Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen H 192/2002
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H 192/02

Urteil vom 6. März 2003
II. Kammer

Präsident Schön, Bundesrichter Ursprung und Frésard; Gerichtsschreiber
Schmutz

Schweizerische Ausgleichskasse, Avenue Edmond-Vaucher 18, 1203 Genf,
Beschwerdeführerin,

gegen

H.________, 1936, Beschwerdegegner

Eidgenössische Rekurskommission der AHV/IV für die im Ausland wohnenden
Personen, Lausanne

(Entscheid vom 19. Juni 2002)

Sachverhalt:

A.
Der 1936 geborene, seit der Geburt im Ausland lebende und seit dem 1. Januar
1973 der freiwilligen AHV/IV für Auslandschweizer angehörende H.________
erhielt mit Verfügung der Schweizerischen Ausgleichskasse vom 7. März 2001 ab
dem 1. April 2001 eine ordentliche Altersrente von Fr. 1'180.- im Monat samt
Zusatzrente für die Ehegattin von Fr. 354.- zugesprochen.

B.
In Gutheissung der hiegegen eingereichten Beschwerde hob die Eidgenössische
Rekurskommission der AHV/IV für die im Ausland wohnenden Personen die
angefochtene Verfügung auf und sprach H.________ eine monatliche Rente von
Fr. 1'225.- und eine Zusatzrente für die Ehefrau von Fr. 367.- zu (Entscheid
vom 19. Juni 2002). Zur Begründung führte sie aus, da die Ehefrau M.________
erst 1997 der freiwilligen AHV/IV für Auslandschweizer beigetreten sei, seien
H.________ für die Jahre 1973 (Beitritt zur freiwilligen Versicherung) bis
1981 (Jahr in dem das jüngere Kind 16 Jahre alt wurde) 9 ganze
Erziehungsgutschriften anzurechnen, und nicht bloss 9 halbe.

C.
Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragt die Ausgleichskasse, es sei der
vorinstanzliche Entscheid aufzuheben und die angefochtene Verfügung zu
bestätigen, da der Beitritt des Ehemannes H.________ zur freiwilligen
Versicherung auf Grund der damals gültigen gesetzlichen Bestimmungen
automatisch auch den Beitritt der Ehefrau M.________ bewirkt habe, weshalb
die Erziehungsgutschriften hälftig aufzuteilen seien.

Während H.________ beantragt, ihm den Rückzug seiner Beschwerde gegen die
Verfügung vom 7. März 2001 zu bewilligen, verzichtet das Bundesamt für
Sozialversicherung auf eine Vernehmlassung.
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

1.
Am 1. Januar 2003 ist das Bundesgesetz über den Allgemeinen Teil des
Sozialversicherungsrechts (ATSG) vom 6. Oktober 2000 in Kraft getreten. Mit
ihm sind zahlreiche Bestimmungen im AHV-Bereich geändert worden. Weil in
zeitlicher Hinsicht grundsätzlich diejenigen Rechtssätze massgebend sind, die
bei der Erfüllung des zu Rechtsfolgen führenden Tatbestandes Geltung haben
(BGE 127 V 467 Erw. 1), und weil ferner das Sozialversicherungsgericht bei
der Beurteilung eines Falles grundsätzlich auf den bis zum Zeitpunkt des
Erlasses der streitigen Verfügungen (hier: 7. März 2001) eingetretenen
Sachverhalt abstellt (BGE 121 V 366 Erw. 1b), sind im vorliegenden Fall die
bis zum 31. Dezember 2002 geltenden Bestimmungen anwendbar.

2.
Dem Antrag des Beschwerdegegners, ihm den Rückzug der gegen die Verfügung der
Schweizerischen Ausgleichskasse vom 7. März 2001 bei der Eidgenössische
Rekurskommission eingereichten Beschwerde zu bewilligen, ist nicht zu
entsprechen, weil ein solcher Rückzug im gegenwärtigen Verfahrensstadium
prozessual nicht mehr angängig ist. Mit dem Erlass des das Begehren um
Überprüfung der Rentenverfügung gutheissenden vorinstanzlichen Entscheids hat
der Versicherte als Beschwerdeführer die Dispositionsbefugnis über den
Streitgegenstand verloren. Eine solche steht ihm auch im
verwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren nicht zu, weil nun die
Schweizerische Ausgleichskasse gegen den sie belastenden vorinstanzlichen
Entscheid Verwaltungsgerichtsbeschwerde erhoben hat. Bei dieser Rechtslage
ist es unerheblich, dass der Beschwerdegegner im vorliegenden Verfahren
geltend macht, er wolle sich eigentlich mit dem ursprünglichen
Rentenentscheid abfinden (vgl. BGE 119 V 38 Erw. 1b). Im Übrigen ist aus den
in der Beschwerdeantwort in Spanisch gehaltenen Ausführungen zu schliessen,
dass der Beschwerdegegner aus sprachlichen Gründen gar nicht erkannt hat,
dass er vor der Vorinstanz obsiegt und ihm diese eine höhere Rente mitsamt
einer höheren Zusatzrente für die Ehefrau zugesprochen hat. Des Weitern
scheint er davon auszugehen, dass ihm im
Verwaltungsgerichtsbeschwerdeverfahren ohne Rückzug seiner erstinstanzlichen
Beschwerde Kosten entstehen könnten. Da er heute als Beschwerdegegner gar
nicht mehr Abstand nehmen kann, erübrigt sich die Prüfung, ob er bei der
Abgabe seiner Erklärung einem wesentlichen Irrtum unterlag. Damit liegt nach
wie vor ein tauglicher Anfechtungs- und Streitgegenstand vor, nämlich die im
vorinstanzlichen Gerichtsentscheid korrigierte Rentenfestsetzung.

3.
Streitig ist nur die Frage, ob die Vorinstanz die Rentenverfügung zu Recht in
dem Sinne korrigiert hat, dass sie bei der Ermittlung des durchschnittlichen
Jahreseinkommens des Beschwerdegegners 9 ganze Erziehungsgutschriften
angerechnet hat, und nicht wie die Beschwerdeführerin bloss 9 halbe
Erziehungsgutschriften.

3.1 Die von der Ausgleichskasse gegen die vorinstanzliche Korrektur der
Rentenberechnung vorgebrachte Rüge und deren Begründung ist berechtigt. Wie
das Eidgenössische Versicherung in BGE 117 V 104 Erw. 3 unter Hinweis auf
seine konstante Rechtsprechung (BGE 107 V 2 f., 104 V 124 Erw. 3a; EVGE 1962
S. 111, 1961 S. 19; ZAK 1981 S. 338 Erw. 3) bestätigt hat, entfiel unter dem
früheren Recht vor der 10. AHV-Revision ein eigenes Beitrittsrecht der
Ehefrau eines Auslandschweizers zur freiwilligen Versicherung, wenn ihr
Ehemann die Beitrittsvoraussetzungen nicht nur selber erfüllte, sondern - wie
im vorliegenden Falle - der freiwilligen Versicherung auch tatsächlich
beitrat. Daraus folgte, dass nach dem Grundsatz der Einheit des Ehepaares die
Versicherteneigenschaft des freiwillig versicherten Auslandschweizers sich
automatisch auch auf seine Ehefrau erstreckte. Einheit des Ehepaares und
Ausdehnung der Versicherteneigenschaft bedeuteten dabei nicht, dass ein in
ungetrennter Ehe lebendes Auslandschweizer Ehepaar nur gemeinsam, d.h. auf
Grund ausdrücklicher und übereinstimmender Willenserklärungen beider
Ehegatten der freiwilligen Versicherung beitreten konnte. Vielmehr bedurfte
es allein und ausschliesslich des Beitritts des Ehemannes mit der Folge, dass
die Ehefrau automatisch mitversichert war. Dabei machte es keinen
Unterschied, ob ein bereits verheirateter Auslandschweizer der freiwilligen
Versicherung beitrat und damit seine Ehefrau ab dem gleichen Zeitpunkt wie er
versichert war oder ob die Ehefrau erst zufolge späterer Heirat in die schon
bestehende freiwillige Versicherung des Ehemannes eingeschlossen wurde.
Ebenso wenig war für den Einbezug in die freiwillige Versicherung des
Ehemannes von Belang, ob die Ehefrau selber einer Erwerbstätigkeit nachging
oder nicht.

3.2 Weil der per 1. Januar 1973 erfolgte Beitritt des Ehemannes H.________
zur freiwilligen Versicherung auf Grund des damals gültigen Rechts
automatisch auch den Beitritt der Ehefrau M.________ bewirkte, hat die
Beschwerdeführerin bei der Festsetzung der Rente des Beschwerdegegners die
Erziehungsgutschriften korrekt hälftig aufgeteilt (Art. 29sexies Abs. 3
AHVG). Damit ist der Entscheid der Vorinstanz aufzuheben.

Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:

1.
In Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird der Entscheid der
Eidgenössischen Rekurskommission der AHV/IV für die im Ausland wohnenden
Personen vom 19. Juni 2002 aufgehoben.

2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, der Eidgenössischen Rekurskommission der
AHV/IV für die im Ausland wohnenden Personen und dem Bundesamt für
Sozialversicherung zugestellt.

Luzern, 6. März 2003
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts

Der Präsident der II. Kammer:   Der Gerichtsschreiber: