Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen K 65/2002
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K 65/02

Urteil vom 21. Januar 2003
II. Kammer

Präsident Schön, Bundesrichterin Widmer und Bundesrichter Ursprung;
Gerichtsschreiberin Kopp Käch

K.________, 1915, Beschwerdeführer,

gegen

Helsana Versicherungen AG, Rechtsdienst, Stadelhoferstrasse 25, 8024 Zürich,
Beschwerdegegnerin

Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, Winterthur

(Entscheid vom 14. Mai 2002)

Sachverhalt:

A.
Der 1915 geborene K.________ ist bei der Helsana Versicherungen AG
(nachfolgend Helsana) unter anderem obligatorisch krankenpflegeversichert.
Mit Unfallmeldung vom 24. Juni 1998 teilte er der Krankenkasse mit, er habe
am 29. Mai 1998 beim Essen von Brot auf ein kleines Metallstück gebissen,
wobei ihm vier Zähne seiner Goldprothese sowie eine Halteklammer abgebrochen
seien. Dr. med. dent. J.________, Assistent bei Dr. med. dent. A.________,
erstellte am 25. August 1998 eine Kostenorientierung für eine
Implantatversorgung im Oberkiefer über den Betrag von Fr. 21'377.- sowie am
14. Dezember 1998 eine solche für die Behandlungsvariante mittels einer
Modellgussprothese über den Betrag von Fr. 3528.50. Die Helsana erteilte mit
Schreiben vom 31. März 1999 Kostengutsprache für die Behandlungsvariante im
Betrag von Fr. 3528.50. In ihrer Verfügung vom 20. Juli 2000 hielt die
Krankenkasse fest, an das Unfallereignis vom 29. Mai 1998 würden die
unfallbedingten Kosten in der Höhe von Fr. 3528.50 vergütet, wohingegen für
die Mehrkosten betreffend der nicht unfallbedingten zahnärztlichen Behandlung
keine Leistungen aus der obligatorischen Krankenpflegeversicherung erbracht
werden könnten. Die gegen diese Verfügung gerichtete Einsprache, in welcher
K.________ um Übernahme der Kosten von insgesamt Fr. 27'812.10 für die von
Dr. med. dent. A.________ durchgeführte Behandlung ersuchte, wies die Helsana
mit Entscheid vom 21. Februar 2001 ab.

B.
Mit Beschwerde beantragte K.________, die Helsana sei zu verpflichten, ihm
Fr. 27'812.10 nebst Zins zu 5 % seit 18. Mai 1999 sowie Fr. 7726.80 nebst
Zins zu 5 % seit 15. Juni 2000 zu vergüten. Das Sozialversicherungsgericht
des Kantons Zürich hiess die Beschwerde mit Entscheid vom 14. Mai 2002 in dem
Sinne teilweise gut, dass der angefochtene Entscheid in Bezug auf die
zahnärztlichen Behandlungskosten der Zähne 16, 17 und 47 aufgehoben, und die
Sache diesbezüglich an die Beschwerdegegnerin zurückgewiesen wurde, damit
diese, nach erfolgter Abklärung im Sinne der Erwägungen, über diesen Anspruch
entscheide. Im Übrigen wurde die Beschwerde abgewiesen.

C.
Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde erneuert K.________ das im vorinstanzlichen
Verfahren gestellte Rechtsbegehren.

Die Helsana schliesst unter Hinweis auf die Stellungnahme des
Vertrauenszahnarztes Dr. med. dent. L.________ vom 23. Juni 2002 auf
Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Das Bundesamt für
Sozialversicherung verzichtet auf eine Vernehmlassung.

Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

1.
Das kantonale Gericht hat die massgebenden gesetzlichen Bestimmungen über den
Anspruch auf Leistungen der sozialen Krankenversicherung für zahnärztliche
Behandlungen bei Unfall (Art. 1 Abs. 2 lit. b KVG, Art. 28 KVG, Art. 31 Abs.
2 KVG), über den Unfallbegriff (Art. 2 Abs. 2 KVG) sowie über die
Voraussetzungen der Wirksamkeit, Zweckmässigkeit und Wirtschaftlichkeit der
Behandlung (Art. 32 Abs. 1 KVG, Art. 56 Abs. 1 KVG) und die in diesem
Zusammenhang ergangene Rechtsprechung (BGE 128 V 54, 124 V 200 Erw. 3, je mit
Hinweisen) zutreffend dargelegt. Richtig sind auch die Ausführungen über den
im Sozialversicherungsrecht massgebenden Beweisgrad der überwiegenden
Wahrscheinlichkeit (BGE 126 V 360 Erw. 5b, 125 V 195 Erw. 2, je mit
Hinweisen) sowie über den durch die Verfügung bestimmten beschwerdeweise
weiterziehbaren Anfechtungsgegenstand (BGE 125 V 414 Erw. 1a, 119 Ib 36 Erw.
1b, je mit Hinweisen). Darauf kann verwiesen werden.

Zu ergänzen ist, dass das am 1. Januar 2003 in Kraft getretene Bundesgesetz
über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG) vom 6. Oktober
2000 im vorliegenden Fall nicht anwendbar ist, da nach dem massgebenden
Zeitpunkt des Erlasses des streitigen Einspracheentscheids (hier: 21. Februar
2001) eingetretene Rechts- und Sachverhaltsänderungen vom
Sozialversicherungsgericht nicht berücksichtigt werden (BGE 127 V 467 Erw. 1,
121 V 366 Erw. 1b).

2.
Unbestritten ist vorliegend, dass der Beschwerdeführer am 29. Mai 1998 einen
Unfall erlitten hatte. Streitig und zu prüfen ist hingegen, welche Kosten der
durchgeführten Zahnbehandlung von der Beschwerdegegnerin zu übernehmen sind.
Dazu ist mit der Vorinstanz zu unterscheiden zwischen den Kosten für die
Implantatversorgung des Oberkiefers einerseits und denjenigen für den Ersatz
eines abgesplitterten Eckzahnes im Unterkiefer sowie für die Behandlung der
Schäden an den Zähnen 16, 17 und 47 andrerseits.

3.
Was zunächst die Behandlung des Oberkiefers anbelangt, hat das kantonale
Gericht in Würdigung der medizinischen Akten überzeugend dargelegt, dass
sowohl die Implantatversorgung wie auch die Modellgussprothese eine wirksame
und zweckmässige Variante dargestellt hätten und im konkreten Fall geeignet
gewesen wären, die Kaufähigkeit wiederherzustellen. Es kam aber zum Schluss,
dass die gemäss Kostenorientierungen vom 25. August und 14. Dezember 1998
rund sechsmal teurere Implantatversorgung nicht wirtschaftlich im Sinne von
Art. 32 Abs. 1 KVG und deshalb von der obligatorischen
Krankenpflegeversicherung nicht zu übernehmen sei. Den ausführlichen und
zutreffenden Ausführungen der Vorinstanz schliesst sich das Eidgenössische
Versicherungsgericht vollumfänglich an. Zu betonen ist nochmals, dass bei
mehreren möglichen Behandlungen eine Abwägung zwischen den Kosten und dem
Nutzen der einzelnen Vorkehren stattzufinden hat, wobei von zwei
gleichermassen zweckmässigen Behandlungen grundsätzlich nur die
kostengünstigere als notwendig und wirtschaftlich gilt (vgl. Gebhard Eugster,
Das Wirtschaftlichkeitsgebot nach Art. 56 Abs. 1 KVG, in:
Wirtschaftlichkeitskontrolle in der Krankenversicherung, St. Gallen 2001, S.
38 ff.; François-X. Deschenaux, Le précepte de l'économie du traitement dans
l'assurance-maladie sociale, en particulier en ce qui concerne le médecin,
in: Festschrift 75 Jahre Eidgenössisches Versicherungsgericht, Bern 1992, S.
535 f.). Dementsprechend besteht grundsätzlich kein Anspruch auf die
Versorgung mit Implantaten, wenn die Kaufähigkeit auf zweckmässige und
kostengünstigere Weise auch mit einer herkömmlichen prothetischen Versorgung
wiederhergestellt werden kann, dies selbst dann, wenn das Setzen von
Implantaten Vorteile für die versicherte Person aufweist (vgl. BGE 128 V 54
mit Hinweisen). Daran vermögen die grösstenteils bereits im vorinstanzlichen
Verfahren vorgebrachten und im Übrigen an der Grenze zum Ungebührlichen
liegenden Ausführungen in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde nichts zu ändern.
Wenn der Versicherte geltend macht, der angefochtene Entscheid basiere auf
einem Vorurteil wegen seines Alters, ist er darauf hinzuweisen, dass das
Eidgenössische Versicherungsgericht im obenerwähnten Urteil auch bei einer
Frau im Alter von weniger als 30 Jahren den Einsatz von Implantaten als nicht
wirtschaftlich qualifiziert hat.

4.
Was sodann die Behandlung des abgesplitterten Eckzahnes im Unterkiefer sowie
die Behebung der Schäden an den Zähnen 16, 17 und 47 im Betrag von Fr.
7726.80 anbelangt, zeigt das kantonale Gericht in seinem Entscheid zutreffend
auf, dass sich die Beschwerdegegnerin damit in ihrem Einspracheentscheid vom
21. Februar 2001 - obschon Gegenstand desselben sämtliche unfallbedingten
zahnärztlichen Behandlungskosten waren - trotz Geltendmachung nicht befasst
hatte. Es prüfte daher, ob dem Einspracheentscheid sämtliche
urteilsrelevanten Faktoren zu Grunde lagen und ob allenfalls das rechtliche
Gehör des Versicherten verletzt worden war. Zu Recht differenzierte das
Gericht diesbezüglich zwischen Eckzahn einerseits und übrigen Schäden
andrerseits.

4.1 In Bezug auf die vom Beschwerdeführer behauptete Absplitterung des
Eckzahnes im Unterkiefer ist mit der Vorinstanz darauf hinzuweisen, dass
dieser Schaden weder in der Unfallmeldung vom 24. Juni 1998, noch im von Dr.
med. dent. J.________ ausgefüllten Frageblatt betreffend Zahnschäden vom 7.
August 1998 noch in den Schreiben des Dr. med. dent. A.________ vom 26.
Januar und 16. Oktober 2000 erwähnt worden ist. Die Schlussfolgerung, wonach
eine Absplitterung des Eckzahns im Unterkiefer nicht mit dem erforderlichen
Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit auf den Unfall vom 29. Mai
1998 zurückzuführen ist, ist demzufolge entgegen der Auffassung des
Beschwerdeführers nicht zu beanstanden. Aus der vom Versicherten
diesbezüglich angerufenen Kostengutsprache der Krankenkasse vom 31. März 1999
lässt sich nichts zu seinen Gunsten ableiten, ist doch nur allgemein von
beschädigten Zähnen, nicht von einem beschädigten Eckzahn im Unterkiefer, die
Rede.

4.2 Hinsichtlich der Zähne 16, 17 und 47 hob das kantonale Gericht den
Einspracheentscheid vom 21. Februar 2001 wegen Verletzung des rechtlichen
Gehörs auf und wies die Sache an die Beschwerdegegnerin zurück, damit sie
nach zusätzlichen Abklärungen neu entscheide. Es legte dar, das Schreiben des
Dr. med. dent. A.________ vom 16. Oktober 2000, gemäss welchem die
verbleibenden Seitenzähne des Ober- und des Unterkiefers durch das Tragen des
abnehmbaren Provisoriums im Oberkiefer während der Einheilphase der
Implantate in Mitleidenschaft gezogen worden seien, worauf die Zähne 16, 17
und 47 extrahiert und durch Implantate und VMK's ersetzt worden seien, sei
der Kasse mehrere Monate vor Erlass des angefochtenen Entscheids zugestellt
worden und habe genügend Anlass geboten, den entsprechenden Sachverhalt
abzuklären und sich mit den diesbezüglichen Vorbringen auseinanderzusetzen.
Diese Verletzung des rechtlichen Gehörs könne in Anbetracht des schweren
Verfahrensmangels und der ungenügend abgeklärten Sachlage nicht geheilt
werden. Gestützt auf die medizinische Aktenlage könnten weder die konkreten
Schäden noch die Unfallkausalität beurteilt werden. Auch bezüglich dieser
Rückweisung zu zusätzlichen Abklärungen und neuem Entscheid an die
Krankenkasse ist der vorinstanzliche Entscheid nicht zu beanstanden. Das im
Verwaltungsgerichtsbeschwerdeverfahren bezüglich der erwähnten Zähne neu
aufgelegte Schreiben des Vertrauenszahnarztes Dr. med. dent. L.________ vom
23. Juni 2002 vermag im vorliegenden Verfahren nicht weiterzuhelfen.

5.
Zuhanden des Beschwerdeführers ist abschliessend festzuhalten, dass
Gegenstand dieses Verfahrens lediglich die Leistungspflicht der
obligatorischen Krankenpflegeversicherung, nicht hingegen ein allfälliger
Anspruch gegenüber einer Haftpflichtversicherung bildet.

Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.

2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons
Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherung zugestellt.

Luzern, 21. Januar 2003
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts

Der Präsident der II. Kammer:   Die Gerichtsschreiberin:

i.V.