Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen H 217/2002
Zurück zum Index Sozialrechtliche Abteilungen 2002
Retour à l'indice Sozialrechtliche Abteilungen 2002


H 217/02
H 218/02

Urteil vom 23. Juni 2003

I. Kammer

Präsident Schön, Bundesrichter Borella, Lustenberger, Kernen und
nebenamtlicher Richter Bühler; Gerichtsschreiber Hadorn

H 217/02
W.________, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Bruno Kaufmann,
Lausannegasse 18, 1700 Freiburg,

und

H 218/02
S.________, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Patrik Gruber,
Pérolles 26, 1700 Fribourg,

gegen

Ausgleichskasse des Kantons Freiburg, Impasse de la Colline 1, 1762 Givisiez,
Beschwerdegegnerin

Verwaltungsgericht des Kantons Freiburg, Givisiez

(Entscheid vom 13. Juni 2002)

Sachverhalt:

A.
S. ________ war Verwaltungsratspräsident der am 6. Januar 1989 gegründeten
Firma D.________ AG, und zwar bis 16. Dezember 1993 mit
Einzelzeichnungsberechtigung und danach bis zum 8. März 1995 mit
Kollektivunterschrift zu Zweien. W.________ war vom 16. Dezember 1993 bis zum
8. März 1995 als Sekretär des Verwaltungsrates der selben AG mit
Kollektivzeichnungsrecht zu Zweien im Handelsregister eingetragen. Die Firma
war seit ihrer Gründung bis zum 31. Dezember 1994 der Ausgleichskasse des
Kantons Freiburg als beitragspflichtige Arbeitgeberin angeschlossen. Am 23.
November 1995 wurde über sie der Konkurs eröffnet. Nach Auflage des
Kollokationsplanes im Juni 1998 verlangte die Ausgleichskasse von S.________
und W.________ mit Verfügungen vom 2. September 1998 Schadenersatz in der
Höhe von Fr. 21'649.80 bzw. Fr. 17'453.95 für nicht mehr erhältliche
Sozialversicherungsbeiträge zuzüglich Verwaltungskosten, Verzugszinsen und
Mahngebühren.

B.
Beide Belangten erhoben Einspruch. Am 3. November 1998 reichte die
Ausgleichskasse beim Verwaltungsgericht des Kantons Freiburg Klage ein mit
dem Rechtsbegehren, S.________ und W.________ seien zu Schadenersatz im
verfügten Umfang zu verpflichten. Das Verwaltungsgericht des Kantons Freiburg
vereinigte die beiden Verfahren und hiess mit Entscheid vom 13. Juni 2002 die
Klage gegen S.________ vollumfänglich, diejenige gegen W.________ im Betrage
von Fr. 4'378.95 gut.

C.
S.________ und W.________ führen je Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit den
Rechtsbegehren, es seien der angefochtene Entscheid aufzuheben und die Klagen
der Kasse abzuweisen.

W. ________ schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde von
S.________. Dieser nimmt seinerseits Stellung zur Rechtsvorkehr von
W.________, ohne einen konkreten Antrag zu stellen. Der als Mitinteressierter
beigeladene C.________ äussert sich zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde von
W.________. Die Ausgleichskasse und das Bundesamt für Sozialversicherung
verzichten auf eine Vernehmlassung.
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

1.
1.1 Da den beiden Verwaltungsgerichtsbeschwerden derselbe Sachverhalt zu
Grunde liegt, sich die gleichen Rechtsfragen stellen und die Rechtsmittel den
nämlichen vorinstanzlichen Entscheid betreffen, rechtfertigt es sich, die
beiden Verfahren zu vereinigen und in einem einzigen Urteil zu erledigen (BGE
128 V 126 Erw. 1 mit Hinweisen; vgl. auch BGE 128 V 194 Erw. 1).

1.2 Da es sich bei der angefochtenen Verfügung nicht um die Bewilligung oder
Verweigerung von Versicherungsleistungen handelt, hat das Eidgenössische
Versicherungsgericht nur zu prüfen, ob das vorinstanzliche Gericht
Bundesrecht verletzt hat, einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des
Ermessens, oder ob der rechtserhebliche Sachverhalt offensichtlich unrichtig,
unvollständig oder unter Verletzung wesentlicher Verfahrensbestimmungen
festgestellt worden ist (Art. 132 in Verbindung mit Art. 104 lit. a und b
sowie Art. 105 Abs. 2 OG).

1.3 Das am 1. Januar 2003 in Kraft getretene Bundesgesetz über den
Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG) vom 6. Oktober 2000 ist
im vorliegenden Fall nicht anwendbar, da nach dem massgebenden Zeitpunkt des
Entscheides über die Schadenersatzklage (hier: 13. Juni 2002) eingetretene
Rechts- und Sachverhaltsänderungen vom Sozialversicherungsgericht nicht
berücksichtigt werden (BGE 127 V 467 Erw. 1, 121 V 366 Erw. 1b; Urteil X. und
Y. vom 14. April 2003, H 167/00).

2.
2.1 Der Beschwerdeführer S.________ rügt die Verletzung der
Verfahrensvorschriften der "AHV-Gesetzgebung (Art. 81ff. AHVV)" und des
Willkürverbotes von Art. 9 BV, weil die Ausgleichskasse im kantonalen Prozess
von ihrer Substanziierungspflicht und ihrer Pflicht zur richtigen und
umfassenden Sachverhaltsabklärung entbunden worden sei, indem die Vorinstanz
die "äussert rudimentäre Klageschrift der Ausgleichskasse zugelassen" und
kein "eigentliches Beweisverfahren" durchgeführt habe.

2.1.1 Der Schadenersatzprozess gemäss Art. 81 AHVV ist vom
Untersuchungsgrundsatz beherrscht (Art. 81 Abs. 3 AHVV in Verbindung mit Art.
85 Abs. 2 lit. c AHVG), welcher besagt, dass das Gericht von Amtes wegen für
die richtige und vollständige Abklärung des rechtserheblichen Sachverhaltes
zu sorgen hat (vgl. BGE 108 V 197 Erw. 5). Der Untersuchungsgrundsatz gilt
aber nicht uneingeschränkt, sondern wird durch die verschiedenen
Mitwirkungspflichten der Parteien ergänzt (BGE 122 V 158 Erw. 1a m.H.). Dazu
gehört auch die Substanziierungspflicht, wonach die wesentlichen
Tatsachenbehauptungen und -bestreitungen in den Rechtsschriften enthalten
sein müssen (Gygi, Bundesverwaltungsrechtspflege, 2.A., Bern 1983, S. 208).

Für die Ausgleichskasse bedeutet dies, die Schadenersatzforderung so weit zu
substanziieren, dass sie überprüft werden kann. Dabei sind zwei Aspekte zu
unterscheiden.

Einerseits hat die Ausgleichskasse den eingeklagten Forderungsbetrag zeitlich
und masslich zu spezifizieren, also gestützt auf eine Beitragsübersicht zu
behaupten, wie sich der eingeklagte Betrag zusammensetzt. Mit Blick auf das
Verhältnis zwischen Untersuchungsgrundsatz und Mitwirkungspflicht genügt ein
blosser Verweis in der Klage auf die Beitragsübersicht nur bei Evidenz, wenn
also der Gesamtbetrag ohne weiteres aus der beigelegten Beitragsübersicht
ersichtlich ist.

Anderseits gehört zur Substanziierungspflicht, den eingeklagten
Forderungsbetrag oder Teile davon zu belegen, also durch Einreichung von
Lohnabrechnungen, Nachzahlungs- oder Veranlagungsverfügungen welche die in
der Beitragsübersicht enthaltenen Forderungs- und Tilgungsvorgänge zu
beweisen. Dies ist allerdings nur notwendig, wenn die Forderung in der
kantonalen Klageantwort masslich mit konkreten, nicht ohne weiteres
widerlegbaren Einwendungen bestritten wird oder sich auf Grund der Akten
greifbare Anhaltspunkte für Unrichtigkeiten ergeben (Urteile T. vom 20.
August 2002, H 295+296/01 und B. vom 13. Februar 2002, H 301/00).

2.1.2 Im vorliegenden Fall enthielten bereits die Schadenersatzverfügungen
vom 2. September 1998 eine detaillierte Aufstellung, aus der im Einzelnen
ersichtlich war, dass die Ausgleichskasse die von der Firma D.________ AG
nicht mehr bezahlten Beiträge für das dritte und vierte Quartal 1994, die
durch im Jahre 1994 geleistete Akontozahlungen nicht gedeckten Jahresbeiträge
1994 und eine Beitragsnachforderung für die bei einer Arbeitgeberkontrolle im
Herbst 1995 festgestellten, in den Jahren 1992 und 1993 nicht abgerechneten
Beiträge nebst Verwaltungskosten, Verzugszinsen, Mahngebühren und
Betreibungskosten als Schaden geltend machte. Im kantonalen Prozess hat die
Ausgleichskasse überdies eine "Beitragsübersicht" für die Jahre 1991-1995
vorgelegt, worin die einzelnen Beitrags- und Nebenforderungen mit dem
jeweiligen Datum der Rechnungsstellung aufgeführt sind, welche die Kasse
zufolge Nichtzahlung als Schaden betrachtete. Mit diesen beiden Urkunden hat
die Verwaltung ihre Schadenersatzforderung durch eine schlüssige und ohne
weiteres nachvollziehbare Beitragsübersicht substanziiert. Der
Beschwerdeführer hat dagegen im vorinstanzlichen Verfahren keine konkreten
Einwendungen erhoben. Die Ausgleichskasse war daher nicht gehalten, ihre
Schadenersatzforderung durch weitere Urkunden wie Monatsrechnungen,
Mahnungen, Betreibungen, Zahlungsbelege etc. zusätzlich zu belegen.

2.1.3 Soweit S.________ beanstandet, es sei von der Vorinstanz kein
"eigentliches Beweisverfahren" durchgeführt worden, ist festzuhalten, dass
das Bundesrecht nicht vorschreibt, welche Beweismittel in welcher Weise
abzunehmen und wie sie zu würdigen sind. Auch für das Klageverfahren gemäss
Art. 81 Abs. 3 AHVV gilt der Grundsatz der freien Beweiswürdigung (Art. 81
Abs. 3 Satz 2 AHVV in Verbindung mit Art. 85 Abs. 2 lit. c AHVG). Danach
haben Verwaltung und Sozialversicherungsgericht die Beweise frei, d.h. ohne
Bindung an förmliche Beweisregeln, sowie umfassend und pflichtgemäss zu
würdigen. Für das Klageverfahren gemäss Art. 81 Abs. 3 AHVV bedeutet dies,
dass das Sozialversicherungsgericht alle Beweismittel, unabhängig davon von
wem sie stammen, objektiv zu prüfen und danach zu entscheiden hat, ob die
verfügbaren Unterlagen eine zuverlässige Beurteilung des streitigen
Schadenersatzanspruches gestatten (BGE 125 V 352 Erw. 3a, 122 V 160 Erw. 1c
mit Hinweisen).

2.1.4 Die Vorinstanz durfte demgemäss ohne Verletzung von Bundesrecht auf die
Abnahme weiterer Beweise und auf die Durchführung einer Beweisverhandlung mit
Partei- und/oder Zeugenbefragung verzichten, soweit die von der
Ausgleichskasse vorgelegten Beweisurkunden und die im kantonalen Prozess
beigezogenen Konkursakten eine zuverlässige und umfassende Beurteilung der
streitigen Schadenersatzforderung erlaubten.

3.
In rechtlicher Hinsicht hat das kantonale Gericht die zu den einzelnen
Haftungsvoraussetzungen nach Art. 52 AHVG (Schaden, Widerrechtlichkeit,
Kausalität, qualifiziertes Verschulden, Verwirkung) ergangene Rechtsprechung,
soweit für die Beurteilung der Sache im vorliegenden Fall von Belang,
zutreffend dargelegt. Darauf kann verwiesen werden.

4.
4.1 S.________ macht geltend, die Firma D.________ AG sei im Herbst 1994 in
einen Liquiditätsengpass geraten, weshalb der Betriebskredit der Bank
A.________ erhöht und überzogen worden sei. Als Verwaltungsratspräsident habe
er in dieser Situation intensiv nach Sanierungsmöglichkeiten gesucht.
J.________, Leiter Verkauf, sei bereit gewesen, neues Aktienkapital in der
Höhe von Fr. 225'000.-- zu liberieren, und C.________, "Inhaber" der Firma
B.________ Ltd. welche vom 6. Dezember 1993 bis 8. März 1995 die
Revisionsstelle der Firma D.________ AG gewesen sei, habe seinen Aktienanteil
durch Verrechnung von Forderungen gegenüber der Gesellschaft um Fr.
155'000.-- erhöht. Die Aufstockung des Aktienkapitals von Fr. 120'000.-- auf
Fr. 500'000.-- sei per 7. März 1995 realisiert worden. Gleichzeitig sei er
selbst aus dem Verwaltungsrat ausgeschieden und nur noch für die Produktion,
hingegen nicht mehr für die Erfüllung der Verbindlichkeiten der Gesellschaft
verantwortlich gewesen.

4.1.1 Nach ständiger Rechtsprechung zu Art. 52 AHVG dauert die
Verantwortlichkeit in der Regel bis zum Moment des tatsächlichen Austritts
aus dem Verwaltungsrat und nicht bis zum Zeitpunkt der Löschung dieser
Funktion im Handelsregister. Das gilt jedenfalls in denjenigen Fällen, in
denen die Betroffenen nach ihrer Demission tatsächlich keinen Einfluss mehr
auf den Gang der Geschäfte genommen und keine Entschädigung für ihre Stellung
als (faktischer) Verwaltungsrat mehr erhalten haben. Mit anderen Worten kann
ein Verwaltungsrat nur für Schaden haftbar gemacht werden, der auf die
Nichtbezahlung von Beiträgen zurückzuführen ist, welche im Zeitpunkt seines
Austrittes entstanden und fällig waren. Vorbehalten bleibt der Fall, in dem
der Schaden durch Handlungen oder Unterlassung vor der Demission verursacht
worden ist, die schädigenden Auswirkungen aber erst nach dem Rücktritt als
Verwaltungsrat eingetreten sind (BGE 126 V 61 Erw. 4a mit Hinweisen).

4.1.2 Vorliegend ist die Fälligkeit und Zahlungspflicht folgender Teilbeträge
der gegenüber S.________ eingeklagten Schadenersatzforderung von Fr.
21'649.80 erst nach dessen Ausscheiden aus dem Verwaltungsrat der Firma
D.________ AG entstanden:

- Die Beitragsnachforderung von Fr. 4'195.85 für in den Jahren 1992 und 1993
zu wenig abgerechnete Sozialversicherungsbeiträge. Diese Forderung wurde im
Zuge einer im Herbst 1995 durchgeführten Arbeitgeberkontrolle ermittelt und
der Firma D.________ AG am 8. November 1995 in Rechnung gestellt. Sie ist
erst mit der verfügungsweisen Festsetzung der Nachzahlung fällig geworden
(Art. 39 AHVV in der bis 31. Dezember 2000 gültig gewesenen Fassung).

- Verzugszinsforderungen von Fr. 461.55 und Fr. 683.60, welche am 3. November
und 28. Dezember 1995 in Rechnung gestellt wurden. Sie sind erst mit der
Rechnungsstellung fällig geworden.

Für diese nach dem Ausscheiden aus dem Verwaltungsrat am 8. März 1995
entstandenen und fällig gewordenen Teilforderungen von Fr. 5'341.- des
klageweise geltend gemachten Schadens kann S.________ nicht haftbar gemacht
werden, zumal von der Ausgleichskasse in keiner Weise substanziiert worden
ist, dass die Beitragsnachforderung von Fr. 4'195.85 für die in den Jahren
1992 und 1993 zu wenig abgerechneten Beiträge auf einer qualifizierten
Verletzung der Abrechnungspflicht durch S.________ in jenen beiden Jahren
beruhe. Seine Haftung fällt nur für folgende Teilbeträge des von der
Ausgleichskasse geltend gemachten Schadens in Betracht:

- Beitragsforderung von Fr. 4'378.95 (inkl. Verzugszinsen und Mahngebühren)
für das dritte Quartal 1994 (Juli-September), welche der Firma D.________ AG
am 4. November 1994 in Rechnung gestellt und durch die Abschlagszahlungen von
insgesamt Fr. 6'431.70 vom 8. Mai, 13. Juni, 26. Juli und 18. September 1995
(total Fr. 8'300.- abzüglich FAK-Beiträge von Fr. 1'868.30) nicht getilgt
wurde.

- Beitragsforderung von Fr. 13'075.-- für die Abrechnungsperiode 1994, welche
durch die im Jahre 1994 geleisteten Quartalszahlungen und die Verrechnung mit
Guthaben gegenüber der Kantonalen Familienausgleichskasse nicht beglichen
wurde. Die entsprechende Rechnung (inkl. Betreibungskosten) wurde der Firma
D.________ AG am 25. Januar 1995 zugestellt . Dabei handelt es sich im
Wesentlichen um die für das vierte Quartal 1994 (Oktober-Dezember)
geschuldeten und nicht bezahlten Beiträge.

4.1.3 Nach ständiger Rechtsprechung ist nicht jede Verletzung der
öffentlich-rechtlichen Aufgaben eines Arbeitgebers im Rahmen der Abrechnung
und Zahlung der Sozialversicherungsbeiträge ohne weiteres als qualifiziertes
Verschulden seiner Organe im Sinne von Art. 52 AHV zu werten. Das
absichtliche oder grobfahrlässige Missachten von Vorschriften verlangt
vielmehr einen Normverstoss von einer gewissen Schwere. Dagegen kann
beispielsweise die relativ kurze Dauer des Beitragsausstandes sprechen, wobei
aber immer eine Würdigung sämtlicher konkreter Umstände Platz greifen muss.
Die Frage der Dauer des Normverstosses ist somit ein Beurteilungskriterium,
welches im Rahmen der Gesamtwürdigung zu berücksichtigen und im Sinne der
Rechtsprechung zu den Entlastungsgründen (BGE 108 V 186 f. Erw. 1b, 200 f.
Erw. 1; ZAK 1992 S. 248 Erw. 4b, 1985 S. 577 Erw. 3a) zur Verneinung der
Schadenersatzpflicht führen kann.

4.1.4 Die Firma D.________ AG hat die Sozialversicherungsbeiträge in
vierteljährlichen Abrechnungsperioden entrichtet (Art. 34 Abs. 1 in der AHVV
in der bis 31. Dezember 2000 gültig gewesenen Fassung). Sie war daher
gehalten, die massgebenden Löhne jeweils innert eines Monats nach
Quartalsende abzurechnen (Art. 35 Abs. 3 AHVV in der bis 31. Dezember 2000
gültig gewesenen Fassung).

Die nachträglich nur noch teilweise getilgte Beitragsforderung für das dritte
Quartal 1994, mit welcher die Ausgleichskasse im Betrag von Fr. 4'378.95
(inkl. Verzugszinsen und Mahngebühren) zu Verlust kam, war der Firma
D.________ AG am 4. November 1994 in Rechnung gestellt worden, die
Beitragsforderung von Fr. 13'075.-- für das vierte Quartal 1994 und das
Abrechnungsjahr 1994 am 25. Januar 1995. Bis zum Ausscheiden von S.________
aus dem Verwaltungsrat der Firma am 8. März 1995 war somit die Unternehmung
mit der Beitragsforderung von Fr. 4'378.95 rund vier Monate und mit
derjenigen von Fr. 13'075.-- rund eineinhalb Monate säumig. Der
Beschwerdeführer hat nachgewiesen, dass sich die Firma ab Herbst 1994 in
einer Liquiditätskrise befand und saniert werden musste. Nebst der Erhöhung
des Kontokorrentkredits um Fr. 120'000.- ab Ende Oktober 1994 hat S.________
zusammen mit den übrigen verantwortlichen Organen auf die ausserordentliche
Generalversammlung vom 7. März 1995 hin eine Aktienkapitalerhöhung um Fr.
380'000.- mittels Liberierung von neuem Aktienkapital in der Höhe von Fr.
225'000.- und der Umwandlung von Forderungen in der Höhe von Fr. 155'000.-
von C.________ bzw. der von ihm beherrschten Firma B.________ Ltd. in
Eigenkapital realisiert. Im Rahmen dieser Bestrebungen zur Sanierung und
Erhaltung der Unternehmung hat S.________ nicht qualifiziert schuldhaft
gehandelt, wenn er bis zu seinem Ausscheiden aus dem Verwaltungsrat die
Sozialversicherungsbeiträge von zwei Beitragsperioden zwar vorschriftsgemäss
abgerechnet, aber deren Bezahlung hinter diejenige der für das Überleben des
Unternehmens wesentlichen Mitarbeiterlöhne und Lieferantenrechnungen
zurückgestellt hat. Der Umstand, dass die Sanierung des Unternehmens Anfangs
März 1995 realisiert werden konnte, und in der Folge von Mai bis September
1995 Teilzahlungen von insgesamt Fr. 8'300.-- an die für das dritte Quartal
1994 ausstehenden Beitragsschulden geleistet wurden, zeigt, dass der
Beschwerdeführer mit guten Gründen davon ausgehen durfte, die Firma
D.________ AG könne durch Befriedigung lebenswichtiger Forderungen gerettet
und in die Lage versetzt werden, die ausstehenden Beiträge nachträglich noch
zu bezahlen. Jedenfalls kann keine Rede davon sein, S.________ habe die AG
von November 1994 bis Anfangs März 1995 auf Kosten der Sozialversicherung
weitergeführt. Bei dieser Sachlage lässt sich nicht von einer absichtlichen
oder grobfahrlässigen Verletzung der Beitragszahlungspflicht sprechen. Offen
bleiben kann, ob eine haftungsbegründende grobe Pflichtverletzung auch
deshalb ausgeschlossen wäre, weil die Ausgleichskasse - wie der
Beschwerdeführer geltend macht - nach seinem Ausscheiden aus dem
Verwaltungsrat gestützt auf Art. 38bis AHVV (in der bis 31. Dezember 2000
gültig gewesenen Fassung) in einen Zahlungsaufschub und monatliche
Abschlagszahlungen eingewilligt hat (BGE 124 V 255 f. Erw. 4).

5.
5.1 Die Vorinstanz hat die Haftung von W.________ für den Ausfall der (durch
die von Mai bis September 1995 geleisteten Abschlagszahlungen nicht
getilgten) Beitragsforderung von Fr. 4'378.95 (inkl. Verzugszinsen und
Mahngebühren) für das dritte Quartal 1994 (Juli-September) bejaht, weil die
entsprechenden Beiträge noch vor der Demission von W.________ aus dem
Verwaltungsrat der Firma D.________ AG am 23. Dezember 1994 hätten bezahlt
werden müssen.

W. ________ macht geltend, er habe als Angestellter der Firma B.________ Ltd.
im Verwaltungsrat der AG Einsitz genommen, sei gegenüber dem "Hauptaktionär"
dieser Firma, C.________, weisungsgebunden gewesen und habe ohne Absprache
mit ihm keine "massgebenden Entscheide" fällen können.

5.2 Es ist demgemäss zu prüfen, ob die Haftung eines Verwaltungsrates dadurch
aufgehoben oder gemildert wird, dass er sein Mandat als weisungsgebundener
Vertreter einer Drittunternehmung oder eines Dritten ausübt.

5.2.1 Die herrschende Lehre geht bei dieser Frage von der Theorie des
doppelten Pflichtnexus aus. Danach gehen zwar die Pflichten des
Verwaltungsrates gegenüber der Gesellschaft, wie sie sich aus seiner
Sorgfalts- und Treuepflicht gemäss Art. 717 OR und aus dem Katalog der
unübertragbaren und unentziehbaren Aufgaben von Art. 716a Abs. 1 OR ergeben,
den Interessen eines Dritten als Auftraggeber vor. Drittweisungen dürfen aber
vom abhängigen oder delegierten Verwaltungsrat insoweit befolgt werden, als
dies im Rahmen des oft weiten Ermessensbereiches eines Verwaltungsrates
möglich ist. Rechtlich wirksam ist die Bindung durch Drittinteressen deshalb
nur im Rahmen der Ermessensausübung und hier nur insoweit, als Dritt- und
Gesellschaftsinteresse gleich gerichtet sind und denselben Entscheid
erfordern, niemals aber im Sinne einer eigentlichen
Instruktionsbefolgungspflicht (Homburger, Zürcher Kommentar, N 928 und 929 zu
Art. 717 OR; Forstmoser, Haftung im Konzern, in: Charlotte M. Baer, Vom
Gesellschafts- zum Konzernrecht, Bern e.a. 2000, S. 108; ders. Die
aktienrechtliche Verantwortlichkeit, 2. A., Zürich 1987, Rz 698; Böckli,
Schweizer Aktienrecht, 2. A., Zürich 1996, Rz 1640; Käch, Die Rechtsstellung
des Vertreters einer juristischen Person im Verwaltungsrat der
Aktiengesellschaft, Diss. Zürich 2002, S. 75 ff. und S. 97/98).

5.2.2 Im Bereich der sozialversicherungsrechtlichen Beitragsabrechnungs- und
-zahlungspflicht kommt dem Gesellschaftsinteresse an der vorschriftsgemässen
Abrechnung und Bezahlung der Sozialversicherungsbeiträge in aller Regel der
Vorrang gegenüber dem Interesse eines Dritten oder einer Drittunternehmung an
ihrer Nichtabrechnung oder Nichtbezahlung zu. Gleich gerichtete oder
gleichwertige Gesellschafts- und Drittinteressen sind hier lediglich in
Fällen denkbar, in denen die vorübergehende Nichtbezahlung der
Sozialversicherungsbeiträge für das Überleben der Unternehmung von
existentieller Bedeutung ist und der vom Verwaltungsrat vertretene Dritte
oder der abhängige/delegierte Verwaltungsrat selbst die hiefür notwendigen
Sanierungsmassnahmen bereits realisiert hat oder im Begriffe ist, sie zu
realisieren. Solchen Unternehmenskrisen, in denen ein Verwaltungsrat oder ein
interessierter Dritter in schwieriger finanzieller Lage versucht, durch
vorübergehende Nichtbezahlung der Sozialversicherungsbeiträge die Existenz
des Unternehmens zu retten und die hiefür erforderlichen Sanierungsmassnahmen
trifft, trägt die Rechtsprechung im Rahmen der ein qualifiziertes Verschulden
im Sinne von Art. 52 AHVG ausschliessenden Exkulpations- und
Rechtfertigungsgründen Rechnung (BGE 121 V 244 ff. Erw. 4b und 5, 108 V 187
ff. Erw. 2; ZAK 1992 S. 248 Erw. 4b, 1985 S. 577 Erw. 3a). Einer Ausnahme von
der subsidiären Organhaftung für den abhängigen oder delegierten
Verwaltungsrat bedarf es für Fälle von gleichwertigen oder gleich gerichteten
Gesellschafts- und Drittinteressen an einer relativ kurzfristigen
Nichtbezahlung der Sozialversicherungsbeiträge nicht.

5.3 In Bezug auf die Haftung von W.________ nach Art. 52 AHVG verhält es sich
nicht wesentlich anders als in BGE 112 V 3 Erw. 2b, in welchem sich ein
Verwaltungsrat gestützt auf einen Treuhandvertrag als blosser Strohmann zur
Verfügung gestellt hatte. Dies hatte ihn nicht davon befreit, seine mit dem
Verwaltungsratsmandat verbundenen Kontrollrechte wahrzunehmen. Nach
seitheriger ständiger Rechtsprechung handelt grobfahrlässig, wer sich bloss
als fiduziarischer Verwaltungsrat oder Strohmann in einen derartigen Posten
wählen lässt (Urteil T. vom 21. November 2000, H 37/00). Dies gilt auch für
die Haftung des an Weisungen einer Drittfirma oder einer Drittperson
gebundenen Verwaltungsrates. Es ist demgemäss davon auszugehen, dass
W.________ trotz seiner abhängigen und weisungsgebundenen Stellung als
Verwaltungsrat der Firma D.________ AG bis zu seiner Demission am 23.
Dezember 1994 für den der Ausgleichskasse durch die Nichtbezahlung von
Sozialversicherungsbeiträgen entstandenen Schaden haftbar ist. Hingegen hat
er nicht für den in der Zeit danach bis zur Löschung des entsprechenden
Handelsregistereintrags am 8. März 1995 entstandenen Ausfall einzustehen
(Erw. 4.1.1 hievor).

5.4 Die Beitragsforderung von Fr. 4'378.95 (inkl. Verzugszinsen und
Mahngebühren) für das dritte Quartal 1994 (Juli-September) wurde der Firma
D.________ AG am 4. November 1994 in Rechnung gestellt. Bis zum (faktischen)
Austritt von W.________ aus dem Verwaltungsrat am 23. Dezember 1994 blieb
diese Beitragsforderung während rund eineinhalb Monaten unbezahlt. Eine so
kurzfristige Nichtbezahlung von Beiträgen kann nicht als qualifiziert
schuldhaft eingestuft werden, zumal W.________ mit den damals im Gang
befindlichen Sanierungsmassnahmen nicht befasst war und daher auch keinen
Einfluss auf die vorrangige Befriedigung der überlebenswichtigen Gläubiger
der Firma D.________ AG nehmen konnte.

6.
Zusammenfassend hat die Vorinstanz Bundesrecht verletzt, indem sie mit Bezug
auf S.________ eine subsidiäre Organhaftung für die Nichtbezahlung von erst
nach seinem Ausscheiden aus dem Verwaltungsrat der Firma D.________ AG
entstandene und fällig gewordene Beitrags- und Nebenforderungen bejaht und
sowohl ihm als auch W.________ ein qualifiziertes Verschulden für die kurz
vor ihrem Austritt aus dem Verwaltungsrat entstandenen und fällig gewordenen
Beitragsforderungen für das dritte und vierte Quartal 1994 zur Last gelegt
hat.

7.
Das Verfahren ist kostenpflichtig, da es nicht um die Bewilligung oder
Verweigerung von Versicherungsleistungen geht (Art. 134 OG e contrario). Die
unterliegende Ausgleichskasse hat die Gerichtskosten zu tragen (Art. 156 Abs.
1 OG) und den beiden Beschwerdeführern eine Parteientschädigung auszurichten
(Art. 159 Abs. 1 OG).

Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:

1.
Die beiden Verfahren H 217/02 und H 218/02 werden vereinigt.

2.
In Gutheissung der beiden Verwaltungsgerichtsbeschwerden wird der Entscheid
des Verwaltungsgerichts des Kantons Freiburg vom 13. Juni 2002, soweit
W.________ und S.________ betreffend, aufgehoben, und die Klagen der
Ausgleichskasse des Kantons Freiburg gegen beide Genannten werden abgewiesen.

3.
Die Gerichtskosten von total Fr. 1600.- werden der  Ausgleichskasse des
Kantons Freiburg auferlegt.

4.
Die geleisteten Kostenvorschüsse von Fr. 700.- bzw. Fr. 1600.- werden den
Beschwerdeführern zurückerstattet.

5.
Die Ausgleichskasse hat den beiden Beschwerdeführern für das Verfahren vor
dem Eidgenössischen Versicherungsgericht je eine Parteientschädigung von Fr.
2'500.- (einschliesslich Mehrwertsteuer) zu bezahlen.

6.
Das Verwaltungsgericht des Kantons Freiburg wird über eine
Parteientschädigung für das kantonale Verfahren entsprechend dem Ausgang des
letztinstanzlichen Verfahrens zu befinden haben.

7.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Freiburg,
Sozialversicherungsgerichtshof, dem Bundesamt für Sozialversicherung und
C.________ zugestellt.

Luzern, 23. Juni 2003
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts

Der Präsident der I. Kammer:   Der Gerichtsschreiber: