Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen H 93/2002
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H 93/02

Urteil vom 28. November 2002
IV. Kammer

Präsidentin Leuzinger, Bundesrichter Rüedi und Ferrari; Gerichtsschreiberin
Riedi Hunold

Firma P.________ AG, Beschwerdeführerin,

gegen

Ausgleichskasse des Basler Volkswirtschaftsbundes, Viaduktstrasse 42, 4051
Basel, Beschwerdegegnerin

Kantonale Rekurskommission für die Ausgleichskassen und IV-Stellen,. Basel

(Entscheid vom 8. Februar 2002)

Sachverhalt:

A.
Mit Verfügung vom 13. September 2001 forderte die Ausgleichskasse des Basler
Volkswirtschaftsbundes (nachfolgend: Ausgleichskasse) von der Firma
P.________ AG Verzugszinsen von Fr. 1'411.05 infolge nicht fristgemässer
Begleichung der Jahresabrechnung 2000.

B.
Die hiegegen erhobene Beschwerde wies die Kantonale Rekurskommission für die
Ausgleichskassen und die IV-Stellen (heute: Sozialversicherungsgericht
Basel-Stadt) mit Entscheid vom 8. Februar 2002 ab.

C.
Die Firma P.________ AG führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Antrag,
es seien der vorinstanzliche Entscheid aufzuheben und sie von der Zahlung der
Verzugszinsen an die Ausgleichskasse zu befreien.

Ausgleichskasse und Bundesamt für Sozialversicherung schliessen auf Abweisung
der Verwaltungsgerichtsbeschwerde.

Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

1.
Da es sich bei der angefochtenen Verfügung nicht um die Bewilligung oder
Verweigerung von Versicherungsleistungen handelt, hat das Eidgenössische
Versicherungsgericht nur zu prüfen, ob das vorinstanzliche Gericht
Bundesrecht verletzt hat, einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des
Ermessens, oder ob der rechtserhebliche Sachverhalt offensichtlich unrichtig,
unvollständig oder unter Verletzung wesentlicher Verfahrensbestimmungen
festgestellt worden ist (Art. 132 in Verbindung mit Art. 104 lit. a und b
sowie Art. 105 Abs. 2 OG).

2.
Die Beschwerdeführerin stellt sich auf den Standpunkt, dass sie am 23. März
2001 die ausstehenden Prämien für das Jahr 2000 gemäss Rechnung vom 23.
Februar 2001 bezahlt habe und an diesem Tag der erwähnte Betrag auf ihrem
Konto belastet worden sei. Somit habe sie dem Wortlaut von Art. 41bis Abs. 1
lit. c AHVV Folge geleistet und erachte es als unannehmbar, mit einem
Verzugszins bestraft zu werden, wenn die Post die Zahlungsübermittlung erst
nach drei bis fünf Arbeitstagen vornehme.

3.
3.1 Nach Art. 41bis Abs. 1 lit. c AHVV sind Verzugszinsen zu entrichten auf
auszugleichenden Lohnbeiträgen, die nicht innert 30 Tagen ab
Rechnungsstellung geleistet werden. Der Zinsenlauf beginnt mit der
Rechnungsstellung durch die Ausgleichskasse und endet mit der vollständigen
Bezahlung der Beiträge (Art. 41bis Abs. 2 AHVV). Als bezahlt gelten die
Beiträge mit dem Zahlungseingang bei der Ausgleichskasse (Art. 42 Abs. 1
AHVV). Art. 41bis Abs. 1 lit. c und Abs. 2 sowie Art. 42 AHVV stützen sich
auf Art. 14 Abs. 4 lit. e AHVG ab, mit welchem der Gesetzgeber den Bundesrat
beauftragte, Vorschriften über die Verzugszinsen zu erlassen. Zu prüfen ist
die Gesetz- und Verfassungsmässigkeit dieser Verordnungsnormen.

3.2  Nach der Rechtsprechung kann das Eidgenössische Versicherungsgericht
Verordnungen des Bundesrates grundsätzlich, von hier nicht in Betracht
fallenden Ausnahmen abgesehen, auf ihre Rechtmässigkeit hin überprüfen. Bei
(unselbstständigen) Verordnungen, die sich auf eine gesetzliche Delegation
stützen, prüft es, ob sie sich in den Grenzen der dem Bundesrat im Gesetz
eingeräumten Befugnisse halten. Wird dem Bundesrat durch die gesetzliche
Delegation ein sehr weiter Spielraum des Ermessens für die Regelung auf
Verordnungsebene eingeräumt, muss sich das Gericht auf die Prüfung
beschränken, ob die umstrittenen Verordnungsvorschriften offensichtlich aus
dem Rahmen der dem Bundesrat im Gesetz delegierten Kompetenzen herausfallen
oder aus andern Gründen verfassungs- oder gesetzwidrig sind. Es kann jedoch
sein eigenes Ermessen nicht an die Stelle desjenigen des Bundesrates setzen
und es hat auch nicht die Zweckmässigkeit zu untersuchen. Die vom Bundesrat
verordnete Regelung verstösst allerdings dann gegen Art. 8 Abs. 1 BV, wenn
sie sich nicht auf ernsthafte Gründe stützen lässt, wenn sie sinn- oder
zwecklos ist oder wenn sie rechtliche Unterscheidungen trifft, für die sich
ein vernünftiger Grund nicht finden lässt. Gleiches gilt, wenn die Verordnung
es unterlässt, Unterscheidungen zu treffen, die richtigerweise hätten
berücksichtigt werden sollen (BGE 128 II 40 Erw. 3b, 128 IV 180 Erw. 2.1, 127
V 7 Erw. 5a, je mit Hinweisen).

3.3  Geldschulden sind grundsätzlich Bringschulden. Der Schuldner hat die
Leistung am Wohnort oder Geschäftssitz des Gläubigers zu erbringen. Dies
bedeutet, dass derjenige Schuldner, der zur Zahlung Buch- oder Giralgeld
verwendet, in der Zeitspanne zwischen Zahlungsauftrag und Erfüllung das
Verzögerungs- und Verlustrisiko trägt (Art. 74 Abs. 2 Ziff. 1 OR; BGE 124 III
117 Erw. 2a, 119 III 234 Erw. 2; vgl. auch Gauch/Schluep/Schmid/Rey,
Schweizerisches Obligationenrecht, Allgemeiner Teil, Band II, 7. Aufl., Rz
2360 ff.).

Unter der Geltung des bin 31. Dezember 2000 in Kraft gestandenen Art. 41bis
Abs. 3 AHVV, worin verschiedene Fälle der Beendigung des Verzugszinsenlaufes
geregelt waren, entschied das Eidgenössische Versicherungsgericht, dass als
Zeitpunkt der Zahlung nicht das Datum der Einzahlung durch den
Beitragspflichtigen, sondern dasjenige des Zahlungseingangs bei der
Verwaltung gelte (nicht veröffentlichtes Urteil Sch. vom 3. April 1997, H
347/96). Diese Rechtsprechung wurde mit dem am 1. Januar 2001 in Kraft
getretenen Art. 42 Abs. 1 AHVV gesetztes Recht (AHI 2000 S. 132). Diese
Regelung hält sich demnach im Rahmen des dem Bundesrat gestützt auf Art. 14
Abs. 4 lit. e AHVG zustehenden weiten Ermessensspielraums (BGE 110 V 257 Erw.
4b; ZAK 1990 S. 285 Erw. 4b/dd, je mit Hinweisen), ist weder sinn- noch
zwecklos und trifft keine Unterscheidungen, für welche sich keine
vernünftigen Gründe finden liessen. Die vom Bundesrat erlassene
Verzugszinsregelung ist demnach gesetzes- und verfassungskonform.

4.
Die Auffassung der Beschwerdeführerin, wonach die Verzugszinsforderung
insoweit ungerechtfertigt sei, als sie die Beiträge rechtzeitig geleistet
habe und mit einem Verzugszins bestraft werde, ist daher nicht stichhaltig.
Die Zahlung gemäss Rechnung vom 23. Februar 2001 ging erst am 28. März 2001,
somit nach Ablauf von 30 Tagen seit Rechnungsstellung, bei der
Ausgleichskasse ein. Da die Pflicht zur Entrichtung von Verzugszinsen
verschuldensunabhängig ist, hat die Beschwerdeführerin im vorliegenden Fall
ungeachtet der Ursache der Verzögerung Verzugszinsen zu bezahlen. Unerheblich
ist auch, ob sie während der Verzugsdauer aus dem Gegenwert der
Beitragsschuld tatsächlich Nutzen in der Höhe des gesetzlichen
Verzugszinssatzes gezogen hat.

5.
Weil nicht die Bewilligung oder Verweigerung von Versicherungsleistungen
streitig ist, ist das Verfahren kostenpflichtig (Art. 134 OG e contrario).
Die Gerichtskosten sind von der unterliegenden Beschwerdeführerin zu tragen
(Art. 156 in Verbindung mit Art. 135 OG).

Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt und
mit dem geleisteten Kostenvorschuss verrechnet.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht Basel-Stadt
und dem Bundesamt für Sozialversicherung zugestellt.

Luzern, 28. November 2002
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts

Die Präsidentin der IV. Kammer:   Die Gerichtsschreiberin: