Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen H 210/2002
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H 210/02

Urteil vom 5. Februar 2003

I. Kammer

Präsident Schön, Bundesrichter Borella, Meyer, Ferrari und Ursprung;
Gerichtsschreiber Scartazzini

Z.________, Beschwerdeführer,

gegen

Ausgleichskasse Nidwalden, Stansstaderstrasse 54, 6370 Stans,
Beschwerdegegnerin

Verwaltungsgericht des Kantons Nidwalden, Stans

(Entscheid vom 28. Januar 2002)

Sachverhalt:

A.
Mit Beitragsverfügungen vom 14. Mai 2001 verpflichtete die Ausgleichskasse
des Kantons Nidwalden Z.________ als Selbstständigerwerbenden zur Zahlung von
Beiträgen für die Jahre 1997, 1998 und 1999 von insgesamt Fr. 29'223.60.
Ferner stellte die Kasse Verzugszinsen von insgesamt Fr. 543.90 in Rechnung.

B.
Eine gegen diese Verfügungen erhobene Beschwerde wies das
Versicherungsgericht des Kantons Nidwalden mit Entscheid vom 28. Januar 2002
ab.

C.
Z.________ erhebt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Antrag, die
Beitragsverfügungen seien aufzuheben, allfällige Kosten seien der
Beschwerdegegnerin aufzuerlegen und es sei ihm eine angemessene
Parteientschädigung auszurichten.

Während die Kasse auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde schliesst,
verzichten Vorinstanz und das Bundesamt für Sozialversicherung auf eine
Vernehmlassung.

Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

1.
Da es sich bei der angefochtenen Verfügung nicht um die Bewilligung oder
Verweigerung von Versicherungsleistungen handelt, hat das Eidgenössische
Versicherungsgericht nur zu prüfen, ob das vorinstanzliche Gericht
Bundesrecht verletzt hat, einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des
Ermessens, oder ob der rechtserhebliche Sachverhalt offensichtlich unrichtig,
unvollständig oder unter Verletzung wesentlicher Verfahrensbestimmungen
festgestellt worden ist (Art. 132 in Verbindung mit Art. 104 lit. a und b
sowie Art. 105 Abs. 2 OG).

Ferner ist Art. 114 Abs. 1 OG zu beachten, wonach das Eidgenössische
Versicherungsgericht in Abgabestreitigkeiten an die Parteibegehren nicht
gebunden ist, wenn es im Prozess um die Verletzung von Bundesrecht oder die
unrichtige oder unvollständige Feststellung des Sachverhalts geht.

2.
Das kantonale Gericht hat den Begriff der selbstständigen Erwerbstätigkeit
(Art. 8 und 9 Abs. 1 AHVG, Art. 17 AHVV) und die bundesgerichtliche Praxis
zum steuerpflichtigen Liegenschaftshandel (BGE 125 II 118 Erw. 3c) richtig
wiedergegeben. Darauf wird verwiesen. Richtig sind auch die Erwägungen zur
Bindungswirkung von Steuermeldungen (Art. 23 Abs. 4 AHVV). Zu ergänzen ist,
dass die Bindung nicht die beitragsrechtliche Qualifikation betrifft und
daher die Frage nicht beschlägt, ob überhaupt Erwerbseinkommen erzielt worden
ist (BGE 121 V 83 Erw. 2c; AHI 1997 S. 25 f. Erw. 2b). Schliesslich ist
darauf hinzuweisen, dass der Begriff des Einkommens aus selbstständiger
Erwerbstätigkeit im AHV-Recht mit demjenigen der direkten Bundessteuer in
Übereinstimmung gebracht worden ist (BGE 125 V 220 Erw. 5c).

3.
Streitig und zu prüfen ist einzig, ob der Beschwerdeführer im Zusammenhang
mit dem Kauf, der Überbauung und dem Verkauf der Liegenschaft X.________ eine
beitragspflichtige selbstständige Erwerbstätigkeit ausgeübt hat.

3.1 Die Vorinstanz hat hiezu festgestellt, den Meldungen des kantonalen
Steueramtes sei zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer aus gewerbsmässigem
Liegenschaftshandel in den Jahren 1997 bis 1999 einen Kapitalgewinn von
insgesamt Fr. 299'352.- erzielt habe. Die beanstandeten Beitragsverfügungen
vom 14. Mai 2001 seien grundsätzlich zu Recht erlassen worden und nicht in
Zweifel zu ziehen. Der Beschwerdeführer habe die fragliche Liegenschaft
zusammen mit seinen Brüdern von zwei Tanten und seiner Mutter käuflich
erworben. Er habe sie aber nicht lediglich weiterverkauft, sondern eine
Überbauung realisiert und erst im Anschluss daran einen Teil als
Stockwerkeigentum veräussert. Darin sei eine systematische und planmässige
Vorgehensweise zu erblicken, die von einer blossen Vermögensverwaltung
abweiche.

3.2 Demgegenüber macht der Beschwerdeführer vor allem geltend, die
Sozialversicherung sei nicht an die Qualifikation der Steuerbehörden
gebunden. Es habe sich um einen einmaligen Vorgang gehandelt. Ziel der
Überbauung sei nicht Gewinnmaximierung, sondern die Erhaltung eines Teils der
familiären Liegenschaft für die Nachkommen gewesen. Spekulative Absichten
hätten nicht bestanden.

4.
Als Indizien für eine über die blosse Vermögensverwaltung hinausgehende
Erwerbstätigkeit bei Liegenschaftshandel gelten nach der Rechtsprechung die
planmässige Vorgehensweise, die Häufigkeit der Geschäfte, der enge
Zusammenhang mit der Berufstätigkeit des Steuerpflichtigen, die
Besitzesdauer, der Einsatz erheblicher fremder Mittel und die Verwendung des
erzielten Gewinnes und die Wiederanlage in Liegenschaften. Jedes dieser
Indizien kann zusammen mit anderen, im Einzelfall aber unter Umständen auch
bereits allein zur Annahme einer Erwerbstätigkeit ausreichen (BGE 125 II 118
Erw. 3c).

4.1 Wie die Vorinstanz zu Recht erwogen hat, ist die Vorgehensweise des
Beschwerdeführers als planmässig zu bezeichnen. Er hat - zusammen mit seinen
Brüdern - nicht bloss den Anteil seiner Mutter an der Liegenschaft gekauft,
sondern zusätzlich auch die Anteile seiner Tanten erworben. Hierauf hat er
eine Überbauung geplant und diese realisiert. In der Folge liess er
Stockwerkeigentum begründen. Erst durch den Verkauf von
Stockwerkeigentumsanteilen wurde die Nutzung für eigene Zwecke finanziell
tragbar. Diese Vorgehensweise geht klar über blosse Vermögensverwaltung
hinaus.

4.2 Richtig ist, dass der Beschwerdeführer an sich nur ein einziges
(Gesamt)geschäft, nämlich die Überbauung eines Grundstückes zur Erhaltung
einer in Familienbesitz stehenden Liegenschaft, beabsichtigt hat. Indessen
hat er sich zur Verwirklichung seines Zieles vorerst mit seinen Brüdern
zusammengeschlossen, zwei Liegenschaftsanteile übernommen, in der Folge
Stockwerkeigentum begründet und mehrere, nämlich insgesamt sieben Wohnungen
verkauft. Alle diese Geschäfte zusammen führten zu einem nicht unerheblichen
Kapitalgewinn, der über mehrere Jahre hin realisiert wurde. Wenn demnach das
Vorgehen als Ganzes nur einem einzigen Ziel diente (vgl. hiezu nachstehende
Erw. 4.5), wurden doch zu dessen Verwirklichung mehrere einzelne Geschäfte
während längerer Zeit abgewickelt.

4.3 Auf Gewerbsmässigkeit des Vorgehens lässt im Weiteren der Umstand
schliessen, dass der Beschwerdeführer das Projekt mit seinen Brüdern
verwirklicht hat, was einen höheren Organisationsaufwand und die Bildung
zumindest einer einfachen Gesellschaft voraussetzte.

4.4 Von einer langen Besitzesdauer der veräusserten Liegenschaftsanteile kann
entgegen der Meinung des Versicherten nicht gesprochen werden: die Anteile
wurden unmittelbar nach der Bildung von Stockwerkeigentum veräussert.
Abzustellen ist nicht auf die Besitzesdauer der Vorfahren, da der
Kapitalgewinn nicht durch diese, sondern durch den Beschwerdeführer selbst
mittels Veräusserung von Stockwerkeigentumsanteilen erzielt wurde.

4.5 Der Beschwerdeführer betont mehrfach, er habe die Überbauung nicht zur
Gewinnmaximierung realisiert. Er habe einzig in der Absicht, die familiäre
Liegenschaft für seine Nachkommen zu erhalten, gehandelt. Sinngemäss macht er
auch damit geltend, die Verwendung des Kapitalgewinns habe keinen
gewerbsmässigen Charakter.

Hiezu ist vorerst festzuhalten, dass der Beschwerdeführer den Gewinn selbst,
zusammen mit seinen Brüdern, erwirtschaftet hat. Seine Nachkommen sind daran
unmittelbar nicht beteiligt. Im Weiteren geht es dem Beschwerdeführer darum,
die Liegenschaft für seine Nachkommen zu einer für sie tragbaren Belastung zu
erhalten. Zum genannten Zwecke wird er diese (oder Teile davon) wiederum zu
übertragen haben. Mithin dient der erzielte Gewinn mittelbar erneut dem
möglichst günstigen Verkauf der Liegenschaft. Ob und wann dieser Verkauf
stattfindet, steht nicht fest, ist aber im vorliegenden Zusammenhang auch
nicht wesentlich. Entscheidend ist vielmehr, dass der Beschwerdeführer
vorerst persönlich einen erheblichen Kapitalgewinn erzielt hat. Ob er diesen
letztendlich zu Gunsten seiner Nachkommen (Übertragung von
Liegenschaftsanteilen unter dem Verkehrswert) oder zum eigenen Nutzen
(Veräusserung zum Verkehrswert an Dritte) verwendet, spielt dabei keine
Rolle. Im vorliegenden Verfahren geht es nicht um die Beurteilung von
Zukunftsabsichten, sondern um die Bewertung des unbestrittenermassen bereits
erzielten Kapitalgewinns unter dem Gesichtspunkt der Gewerbsmässigkeit.

4.6 Mithin sprechen mehrere Kriterien für die Annahme, es liege nicht eine
blosse Vermögensverwaltung vor, weshalb die durch die Ausgleichskasse
vorgenommene beitragsrechtliche Qualifikation nicht zu beanstanden ist.

4.7 Schliesslich trifft es zu, dass der Sozialversicherungsrichter nicht an
die Qualifikation des Einkommensbegriffes durch die Steuerbehörden gebunden
ist. Jedoch sollte eine unterschiedliche Haltung von AHV-Verwaltung und
Steuerbehörden vermieden werden, soweit dies vertretbar ist, ist doch die
Einheit und Widerspruchslosigkeit der gesamten Rechtsordnung als höheres Ziel
zu beachten (BGE 103 V 4 f.; Urteil S. vom 19. November 2002, H 49/02 Erw.
4.2). Im vorliegenden Fall ergeben sich denn auch keine ausschlaggebenden
Gründe dafür, die Parallelität zwischen sozialversicherungs- und
steuerrechtlicher Qualifikation aufzugeben.

5.
Da es nicht um die Bewilligung oder Verweigerung von Versicherungsleistungen
geht, ist das Verfahren kostenpflichtig (Art. 134 OG e contrario). Dem
Ausgang des Prozesses entsprechend sind die Gerichtskosten von Fr. 2000.- dem
Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 156 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 135
OG).

Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 2000.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. Sie
werden mit dem geleisteten Kostenvorschuss verrechnet.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons
Nidwalden, Abteilung Versicherungsgericht, und dem Bundesamt für
Sozialversicherung zugestellt.

Luzern, 5. Februar 2003
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts

Der Präsident der I. Kammer:  Der Gerichtsschreiber: