Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen H 36/2002
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H 36/02
H 38/02

Urteil vom 10. Oktober 2002
IV. Kammer

Präsidentin Leuzinger, Bundesrichter Rüedi und nebenamtlicher Richter
Maeschi; Gerichtsschreiber Flückiger

H 36/02
K.________, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwältin Béatrice
Grob-Andermacher, Industriestrasse 31, 6300 Zug,

und

H 38/02
V.________, Beschwerdeführerin, handelnd durch ihren Beistand Rechtsanwalt
Hans-Peter Kümin, Nägelihof 3, 8001 Zürich,

gegen

Ausgleichskasse des Kantons Zürich, Röntgenstrasse 17, 8005 Zürich,
Beschwerdegegnerin,

Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, Winterthur

(Entscheid vom 30. November 2001)

Sachverhalt:

A.
Die S.________ AG bezweckte laut Eintrag im Handelsregister die Durchführung
von Abdichtungsverfahren jeder Art, Arbeiten im Hoch-, Tief- und Brückenbau,
Korrosionsschutz, Tankisolationen und Beschichtungen. Sie bildete Teil der
S.________-Gruppe, bestehend aus mehreren rechtlich selbstständigen
Unternehmungen. Am 23. April 1997 wurde über die S.________ AG, der Konkurs
eröffnet.

Mit Verfügung vom 4. Februar 2000 forderte die Ausgleichskasse des Kantons
Zürich von K.________, ehemaliges Verwaltungsratsmitglied der S.________ AG,
Schadenersatz für entgangene Sozialversicherungsbeiträge im Betrag von Fr.
102'759.-. Mit einer weiteren Verfügung vom 17. März 2000 erhob sie von
V.________ als Alleinerbin des am 21. Juni 1996 verstorbenen ehemaligen
Präsidenten des Verwaltungsrates T.________ eine Schadenersatzforderung in
gleicher Höhe unter solidarischer Haftbarkeit mit K.________.

B.
Auf Einspruch der Betroffenen reichte die Ausgleichskasse am 29. März 2000
bzw. 26. April 2000 Klagen ein, wobei sie gegenüber K.________ an der
Forderung von Fr. 102'759.- festhielt und die Forderung gegenüber V.________
neu mit Fr. 75'558.25 bezifferte. Nach Erhalt einer Konkursdividende von Fr.
6'930.35 reduzierte sie die Forderung gegenüber K.________ auf Fr. 95'828.65.

In Gutheissung der Klagen verpflichtete das Sozialversicherungsgericht des
Kantons Zürich die Beklagten zur Zahlung von Schadenersatz in der
eingeklagten reduzierten Höhe unter solidarischer Haftbarkeit bis zum Betrag
von Fr. 75'558.25 (Entscheid vom 30. November 2001).

C.
K.________ (im Folgenden Beschwerdeführer) lässt
Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen und beantragen, in Aufhebung des
angefochtenen Entscheids sei die Klage vollumfänglich abzuweisen; eventuell
sei die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen.

Innert der gesetzlichen Frist erhebt auch der Beistand der minderjährigen
V.________ (im Folgenden Beschwerdeführerin) Verwaltungsgerichtsbeschwerde
mit dem Rechtsbegehren, in Aufhebung des angefochtenen Entscheids sei die
Klage abzuweisen.

Die Ausgleichskasse und das Bundesamt für Sozialversicherung verzichten auf
Vernehmlassung. K.________ und V.________ haben als Mitbeteiligte zu den
gegenseitigen Verwaltungsgerichtsbeschwerden Stellung genommen.

Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

1.
Da den beiden Verwaltungsgerichtsbeschwerden derselbe Sachverhalt zu Grunde
liegt, sich die gleichen Rechtsfragen stellen und die Rechtsmittel den
nämlichen vorinstanzlichen Entscheid betreffen, rechtfertigt es sich, die
Verfahren zu vereinigen und in einem einzigen Urteil zu erledigen (BGE 123 V
215 Erw. 1, 120 V 466 Erw. 1 mit Hinweisen; vgl. auch BGE 127 V 33 Erw. 1 und
157 Erw. 1, 126 V 285 Erw. 1; Poudret, Commentaire de la loi fédérale
d'organisation judiciaire, Bd. 1, S. 343 unten f.).

2.
2.1 Auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerden ist nur so weit einzutreten, als
sie Forderungen betreffen, die sozialversicherungsrechtliche Beiträge des
Bundes zum Gegenstand haben. Ob die Schadenersatzforderungen bezüglich der
Beiträge an die kantonale Familienausgleichskasse zu Recht bestehen, ist im
vorliegenden Verfahren nicht zu prüfen (BGE 119 V 80 Erw. 1b, 118 V 69 Erw.
1b, 101 V 3 Erw. 1b; vgl. auch BGE 124 V 146 Erw. 1 mit Hinweis).

2.2  Da es sich bei der angefochtenen Verfügung nicht um die Bewilligung oder
Verweigerung von Versicherungsleistungen handelt, hat das Eidgenössische
Versicherungsgericht nur zu prüfen, ob das vorinstanzliche Gericht
Bundesrecht verletzt hat, einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des
Ermessens, oder ob der rechtserhebliche Sachverhalt offensichtlich unrichtig,
unvollständig oder unter Verletzung wesentlicher Verfahrensbestimmungen
festgestellt worden ist (Art. 132 in Verbindung mit Art. 104 lit. a und b
sowie Art. 105 Abs. 2 OG).

3.
3.1 Im vorinstanzlichen Entscheid werden die gesetzlichen Bestimmungen (Art.
52 AHVG, Art. 81 und 82 AHVV) und die nach der Rechtsprechung (BGE 123 V 15
Erw. 5b, 122 V 66 Erw. 4a, 119 V 405 Erw. 2, je mit Hinweisen) für die
Schadenersatzpflicht des Arbeitgebers und dessen Organe geltenden Regeln
zutreffend dargelegt, sodass darauf verwiesen werden kann.

3.2  Im Hinblick auf die von der Beschwerdeführerin erhobenen Einwendungen
ist zu präzisieren, dass die Schadenersatzpflicht ein qualifiziertes
Verschulden (Absicht oder grobe Fahrlässigkeit) voraussetzt. Dementsprechend
ist die Nichtabrechnung oder Nichtbezahlung der Beiträge für sich allein
nicht haftungsbegründend; vielmehr bedarf es zusätzlich zur
Widerrechtlichkeit (Missachtung von Art. 14 Abs. 1 AHVG) eines Verschuldens
in Form von Absicht oder grober Fahrlässigkeit. Verwaltung und
Sozialversicherungsrichter dürfen sich bei festgestellter Verletzung der
AHV-Vorschriften daher nicht auf die Prüfung beschränken, ob Exkulpations-
oder Rechtfertigungsgründe vorliegen, sondern haben vorgängig festzustellen,
ob ein qualifiziertes Verschulden im Sinne von Art. 52 AHVG anzunehmen ist
(BGE 121 V 244 Erw. 5).

4.
Die Beschwerdeführerin macht geltend, die Schadenersatzforderung sei
verwirkt, weil sie nicht gemäss Art. 82 Abs. 1 AHVV innert Jahresfrist seit
Kenntnis des Schadens durch Verfügung geltend gemacht worden sei.

4.1  Nach der Rechtsprechung erlangt die Ausgleichskasse in dem Zeitpunkt
Kenntnis des Schadens im Sinne von Art. 82 Abs. 1 AHVV, in welchem sie unter
Beachtung der ihr zumutbaren Aufmerksamkeit erkennen muss, dass die
tatsächlichen Gegebenheiten nicht mehr erlauben, die Beiträge einzufordern,
wohl aber eine Schadenersatzpflicht begründen können. Im Falle eines
Konkurses oder Nachlassvertrages mit Vermögensabtretung besteht praxisgemäss
in der Regel bereits dann ausreichend Kenntnis des Schadens, wenn die
Kollokation der Forderungen eröffnet bzw. der Kollokationsplan (und das
Inventar) zur Einsicht aufgelegt wird (BGE 126 V 444 Erw. 3a und 448 Erw. 4c,
je mit Hinweisen). Ausnahmsweise kann eine zumutbare Schadenskenntnis schon
vor der Auflage des Kollokationsplanes gegeben sein, so etwa, wenn die
Ausgleichskasse auf Grund von Gläubigerversammlungen vernimmt, dass ihre
Forderung mit Sicherheit ungedeckt bleibt; dabei genügt die zumutbare
Kenntnis eines Teilschadens (BGE 126 V 447 Erw. 3b und 452 Erw. 2a mit
Hinweisen).

4.2  Im vorliegenden Fall wurde der Konkurs am 23. April 1997 eröffnet und am
19. März 1999 der Kollokationsplan und das Inventar zur Einsicht aufgelegt.
Die Schadenersatzverfügungen vom 4. Februar 2000 bzw. 17. März 2000 wurden
daher rechtzeitig innert Jahresfrist seit Kenntnis des Schadens erlassen. Ob
die Ausgleichskasse bereits auf Grund des Gläubigerzirkulars vom 18. März
1999 hinreichende Kenntnis vom Schaden haben musste, kann offen bleiben, weil
die Schadenersatzverfügungen auch in diesem Fall rechtzeitig innert der
einjährigen Verwirkungsfrist von Art. 82 Abs. 1 AHVV erfolgt wären. Zur
ausnahmsweisen Annahme einer noch früheren Schadenskenntnis besteht kein
Anlass. Entgegen den Ausführungen der Beschwerdeführerin stand nach der
Konkurseröffnung keineswegs fest, dass die Ausgleichskasse mit ihren
Beitragsnachforderungen für die Jahre 1994 bis 1996 zu Verlust kommen werde.
Zu einer andern Beurteilung gibt weder der Umstand Anlass, dass der
Kollokationsplan erst knapp zwei Jahre nach der Konkurseröffnung aufgelegt
wurde, noch die Tatsache, dass letztlich nur eine Konkursdividende von rund
7% resultierte.

5. Gegenstand der Schadenersatzverfügungen vom 4. Februar 2000 und 17. März
2000 bilden nicht bezahlte Beiträge in Höhe von Fr. 76'013.80 auf
Verwaltungsratshonoraren und Lohnbezügen aus den Jahren 1994 und 1995 sowie
eine Nachforderung von Fr. 26'745.20 für zu wenig abgerechnete Löhne im Jahr
1996.

5.1  Hinsichtlich der Lohnzahlungen an T.________, K.________ und A.________
(nachfolgend: Kaderlöhne) im Jahre 1995 macht der Beschwerdeführer geltend,
eine widerrechtliche Verletzung von Vorschriften liege schon deshalb nicht
vor, weil die Lohnbescheinigung durch die Ausgleichskasse ausgefüllt und
unterzeichnet worden sei. Aus den Akten geht diesbezüglich hervor, dass die
S.________ AG der Ausgleichskasse in den Jahren 1994 bis 1996 jeweils
EDV-Listen über die ausbezahlten Löhne eingereicht hat. Die Kaderlöhne wurden
in den Jahren 1994 und 1996 nachträglich durch die S.________ Holding bzw.
die S.________ Management AG gemeldet. Sämtliche Lohnbescheinigungen tragen
die Unterschrift von K.________. Für das Jahr 1995 legt der Beschwerdeführer
die Kopie einer von ihm unterzeichneten Lohnbescheinigung vom 31. Januar 1996
auf, welche auch die Kaderbezüge umfasste. Für das gleiche Jahr enthalten die
Akten eine von der Zweigstelle Zürich der kantonalen Ausgleichskasse auf
Grund von EDV-Listen der S.________ AG erstellte Lohnbescheinigung vom 3.
April 1996, welche sich auf eine von B.________, Mitarbeiterin der S.________
AG, übermittelte EDV-Liste der ausgerichteten Löhne stützt und worin die
Kaderbezüge nicht aufgeführt sind. Wie es zur zweiten Lohnbescheinigung kam,
steht nicht fest. Es ist jedoch als überwiegend wahrscheinlich zu betrachten,
dass die ordnungsgemässe ursprüngliche Bescheinigung vom 31. Januar 1996 an
die Ausgleichskasse gelangt ist, andernfalls wäre nicht erklärlich, weshalb
mit Abrechnung vom 15. Mai 1996 eine Beitragsrückerstattung in Höhe von Fr.
63'333.90 erfolgt ist, was in etwa den für die Kaderbezüge geschuldeten
Beiträgen entsprach. Einen andern Grund für die Rückerstattung vermag auch
die Ausgleichskasse nicht anzugeben. Der Gesellschaft kann unter diesen
Umständen nicht zum Vorwurf gemacht werden, sie sei der
Beitragsabrechnungspflicht nicht nachgekommen. Dagegen durfte sie die im
Widerspruch zur Lohnbescheinigung vom 31. Januar 1996 stehende,
offensichtlich unrichtige Rückerstattung der Ausgleichskasse nicht in guten
Treuen als rechtmässig erachten. Zudem hat sie der Ausgleichskasse am 3.
April 1996 eine Lohnbescheinigung eingereicht, welche unvollständig war. Die
Widerrechtlichkeit des Verhaltens ist in Bezug auf die Schadenersatzforderung
für das Jahr 1995 daher zu bejahen. Das Gleiche gilt hinsichtlich der nicht
abgerechneten Verwaltungsratshonorare für das Jahr 1994. Was schliesslich die
Beiträge für 1996 betrifft, erfolgte die Lohnbescheinigung für die
Kaderbezüge erst am 25. März 1997 und blieben Beiträge im Umfang der
Nachforderung vom 27. März 1997 unbezahlt.  Es steht damit fest, dass die
Gesellschaft gegen die Vorschriften von Art. 14 Abs. 1 AHVG in Verbindung mit
Art. 34 ff. AHVV verstossen hat, was grundsätzlich die volle Schadendeckung
nach sich zieht (BGE 118 V 195 Erw. 2a mit Hinweisen).

5.2  Die Höhe des von der Ausgleichskasse unter Berücksichtigung der
Konkursdividende eingeklagten Schadens ist grundsätzlich unbestritten. Nicht
gefolgt werden kann dem Beschwerdeführer, soweit er in der Vernehmlassung zur
Verwaltungsgerichtsbeschwerde der Beschwerdeführerin geltend macht, bei der
irrtümlichen Beitragsrückerstattung von Fr. 63'333.90 habe es sich um eine
ungerechtfertigte Bereicherung nach Art. 62 OR gehandelt, für welche die
Ausgleichskasse nach Art. 64 OR kein Rückforderungsrecht mehr habe, weshalb
von der Schadenersatzforderung zumindest dieser Betrag in Abzug zu bringen
sei. Der Schaden im Sinne von Art. 52 AHVG umfasst grundsätzlich alle
geschuldeten Beiträge, die aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht
mehr eingefordert werden können. Die Schadenersatzpflicht erstreckt sich auch
auf zu Unrecht ergangene Beitragsrückerstattungen, sofern die übrigen
Voraussetzungen, insbesondere ein Verschulden des Arbeitgebers und seiner
Organe, zu bejahen sind (vgl. auch Knus Marlies, Die Schadenersatzpflicht des
Arbeitgebers in der AHV, Diss. Zürich 1989, S. 42 ff.).

6.
6.1 Der Beschwerdeführer war ab April 1993 als Prokurist mit Kollektivprokura
zu zweien für die S.________ AG tätig gewesen. Am 9. Juli 1996 wurde er
Mitglied des Verwaltungsrates mit Einzelunterschriftsberechtigung. Nach dem
Tod von T.________ am 21. Juni 1996 war er alleiniger Verwaltungsrat bis zum
16. April 1997. Als Prokurist hatte er sich insbesondere mit der
Beitragsabrechnung und -zahlung gegenüber der Ausgleichskasse befasst und die
Lohnbescheinigungen unterzeichnet. Bereits vor der Ernennung zum
Verwaltungsrat kam ihm als Leiter der Administration für sämtliche
S.________-Unternehmungen eine bedeutende Stellung auch in der S.________ AG,
zu. Seine faktische Organstellung ist daher auch für die Zeit vor der
Ernennung zum Verwaltungsrat zu bejahen (vgl. BGE 114 V 213 ff.). Weil
sämtliche der Gegenstand der Schadenersatzklage bildenden Beitragsschulden
vor dem Rücktritt aus dem Verwaltungsrat fällig waren, kann er grundsätzlich
für den gesamten Schaden haftbar gemacht werden (BGE 126 V 61 ff. mit
Hinweisen).

6.2  T.________ war seit 1989 Präsident und ab 12. Oktober 1994 einziges
Mitglied des Verwaltungsrates der S.________ AG mit Einzelunterschrift
gewesen. Seine formelle und materielle Organstellung ist damit ohne weiteres
gegeben. Für die erst nach seinem Tod am 21. Juni 1996 fällig gewordene
Nachforderung für 1996 kann er indessen nicht haftbar gemacht werden. Eine
allfällige Haftbarkeit der Beschwerdeführerin als Alleinerbin des T.________
beschränkt sich daher auf die Beitragsausstände für 1994 und 1995.

7.
Streitig und zu prüfen ist, inwiefern dem Beschwerdeführer und dem Vater der
Beschwerdeführerin ein Verschulden im Sinne von Art. 52 AHVG vorzuwerfen ist.

7.1.1  Hinsichtlich der Schadenersatzforderung gegen den Beschwerdeführer
betreffend entgangene Beiträge für das Jahr 1994 bejaht die Vorinstanz ein
Verschulden im Sinne von Art. 52 AHVG mit der Begründung, nach Lage der Akten
und mangels gegenteiliger Anhaltspunkte sei davon auszugehen, dass die
Verletzung der Abrechnungs- und Beitragszahlungspflicht absichtlich oder
grobfahrlässig erfolgt sei, da es im Rahmen der ihnen obliegenden
Mitwirkungspflichten grundsätzlich Sache der Schadenersatzpflichtigen sei,
den Nachweis für allfällige Rechtfertigungs- und Exkulpationsgründe zu
erbringen (BGE 108 V 198 Erw. 1). Hiezu ist festzustellen, dass eine
Verletzung der Abrechnungs- und Beitragszahlungspflicht eine Organhaftung nur
zu begründen vermag, wenn ein qualifiziertes Verschulden im Sinne von Art. 52
AHVG anzunehmen ist (Erw. 3b hievor). Ein solches ist im vorliegenden Fall
indessen zu bejahen. Der Beschwerdeführer hat sich in der fraglichen Zeit mit
der Abrechnungs- und Beitragszahlungspflicht befasst und der Ausgleichskasse
schon in den Vorjahren Verwaltungsratshonorare gemeldet. Wenn eine
entsprechende Meldung für das Jahr 1994 unterblieben ist, so ist dies auf
eine als grob zu qualifizierende Verletzung der Sorgfaltspflicht
zurückzuführen. Auch hat der Beschwerdeführer nach der Arbeitgeberkontrolle
vom 14. Januar 1997, anlässlich welcher ihm die nicht abgerechneten
Lohnsummen für 1994 und 1995 bekannt gegeben wurden, nichts unternommen, um
die ausstehenden Beiträge sicherzustellen, obschon er davon wusste, dass die
Gesellschaft in finanziellen Schwierigkeiten stand.

7.1.2  Was die entgangenen Beiträge für 1995 betrifft, ist dem
Beschwerdeführer vorzuwerfen, dass er nach der offensichtlich irrtümlich
erfolgten Beitragsrückerstattung keine Abklärungen hinsichtlich des
Rechtsgrundes der Rückzahlung getroffen hat. Darauf, dass er von der Zahlung
erst anlässlich der Besprechung der Arbeitgeberkontrolle vom 14. Januar 1997
Kenntnis erhalten habe, kann er sich nicht berufen. Weil die Kontrolle des
Zahlungsverkehrs unbestrittenermassen in seinen Aufgabenbereich fiel, hätte
ihm die Rückzahlung vom 10. Juni 1996, welche immerhin mehr als einen Viertel
der bezahlten Beiträge für 1995 ausmachte, bei hinreichender Aufmerksamkeit
auffallen müssen. Dass die Buchhaltung durch eine Mitarbeiterin geführt
wurde, ändert nichts daran, dass er seiner Sorgfaltspflicht nicht
nachgekommen ist, zumal die Buchhalterin den Betrieb Ende Mai 1996 und damit
noch vor der Beitragsrückzahlung der Ausgleichskasse verlassen hatte. Ebenso
wenig ist entscheidend, dass die Stelle nicht sofort besetzt werden konnte.
Gerade weil dem so war, wäre der Beschwerdeführer als Verantwortlicher für
den Bereich "Administration und Finanzen" gehalten gewesen, den
Zahlungsverkehr selber zu überwachen oder auf andere geeignete Weise für eine
Kontrolle zu sorgen. Hieran hat auch der am 21. Juni 1996 eingetretene Tod
von T.________ nichts geändert. Zwar mag es zutreffen, dass sich der
Beschwerdeführer damals in einer schwierigen Lage befand. Als nunmehr
einziger Verwaltungsrat war es indessen seine Pflicht, die ihm auf Grund des
Gesetzes (Art. 717 Abs. 1 OR) und der konkreten betrieblichen Situation
obliegende Sorgfaltspflicht noch vermehrt wahrzunehmen, zumal ihm schon
damals bekannt war, dass die Geschäftsentwicklung unbefriedigend war. Des
Weitern ist zu berücksichtigen, dass die Kaderbezüge anscheinend aus
Diskretionsgründen jeweils separat ausgewiesen wurden, was hinsichtlich der
ordnungsgemässen Abrechnung und Zahlung der Beiträge zu erhöhter Sorgfalt
Anlass geben musste. Die Vorinstanz hat daher auch in diesem Punkt zu Recht
ein qualifiziertes Verschulden im Sinne von Art. 52 AHVG angenommen.

7.1.3  Bezüglich der entgangenen Beiträge für 1996 ist mit der Vorinstanz
festzustellen, dass der Beschwerdeführer nichts unternommen hat, um die
Beiträge sicherzustellen, obschon er - den eigenen Angaben zufolge - mit
einer Nachforderung rechnen musste und ihm bereits vor der am 28. Februar
1997 erfolgten Demissionserklärung bekannt war, dass die Gesellschaft in
finanziellen Schwierigkeiten stand. Zudem war er noch bis zum 9. April 1997
als faktisches Organ für die S.________ AG tätig und hätte daher für eine
Zahlung der Nachforderung vom 27. März 1997 sorgen können. Wie er selbst
ausführt, waren auch nach der am 13. Februar 1997 erfolgten Kürzung der
Betriebskredite durch die Banken noch hinreichend Mittel vorhanden, welche
Zahlungen erlaubt hätten. Indem der Beschwerdeführer weder für eine
ordnungsgemässe Bezahlung noch für eine Sicherstellung der geschuldeten
Beiträge sorgte, hat er den Beitragsverlust auch für diesen Zeitraum
zumindest grobfahrlässig verursacht.

7.2
7.2.1 Zum Verschulden von T.________ führt die Vorinstanz aus, dieser sei
Verwaltungsratspräsident der S.________ AG und Leiter der gesamten
S.________-Gruppe mit etwa 80 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gewesen. Auch
wenn die Unternehmens-Gruppe eine gewisse Grösse erreicht habe, seien die
Verwaltungsstrukturen einfach geblieben. Als oberster Leiter der
S.________-Gruppe habe es zum Aufgabenbereich von T.________ gehört, die in
den einzelnen Gesellschaften tätigen Geschäftsführer zu überwachen. Auch in
den buchhalterischen und wirtschaftlichen Belangen habe ihm die alleinige
Oberaufsicht obgelegen. Da es sich bei den nicht verbuchten Lohnsummen der
Jahre 1994 und 1995 u.a. jeweils um den eigenen Lohnanspruch und im Jahre
1995 um eine beträchtliche Summe von über einer halben Million Franken
gehandelt habe, hätte er die Beitragsdifferenzen feststellen müssen.
Besondere Aufmerksamkeit hätte er der separaten Liste über die Kaderlöhne
schenken müssen.

7.2.2  Der Vorinstanz ist darin beizupflichten, dass es sich bei der
S.________ AG, bzw. der gesamten S.________-Gruppe nicht um eine Grossfirma
handelte, weshalb an die Sorgfaltspflicht der Organe grundsätzlich strenge
Anforderungen zu stellen sind (BGE 108 V 202 Erw. 3a). Auch trifft es zu,
dass T.________ in seiner Eigenschaft als Verwaltungsratspräsident und
oberster Leiter der Unternehmensgruppe die Tätigkeit von K.________, welchem
faktisch die Stellung eines Geschäftsführers im administrativen und
finanziellen Bereich für die gesamte Unternehmensgruppe zukam, zu überwachen
hatte. Bei der bestehenden Aufgabenteilung beschränkte sich seine
Überwachungspflicht jedoch auf die Oberaufsicht (Art. 716a Abs. 1 Ziff. 6
OR). Danach hatte er die Tätigkeit des Geschäftsführers insbesondere im
Hinblick auf die Befolgung der Gesetze, Statuten, Reglemente und Weisungen zu
kontrollieren, nötigenfalls ergänzende Abklärungen zu treffen und bei
Unregelmässigkeiten einzuschreiten. Die beschwerdeführenden Parteien stimmen
darin überein, dass T.________ diese Pflicht u.a. insofern wahrgenommen hat,
als er die von K.________ unterzeichneten Lohnbescheinigungen jeweils
überprüfte. Der Beitragsverlust für 1995 kann ihm schon deshalb nicht zur
Last gelegt werden, weil davon auszugehen ist, dass die Lohnbescheinigung vom
31. Januar 1996 richtig war und die irrtümliche Beitragsrückzahlung erst am
10. Juni 1996 und damit kurz vor seinem Tod am 21. Juni 1996 erfolgte, sodass
anzunehmen ist, dass er hievon keine Kenntnis mehr erhalten hat. Im Übrigen
ist der Vorinstanz darin beizupflichten, dass ihm auf Grund des besondern
Abrechnungssystems für Kaderbezüge und des Umstandes, dass es sich teilweise
um eigene Bezüge handelte, eine erhöhte Sorgfaltspflicht oblag. Dieser ist
T.________ bezüglich der entgangenen Beiträge für 1994, welche nicht
abgerechnete Verwaltungsratshonorare zum Gegenstand haben, nicht hinreichend
nachgekommen. Sein Verhalten kann im Hinblick darauf, dass ihm lediglich die
Oberaufsicht zukam und die primäre Verantwortung bei  K.________ lag, aber
nicht als grobfahrlässig qualifiziert werden, weshalb eine
Schadenersatzpflicht der Beschwerdeführerin auch in diesem Umfang entfällt.

8.
Zu prüfen bleibt, ob sich der Beschwerdeführer auf Exkulpations- und
Rechtfertigungsgründe oder Herabsetzungsgründe berufen kann.

8.1  Nach der Rechtsprechung lässt sich die Nichtbezahlung der Beiträge
ausnahmsweise rechtfertigen, wenn sie im Hinblick auf eine nicht zum
Vornherein aussichtslose Rettung des Betriebes durch Befriedigung
lebenswichtiger Forderungen in der begründeten Meinung erfolgt, die
geschuldeten Beiträge später ebenfalls bezahlen zu können. Voraussetzung ist,
dass der Arbeitgeber im Zeitpunkt, in welchem die Zahlungen erfolgen sollten,
nach den Umständen damit rechnen durfte, dass er die Beitragsschuld innert
nützlicher Frist werde tilgen können (BGE 108 V 188, ZAK 1987 S. 298). Ein
solcher Ausnahmefall ist hier nicht gegeben. Zum einen wird nicht geltend
gemacht, die Nichtbezahlung der Beiträge sei im Hinblick auf eine Rettung des
Betriebes erfolgt. Zum andern wird ausdrücklich festgestellt, die Firma habe
bis zum Ausscheiden des Beschwerdeführers aus dem Verwaltungsrat immer über
die notwendigen Zahlungsmittel und Kreditlimiten verfügt, um ihren
Verpflichtungen nachzukommen. Auch der Umstand, dass die Nachforderungen erst
in einem Zeitpunkt erfolgten, als der Beschwerdeführer aus dem Verwaltungsrat
ausgeschieden war und die Firma offenbar nicht mehr zahlungsfähig war, vermag
ihn nicht zu exkulpieren.

8.2  Die Schadenersatzpflicht kann wegen Mitverschuldens der Verwaltung
herabgesetzt werden, wenn sich diese einer groben Pflichtverletzung schuldig
gemacht hat, was namentlich dann der Fall ist, wenn sie elementare
Vorschriften der Beitragsveranlagung und des Beitragsbezugs missachtet hat.
Eine Herabsetzung kann indessen nur erfolgen, wenn und soweit das
pflichtwidrige Verhalten der Verwaltung für die Entstehung oder
Verschlimmerung des Schadens adäquat kausal war (BGE 122 V 189 Erw. 3c; vgl.
auch Praxis 1997 Nr. 48 S. 250 ff.; SZS 44/2000 S. 91 ff.). Im vorliegenden
Fall hat die Ausgleichskasse insofern eine grobe Pflichtverletzung begangen,
als sie der S.________ AG ohne nähere Prüfung des Sachverhalts zu Unrecht
Beiträge zurückerstattet hat, welche nun Hauptgegenstand der
Schadenersatzforderung bilden. Sodann hat sie es ohne ersichtlichen Grund
unterlassen, unmittelbar nach der Arbeitgeberkontrolle vom 14. Januar 1997
Nachzahlungsverfügungen zu erlassen, und diese erst am 5. Mai 1997
zugestellt, als die Gesellschaft bereits im Konkurs stand. Die
Pflichtverletzung ist insofern als adäquat kausal für den Schaden zu
betrachten, als davon auszugehen ist, dass dieser zumindest geringer
ausgefallen wäre, wenn die Ausgleichskasse rechtzeitig und pflichtgemäss
gehandelt hätte. Unter Berücksichtigung der gesamten Umstände rechtfertigt es
sich, die Schadenersatzpflicht des Beschwerdeführers wegen Mitverschuldens
der Ausgleichskasse auf Fr. 50'000.- und damit auf rund die Hälfte der
eingeklagten Forderung herabzusetzen.

Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:

1.
In Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde der V.________ wird der
Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 30. November
2001 aufgehoben, soweit V.________ betreffend, und es wird die Klage der
Ausgleichskasse des Kantons Zürich betreffend V.________ abgewiesen.

2.
In teilweiser Gutheissung der von K.________ erhobenen
Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird der Entscheid des
Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 30. November 2001 dahin
abgeändert, dass der Beschwerdeführer verpflichtet wird, der Ausgleichskasse
des Kantons Zürich Schadenersatz in Höhe von Fr. 50'000.- zu bezahlen.

3.
Die Gerichtskosten von Fr. 6000.- werden je zur Hälfte K.________ und der
Ausgleichskasse des Kantons Zürich auferlegt. Soweit K.________ betreffend,
sind die Kosten durch den geleisteten Kostenvorschuss von Fr. 4500.- gedeckt;
der Differenzbetrag von Fr. 1500.- wird zurückerstattet. Der von V.________
geleistete Kostenvorschuss von Fr. 4500.- wird ihr zurückerstattet.

4.
Die Ausgleichskasse des Kantons Zürich hat für das Verfahren vor dem
Eidgenössischen Versicherungsgericht V.________ eine Parteientschädigung von
Fr. 2500.- und K.________ eine solche von Fr. 1500.- zu bezahlen.

5.
Das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich wird über eine
Parteientschädigung für V.________ und K.________ für das kantonale Verfahren
entsprechend dem Ausgang des letztinstanzlichen Prozesses zu befinden haben.

6.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons
Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherung zugestellt.

Luzern, 10. Oktober 2002
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichtes

Die Präsidentin der IV. Kammer:   Der Gerichtsschreiber: