Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen K 121/2002
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K 121/02

Urteil vom 17. April 2003

I. Kammer

Präsident Schön, Bundesrichter Borella, Meyer, Ursprung und Frésard;
Gerichtsschreiber Hochuli

M.________, Beschwerdeführer,

gegen

Die Eidgenössische Gesundheitskasse, Brislachstrasse 2, 4242 Laufen,
Beschwerdegegnerin

Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, Winterthur

(Entscheid vom 30. September 2002)

Sachverhalt:

A.
M.________, geboren 1945, ist bei der EGK-Gesundheitskasse (nachfolgend:
Kasse oder Beschwerdegegnerin) unter anderem obligatorisch
krankenpflegeversichert. Hiefür schuldete er der Kasse gemäss der am 18.
Oktober 2001 ausgestellten Versicherungspolice im Jahre 2002 unter Einschluss
des Unfallrisikos bei gewählter Maximalfranchise von Fr. 1500.- pro Jahr eine
monatliche Prämie von total Fr. 141.-. Statt dessen bezahlte er für das erste
Halbjahr 2002 monatlich nur Fr. 130.- (als Differenz aus dem ersten Halbjahr
2002 resultierte somit ein Betrag von Fr. 66.-) mit der Begründung, er sehe
sich gezwungen, gegenüber der Kasse "einen Prämienstopp bis zum Jahr 2005 zu
verfügen" (Schreiben vom 30. September 1999); indem er - eigenmächtig - die
Jahresfranchise über den Maximalbetrag hinaus der Kostensteigerung im
Gesundheitswesen anpasse, könne er den Prämienrabatt dementsprechend auf über
40 % erhöhen. Mit Verfügung vom 31. Mai 2002 hob die Kasse den gegen ihren
Zahlungsbefehl über die Forderung von Fr. 66.- (zuzüglich Fr. 30.- Mahn- und
Umtriebsspesen sowie 5 % Zins seit 1. Januar 2002) in der Betreibungsnummer
... des Betreibungsamtes X.________ erhobenen Rechtsvorschlag auf und hielt
daran mit Einspracheentscheid vom 5. Juli 2002 fest.

B.
Die hiegegen erhobene Beschwerde des M.________ hiess das
Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich mit Entscheid vom 30. September
2002 in dem Sinne teilweise gut, als es den Einspracheentscheid insoweit
aufhob, als er den Beschwerdeführer zur Bezahlung von Verzugszinsen auf
Prämienausständen verpflichtete. Im Übrigen wies es die Beschwerde ab und
beseitigte den Rechtsvorschlag in der Betreibungsnummer ... des
Betreibungsamtes X.________ im entsprechend reduzierten Umfang.

C.
Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragt M.________ sinngemäss, der
kantonale Entscheid und der Einspracheentscheid der Kasse vom 5. Juli 2002
seien aufzuheben und es sei festzustellen, dass er der Beschwerdegegnerin
keine aufgelaufenen Prämienausstände schulde; weiter sei ihm "zu Lasten der
EGK eine angemessene Entschädigung für unverhältnismässige und unzumutbare
administrative Umtriebe, Betreibungsverfahren und Rechtspflege infolge von
Fehlleistungen von Direktion und Verwaltung bei der EGK zuzusprechen",
weshalb zudem eine aufsichtsrechtliche Untersuchung gegen die Kasse
anzuordnen sei.

Während die Kasse unter Auferlegung einer Kosten- und Entschädigungspflicht
zu Lasten des Beschwerdeführers auf Abweisung der
Verwaltungsgerichtsbeschwerde schliesst, verzichtet das Bundesamt für
Sozialversicherung (BSV) auf eine Vernehmlassung.

Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

1.
Da keine Versicherungsleistungen streitig sind, hat das Eidgenössische
Versicherungsgericht nur zu prüfen, ob das vorinstanzliche Gericht
Bundesrecht verletzt hat, einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des
Ermessens, oder ob der rechtserhebliche Sachverhalt offensichtlich unrichtig,
unvollständig oder unter Verletzung wesentlicher Verfahrensbestimmungen
festgestellt worden ist (Art. 132 in Verbindung mit Art. 104 lit. a und b
sowie Art. 105 Abs. 2 OG).

2.
2.1 Das kantonale Gericht hat die Bestimmungen über die Grundsätze der
Prämienfestlegung (Art. 61 KVG), die besondere Versicherungsform mit
stärkerer Prämienermässigung (Art. 62 Abs. 2 lit. a KVG), die bundesrätliche
Kompetenz zur Festlegung einer Höchstgrenze für Prämienermässigungen (Art. 62
Abs. 3 KVG), die Zusammensetzung der Kostenbeteiligung (Art. 64 Abs. 2 KVG)
und die wählbaren Franchisen (Art. 93 Abs. 1 KVV) sowie das für das
Bundesgericht massgebende Recht (Art. 191 BV) zutreffend dargelegt. Darauf
wird verwiesen.

2.2 Beizufügen bleibt, dass das am 1. Januar 2003 in Kraft getretene
Bundesgesetz über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG)
vom 6. Oktober 2000 im vorliegenden Fall nicht anwendbar ist, da nach dem
massgebenden Zeitpunkt des Erlasses des streitigen Einspracheentscheides (vom
5. Juli 2002) eingetretene Rechts- und Sachverhaltsänderungen vom
Sozialversicherungsgericht nicht berücksichtigt werden (BGE 127 V 467 Erw. 1,
121 V 366 Erw. 1b).

3.
Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die von der Kasse gemäss
Versicherungspolice im Jahre 2002 pro Monat in Rechnung gestellte Prämie von
total Fr. 141.- für die obligatorische Krankenpflegeversicherung unter
Einschluss des Unfallrisikos bei gewählter Maximalfranchise von Fr. 1500.-
pro Jahr nicht dem vom BSV zu genehmigenden (Art. 61 Abs. 4 KVG in Verbindung
mit Art. 92 Abs. 1 KVV; vgl. dazu auch RKUV 2002 Nr. KV 227 S. 408 ff.)
Prämientarif entspricht. Der Beschwerdeführer erhebt denn auch richtigerweise
keine Einwände gegen die nicht zu beanstandende betragliche Höhe seiner
Monatsprämie (von Fr. 141.- im Jahre 2002) unter Einschluss des Unfallrisikos
bei einer Jahresfranchise von Fr. 1500.- und einem Prämienrabatt von 40 %.
Streitig ist jedoch, ob die wählbare Jahresfranchise unter proportionaler
Erhöhung der Prämienermässigung über den Maximalbetrag von derzeit Fr. 1500.-
hinaus der Kostensteigerung im Gesundheitswesen angepasst werden kann, wie
dies der Versicherte eigenmächtig durch Abzug von monatlich Fr. 11.- an der
durch die Kasse für das Jahr 2002 in Rechnung gestellten Monatsprämie geltend
macht.

4.
Nach dem eindeutigen und unmissverständlichen Wortlaut (BGE 128 II 347 Erw.
3.5, 128 V 105 Erw. 5, 207 Erw. 5b, je mit Hinweisen) des Art. 62 Abs. 3 KVG
hat der Bundesrat "insbesondere aufgrund versicherungsmässiger Erfordernisse
Höchstgrenzen für die Prämienermässigungen" festzulegen. Gestützt auf diese
klare gesetzliche Grundlage erliess der Bundesrat Art. 95 Abs. 2 KVV und
bestimmte als maximale Prämienreduktion - bei gewählter Jahreshöchstfranchise
von Fr. 1500.- für Erwachsene - eine Ermässigung von 40 % (Art. 95 Abs. 2
lit. d KVV). Er hielt sich dabei an den ihm nach dem Willen des historischen
Gesetzgebers (Botschaft über die Revision der Krankenversicherung vom 6.
November 1991, BBl 1992 I 93 ff., insbesondere 194) eingeräumten
Gestaltungsspielraum, wonach besondere Versicherungsformen - unter anderem
mit frei wählbarer Franchise - deshalb zugelassen werden sollten, "weil man
sich von ihnen einen kostendämmenden Einfluss" erhoffte, obwohl man sich der
Gefahr bewusst war, dass diese Versicherungsformen vorwiegend von Personen
mit einem geringeren Krankheitsrisiko gewählt werden könnten, sodass die
Kosten also gar nicht wegen Leistungsverzichten der Versicherten geringer sein würden. Aus diesem Grund sollte der Bundesrat Höchstgrenzen für die
Prämienermässigungen und beim Bonus/Malus-Prinzip auch Mindestgrenzen für den
Prämienmalus vorschreiben können. Ziel der nur begrenzt zulässigen
Prämienermässigungen sollte die Erhaltung der "Solidarität zwischen Gesunden
und Kranken" sein (Botschaft über die Revision der Krankenversicherung vom 6.
November 1991, BBl 1992 I 194; vgl. dazu Gebhard Eugster,
Krankenversicherung, in: Schweizerisches Bundesverwaltungsrecht [SBVR],
Soziale Sicherheit, S. 193 f. Rz 352 in fine mit Hinweisen, insbesondere Fn
870). Im Rahmen der höchstzulässigen Reduktionen gemäss Art. 95 Abs. 2 KVV
soll, "wer eine höhere Franchise wählt, [...] Anspruch auf eine
versicherungstechnisch angemessene Prämienermässigung" haben (Maurer, Das
neue Krankenversicherungsrecht, Basel 1996, S. 148). Auch wenn erst in der
parlamentarischen Beratung im Vergleich zur ursprünglichen Fassung gemäss
Botschaft (Art. 54 Abs. 3 des KVG-Entwurfs, in: BBl 1992 I 276) noch der
Zusatz "aufgrund versicherungsmässiger Erfordernisse" in Satz 2 von Art. 62
Abs. 3 KVG aufgenommen wurde (Amtl. Bull. 1994 N 23), blieb durch den klaren
Auftrag zur Festlegung eines Maximalwertes für Prämienermässigungen das
Hauptmotiv der Ermässigungsbeschränkung - die Solidarität zwischen Gesunden
und Kranken - im Gesetz verankert. Vor dem Hintergrund des weiten
Gestaltungsspielraums sind weder Anhaltspunkte dafür ersichtlich noch legt
der Beschwerdeführer entsprechende Gründe dar, welche die konkrete Bestimmung
der Prämienermässigungshöchstgrenzen gemäss Art. 95 Abs. 2 lit. d KVV als
gesetzwidrig erscheinen liessen.

5.
Was der Beschwerdeführer gegen die Verbindlichkeit der in Art. 95 Abs. 2 lit.
d KVV gesetzeskonform (Erw. 4 hievor) bestimmten Grenzwerte der
Jahresfranchisen und dazugehörigen maximal zulässigen Prämienreduktionen
vorbringt, ist unbegründet. Eine Änderung dieser Grenzwerte ist gemäss Art.
62 Abs. 3 KVG Sache des Verordnungsgebers. Der Versicherte hat keinen
Anspruch auf eine Anpassung der Verordnungsbestimmungen im Sinne einer
proportionalen Erhöhung der Prämienermässigungshöchstgrenzen an die
Kostensteigerung im Gesundheitswesen. Hingegen müssen die Kantone
Versicherten in bescheidenen wirtschaftlichen Verhältnissen gemäss Art. 65
Abs. 1 KVG Prämienverbilligungen gewähren. Inwiefern die in Art. 95 Abs. 2
lit. d KVV - zum Zwecke der Solidarität zwischen Gesunden und Kranken im
Rahmen der sozialen Krankenversicherung - bestimmten Grenzwerte die
Bundesverfassung und die Europäische Menschenrechtskonvention verletzen
sollen, ist, wie die Vorinstanz richtig erkannte, nicht ersichtlich.

6.
Soweit der Beschwerdeführer aufsichtsrechtlich relevante Pflichtverletzungen
der Kasse rügt, hat ihn das dafür zuständige BSV (Art. 21 Abs. 3 KVG) in
diesem Zusammenhang bereits mit Schreiben vom 26. Juni 2002 an den Ombudsmann
der Krankenpflegeversicherung in Luzern verwiesen. Das Eidgenössische
Versicherungsgericht ist hiefür nicht zuständig (BGE 110 V 53), weshalb auf
diese Vorbringen nicht einzutreten ist.

7.
Da es nicht um Versicherungsleistungen geht, ist das Verfahren
kostenpflichtig (Art. 134 OG e contrario). Entsprechend dem Ausgang des
Verfahrens hat der Beschwerdeführer die Gerichtskosten zu tragen (Art. 156
Abs. 1 in Verbindung mit Art. 135 OG).

8.
Eine Parteientschädigung wird nicht zugesprochen, weil die obsiegende
Beschwerdegegnerin als Krankenversicherer eine öffentlich-rechtliche Aufgabe
im Sinne von Art. 159 Abs. 2 OG wahrnimmt und die Voraussetzungen für eine
ausnahmsweise Zusprechung einer Entschädigung nicht gegeben sind (BGE 123 V
309 Erw. 10, 119 V 456 Erw. 6b, 112 V 361 Erw. 6; SVR 2000 KV Nr. 39 S. 122
Erw. 3).

Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten
ist.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt und
mit dem geleisteten Kostenvorschuss verrechnet.

3.
Es wird keine Parteientschädigung ausgerichtet.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons
Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherung zugestellt.
Luzern, 17. April 2003

Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts

Der Präsident der I. Kammer:  Der Gerichtsschreiber:

i.V.