Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen H 202/2002
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H 202/02

Urteil vom 25. November 2002
II. Kammer

Präsident Schön, Bundesrichterin Widmer und Bundesrichter Frésard;
Gerichtsschreiberin Hofer

Ausgleichskasse Hotela, rue de la Gare 18, 1820 Montreux, Beschwerdeführerin,

gegen

Firma S.________ GmbH, Beschwerdegegnerin

AHV/IV-Rekurskommission des Kantons Thurgau, Weinfelden

(Entscheid vom 26. Juni 2002)

Sachverhalt:

A.
Mit Entscheid vom 26. Juni 2002 hiess die AHV/IV-Rekurskommission des Kantons
Thurgau eine von der Firma S.________ GmbH gegen paritätische
Beitragsverfügungen der Ausgleichskasse Hotela vom 1. November 2001 erhobene
Beschwerde in dem Sinne teilweise gut, dass sie die Verfügungen für die
Periode vom 1. Februar bis 31. Dezember 1998 aufhob und die Sache an die
Ausgleichskasse zurückwies, damit sie die Verfügungen auch den betroffenen
Arbeitnehmerinnen zustelle. Im Übrigen wies es die Beschwerde ab.

B.
Die Ausgleichskasse Hotela führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem
Antrag, in Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheids seien ihre Verfügungen
zu bestätigen.

Mit Verfügung vom 17. September 2002 hat das Eidgenössische
Versicherungsgericht die Ausgleichskasse aufgefordert, innert 14 Tagen einen
Kostenvorschuss von Fr. 4000.- zu bezahlen. Die Verfügung wurde der Kasse am
18. September 2002 ausgehändigt. Nebst dem Hinweis, bei Nichtleistung des
Kostenvorschusses innert der gesetzten Frist werde auf die Rechtsvorkehr
nicht eingetreten, enthielt die Kostenvorschussverfügung unter anderem den
Hinweis, dass bei Zahlungsauftrag an eine Bank dafür zu sorgen sei, der
Postfinance den Auftrag rechtzeitig innert der gesetzten Frist zu übergeben;
bei elektronischen Zahlungsaufträgen mit Datenträgern EZAG (werde von den
meisten Banken benützt) gelte das für die Postfinance eingesetzte
Fälligkeitsdatum; dabei sei zu beachten, dass der Datenträger spätestens
einen Postwerktag vor Ablauf der Zahlungsfrist und dem angegebenen
Fälligkeitsdatum bei der Postfinance eintreffen müsse.

Der verlangte Kostenvorschuss ist dem Eidgenössischen Versicherungsgericht am
7. Oktober 2002 gutgeschrieben worden. Nach Angaben der Postfinance vom 16.
Oktober 2002 wurden die Daten am 7. Oktober 2002 übermittelt und freigegeben;
das eingesetzte Fälligkeitsdatum habe auf den 7. Oktober 2002 gelautet.

C.
Am 22. Oktober 2002 erhielt die Ausgleichskasse Gelegenheit, sich zur
Rechtzeitigkeit der Bezahlung des Kostenvorschusses zu äussern. Mit Eingabe
vom 25. Oktober 2002 weist sie darauf hin, dass die Verfügung mit dem
Eingangsstempel vom 20. September 2002 versehen und der Zahlungsauftrag an
die Bank am 2. Oktober 2002 erteilt worden sei mit dem Ausführungsdatum vom
3. Oktober 2002.

Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

1.
1.1 Gemäss Art. 32 Abs. 3 OG gilt eine Frist als eingehalten, wenn die
Handlung innerhalb derselben vorgenommen wird. Schriftliche Eingaben müssen
spätestens am letzten Tag der Frist an die Stelle, bei der sie einzureichen
sind, gelangen oder zu deren Handen der schweizerischen Post übergeben sein.
Diese Regelung gilt analog für die fristgemässe Einzahlung eines
Kostenvorschusses. Der Kostenvorschuss gilt bei Benützung des elektronischen
Zahlungsauftrages (EZAG) nur dann als rechtzeitig geleistet, wenn der
Datenträger vor Ablauf der Zahlungsfrist der Post übergeben wurde und darauf
als Fälligkeitsdatum spätestens der letzte Tag der Frist vermerkt ist. Nicht
erforderlich ist, dass die Gutschrift auf dem Empfängerkonto noch innert der
Zahlungsfrist erfolgen kann (BGE 117 Ib 220; bestätigt in BGE 118 Ia 12; StR
2000 S. 353; RKUV 1997 Nr. U 279 S. 270).

1.2 Die Verfügung vom 17. September 2002 mit der Aufforderung zur Leistung
des Kostenvorschusses hat die Beschwerdeführerin am 18. September 2002 gegen
unterschriftliche Bestätigung entgegengenommen. Der folgende Tag zählt als
erster Tag der 14tägigen Frist (Art. 32 Abs. 1 OG), welche am 2. Oktober 2002
endete (Art. 32 Abs. 2 OG). Die beauftragte Bank hat unter Benützung des
elektronischen Zahlungsauftrages mit SIC/DTA-Giro die Daten nach Angaben der
Postfinance vom 16. Oktober 2002 nach Ablauf der Zahlungsfrist der
Postfinance übermittelt (Eingang am 7. Oktober 2002, 18.07 Uhr), als
Fälligkeitsdatum war der 7. Oktober 2002 eingesetzt. Damit ist der
Kostenvorschuss im Lichte der erwähnten Rechtsprechung verspätet geleistet
worden.

Daran vermögen die von der Ausgleichskasse vorgebrachten Einwände nichts zu
ändern. Insbesondere ist unerheblich, wann die Verfügung bei ihrer
juristischen Abteilung eingegangen ist. Denn die Eröffnung einer Verfügung
ist eine empfangsbedürftige, nicht aber eine annahmebedürftige einseitige
Rechtshandlung. Dabei gilt eine Sendung als empfangen, wenn sie in den
Machtbereich der Adressatin oder des Adressaten gelangt, so dass von ihr
Kenntnis genommen werden kann. Sie entfaltet ihre Rechtswirkungen vom
Zeitpunkt ihrer ordnungsgemässen Zustellung an; ob die betroffene Person vom
Verfügungsinhalt Kenntnis nimmt oder nicht, hat keinen Einfluss (BGE 122 I
143 Erw. 1, 119 V 95 Erw. 4c mit Hinweisen).

2.
Tatsachen, welche gemäss Art. 35 Abs. 1 OG eine Wiederherstellung der
versäumten Frist zu begründen vermöchten, werden weder von der
Beschwerdeführerin geltend gemacht noch sind solche ersichtlich.

3.
Verfahren, in denen die Beschwerde führende Partei nach Erhalt der
Kostenvorschussverfügung den Vorschuss nicht bezahlt oder die Eingabe
zurückzieht, werden praxisgemäss kostenfrei erledigt. Dies muss
konsequenterweise auch für jene Fälle gelten, in denen der Kostenvorschuss
zwar entrichtet ist, aber eine materielle Beurteilung der Angelegenheit an
der verspäteten Zahlung scheitert.

Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:

1.
Auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird nicht eingetreten.

2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3.
Der geleistete Kostenvorschuss von Fr. 4000.- wird der Beschwerdeführerin
zurückerstattet.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien, der AHV/IV-Rekurskommission des Kantons
Thurgau und dem Bundesamt für Sozialversicherung zugestellt.
Luzern, 25. November 2002
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts

Der Präsident der II. Kammer:   Die Gerichtsschreiberin: