Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen H 206/2002
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H 206/02

Urteil vom 20. März 2003

I. Kammer

Präsident Schön, Bundesrichter Borella, Lustenberger, Ursprung und Kernen;
Gerichtsschreiber Flückiger

A.________, Beschwerdeführerin, vertreten durch den ALKU-Treuhand AG,
Graswinkelstrasse 14, 8302 Kloten,

gegen

Ausgleichskasse Zürcher Arbeitgeber, Siewerdtstrasse 9, 8050 Zürich,
Beschwerdegegnerin

Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, Winterthur

(Entscheid vom 12. Juni 2002)

Sachverhalt:

A.
Mit Verfügungen vom 16. März 2001 setzte die Ausgleichskasse Zürcher
Arbeitgeber gestützt auf eine Steuermeldung vom 28. Februar 2001 die
persönlichen Beiträge von A.________ aus selbstständiger Erwerbstätigkeit für
die Jahre 1997 bis 2000 fest. Der Beitragsberechnung wurden Einkommen von Fr.
263'126.- (Beitragsjahr 1997, entsprechend dem Einkommen 1997), Fr. 149'816.-
(Beitragsjahr 1998, entsprechend dem Einkommen 1998) und Fr. 206'471.-
(Beitragsjahre 1999 und 2000, entsprechend dem durchschnittlichen Einkommen
1997/98) zu Grunde gelegt. Das im Betrieb investierte Eigenkapital bezifferte
die Verwaltung für den gesamten Zeitraum auf Null.

B.
In teilweiser Gutheissung der dagegen erhobenen Beschwerde hob das
Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich die angefochtenen Verfügungen
auf und wies die Sache an die Ausgleichskasse zurück, damit diese das im
Betrieb investierte Eigenkapital per 1. Januar 1999 feststelle und hernach
die persönlichen Beiträge der Beschwerdeführerin für die Jahre 1997 bis 2000
neu festsetze. Im Übrigen wies es die Beschwerde ab (Entscheid vom 12. Juni
2002).

C.
Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde lässt A.________ das Rechtsbegehren
stellen, es seien die Beiträge wie folgt festzusetzen: Für das Jahr 1997 nach
Massgabe des auf zwölf Monate umgerechneten Einkommens des ersten, 21 Monate
umfassenden Geschäftsjahres unter Berücksichtigung des am 1. Januar 1999 im
Betrieb investierten Eigenkapitals; für das Jahr 1998 nach Massgabe des
Erwerbseinkommens 1998 unter Berücksichtigung des am 1. Januar 1999
investierten Eigenkapitals; für die Jahre 1999 und 2000 nach Massgabe des
Durchschnittes der Abschlüsse 1997 (21 Monate) und 1998 (12 Monate),
umgerechnet auf 12 Monate, wiederum unter Berücksichtigung des investierten
Eigenkapitals.

Die Ausgleichskasse sowie das Bundesamt für Sozialversicherung (BSV)
verzichten auf eine Vernehmlassung.

Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

1.
Die in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde verlangte Art der Festsetzung der
Beiträge für das Jahr 1998 stimmt mit dem Entscheid des kantonalen Gerichts
überein. Da somit keine Änderung des Dispositivs verlangt wird, ist auf die
Verwaltungsgerichtsbeschwerde wegen fehlenden Rechtsschutzinteresses nicht
einzutreten (BGE 106 V 92 Erw. 1; Gygi, Bundesverwaltungsrechtspflege, 2.
Auflage, Bern 1983, S. 154). Dagegen sind die Eintretensvoraussetzungen in
Bezug auf die Beiträge der Jahre 1997, 1999 und 2000 erfüllt, wobei zu
berücksichtigen ist, dass den Anträgen der Beschwerdeführerin bezüglich des
investierten Eigenkapitals bereits durch die Vorinstanz entsprochen wurde.

2.
Das kantonale Gericht hat die Bestimmungen über den Begriff des Einkommens
aus selbstständiger Erwerbstätigkeit (Art. 9 Abs. 1 AHVG; Art. 17 AHVV), die
Beitragspflicht der Teilhaber von Kollektiv- und Kommanditgesellschaften
(Art. 20 Abs. 3 AHVV in der seit 1. Januar 1996 geltenden Fassung), die
vorliegend anwendbaren, bis Ende 2000 in Kraft gewesenen Normen über die
Beitragsfestsetzung im ordentlichen (Art. 22 Abs. 1 und 2 AHVV) und im
ausserordentlichen Verfahren, insbesondere während der ersten Jahre nach
Aufnahme einer selbstständigen Erwerbstätigkeit (Art. 25 Abs. 1 und 3 AHVV)
sowie die Bedeutung der Meldungen der Steuerbehörden (Art. 23 Abs. 1 und 4
AHVV) zutreffend dargelegt. Darauf wird verwiesen.

3.
3.1 Streitig und zu prüfen sind die Beiträge aus selbstständiger
Erwerbstätigkeit für die Jahre 1997, 1999 und 2000 und in diesem Rahmen die
Höhe des Jahreseinkommens 1997. Dieses bildet die Grundlage für die Bemessung
der Beiträge des Jahres 1997 (im ausserordentlichen Verfahren gemäss Art. 25
Abs. 1 und 3 Satz 1 AHVV) und einen Bestandteil des durchschnittlichen
Jahreseinkommens 1997/98, auf welchem die Bemessung der Beiträge für die
Jahre 1999 (als Vorjahr der nächsten ordentlichen Bemessungsperiode, Art. 25
Abs. 3 Satz 2 AHVV) und 2000 (im ordentlichen Verfahren, Art. 22 Abs. 1 und 2
AHVV) basiert.

3.2 Die Ermittlung des beitragspflichtigen Einkommens durch die
Ausgleichskasse stützt sich regelmässig auf die entsprechenden Angaben der
Steuerbehörden (Art. 23 Abs. 1 und 4 AHVV). Liegt eine rechtskräftige
Steuertaxation vor, sind deren Werte für die Ausgleichskasse grundsätzlich
verbindlich. Selbstständigerwerbende Versicherte haben ihre Rechte, auch im
Hinblick auf die AHV-rechtliche Beitragspflicht, in erster Linie im
Steuerjustizverfahren zu wahren (BGE 110 V 86 Erw. 4 und 370 f., 106 V 130
Erw. 1, 102 V 30 Erw. 3a; AHI 1997 S. 25 Erw. 2b mit Hinweis). Das Jahr 1997
fiel jedoch als Folge der im Kanton Zürich per 1. Januar 1999 vollzogenen
Umstellung von der zweijährigen Vergangenheits- auf die Gegenwartsbemessung
in eine steuerrechtliche Bemessungslücke. Eine definitive Veranlagung
erfolgte nicht, und die Beschwerdeführerin hatte keine Möglichkeit, die
Feststellungen der Steuerbehörden auf dem Rechtsmittelweg überprüfen zu
lassen. Daher kann diesen Feststellungen für die beitragsrechtliche
Beurteilung nicht die einer rechtskräftigen Taxation beizumessende
Verbindlichkeit zukommen.

3.3 Letztinstanzlich ist zu Recht unbestritten, dass die Beschwerdeführerin,
welche seit 1. April 1996 als Kommanditärin an einer Kommanditgesellschaft
beteiligt ist, insoweit als Selbstständigerwerbende der Beitragspflicht
unterliegt (Art. 20 Abs. 3 AHVV; BGE 121 V 80, 114 V 76 Erw. 4b, 104 V 4).
Der erste Abschluss der Kommanditgesellschaft nach diesem Datum wurde per 31.
Dezember 1997 erstellt. Verwaltung und Vorinstanz vertreten nun die
Auffassung, der Anspruch der Beschwerdeführerin auf ihren Anteil am während
des Zeitraums vom 1. April 1996 bis 31. Dezember 1997 erwirtschafteten Gewinn
der Gesellschaft sei am Bilanzstichtag, dem 31. Dezember 1997, entstanden und
stelle deshalb im vollen Umfang von Fr. 263'126.- Einkommen des Jahres 1997
dar. Die Beschwerdeführerin stellt sich demgegenüber auf den Standpunkt, ihr
Anteil am durch die Gesellschaft im Verlauf dieser 21 Monate erwirtschafteten
Gewinn sei anteilmässig auf die beiden Kalenderjahre zu verteilen, also zu
9/21 dem Jahr 1996 und zu 12/21 dem Jahr 1997 zuzuordnen.

3.4
3.4.1Wird die selbstständige Erwerbstätigkeit im Verlauf eines Kalenderjahres
aufgenommen und auf dessen Ende der erste Abschluss erstellt, ist das
entsprechende Einkommen auf ein Jahr hochzurechnen, und die auf dieser
Grundlage festgesetzten Beiträge sind pro rata temporis zu erheben. Bezogen
auf den Komplementär einer Kommanditgesellschaft bedeutet dies, dass die
Einkünfte des ersten, unterjährigen Geschäftsjahres - ohne Ausnahme bezüglich
des Gewinnanteils - auf ein Jahr hochzurechnen und die Beiträge anschliessend
pro rata temporis für die Zeit der Innehabung der Beteiligung zu erheben sind
(ZAK 1981 S. 520 Erw. 4b mit Hinweis). Für den Kommanditär kann angesichts
der insoweit identischen Konstellation nichts anderes gelten. Nach dieser
Rechtsprechung ist - im Unterschied zum Kapitalgewinn und entgegen der
Auffassung der Vorinstanz - für die Beitragsbemessung im Rahmen von Art. 25
Abs. 3 Satz 1 AHVV auch in Bezug auf den Gewinnanteil des Komplementärs oder
Kommanditärs nicht der Zeitpunkt der Entstehung des Anspruchs gegenüber der
Gesellschaft, sondern der Zeitraum massgebend, während dem die selbstständige
Erwerbstätigkeit ausgeübt wurde (andernfalls wären die Beiträge auf dem nicht
umgerechneten Einkommen, jedoch für das ganze Jahr, zu erheben).

Im Fall eines überjährigen ersten Geschäftsjahres ist gemäss den
entsprechenden Verwaltungsweisungen (Rz. 1281 f. der vom BSV herausgegebenen
Wegleitung über die Beiträge der Selbstständigerwerbenden und
Nichterwerbstätigen [WSN] in der bis Ende 2000 gültig gewesenen Fassung)
ebenfalls eine Umrechnung auf ein Jahr vorzunehmen, wobei die Einkünfte -
falls eine zuverlässige zeitliche Zuordnung nicht möglich ist - anteilmässig
auf die beteiligten Kalenderjahre zu verteilen sind (in diesem Sinn auch
Käser, Unterstellung und Beitragswesen in der obligatorischen AHV, 2.
Auflage, Bern 1996, S. 300 f.). Entsprechend der vorstehend zitierten Praxis
zum unterjährigen ersten Geschäftsjahr sind die allgemeinen Grundsätze auch
auf die Einkünfte des Kommanditärs, mit Einschluss des Gewinnanteils,
anzuwenden. Es hat somit eine Umrechnung auf ein Jahreseinkommen mit
anteilmässiger Verteilung auf die beteiligten Kalenderjahre stattzufinden.
Der Standpunkt der Beschwerdeführerin ist daher bezogen auf das Beitragsjahr
1997 begründet.

3.4.2 Zu prüfen bleibt, wie das Jahreseinkommen 1997 als Bestandteil des
durchschnittlichen Jahreseinkommens 1997/98 für die Festsetzung der Beiträge
für die Jahre 1999 und 2000 festzusetzen ist. Umstritten ist wiederum, ob
eine Umrechnung des Betrags von Fr. 263'126.- von 21 auf 12 Monate
stattzufinden hat.

Gemäss Art. 23 Abs. 1 AHVV obliegt es in der Regel den Steuerbehörden, das
für die Berechnung der Beiträge Selbstständigerwerbender massgebende
Erwerbseinkommen auf Grund der Veranlagung für die direkte Bundessteuer
festzulegen. Die Feststellungen der steuerrechtlichen Organe, welche für die
AHV-rechtliche Beurteilung auch hinsichtlich des Realisationszeitraums oder
-zeitpunktes verbindlich sind (Art. 23 Abs. 4 AHVV; AHI 1997 S. 32 Erw. 5d),
beruhen somit auf der Regelung für die direkte Bundessteuer. Diesbezüglich
bestimmt Art. 43 Abs. 3 DBG - bezogen auf die Vergangenheitsbemessung, wie
sie auch der Beitragsfestsetzung im ordentlichen Verfahren gemäss Art. 22
Abs. 1 und 2 AHVV sowie im ausserordentlichen Verfahren gemäss Art. 25 Abs. 3
Satz 2 AHVV in der bis Ende 2000 geltenden Fassung zu Grunde lag -, das
Ergebnis eines mehr oder weniger als zwölf Monate umfassenden Geschäftsjahres
sei auf ein Jahreseinkommen umzurechnen. Angesichts der grundsätzlichen
Massgeblichkeit der steuerrechtlichen Regelung ist im Beitragsrecht analog
vorzugehen. Eine abweichende Behandlung der Bezüge von Kommanditären
rechtfertigt sich für die beitragsrechtliche Beurteilung auch in diesem
Zusammenhang nicht.

3.4.3 Die Beschwerdeführerin nahm die selbstständige Erwerbstätigkeit am 1.
April 1996 auf. Der ihrem Anteil von Fr. 263'126.- entsprechende Gewinn der
Gesellschaft wurde während des Zeitraums vom 1. April 1996 bis 31. Dezember
1997 erzielt. Nach dem Gesagten (Erw. 3.4.1 hievor) hat für die Ermittlung
des beitragspflichtigen Einkommens 1997 eine Umrechnung auf ein Jahr
stattzufinden. Damit resultiert ein Wert von Fr. 150'358.-. Dieser Betrag ist
der Beitragsberechnung für das Jahr 1997 sowie - als Bestandteil des
durchschnittlichen Jahreseinkommens 1997/98 - für die Jahre 1999 und 2000 zu
Grunde zu legen. Die Ausgleichskasse wird die Beiträge der genannten Jahre in
diesem Sinne sowie unter Berücksichtigung des im Betrieb investierten
Eigenkapitals per 1. Januar 1999 (Dispositiv-Ziffer 1 Satz 1 des in diesem
Punkt unbeanstandet gebliebenen vorinstanzlichen Entscheids) neu festlegen.

4.
Das Verfahren ist kostenpflichtig (Umkehrschluss aus Art. 134 OG). Die
Gerichtskosten sind der Beschwerdegegnerin aufzuerlegen (Art. 156 Abs. 1 in
Verbindung mit Art. 135 OG). Diese hat der Beschwerdeführerin für das
letztinstanzliche Verfahren eine Parteientschädigung zu bezahlen (Art. 159
Abs. 2 in Verbindung mit Art. 135 OG).

Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:

1.
In Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde, soweit darauf einzutreten
ist, wird Dispositiv-Ziffer 1 Satz 2 des Entscheids des
Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 12. Juni 2002 aufgehoben.
Das Jahreseinkommen 1997 für die Beitragsbemessung der Jahre 1997, 1999 und
2000 wird auf Fr. 150'358.- festgesetzt.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 1500.- werden der Beschwerdegegnerin auferlegt.

3.
Der geleistete Kostenvorschuss von Fr. 1500.- wird der Beschwerdeführerin
zurückerstattet.

4.
Die Ausgleichskasse Zürcher Arbeitgeber hat der Beschwerdeführerin für das
Verfahren vor dem Eidgenössischen Versicherungsgericht eine
Parteientschädigung von Fr. 2000.- zu bezahlen.

5.
Das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich wird über eine Neuverlegung
der Parteikosten für das kantonale Verfahren entsprechend dem Ausgang des
letztinstanzlichen Prozesses zu befinden haben.

6.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons
Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherung zugestellt.

Luzern, 20. März 2003
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts

Der Präsident der I. Kammer:  Der Gerichtsschreiber: