Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen H 126/2002
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H 126/02

Urteil vom 6. März 2003
III. Kammer

Präsident Borella, Bundesrichter Meyer und Lustenberger; Gerichtsschreiber
Signorell

G.________, 1936, Beschwerdeführer,

gegen

Schweizerische Ausgleichskasse, avenue Edmond-Vaucher 18, 1203 Genf,
Beschwerdegegnerin

Eidgenössische Rekurskommission der AHV/IV für die im Ausland wohnenden
Personen, Lausanne

(Entscheid vom 15. März 2002)

Sachverhalt:
Die Schweizerische Ausgleichskasse (SAK) sprach dem 1936 geborenen deutschen
Staatsangehörigen G.________ bei einem durchschnittlichen Jahreseinkommen von
Fr. 32 136.- und einer anrechenbaren Beitragsdauer von 2 Jahren und 8 Monaten
mit Wirkung am 1. Mai 2001 eine ordentliche Altersrente von monatlich Fr.
66.- (Rentenskala 2) zu (Verfügung vom 26. April 2001).

Die Eidgenössische Rekurskommission der Alters-, Hinterlassenen- und
Invalidenversicherung für die Ausland wohnenden Personen wies eine dagegen
erhobene Beschwerde, mit welcher die Richtigkeit der Rentenberechnung
bezweifelt und die Zusprechung einer höheren Altersrente beantragt wurde, mit
Entscheid vom 15. März 2002 ab.

Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragt G.________ sinngemäss erneut die
Zusprechung einer höheren Altersrente.

Die SAK schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde, während
das Bundesamt für Sozialversicherung (BSV) auf eine Vernehmlassung
verzichtete.

Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

1.
Die angefochtene Verwaltungsverfügung wurde vor Inkrafttreten (1. Juni 2002)
des Abkommens vom 21. Juni 1999 zwischen der Schweizerischen
Eidgenossenschaft einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren
Mitgliedstaaten andererseits über die Freizügigkeit erlassen. Dieses
Abkommen, insbesondere dessen Anhang II, der die Koordinierung der Systeme
der sozialen Sicherheit regelt, muss demnach im vorliegenden Verfahren
unberücksichtigt bleiben (zur Publikation in der Amtlichen Sammlung
vorgesehenes, in SVR 2003 AlV Nr. 3 S. 7 veröffentlichtes  Urteil S. vom 9.
August 2002 [C 357/01]).

2.
Unbestritten ist, dass der Beschwerdeführer nach Art. 4 des Abkommens
zwischen der Schweiz und der Bundesrepublik Deutschland über Soziale
Sicherheit vom 25. Februar 1964 und der anwendbaren schweizerischen
Gesetzgebung mit Wirkung ab 1. Mai 2001 Anspruch auf eine ordentliche
einfache Altersrente hat (Art. 21 Abs. 1 und 2 sowie Art. 29 Abs. 1 AHVG;
Art. 22bis Abs. 1 AHVG). Streitig und im Folgenden zu prüfen ist die
Berechnung der ihm zustehenden Teilrente.

3.
Nach Art. 38 AHVG entspricht die Teilrente einem Bruchteil der gemäss den
Artikeln 34 bis 37 AHVG zu ermittelnden Vollrente (Abs. 1). Bei der
Berechnung des Bruchteils werden das Verhältnis zwischen den vollen
Beitragsjahren des Versicherten zu denjenigen seines Jahrganges sowie die
eingetretenen Veränderungen der Beitragsansätze berücksichtigt (Abs. 2). Der
Bundesrat erlässt nähere Vorschriften über die Abstufung der Renten, er kann
für Fälle mit langer Beitragsdauer und verhältnismässig wenigen fehlenden
Beitragsjahren besondere Regeln aufstellen (Abs. 3). Die Abstufung der
Teilrenten wird in Art. 52 AHVV näher geregelt. Absatz 1 der Bestimmung
enthält eine Tabelle der 44 Rentenskalen und der nach dem Verhältnis zwischen
den vollen Beitragsjahren des Versicherten und denen seines Jahrgangs
abgestuften Teilrenten in Prozenten der Vollrente. Beträgt das Verhältnis
zwischen den vollen Beitragsjahren des Versicherten und denen seines
Jahrganges mindestens 97.73 Prozent, so wird die Vollrente gewährt (Abs. 2).
Ist die Verhältniszahl zwischen dem durchschnittlichen Beitragsansatz der
Jahre, in denen der Versicherte Beiträge geleistet hat, und dem
durchschnittlichen Beitragsansatz der Jahre, in denen sein Jahrgang und dem
durchschnittlichen Beitragsansatz der Jahre, in denen sein Jahrgang Beiträge
geleistet hat, kleiner als eins, so wird die Teilrente gekürzt, indem sie mit
der genannten Verhältniszahl vervielfacht wird (Abs. 3). Bei der Ermittlung
der durchschnittlichen Beitragsansätze gemäss Absatz 3 werden für die Jahre
vor 1973 4 Lohnprozente und für die folgenden Jahre 7.8 Lohnprozente
gerechnet (Abs. 4).

4.
Der am 16. April 1936 geborene und in Deutschland wohnhafte Beschwerdeführer
hat vom 1. November 1961 bis zum 30. Juni 1964 eine beitragspflichtige
Erwerbstätigkeit in der Schweiz ausgeübt und die entsprechenden
Sozialversicherungsbeiträge geleistet. Aus den Akten ergeben sich keine
Hinweise, dass er vor und/oder nach dieser Zeit in der Schweiz beschäftigt
gewesen ist. Im Jahre 1968 heiratete er. In den Jahren 1970 und 1971 kamen
zwei Kinder zur Welt. Im Dezember 1992 wurde die Ehe geschieden.

4.1 Bei Entstehung des Anspruchs auf die einfache Altersrente am 1. Mai 2001
wies der Beschwerdeführer bei der schweizerischen AHV eine Beitragsdauer von
2 Jahren und 8 Monaten auf. Für die Bestimmung der anwendbaren Rentenskala
sind nur volle Beitragsjahre (Art. 38 Abs. 2 AHVG) zu berücksichtigen. Das
Verhältnis zwischen seinen vollen Beitragsjahren und jenen seines Jahrganges
(1936) beträgt 4.54 (2 : 44), womit nach Art. 52 Abs. 1 AHVV Anspruch auf
eine Teilrente von 4.54 % besteht. Weil nun aber der durchschnittliche
Beitragsansatz der Jahre, in welchen der Versicherte Beiträge entrichtet hat
(1961-1964), niedriger ist als derjenige der Jahre, in denen sein Jahrgang
Beiträge geleistet hat, ist die Teilrente gemäss Art. 52 Abs. 4 AHVV zu
kürzen. Sein Jahrgang 1936 hatte von 1957 bis 1973 während 16 Jahren vom
Erwerbseinkommen Beiträge in der Höhe von 4 % und ab 1974 bis Ende 2000
während 28 Jahren solche von 7.8 % zu bezahlen. Der durchschnittliche
Beitragssatz seines Jahrgangs beläuft sich damit auf 6.418 %. Der
Beschwerdeführer hatte demgegenüber durchschnittliche Beiträge von 4.0 % zu
entrichten. Das Verhältnis beträgt 0.623.

Zur Bestimmung der Altersrente ist die Verhältniszahl zwischen den vollen
Beitragsjahren des Versicherten und denen seines Jahrgangs mit der gemäss
Art. 52 Abs. 4 AHVV ermittelten Verhältniszahl zu vervielfachen (BGE 109 V 84
Erw. 3). Der Beschwerdeführer hat damit Anspruch auf eine ordentliche
einfache Altersrente von 2.83 % (4.54 % x 0.623), was der Rentenskala 2
entspricht.

4.2
4.2.1Zweites massgebliches Element für die Rentenhöhe ist das
durchschnittliche Jahreseinkommen (Art. 29quater AHVG). Während der
Beschäftigungsdauer in der Schweiz erzielte der Versicherte ein
beitragspflichtiges Erwerbseinkommen von Fr. 30 950.-. Der erste Eintrag im
Individuellen Konto (IK) erfolgte im Jahre 1961, weshalb die Erwerbseinkommen
im Falle des Eintritts des Versicherungsfalles im Jahre 2001 mit dem
Aufwertungsfaktor 1.529 (Rententabelle 2001 [herausgegeben vom Bundesamt für
Sozialversicherung], Tabelle 4 [eintrittsabhängige pauschale
Aufwertungsfaktoren]) zu multiplizieren sind, was den Betrag von Fr. 47 323.-
ergibt.

4.2.2 Im Rahmen der 10. AHV-Revision (Gesetzesnovelle vom 7. Oktober 1994, in
Kraft seit 1. Januar 1997) wurden u.a. Erziehungsgutschriften eingeführt,
welche Versicherten für jene Jahre gutgeschrieben werden, in welchen ihnen
die elterliche Sorge für eines oder mehrere Kinder, die das 16. Altersjahr
noch nicht erreicht haben, zusteht (Art. 29sexies Abs. 1 AHVG). Sie
entsprechen der dreifachen minimalen jährlichen Altersrente gemäss Art. 34
AHVG im Zeitpunkt der Entstehung des Rentenanspruchs. Die Schlussbestimmungen
der Änderung vom 7. Oktober 1994 legen in lit. c sodann fest, dass bei der
Berechnung der Altersrente von verwitweten und geschiedenen Personen, die vor
dem 1. Januar 1953 geboren sind, eine Übergangsgutschrift berücksichtigt
wird, wenn ihnen nicht während mindestens 16 Jahren Erziehungs- oder
Betreuungsgutschriften angerechnet werden konnten (Abs. 2). Diese entspricht
der Höhe der halben Erziehungsgutschrift und wird für Versicherte des
Jahrgangs 1945 und älter für 16 Jahre gewährt; sie dürfen allerdings
höchstens für die Anzahl der Jahre angerechnet werden, welche für die
Festsetzung der Rentenskala berücksichtigt werden (Abs. 3). Verwaltung und
Vorinstanz rechneten dem Beschwerdeführer aufgrund dieser Regelung als
Übergangsgutschrift Fr. 37 080.- (2 x Fr. 18 540.-) an.

Dieser Betrachtungsweise kann nicht gefolgt werden. Ein Anspruch auf eine
Übergangsentschädigung entsteht nach innerstaatlichem Recht nur, wenn
Erziehungs- oder Betreuungsgutschriften nicht angerechnet werden konnten. Mit
dieser Regelung soll für die Eintrittsgeneration ein teilweiser Ausgleich
geschaffen werden. Versicherte, die der Versicherung angehörten, als diese
Leistung noch nicht bestanden hatte, sollen diese rückwirkend in gewissem
Umfang erhalten. Voraussetzung ist also, dass der Leistungsansprecher im
massgeblichen Zeitpunkt der Versicherung unterstellt war (Art. 1 AHVG). Dies
bringt Art. 29sexies Abs. 1 AHVG zum Ausdruck, wonach "Versicherten"
Erziehungsgutschriften angerechnet werden können. Im gleichen Artikel wird
der Bundesrat ermächtigt, die Anrechenbarkeit für jene Fälle zu regeln, wo
lediglich ein Elternteil in der schweizerischen AHV versichert ist. Der
Beschwerdeführer hielt sich von 1961 bis 1964 in der Schweiz auf. Er
heiratete indessen erst 1968; die beiden Kinder kamen 1970 und 1971 zur Welt.
Damals war er seit längerer Zeit nicht mehr bei der schweizerischen AHV
versichert, da er hier weder Wohnsitz hatte noch eine Erwerbstätigkeit
ausübte. Ob sich nach Inkrafttreten der Bilateralen Verträge zwischen der
Europäischen Union und der Schweiz an dieser Rechtslage etwas geändert hat,
braucht nicht geprüft zu werden.

4.2.3 Bei der Beitragszeit von 2 Jahren und 8 Monaten (32 Monate) hatte der
Beschwerdeführer ein aufgewertetes Erwerbseinkommen von Fr. 47 323.- erzielt.
Das durchschnittliche Jahreseinkommen beträgt damit Fr. 17 747.-.

4.3 Bei diesem durchschnittlichen Jahreseinkommen ergibt sich gemäss
Rentenskala 2 eine monatliche einfache Altersrente von Fr. 53.-.

5.
Nach Art. 132 lit. c OG kann das Eidgenössische Versicherungsgericht bei
Verfügungen über die Bewilligung oder Verweigerung von
Versicherungsleistungen zu Gunsten oder zu Ungunsten der Parteien über deren
Begehren hinausgehen. Der Beschwerdeführer wurde praxisgemäss auf die
Möglichkeit einer reformatio in peius und den Beschwerderückzug aufmerksam
gemacht; er machte jedoch von der Rückzugsmöglichkeit keinen Gebrauch,
sondern hielt an seinem Begehren fest. Die formellen Voraussetzungen für eine
reformatio in peius sind demnach erfüllt (BGE 122 V 166, 107 V 22 Erw. 3a).

Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:

1.
In Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde werden der Entscheid der
Eidgenössischen Rekurskommission der AHV/IV für die im Ausland wohnenden
Personen vom 15. März 2002 sowie die angefochtene Verfügung vom 26. April
2001, soweit sie die Rentenhöhe betrifft, aufgehoben und es wird
festgestellt, dass der Beschwerdeführer Anspruch eine monatliche einfache
Altersrente von Fr. 53.- hat.

2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, der Eidgenössischen Rekurskommission der
AHV/IV für die im Ausland wohnenden Personen und dem Bundesamt für
Sozialversicherung zugestellt.

Luzern, 6. März 2003
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts

Der Präsident der III. Kammer:  Der Gerichtsschreiber: