Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen H 67/2002
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H 67/02

Urteil vom 12. November 2002
II. Kammer

Präsident Schön, Bundesrichterin Widmer und Bundesrichter Frésard;
Gerichtsschreiberin Amstutz

B.________, 1908, Beschwerdeführerin, vertreten durch ihren Sohn,

gegen

Ausgleichskasse des Kantons Zürich, Röntgenstrasse 17, 8005 Zürich,
Beschwerdegegnerin

Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, Winterthur

(Entscheid vom 25. Januar 2002)

Sachverhalt:

A.
Nachdem die Ausgleichskasse des Kantons Zürich den Anspruch der 1908
geborenen B.________ auf eine Hilflosenentschädigung nach Massgabe einer
Hilflosigkeit schweren Grades mit Verfügung vom 10. September 1999
rechtskräftig verneint hatte (Urteil des Eidgenössischen
Versicherungsgerichts vom 30. November 2001, H 420/00), sprach sie der
Versicherten mit Verfügung vom 5. Februar 2001 revisionsweise eine
entsprechende Leistung rückwirkend ab 1. Oktober 2000 zu, dies anstelle der
bisher ausgerichteten Hilflosenentschädigung bei mittelschwerer
Hilflosigkeit.

B.
Die hiegegen erhobene Beschwerde der B.________ wies das
Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich mit Entscheid vom 25. Januar
2002 ab.

C.
B.________ lässt, vertreten durch ihren Sohn, Verwaltungsgerichtsbeschwerde
führen mit dem Rechtsbegehren, in Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheids
sowie der Verfügung vom 5. Februar 2001 sei ihr mit Wirkung ab 1. Juni 1999
eine Hilflosenentschädigung aufgrund einer Hilflosigkeit schweren Grades
zuzusprechen.

Die Ausgleichskasse schliesst auf Abweisung der
Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Das Bundsamt für Sozialversicherung hat auf
eine Vernehmlassung verzichtet.

Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

1.
Auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist insoweit nicht einzutreten, als
damit die Anerkennung schwerer Hilflosigkeit für die Monate Juni bis
September 1999 beantragt wird, da mit Urteil des Eidgenössischen
Versicherungsgerichts vom 30. November 2001 hierüber formell und materiell
rechtskräftig entschieden wurde (Art. 135 in Verbindung mit Art. 38 OG) und
die Sache daher grundsätzlich nicht wieder aufgenommen und zum Gegenstand
eines neuen Verfahrens gemacht werden kann.

Im Übrigen vermöchte auch eine Neubeurteilung des Zeitraums von Juni bzw. -
unter Berücksichtigung der Dreimonatsfrist nach Art. 88a IVV - von April bis
September 1999 unter dem Titel der Revision nach Art. 137 lit. b OG das
rechtskräftige Urteil des Eidgenössischen Versicherungsgericht vom 30.
November 2001 nicht umzustossen. So enthält die neu eingereichte
Stellungnahme des Dr. med. D.________, Facharzt für Innere Medizin FMH, vom
18. März 2002, auf welches Beweismittel sich die Beschwerdeführerin beruft,
keine neuen Tatsachen, welche geeignet wären, die tatbeständlichen Grundlagen
des damaligen Urteils zu verändern und bei zutreffender rechtlicher Würdigung
zu einer andern Entscheidung zu führen. Vielmehr bestätigt Dr. med.
D.________ in tatsächlicher Hinsicht ausdrücklich die Richtigkeit seiner
früheren, im Hinblick auf die Beurteilung des Hilflosigkeitsgrades im Urteil
vom 30. November 2001 als ausschlaggebend erachteten Aussage, wonach die
Beschwerdeführerin im September 1999 namentlich im Rahmen der alltäglichen
Lebensverrichtung  "Aufstehen/Absitzen/Abliegen" noch keiner regelmässigen
Hilfe bedurfte (Fragebogen der IV-Stelle zur Hilfeleistung vom 9. Januar
2001). Wenn er nunmehr ausführt, die Verneinung einer 100 %-igen
Hilflosigkeit im April bzw. September 1999 werde bei gesamthafter Beurteilung
dem damaligen Gesundheitszustand nicht gerecht, handelt es sich lediglich um
eine Neubewertung des im Zeitpunkt der Verfügung vom 10. September 1999
bekannten Sachverhalts, was zu keiner Revision im Sinne des Art. 137 lit. b
OG Anlass geben könnte (BGE 110 V 141 Erw. 2, 293 Erw. 2a, 108 V 171 Erw. 1;
vgl. auch BGE 118 II 205). Unter revisionsrechtlichen Gesichtspunkten
unbehelflich ist auch die schriftliche Be-stätigung des Grossenkels der
Beschwerdeführerin vom 28. Februar 2002, zumal dieses Beweismittel ohne
weiteres bereits in dem mit Urteil des Eidgenössischen Versicherungsgerichts
vom 30. November 2001 rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren hätte
beigebracht werden können und daher nicht als "neu" im Sinne des Art. 137
lit. b OG gelten könnte (BGE 110 V 141 Erw. 1b).

2.
Zu prüfen ist der Anspruch auf Hilflosenentschädigung aufgrund schwerer
Hilflosigkeit ab 1. Oktober 1999 bis 30. September 2000.

2.1 Im vorinstanzlichen Entscheid werden die Bestimmungen über den Anspruch
auf Hilflosenentschädigung (Art. 43bis Abs. 1 AHVG), den Begriff und die
Bemessung der Hilflosigkeit (Art. 43bis Abs. 5 AHVG und Art. 66bis Abs. 1
AHVV in Verbindung mit Art. 42 Abs. 1 IVG und Art. 36 IVV), die nach der
Rechtsprechung für die Bestimmung des Hilflosigkeitsgrades massgebenden sechs
alltäglichen Lebensverrichtungen (BGE 127 V 97 Erw. 3c mit Hinweisen) sowie
die im Falle einer erheblichen Veränderung des Hilflosigkeitsgrades zu
beachtenden revisionsrechtlichen Grundsätze (Art. 66bis Abs. 2 AHVV in
Verbindung mit Art. 41 IVG sowie Art. 86 bis 88bis AHVV) zutreffend
dargelegt. Darauf wird verwiesen.

2.2 Die Vorinstanz hat in einlässlicher Würdigung der Akten, insbesondere
gestützt auf die Angaben des Dr. med. D.________ im Fragebogen der IV-Stelle
zur Hilfeleistung vom 9. Januar 2001, zutreffend erwogen, dass eine dauernde
und erhebliche Hilfsbedürftigkeit im Rahmen der Lebensverrichtungen
"Aufstehen/ Absitzen/Abliegen" und "Essen" vor dem Zeitpunkt des Übertritts
in ein Pflegeheim im Juli 2000 nicht rechtsgenüglich erstellt sei. Die
Stellungnahme des Dr. med. D.________ vom 18. März 2002 (vgl. Erw. 1 hievor)
ändert an der Richtigkeit dieser Schlussfolgerungen nichts. Namentlich ist
daraus selbst in Anbetracht der bereits für das Jahr 1999 ausgewiesenen
erheblichen Gesundheitsbeeinträchtigung durch massiv eingeschränkte Sehkraft,
Herzschwäche, rheumatische Leiden und zunehmende Demenz nicht mit dem
Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit (BGE 126 V 360 Erw. 5b, 125 V
195 Erw. 2, je mit Hinweisen) zu schliessen, dass die Beschwerdeführerin vor
Juli 2000 tatsächlich nicht mehr in der Lage war, die Lebensverrichtungen
"Essen" und "Aufstehen/ Absitzen/Abliegen" oder Teilfunktionen derselben ohne
direkte oder indirekte Dritthilfe zu bewältigen.

Hinsichtlich der Lebensverrichtung "Essen" gibt der Sohn und Rechtsvertreter
der Beschwerdeführerin im "Fragebogen für eine Hilflosenentschädigung der
AHV" vom 9. Juli 2001 an, regelmässige und erhebliche Dritthilfe sei
lediglich beim Zerkleinern der Nahrung und dies erst seit August 2000
vonnöten gewesen. Des Weitern ergeben sich weder aus den Vorbringen in der
Verwaltungsgerichtsbeschwerde noch aus den Akten hinreichende Anhaltspunkte
dafür, dass die Beschwerdeführerin das Aufstehen, Absitzen oder Abliegen im
fraglichen Zeitraum rein funktionsmässig (physisch) nicht mehr selber
vornehmen konnte. Es werden sodann keine Einschränkungen der Greiffähigkeit
der Hände geltend gemacht, welche es der nahezu erblindeten - gemäss dem von
Dr. med. D.________ ausgefüllten Fragebogen zur Hilfeleistung aber im Januar
2001 immerhin noch zur selbstständigen Fortbewegung in der Wohnung fähigen -
Beschwerdeführerin verunmöglicht hätten, freiliegende Sitzflächen zu ertasten
und diese selbst zurecht zu schieben. Ferner deutet auch nichts auf
ernsthaftere Gleichgewichtsstörungen hin, welche - zusammen mit der äusserst
geringen Sehkraft - namentlich beim selbstständigen Absitzen womöglich ein
unverantwortbares Risiko bedeutet hätten (unveröffentlichtes Urteil H. vom 6.
November 1992 [H 131/92]). Der Umstand schliesslich, dass der Grossenkel der
Beschwerdeführerin im Jahre 1999 bei ihr wohnte, um ihr - soweit die Spitex
nicht amtete oder er sich seinem Studium widmen musste - bei der Pflege zu
helfen, und er ihr dabei unter anderem auch den Weg zu Stühlen und Bett
zeigte (Bestätigung vom 28. Februar 2002), vermag die Annahme einer
Hilflosigkeit bei der Lebensverrichtung "Aufstehen/Absitzen/Abliegen"
ebenfalls nicht zu be-gründen. Vielmehr ist diese Hilfeleistung, soweit nicht
unter dem Gesichtspunkt der "persönlichen Überwachung" (Art. 36 Abs. 1 in
fine IVV) von Bedeutung, als Teilfunktion der Lebensverrichtung
"Fortbewegung" (im Haus) einzustufen. Von weiteren Beweismassnahmen ist
abzusehen, da nach den zutreffenden Erwägungen der Vorinstanz nicht zu
erwarten ist, dass sie an diesem feststehenden Ergebnis etwas zu ändern
vermöchten (vgl. BGE 122 II 469 Erw. 4a, 122 III 223 Erw. 3c, 120 Ib 229 Erw.
2b, 119 V 344 Erw. 3c mit Hinweis; siehe auch SVR 2001 IV Nr. 10 S. 28 Erw.
4b).

Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten
ist.

2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons
Zürich, der IV-Stelle des Kantons Zürich und dem Bundesamt für
Sozialversicherung zugestellt.
Luzern, 12. November 2002

Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts

Der Präsident der II. Kammer:   Die Gerichtsschreiberin: