Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen H 122/2002
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H 122/02

Urteil vom 29. November 2002
IV. Kammer

Präsidentin Leuzinger, Bundesrichter Rüedi und Ferrari; Gerichtsschreiberin
Keel Baumann

M.________, Beschwerdeführerin,

gegen

Ausgleichskasse des Kantons Zürich, Röntgenstrasse 17, 8005 Zürich,
Beschwerdegegnerin

Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, Winterthur

(Entscheid vom 13. März 2002)

Sachverhalt:

A.
Mit Nachtragsverfügungen vom 23. November 2000 setzte die Ausgleichskasse des
Kantons Zürich die persönlichen Beiträge der M.________ für die Zeit vom 1.
Januar 1995 bis 31. Juli 1999 fest. Der Beitragsbemessung legte sie für 1995
und 1996 die jeweiligen Jahreseinkommen, für 1997 bis 1999 das
Durchschnittseinkommen 1995/1996 zugrunde. Dabei ging sie gestützt auf die
Steuermeldung vom 9. Juni 2000 von einem Einkommen von Fr. 6488.- im Jahr
1995 und Fr. 173'555.- im Jahr 1996 sowie und von einem per 1. Januar 1997 im
Betrieb arbeitenden Eigenkapital von Fr. 82'000.- aus.

B.
Die von der Versicherten hiegegen mit dem Antrag auf Aufhebung der
Kassenverfügungen erhobene Beschwerde wies das Sozialversicherungsgericht des
Kantons Zürich mit Entscheid vom 13. März 2002 ab, wobei Sonja Stucki die
unentgeltliche Verbeiständung mangels Einreichung der erforderlichen Belege
mit Verfügung vom 12. September 2001 verweigert worden war.

C.
Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde erneuert M.________ das im kantonalen
Beschwerdeverfahren gestellte Rechtsbegehren. Im Weitern macht sie geltend,
dass die Vorinstanz ihr Gesuch um unentgeltliche Verbeiständung zu Unrecht
abgewiesen bzw. ihr eine ungenügende Frist für die Einreichung der
Gesuchsunterlagen angesetzt habe.

Die Ausgleichskasse und das Bundesamt für Sozialversicherung verzichten auf
eine Vernehmlassung.

Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

1.
Soweit die Beschwerdeführerin Rügen im Zusammenhang mit der Verweigerung der
unentgeltlichen Verbeiständung gemäss vorinstanzlicher Verfügung vom 12.
September 2001 vorbringt, erweist sich die Verwaltungsgerichtsbeschwerde vom
4. Mai 2001 als verspätet (Art. 106 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 132 OG),
weshalb auf das Rechtsmittel insoweit nicht einzutreten ist.

2.
2.1 Da es sich bei der angefochtenen Verfügung nicht um die Bewilligung oder
Verweigerung von Versicherungsleistungen handelt, hat das Eidgenössische
Versicherungsgericht nur zu prüfen, ob das vorinstanzliche Gericht
Bundesrecht verletzt hat, einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des
Ermessens, oder ob der rechtserhebliche Sachverhalt offensichtlich unrichtig,
unvollständig oder unter Verletzung wesentlicher Verfahrensbestimmungen
festgestellt worden ist (Art. 132 in Verbindung mit Art. 104 lit. a und b
sowie Art. 105 Abs. 2 OG).

Ferner ist Art. 114 Abs. 1 OG zu beachten, wonach das Eidgenössische
Versicherungsgericht in Abgabestreitigkeiten an die Parteibegehren nicht
gebunden ist, wenn es im Prozess um die Verletzung von Bundesrecht oder um
die unrichtige oder unvollständige Feststellung des Sachverhalts geht.

2.2 Im Rahmen von Art. 105 Abs. 2 OG ist die Möglichkeit, im Verfahren vor
dem Eidgenössischen Versicherungsgericht neue tatsächliche Behauptungen
aufzustellen oder neue Beweismittel geltend zu machen, weitgehend
eingeschränkt. Nach der Rechtsprechung sind nur jene neuen Beweismittel
zulässig, welche die Vorinstanz von Amtes wegen hätte erheben müssen und
deren Nichterheben eine Verletzung wesentlicher Verfahrensvorschriften
darstellt (BGE 121 II 99 Erw. 1c, 120 V 485 Erw. 1b, je mit Hinweisen). Zwar
ist der Verwaltungsprozess vom Untersuchungsgrundsatz beherrscht, wonach
Verwaltung und Gericht von sich aus für die richtige und vollständige
Abklärung des Sachverhalts zu sorgen haben; doch entbindet das die
Rechtsuchenden nicht davon, selber die Beanstandungen vorzubringen, die sie
anzubringen haben (Rügepflicht), und ihrerseits zur Feststellung des
Sachverhalts beizutragen (Mitwirkungspflicht). Unzulässig und mit der weit
gehenden Bindung des Eidgenössischen Versicherungsgerichts an die
vorinstanzliche Sachverhaltsfeststellung gemäss Art. 105 Abs. 2 OG
unvereinbar ist es darum, neue tatsächliche Behauptungen und neue
Beweismittel erst im letztinstanzlichen Verfahren vorzubringen, obwohl sie
schon im kantonalen Beschwerdeverfahren hätten geltend gemacht werden können
und - in Beachtung der Mitwirkungspflicht - hätten geltend gemacht werden
müssen. Solche (verspätete) Vorbringen sind nicht geeignet, die tatsächlichen
Feststellungen der Vorinstanz als mangelhaft im Sinne von Art. 105 Abs. 2 OG
erscheinen zu lassen (BGE 121 II 100 Erw. 1c, AHI 1994 S. 211 Erw. 2b mit
Hinweisen).

3.
Das kantonale Gericht hat die für die Beitragsfestsetzung bei selbstständig
erwerbstätigen Personen massgebenden Grundsätze - wobei vorliegend die bis
31. Dezember 2000 gültig gewesenen Bestimmungen zur Anwendung gelangen -
richtig dargelegt. Es betrifft dies insbesondere jene zu den Voraussetzungen
für die beitragsrechtliche Erfassung von Liegenschaftsgewinnen als Einkommen
aus selbstständiger Erwerbstätigkeit (Art. 9 Abs. 1 AHVG und Art. 17 AHVV),
zur Beitrags- und Berechnungsperiode im ordentlichen Verfahren (Art. 22 Abs.
1 und 2 AHVV) und bei Aufnahme einer selbstständigen Erwerbstätigkeit (Art.
25 Abs. 1 und 3 AHVV), zur Ermittlung des Einkommens aufgrund der
rechtskräftigen Veranlagung für die direkte Bundessteuer (Art. 23 Abs. 1
AHVV) und zur Verbindlichkeit von Steuermeldungen (Art. 23 Abs. 4 AHVV; BGE
110 V 86 Erw. 4 und 370 f.; AHI 1997 S. 25 Erw. 2b mit Hinweis). Darauf kann
verwiesen werden.

4.
4.1 Im angefochtenen Entscheid wird zutreffend dargetan, dass die
Beschwerdeführerin - namentlich in Anbetracht der kurzen Besitzdauer und der
Inanspruchnahme von bedeutenden fremden Mitteln - als selbstständigerwerbende
Liegenschaftenhändlerin zu qualifizieren und auf dem von ihr im Zusammenhang
mit dem Grundstück in S.________ erzielten Einkommen persönliche Beiträge
geschuldet sind. Gleiches gilt für die Feststellung, dass die Ausgleichskasse
die Beiträge zu Recht gestützt auf die Angaben in der Steuermeldung vom 9.
Juni 2000 festgesetzt hat, da diese weder klar ausgewiesene Irrtümer, die
ohne weiteres richtig gestellt werden können, enthält noch sachliche Umstände
gewürdigt werden müssen, die steuerrechtlich belanglos,
sozialversicherungsrechtlich aber bedeutsam sind.

4.2 Soweit die Beschwerdeführerin - wie bereits im kantonalen Verfahren -
bestreitet, dass sie die Geschäfte in erwerblicher Absicht getätigt habe,
kann auf die zutreffenden Erwägungen im angefochtenen Entscheid verwiesen
werden, denen das Eidgenössische Versicherungsgericht nichts beizufügen hat.
Was sodann ihre auf die Grundstückgewinnsteuer Bezug nehmenden Einwände
betrifft, ist darauf hinzuweisen, dass für die Beitragsfestsetzung einzig die
direkte Bundessteuer massgebend ist. Unbeachtlich sind schliesslich die
umfangreichen Unterlagen (hauptsächlich Handwerkerrechnungen betreffend den
Umbau der Liegenschaft), welche die Beschwerdeführerin erst im
letztinstanzlichen Prozess eingereicht hat zum Beweis, dass aus dem Verkauf
der einzelnen Stockwerkeinheiten kein Gewinn, sondern ein Verlust von
insgesamt Fr. 42'604.15 resultierte. Denn bei diesen neuen Beweismitteln
handelt es sich um unechte Noven, welche ohne weiteres bereits im
vorinstanzlichen Verfahren hätten geltend gemacht werden können und im Rahmen
der gemäss Art. 105 Abs. 2 OG eingeschränkten Kognition im letztinstanzlichen
Prozess nicht zu hören sind (vgl. Erw. 2.2 hievor).

5.
Da es nicht um die Bewilligung oder Verweigerung von Versicherungsleistungen,
sondern um eine Beitragsstreitigkeit geht, ist das Verfahren kostenpflichtig
(Art. 134 OG e contrario). Entsprechend dem Ausgang des Prozesses hat die
Beschwerdeführerin die Gerichtskosten zu tragen.

Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten
ist.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 3000.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt und
mit dem geleisteten Kostenvorschuss verrechnet.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons
Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherung zugestellt.
Luzern, 29. November 2002

Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts

Die Präsidentin der IV. Kammer:   Die Gerichtsschreiberin:

i.V.