Rechts und des zeitlich massgebenden Sachverhalts (BGE 127 V 467 Erw. 1, 121
V 366 Erw. 1b) - für die Beurteilung der Prozessvoraussetzungen, ebenso wie
der materiellrechtlichen Streitpunkte, die bis zum 31. Dezember 2002 gültig
gewesenen Bestimmungen und Grundsätze massgebend.
Im vorliegenden Fall ist das kantonale Gericht auf die Beschwerde beider
Ehegatten eingetreten, obwohl lediglich die Ehefrau Adressatin der strittigen
Verfügung vom 28. März 2002 ist und auch der Einspracheentscheid vom 7. Mai
2002 nur auf ihren Namen lautet.

1.2 Art. 86 Abs. 1 KVG (in der bis am 31. Dezember 2002 gültig gewesenen
Fassung; Erw. 1.1 hievor) sieht gegen Einspracheentscheide betreffend
Streitigkeiten zwischen Versicherten und Versicherern oder der Versicherer
unter sich die Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das vom Kanton bezeichnete
Versicherungsgericht vor, äussert sich indessen nicht näher zu den
Voraussetzungen der Beschwerdelegitimation. Da an die Beschwerdebefugnis auf
kantonaler Ebene rechtsprechungsgemäss nicht strengere Anforderungen gestellt
werden dürfen, als Art. 103 lit. a OG für die Legitimation im Verfahren vor
dem Eidgenössischen Versicherungsgericht vorsieht, sind die mit dieser
Bestimmung gesetzten bundesrechtlichen Massstäbe sowie die hierzu ergangene
Praxis auch für das kantonale Rechtsmittelverfahren richtungsweisend. Wer
gemäss Art. 103 lit. a OG im letztinstanzlichen Verfahren beschwerdebefugt
ist, muss mithin im erstinstanzlichen Beschwerdeverfahren ebenfalls zum
Weiterzug berechtigt sein (RKUV 2002 Nr. KV 211 S. 176 f. Erw. 1c mit
Hinweisen).
Nach Art. 103 lit. a OG ist zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde befugt, wer
durch die angefochtene Verfügung berührt ist und ein schutzwürdiges Interesse
an deren Aufhebung oder Änderung hat. Die Rechtsprechung betrachtet als
schutzwürdiges Interesse im Sinne von Art. 103 lit. a OG jedes praktische
oder rechtliche Interesse, welches eine von einer Verfügung betroffene Person
an deren Änderung oder Aufhebung geltend machen kann. Das schutzwürdige
Interesse besteht somit im praktischen Nutzen, den die Gutheissung der
Beschwerde dem Verfügungsadressaten verschaffen würde, oder - anders
ausgedrückt - im Umstand, einen Nachteil wirtschaftlicher, ideeller,
materieller oder anderweitiger Natur zu vermeiden, welchen die angefochtene
Verfügung mit sich bringen würde. Das rechtliche oder auch bloss tatsächliche
Interesse braucht somit mit dem Interesse, das durch die von der
beschwerdeführenden Person als verletzt bezeichnete Norm geschützt wird,
nicht übereinzustimmen. Immerhin wird verlangt, dass die Person durch die
angefochtene Verfügung stärker als jedermann betroffen sei und in einer
besonderen, beachtenswerten, nahen Beziehung zur Streitsache stehe (BGE 127 V
3 Erw. 1b, 82 Erw. 3a/aa, 125 V 342 Erw. 4a, je mit Hinweisen; RKUV 2002 Nr.
KV 211 S. 175 f. Erw. 1a).

1.3 Der Abschluss der Krankenpflegeversicherung und die entsprechenden
Prämien gehören nach Rechtsprechung (BGE 110 V 312 Erw. 3; RKUV 1993 Nr. K
914 S. 86 Erw. 2b/aa) und Lehre (vgl. Hasenböhler, Kommentar zum
schweizerischen Privatrecht, Schweizerisches Zivilgesetzbuch I, N 7 zu Art.
166; Hegnauer/Breitschmid, Grundriss des Eherechts, S. 191 N 18.07; Zürcher
Kommentar, Das Familienrecht, Teilband II 1c, N 39 zu Art. 166; Berner
Kommentar, Das Familienrecht, 2. Teilband, N 38, 39a und 40 zu Art. 166) zu
den laufenden Bedürfnissen der Familie im Sinne von Art. 166 Abs. 1 ZGB.  Für
die Prämien haften die Ehegatten unabhängig vom Güterstand solidarisch
(Eugster, Krankenversicherung, in: Schweizerisches Bundesverwaltungsrecht
[SBVR]/Soziale Sicherheit, S. 182 Rz 337). Dabei tritt die solidarische
Haftung der Ehegatten für Prämienschulden des andern nach Einführung der
obligatorischen Krankenversicherung ungeachtet dessen ein, ob das der
Beitragsforderung zugrunde liegende Versicherungsverhältnis während des
ehelichen Zusammenlebens oder im Hinblick auf familiäre Bedürfnisse begründet
worden ist (ausführlich zum Ganzen BGE 129 V 90 ff. Erw. 2 und 3).
Mit Blick auf die solidarische Haftung des einen Ehegatten für ausstehende
Prämienschulden des andern gegenüber dessen Krankenversicherer ist der
Ehepartner der Adressatin des Einspracheentscheids vom 7. Mai 2002 durch
diesen im Sinne von Art. 103 lit. a OG besonders berührt (vgl. Erw. 1.2.
hievor) und sein schutzwürdiges Interesse an der Aufrechterhaltung des gegen
die geltend gemachte Prämienforderung erhobenen Rechtsvorschlags zu bejahen.
Die Vorinstanz ist demnach zu Recht auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde
beider Ehegatten eingetreten.

2.
Materiellrechtlich zu prüfen ist nach den zutreffenden Erwägungen der
Vorinstanz nicht die Rechtmässigkeit der Zuweisungsverfügung der städtischen
Gesundheitsdienste Zürich vom 10. Juli 2001, was gemäss § 26 des
Einführungsgesetzes des Kantons Zürich zum Krankenversicherungsgesetz vom 13.
Juni 1999 (EG KVG; OS 832.01) Gegenstand eines eigenen Rechtsmittelverfahrens
bildet, sondern einzig die Frage, ob die Sanitas die Beschwerdeführerin im
hier massgebenden Zeitraum bis zum Einspracheentscheid vom 7. Mai 2002 (BGE
121 V 366 Erw. 1b) für die ausstehenden Krankenkassenprämien der Monate
August bis Dezember 2001 belangen durfte.

2.1 Da der Rechtsstreit nicht die Bewilligung oder Verweigerung von
Versicherungsleistungen betrifft, hat das Eidgenössische Versicherungsgericht
nur zu prüfen, ob das kantonale Gericht Bundesrecht verletzt hat,
einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens, oder ob der
rechtserhebliche Sachverhalt offensichtlich unrichtig, unvollständig oder
unter Verletzung wesentlicher Verfahrensbestimmungen festgestellt worden ist
(Art. 132 in Verbindung mit Art. 104 lit. a und b sowie Art. 105 Abs. 2 OG).

2.2 Die Vorinstanz hat die Bestimmungen und Grundsätze über das
Krankenversicherungsobligatorium für Personen mit Wohnsitz in der Schweiz
(Art. 3 Abs. 1 KVG), die Aufgabe der Kantone, für die Einhaltung der
Versicherungspflicht zu sorgen (Art. 6 Abs. 1 KVG), sowie die daraus
fliessende Pflicht der vom Kanton bezeichneten Behörde, jene Personen, die
ihrer Versicherungspflicht nicht rechtzeitig nachkommen, einem Versicherer
zuzuweisen (Art. 6 Abs. 2 KVG; BGE 129 V 159, 128 V 268 f. Erw. 3a und b [=
Pra 2003 Nr. 205 S. 118 f.], 126 V 268 Erw. 3b), zutreffend dargelegt. Zu
ergänzen ist, dass nach Art. 61 Abs. 1 KVG der Versicherer die Prämien für
seine Versicherten festlegt. Diese sind gemäss Art. 90 KVV in der Regel
monatlich zu bezahlen. Entrichten Versicherte fällige Prämien oder
Kostenbeteiligungen trotz Mahnung nicht, hat der Versicherer laut Art. 9 Abs.
1 KVV (vgl. BGE 126 V 268 f. Erw. 4a und b) das Vollstreckungsverfahren
einzuleiten.

2.3 Fest steht, dass die Beschwerdeführerin (mit Wohnsitz in der Schweiz)
mittels Verfügung der Direktion der städtischen Gesundheitsdienste Zürich vom
10. Juli 2001 per 1. August 2001 der Sanitas Krankenversicherung zugeteilt
und die obligatorische Versicherung auf dieses Datum hin tatsächlich eröffnet
wurde, nachdem die Verfügungsadressatin die ihr von der Sanitas mit Schreiben
vom 19. Juli 2001 eingeräumte Frist zum Nachweis eines bereits bestehenden
Versicherungsschutzes im Sinne des Art. 3 Abs. 1 KVG unbenutzt hatte
verstreichen lassen. Ebenfalls unbestritten ist, dass der gemäss Angaben der
Beschwerdeführenden gegen die Zuweisungsverfügung vom 10. Juli 2001 beim
Bezirksrat Zürich eingereichten, im Zeitpunkt des Einspracheentscheids vom 7.
Mai 2002 noch hängigen Beschwerde gestützt auf die kantonalgesetzliche
Regelung des § 26 Satz 3 EG KVG keine aufschiebende Wirkung zuerkannt wurde.

2.4 Im Lichte der dargelegten Sach- und Rechtslage sind Vorinstanz und
Beschwerdegegnerin zutreffend zum Schluss gelangt, dass das per 1. August
2001 begründete Versicherungsverhältnis zwischen der Beschwerdeführerin und
der Sanitas Krankenversicherung im hier massgebenden Zeitraum trotz
Hängigkeit der gegen die Zuweisungsverfügung vom 10. Juli 2001 erhobenen
Beschwerde rechtlich Bestand hatte und die Beschwerdeführerin somit der
Prämienzahlungspflicht - als elementarem Bestandteil des
Versicherungsverhältnisses - unterstand. Dabei war die Beschwerdegegnerin
zwecks Sicherstellung des lückenlosen, gesetzlichen Versicherungsschutzes
gehalten, die geschuldeten Prämien auch tatsächlich einzufordern (vgl. Erw.
2.2 hievor in fine). In der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird hiegegen
nichts vorgebracht, was nicht bereits vorinstanzlich überzeugend entkräftet
worden ist. Aus der letztinstanzlich ins Recht gelegten, vom 10. November
2001 datierenden Prämienrechnung der International Health Insurance
Y.________ sowie der am 9. Januar 1997 ausgestellten Versicherungspolice
desselben Versicherers kann für das vorliegende Verfahren nichts zu Gunsten
der Beschwerdeführer abgeleitet werden. Wie sämtlichen übrigen Einwänden
kommt auch diesen Beweisstücken allfällige Rechtserheblichkeit nur mit Blick
auf die - hier nicht zu prüfende (vgl. vor Erw. 2.1 hievor) -
Bundesrechtskonformität der gestützt auf Art. 6 Abs. 2 KVG erlassenen
Zuweisungsverfügung vom 10. Juli 2001 zu.

2.5 Die vom kantonalen Gericht bestätigte Höhe der ausstehenden
Prämienschulden von Fr. 1'262.50 sowie die Zahlungsbefehlskosten von Fr.
70.-- und Kosten eines Zustellungsversuchs von Fr. 8.-- werden von den
Beschwerdeführenden zu Recht nicht bestritten. Im Rahmen der eingeschränkten
Überprüfungsbefugnis (vgl. Erw. 2.1 hievor) ebenfalls nicht zu beanstanden
ist die vorinstanzliche Reduktion der von der Beschwerdegegnerin geltend
gemachten Umtriebsentschädigung von Fr. 100.-- auf Fr. 60.--, zumal darin
weder ein Ermessensmissbrauch noch eine anderweitige Verletzung von
Bundesrecht erblickt werden kann.

3.
Das Verfahren ist kostenpflichtig (Art. 134 OG e contrario). Dem
Prozessausgang entsprechend gehen die Gerichtskosten zu Lasten der
Beschwerdeführenden (Art. 156 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 135 OG).

Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.-- werden je zur Hälfte den
Beschwerdeführenden auferlegt. Sie sind durch die geleisteten
Kostenvorschüsse von je Fr. 500.-- gedeckt; der Differenzbetrag von je Fr.
250.-- wird zurückerstattet.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons
Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherung zugestellt.
Luzern, 10. Dezember 2003

Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts

Die Präsidentin der IV. Kammer:  Die Gerichtsschreiberin: