Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen K 71/2002
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K 71/02

Urteil vom 29. Januar 2003
II. Kammer

Präsident Schön, Bundesrichterin Widmer und Bundesrichter Frésard;
Gerichtsschreiberin Kopp Käch

B.________, 1954, Beschwerdeführer,

gegen

Krankenkasse Intras, Münchensteinerstrasse 127, 4023 Basel,
Beschwerdegegnerin

Kantonsgericht Basel-Landschaft, Liestal

(Entscheid vom 24. Mai 2002)

Sachverhalt:

A.
Der 1954 geborene B.________ ist bei der Intras Krankenkasse
krankenversichert. Am 17. Dezember 1999 ging er wegen Zahnschmerzen zu Frau
Dr. med. dent. M.________, welche am Zahn 16 ein idiopathisches internes
Zahngranulom diagnostizierte und behandelte. B.________ ersuchte die
Krankenkasse um Übernahme der Kosten dieser Behandlung in der Höhe von Fr.
2'938.80.

Mit Verfügung vom 19. September 2000 lehnte die Intras Krankenkasse nach
Beizug ihres Vertrauenszahnarztes Dr. med. dent. O.________ die
Kostenübernahme ab. An ihrem Standpunkt hielt sie nach nochmaliger
Konsultation ihres Vertrauenszahnarztes mit Einspracheentscheid vom 24.
Oktober 2000 fest.

B.
Mit Beschwerde beantragte B.________ die Übernahme der aus der zahnärztlichen
Behandlung resultierenden Kosten durch die obligatorische
Krankenpflegeversicherung. Nach Einholung eines Gutachtens des Dr. Dr. med.
dent. et med. G.________, Chef der Klinik für Parodontologie, Endodontologie
und Kariologie des Zentrums X.________, vom 27. August 2001 wies das
Kantonsgericht Basel-Landschaft die Beschwerde mit Entscheid vom 24. Mai 2002
ab.

C.
Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde erneuert B.________ den im vorinstanzlichen
Verfahren gestellten Antrag.

Die Intras Krankenkasse schliesst auf Abweisung der
Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Das Bundesamt für Sozialversicherung
verzichtet auf eine Vernehmlassung.

Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

1.
Das kantonale Gericht hat die massgebenden gesetzlichen Bestimmungen über den
Anspruch auf Leistungen der sozialen Krankenversicherung für zahnärztliche
Behandlungen bei Krankheit (Art. 31 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die
Krankenversicherung [KVG], Art. 33 Abs. 2 und 5 KVG in Verbindung mit Art. 33
lit. d der Verordnung über die Krankenversicherung [KVV] sowie Art. 17 ff.
der Verordnung über Leistungen in der obligatorischen
Krankenpflegeversicherung (Krankenpflege-Leistungsverordnung [KLV]))
zutreffend dargelegt. Richtig sind auch die Ausführungen zu dem im
Sozialversicherungsrecht geltenden Beweisgrad der überwiegenden
Wahrscheinlichkeit (BGE 125 V 195 Erw. 2, 121 V 47 Erw. 2a, 208 Erw. 6b, je
mit Hinweisen), zu den Folgen der Beweislosigkeit (BGE 117 V 264 Erw. 3b mit
Hinweisen) und zum Beweiswert sowie zur Beweiswürdigung ärztlicher Berichte
und Gutachten (BGE 125 V 352 Erw. 3a mit Hinweisen). Darauf kann verwiesen
werden.

Zu ergänzen ist, dass das am 1. Januar 2003 in Kraft getretene Bundesgesetz
über den allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG) vom 6. Oktober
2000 im vorliegenden Fall nicht anwendbar ist, da die nach dem massgebenden
Zeitpunkt des Erlasses des streitigen Einspracheentscheides (hier: 24.
Oktober 2000) eingetretenen Rechts- und Sachverhaltsänderungen vom
Sozialversicherungsgericht nicht berücksichtigt werden (BGE 127 V 467 Erw. 1,
121 V 366 Erw. 1b).

2.
Streitig und zu prüfen ist, ob die Beschwerdegegnerin die Kosten der von Frau
Dr. med. dent. M.________ im Zeitraum vom 17. Dezember 1999 bis 22. Juni 2000
am Zahn 16 durchgeführten zahnärztlichen Behandlung im Betrag von Fr.
2'938.80 zu übernehmen hat.

2.1 Der Beschwerdeführer beantragt die Kostenübernahme gestützt auf die
medizinische Beurteilung der Frau Dr. med. dent. M.________ vom 22. Juni
2000, 14. August 2000 und 16. März 2001, wonach sie bei ihm ein
idiopathisches internes Zahngranulom diagnostiziert und behandelt habe.

2.2 Die Krankenkasse demgegenüber verneint nach Beizug ihres
Vertrauenszahnarztes Dr. med. dent. O.________ eine Leistungspflicht. Der
Vertrauenszahnarzt stellte sich nämlich in seinen Beurteilungen vom 27. Juli
und 25. September 2000 auf den Standpunkt, das Röntgenbild zeige keine
Beeinträchtigung vom Typ eines idiopathischen internen Zahngranuloms. Es
handle sich sicherlich um ein Kariesrezidiv unter der MOD-Füllung des Zahnes
Nr. 16 oder eine Karies seines Halses auf der Gaumen- oder Backenseite. Auch
die rasche Entwicklung dieses Zahnschadens lasse eher auf eine sekundäre
Karies als auf ein idiopathisches internes Granulom schliessen, entwickle
sich doch ein solches langsam. Zudem präsentiere diese Läsion (idiopathisches
internes Granulom) eine klarere Abgrenzung als die einer Karies, wobei diese
Abgrenzung vorliegend fehle.

2.3 Aufgrund der widersprüchlichen fachärztlichen Stellungnahmen holte die
Vorinstanz ein Gutachten des Dr. Dr. med. dent. et med. G.________ vom 27.
August 2001 ein. In Würdigung der medizinischen Unterlagen, insbesondere des
neu eingeholten Gutachtens, kam das kantonale Gericht zum Schluss, es sei
möglich, dass es sich beim strittigen Zahnschaden um ein idiopathisches
internes Zahngranulom gehandelt habe, die blosse Möglichkeit eines bestimmten
Sachverhaltes genüge indessen den Beweisanforderungen nicht.

3.
Den sorgfältigen und überzeugenden Erwägungen der Vorinstanz ist
beizupflichten. Damit die Krankenkasse für die in Rechnung gestellten
Behandlungskosten leistungspflichtig erklärt werden könnte, müsste zunächst
das Vorliegen eines idiopathischen internen Zahngranuloms im Sinne von Art.
17 lit. a Ziff. 1 KLV mit dem Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit
feststehen. Die blosse Möglichkeit eines bestimmten Sachverhalts genügt
diesen Beweisanforderungen - wie das kantonale Gericht zutreffend dargelegt
hat - nicht. In Anbetracht der widersprüchlichen Beurteilungen der
behandelnden Zahnärztin einerseits und des Vertrauenszahnarztes der
Krankenkasse andererseits hat die Vorinstanz zu Recht ein gerichtliches
Gutachten eingeholt. Der beigezogene Experte analysierte die drei vorhandenen
Einzelröntgenaufnahmen der betroffenen Region vom 28. August 1998, 17.
Dezember 1999 und 8. März 2000. Im Gutachten vom 27. August 2001 führte er
aus, eine Radioluzenz unter der MOD-Füllung eines Molaren oder Prämolaren,
eine Sekundärkaries auf der Gaumen- oder Backenseite und ein idiopathisches
internes Granulom könnten radiologisch unterschieden werden. Es sei jedoch
nicht möglich, wissenschaftliche Beweise oder Diagnosen lediglich aufgrund
von Radiographien zu machen. Im vorliegenden Fall sei auf Grund des
Röntgenbildes vom 17. Dezember 1999 nicht ersichtlich, ob es sich beim
festgestellten Zahnschaden um ein Kariesrezidiv unter den MOD-Füllungen des
Zahnes 16 bzw. um eine Zahnhalskaries auf der Gaumen- oder Backenseite oder
aber um ein idiopathisches internes Zahngranulom gehandelt habe. Ein
Vergleich zwischen dem Röntgenbild vom 28. August 1998 und demjenigen vom 17.
Dezember 1999 lasse nicht den Schluss zu, dass es sich beim festgestellten
Zahnschaden um ein Kariesrezidiv unter den MOD-Füllungen des Zahnes 16 bzw.
um eine Zahnhalskaries auf der Gaumen- oder Backenseite oder aber um ein
idiopathisches internes Zahngranulom gehandelt habe. Auf keinem der
Röntgenbilder seien Anzeichen einer Sekundärkaries erkennbar. Er könne
bestätigen, dass sich ein idiopathisches internes Zahngranulom innert 16
Monaten entwickeln könne. Bestätigen könne er ebenfalls, dass der erhobene
Befund (starke Klopfdolenz des Zahnes 16, Vitalität negativ, rosafarbenes
Schimmern durch die bukkale Schmelzwand) die Diagnose eines idiopathischen
internen Zahngranuloms zulasse. Auch die durchgeführte Therapie lasse darauf
schliessen, dass es sich beim festgestellten Zahnschaden um dieses
Beschwerdebild gehandelt habe. In Form einer Schlussbemerkung hielt der
Gutachter fest, er gehe davon aus, dass die Zahnärztin die Therapie nach
bestem Wissen und Gewissen ausgeführt habe. Aufgrund der Krankengeschichte
wäre eine pathohistologische Untersuchung des granulomatösen Materials
angezeigt gewesen. Diese kostengünstige Zusatzuntersuchung hätte die
eindeutige Zuordnung der Läsion - Sekundärkaries oder idiopathisches internes
Zahngranulom - ermöglicht. Wie die Vorinstanz dargelegt hat, ist auf Grund
dieser Ausführungen des Gerichtsgutachters durchaus möglich, dass es sich
beim streitigen Zahnschaden um ein idiopathisches internes Zahngranulom
gehandelt hat, doch genügt die blosse Möglichkeit den Beweisanforderungen
nicht. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers reicht nicht die blosse
Wahrscheinlichkeit, sondern ist vielmehr der Beweisgrad der überwiegenden
Wahrscheinlichkeit eines bestimmten Sachverhalts erforderlich. Wenn der
Beschwerdeführer die Formulierung der Gutachterfragen kritisiert, ist ihm
entgegenzuhalten, dass er dazu vorgängig Stellung nehmen konnte. Mit dem
kantonalen Gericht ist sodann davon auszugehen, dass auch durch die Einholung
zusätzlicher Gutachten keine weitere Klärung des medizinischen Sachverhalts
erwartet werden kann, weshalb nicht zu beanstanden ist, dass der
Beschwerdeführer als Leistungsansprecher die Folgen der Beweislosigkeit zu
tragen hat. Daran vermag die Argumentation bezüglich Vorliegen eines
idiopathischen internen Zahngranuloms an Zahn 17 nichts zu ändern. Aus
Diagnosestellung und Behandlung eines andern Zahnes kann für das vorliegende
Verfahren nichts abgeleitet werden, weshalb auch nicht zu beanstanden ist,
dass das kantonale Gericht darauf nicht weiter eingegangen ist.

Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.

2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Kantonsgericht Basel-Landschaft,
Abteilung Sozialversicherungsrecht, und dem Bundesamt für Sozialversicherung
zugestellt.

Luzern, 29. Januar 2003
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts

Der Präsident der II. Kammer:   Die Gerichtsschreiberin:
i.V.