Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen H 145/2002
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H 145/02

Urteil vom 30. September 2002
III. Kammer

Präsident Borella, Bundesrichter Meyer und Lustenberger; Gerichtsschreiberin
Helfenstein Franke

B.________, 1955,  Beschwerdeführerin,

gegen

Ausgleichskasse des Kantons Zürich, Röntgenstrasse 17, 8005 Zürich,
Beschwerdegegnerin

Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, Winterthur

(Entscheid vom 23. April 2002)

Sachverhalt:

A.
Rechtsanwältin B.________ bezahlte seit 1. Januar 1988 als
Selbstständigerwerbende der Ausgleichskasse des Kantons Zürich (nachfolgend:
Ausgleichskasse) die Sozialversicherungsbeiträge. Auf Grund der Steuermeldung
vom 31. März 2000 über die 1997 und 1998 erzielten Einkommen setzte die
Ausgleichskasse mit Verfügung vom 10. August 2000 ihre Beiträge für das Jahr
2000 auf Fr. 7818.- fest. Der Beitragsbemessung hatte sie ein
durchschnittliches Jahreseinkommen von Fr. 79'900.- sowie ein im Betrieb
investiertes Eigenkapital von Fr. 5000.- zu Grunde gelegt.

B.
Die von B.________ hiegegen eingereichte Beschwerde wies das
Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich mit Entscheid vom 23. April
2002 ab.

C.
Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragt B.________, die Festsetzung der
Beiträge für das Jahr 2000 sei im ausserordentlichen Verfahren
(Gegenwartsbemessung) vorzunehmen. Eventualiter seien die
Vergangenheitszahlen unter Berücksichtigung des effektiven anteilmässigen
Unkostenbeitrages aus der Zeit der Partnerschaft im Anwaltsbüro ihres frühern
Ehemannes für die Beitragsfestsetzung heranzuziehen.

Die Ausgleichskasse und das Bundesamt für Sozialversicherung verzichten auf
eine Vernehmlassung.

Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

1.
Da es sich bei der angefochtenen Verfügung nicht um die Bewilligung oder
Verweigerung von Versicherungsleistungen handelt, hat das Eidgenössische
Versicherungsgericht nur zu prüfen, ob das vorinstanzliche Gericht
Bundesrecht verletzt hat, einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des
Ermessens, oder ob der rechtserhebliche Sachverhalt offensichtlich unrichtig,
unvollständig oder unter Verletzung wesentlicher Verfahrensbestimmungen
festgestellt worden ist (Art. 132 in Verbindung mit Art. 104 lit. a und b
sowie Art. 105 Abs. 2 OG).

2.
2.1 Die Vorinstanz hat die Bestimmungen (in der bis 31. Dezember 2000 gültig
gewesenen Fassung) und Grundsätze über die Beitragsfestsetzung im
ordentlichen (Art. 22 AHVV) und im ausserordentlichen Verfahren, insbesondere
zu den Voraussetzungen, unter welchen ein Neutaxationsgrund im Sinne von Art.
25 Abs. 1 AHVV angenommen werden kann, sowie über die Verbindlichkeit des von
den Steuerbehörden ermittelten Einkommens und Eigenkapitals (Art. 23 Abs. 1
und 4 AHVV; BGE 121 V 82 Erw. 2c; AHI 1997 S. 25 Erw. 2b, je mit Hinweisen)
zutreffend dargelegt. Darauf wird verwiesen.

2.2 Zu betonen bleibt dabei, dass die Beiträge nur dann im ausserordentlichen
Verfahren nach Art. 25 Abs. 1 AHVV in der bis 31. Dezember 2000 geltenden
Fassung festgesetzt werden dürfen, wenn sich die Struktur des Betriebes oder
die Erwerbstätigkeit als solche grundlegend geändert haben (Käser,
Unterstellung und Beitragswesen in der obligatorischen AHV, 2. Aufl., Rz
14.56 mit Hinweisen auf die Rechtsprechung).

3.
3.1 Streitig ist, ob die persönlichen Beiträge der Beschwerdeführerin für das
Jahr 2000 im ordentlichen oder ausserordentlichen Bemessungsverfahren
festzusetzen sind.

3.2 Die Beschwerdeführerin macht erneut geltend, die Veränderungen infolge
ihrer Scheidung am 9. Dezember 1999 hätten die wirtschaftliche wie rechtliche
Struktur ihrer selbstständigen Erwerbstätigkeit vollständig verändert, da sie
vor der Scheidung im Rahmen des Anwaltsbüros ihres Ex-Mannes eine
steuerberatende Tätigkeit ausgeübt habe. Sie habe noch bis 15. Oktober 1999
im Anwaltsbüro ihres Ex-Mannes gearbeitet. Am 15. Oktober sei die Trennung
der ehelichen Gemeinschaft erfolgt und offiziell habe sie im Sinne eines
vollkommenen Neuanfangs per 10. Dezember 1999 ihr Büro eröffnet. Dazwischen
habe sie jegliche Tätigkeit eingestellt und danach sehr langsam gestartet.
Der im Jahr 2000 ausgewiesene Umsatz sei eher gegen Ende Jahres zustande
gekommen. Es habe sich niemals um eine reine Fortführung der Tätigkeit unter
Inkaufnahme eines geringeren Einkommens gehandelt.

3.3 Aus der Tatsache der Scheidung allein ergibt sich nicht schon per se eine
tiefgreifende Änderung der Einkommensgrundlagen, welche die Anwendung der
ausserordentlichen Bemessungsmethode rechtfertigen würde. So ist denn auch
die Scheidung in altArt. 25 AHVV nicht ausdrücklich als
Zwischentaxationsgrund aufgeführt. Die Ehescheidung kann immer nur im
Zusammenhang mit der Voraussetzung der strukturellen Änderung  der
Einkommensgrundlagen bei der Beitragsfestsetzung berücksichtigt werden,
nämlich dann, wenn die Struktur der Erwerbstätigkeit oder des Betriebes von
der Scheidung grundlegend berührt wird. Ergibt sich durch die Scheidung keine
massgebende dauernde Veränderung der Einkommensgrundlagen, sind die
Voraussetzungen für eine ausserordentliche Beitragsfestsetzung nicht gegeben
(ZAK 1988 510 Erw. 3; unveröffentlichtes    Urteil O. vom 8. Oktober 1992, H
228/91).

3.4 Wie die Vorinstanz verbindlich festgestellt hat (vgl. Erw. 1 hievor), hat
die Beschwerdeführerin ihren Beruf nicht gewechselt und übt weiterhin (als
Selbstständigerwerbende) eine steuerberatende Tätigkeit aus. Eine Änderung
hat sich lediglich soweit ergeben, als sie an einem neuen Domizil praktiziert
und die Unkosten ihres Treuhandbüros inskünftig vollumfänglich alleine trägt.
In diesen Umständen können indes keine grundlegenden strukturellen Änderungen
erblickt werden, die eine Neutaxation im Sinne von altArt. 25 Abs. 1 AHVV
rechtfertigen. So hat das Eidgenössische Versicherungsgericht entschieden,
dass die Trennung eines Anwalts von einer Praxisgemeinschaft mit anderen
Anwälten nicht zu einer massgebenden strukturellen Änderung führt, auch wenn
die Unkosten inskünftig vom betreffenden Anwalt allein getragen werden müssen
(ZAK 1992 S. 474 mit Hinweisen; Bürogemeinschaft eines Architekten: ZAK 1981
S. 350, Praxisgemeinschaft eines Arztes: unveröffentlichtes Urteil M. vom 25.
Juli 1991, H 99/90). Dies hat, entgegen den Vorbringen in der
Verwaltungsgerichtsbeschwerde, auch hier zu gelten. Der Domizilwechsel gilt
nach der Rechtsprechung ebenfalls nicht als strukturelle Änderung, selbst
wenn damit ein Verlust von Kundschaft entsteht (ZAK 1992 S. 475 Erw. 2c, 1981
S. 350), was die Beschwerdeführerin ohnehin ausdrücklich verneint. Inwiefern
sich durch die Scheidung ihre Einkommensgrundlagen somit geändert haben
sollten, weist die Beschwerdeführerin nicht nach. Sie führt nur pauschal an,
es habe sich vor der Trennung um ein vollkommen anderes Betätigungsfeld
gehandelt, die berufliche Situation habe sich tiefgreifend geändert und die
den Umsatz bedingenden Einnahmen seien vollkommen neu strukturiert. Im Rahmen
ihrer Mitwirkungspflicht (BGE 125 V 195 Erw. 2) wäre es der
Beschwerdeführerin indes zumutbar gewesen, die behaupteten Änderungen ihrer
beruflichen Situation zu konkretisieren. Dies hat sie nicht getan. Aus den
Akten ergeben sich auch keinerlei Hinweise, worin eine solche Neuausrichtung
der Tätigkeit bestanden hätte. Eine grundlegende Änderung des Betriebes, in
welchem das beitragspflichtige Einkommen aus selbstständiger Erwerbstätigkeit
erzielt wird, liegt damit ebenso wenig vor wie eine grundlegende
Neugestaltung der gesamten Erwerbstätigkeit. Damit fehlt es an der von der
Rechtsprechung geforderten einschneidenden strukturellen Änderung der
erwerblichen Situation.

4.
Was schliesslich den Eventualantrag auf Festlegung der Einkommen unter
Berücksichtigung des anteilsmässigen Unkostenbeitrages betrifft, hat bereits
die   Vorinstanz zutreffend erwogen, dass diesem nicht stattgegeben werden
kann, nachdem die Beschwerdeführerin selbst angegeben hat, die von ihr und
ihrem Ex-Ehemann in der Steuererklärung deklarierten Einkommen seien zu
korrigieren, weil diese nicht der Realität entsprochen hätten. Dem ist
vollumfänglich beizupflichten. Es geht mit Blick auf die Grundsätze der
Verbindlichkeit der Steuermeldung (vgl. Erw. 2.1 hievor) nicht an, eine
Korrektur vorzunehmen, wenn zuhanden der Steuerverwaltung von der
Beschwerdeführerin absichtlich eine zu kleine Unkostenbeteiligung, nämlich
nicht im Verhältnis der deklarierten selbstständigen Erwerbseinkommen,
angegeben wurde.

Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von total Fr. 900.- werden der Beschwerdeführerin
auferlegt und mit dem geleisteten Kostenvorschusses verrechnet.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons
Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherung zugestellt.

Luzern, 30. September 2002

Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts

Der Präsident der III. Kammer:   Die Gerichtsschreiberin: