Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen H 118/2002
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H 118/02

Urteil vom 29. Januar 2003
IV. Kammer

Präsidentin Leuzinger, Bundesrichter Rüedi und Ferrari; Gerichtsschreiber
Grunder

K.________, 1954, Beschwerdeführerin, vertreten durch Rechtsanwältin Lilli
Ruth Meissner, Rossmarkt 15, DEB60311 Frankfurt am Main, Deutschland,

gegen

Ausgleichskasse des Kantons Zürich, Röntgenstrasse 17, 8005 Zürich,
Beschwerdegegnerin

Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, Winterthur

(Entscheid vom 25. März 2002)

Sachverhalt:

A.
Die Ausgleichskasse des Kantons Zürich erfasste die 1954 geborene K.________
für ihre Tätigkeit im Bereich von Treuhand und Haushaltservice als
Selbständigerwerbende, für die Beschäftigungen bei der Firma T.________ als
Arbeitnehmerin und bei der Firma S.________ als Arbeitnehmerin ohne
beitragspflichtigen Arbeitgeber. Mit vier Verfügungen vom 11. April 2001
setzte sie die Sozialversicherungsbeiträge für die selbständige
Erwerbstätigkeit auf Fr. 195.- bzw. Fr. 402.- (ohne Verwaltungskosten) und
für die Tätigkeit bei der Firma S.________ auf Fr. 225.- bzw. Fr. 450.-
(einschliesslich Beiträge an die Arbeitslosenversicherung) fest.

B.
Die hiegegen erhobene Beschwerde wies das Sozialversicherungsgericht des
Kantons Zürich, soweit es darauf eintrat, mit Entscheid vom 25. März 2002 ab.

C.
K.________ lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen und (sinngemäss)
beantragen, unter Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheids sei "der
Beschwerde vom 23. April 2002 gegen die dort angefochtenen Entscheidungen SVA
Zürich abzuhelfen". Gleichzeitig legt sie verschiedene Unterlagen
(Erfolgsrechnung und Bilanz, Unkostenzusammenstellungen und Steuerrechnungen
für das Jahr 2001 sowie einen Leasingvertrag vom 29. Oktober 2001 über einen
Personenwagen) auf.

Die Ausgleichskasse und das Bundesamt für Sozialversicherung verzichten auf
eine Vernehmlassung.

Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

1.
Aus den Rechtsbegehren in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist zu
schliessen, dass der Nichteintretensentscheid des kantonalen Gerichts
mitangefochten ist. Da die Beschwerdeführerin sich damit in der Begründung
nicht auseinandersetzt, ist insoweit praxisgemäss (Art. 108 Abs. 2 OG; BGE
123 V 335) auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde nicht einzutreten.

2.
2.1 Da keine Versicherungsleistungen streitig sind, hat das Eidgenössische
Versicherungsgericht nur zu prüfen, ob der vorinstanzliche Entscheid
Bundesrecht verletzt, einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des
Ermessens, oder ob der rechtserhebliche Sachverhalt offensichtlich unrichtig,
unvollständig oder unter Verletzung wesentlicher Verfahrensbestimmungen
festgestellt worden ist (Art. 132 in Verbindung mit Art. 104 lit. a und b
sowie Art. 105 Abs. 2 OG).

Ferner ist Art. 114 Abs. 1 OG zu beachten, wonach das Eidgenössische
Versicherungsgericht in Abgabestreitigkeiten an die Parteibegehren nicht
gebunden ist, wenn es im Prozess um die Verletzung von Bundesrecht oder um
die unrichtige oder unvollständige Feststellung des Sachverhalts geht.

2.2 Im Rahmen von Art. 105 Abs. 2 OG ist die Möglichkeit, im Verfahren vor
dem Eidgenössischen Versicherungsgericht neue tatsächliche Behauptungen
aufzustellen oder neue Beweismittel geltend zu machen, weitgehend
eingeschränkt. Nach der Rechtsprechung sind nur jene neuen Beweismittel
zulässig, welche die Vorinstanz von Amtes wegen hätte erheben müssen und
deren Nichterheben eine Verletzung wesentlicher Verfahrensvorschriften
darstellt (BGE 121 II 99 Erw. 1c, 120 V 485 Erw. 1b, je mit Hinweisen).

Die Beschwerdeführerin belegt mit den letztinstanzlich aufgelegten neuen
Beweismitteln Behauptungen, die sie bereits im kantonalen Verfahren
vorgebracht hat. Nachdem die Vorinstanz ihren Entscheid auf die tatsächlichen
Vorbringen der Beschwerdeführerin abgestellt hat, kann offen bleiben, ob die
eingereichten Unterlagen unzulässige neue Beweismittel sind.

3.
Das kantonale Gericht hat die gesetzlichen Bestimmungen über die
unselbständige (Art. 5 Abs. 2 AHVG) und die selbständige Erwerbstätigkeit
(Art. 9 Abs. 1 AHVG) sowie die von der Rechtsprechung herangezogenen
Unterscheidungskriterien für die entsprechende Beurteilung einer konkreten
Tätigkeit (BGE 123 V 162 Erw. 1, 122 V 171 Erw. 3, 283 Erw. 2, 119 V 161 Erw.
2 mit Hinweisen) richtig wiedergegeben. Darauf wird verwiesen.

Zu ergänzen ist, dass das am 1. Januar 2003 in Kraft getretene Bundesgesetz
über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG) vom 6. Oktober
2000 im vorliegenden Fall nicht anwendbar ist, da nach dem massgebenden
Zeitpunkt des Erlasses der streitigen Verfügung eingetretene Rechts- und
Sachverhaltsänderungen vom Sozialversicherungsgericht nicht berücksichtigt
werden (BGE 127 V 467 Erw. 1, 121 V 366 Erw. 1b).

4.
Angefochten und daher Streitgegenstand ist gemäss der Begründung in der
Verwaltungsgerichtsbeschwerde einzig die Frage, ob die als Handelsvertreterin
bei der Firma S.________ erzielten Einkünfte Einkommen aus selbständiger
Erwerbstätigkeit sind. Die anscheinend gemäss dem Rechtsbegehren ebenfalls
beanstandeten Verfügungen hinsichtlich der Tätigkeit als
Selbständigerwerbende im Bereich Treuhand und Haushaltservice sind, nachdem
sie im vorinstanzlichen Verfahren nicht angefochten waren, in Rechtskraft
erwachsen.

4.1 Die Vorinstanz hat erwogen, die Beschwerdeführerin arbeite als
Handelsvertreterin der Firma S.________ und aquiriere in deren Namen Kunden
und verkaufe Waren. Sie sei arbeitsorganisatorisch nicht in deren Betrieb
integriert und werde abhängig vom Umsatz entschädigt. Nach der Rechtsprechung
gälten solche Vergütungen nur dann als Einkommen aus selbständiger
Erwerbstätigkeit, wenn neben die organisatorische Unabhängigkeit ein echtes
Unternehmerrisiko hinzutrete, das dann gegeben sei, wenn beträchtliche
Investitionen oder Angestelltenlöhne zu tragen seien. Es stehe fest, dass die
Beschwerdeführerin nicht in eigenem Namen und auf eigene Rechnung tätig sei.
Dass sie ihre Unkosten selber trage, sei kein ausschlaggebendes Merkmal für
eine selbständige Erwerbstätigkeit. Ein wesentliches Kriterium läge nur dann
vor, wenn die Beschwerdeführerin selber eine eigentliche Verkaufsorganisation
aufgebaut hätte. Auch wenn der Handelsvertreter für die Erfüllung der
Verbindlichkeiten einzustehen habe, könne daraus kein typisches
unternehmerisches Risiko abgeleitet werden. Mögliche Ertragsausfälle seien
mindestens teilweise durch die Delcredereprovision gedeckt, während der
Unternehmer bei Zahlungsunfähigkeit eines Kunden den Verlust selber zu tragen
habe. Daher seien die Einkünfte von der Firma S.________ Einkommen aus
unselbständiger Erwerbstätigkeit und die Festsetzung der Beiträge an die
Arbeitslosenversicherung gestützt auf Art. 2 Abs. 1 lit. a in Verbindung mit
Art. 4 Abs. 1 AVIG nicht zu beanstanden.

4.2 Diese Betrachtungsweise kann nicht als bundesrechtswidrig bezeichnet
werden. In der Verwaltungsgerichtsbeschwerde werden die bereits im kantonalen
Verfahren erhobenen Rügen wiederholt, sodass auf die zutreffenden und nicht
zu beanstanden Erwägungen im angefochtenen Entscheid verwiesen wird. Zu
ergänzen bleibt, dass das Vorbringen der Beschwerdeführerin, sie habe durch
den Erwerb eines für die Berufsausübung notwendigen Personenwagens eine ins
Gewicht fallende Investition getätigt, unbehelflich ist. Nach der
Rechtsprechung stellt die Anschaffung eines Personenwagens selbst dann kein
spezifisches Unternehmerrisiko dar, wenn davon die Erfüllung beruflicher
Aufgaben abhängt. Die private Verwendung eines Automobils ist heute im
Allgemeinen auch dann ein ausreichender Grund für seine Anschaffung, wenn
keine berufliche Nutzung beabsichtigt wird, weshalb dem Erwerb eines
Personenwagens für die Abgrenzung von selbständiger und unselbständiger
Erwerbstätigkeit keine entscheidende Bedeutung beigemessen werden kann (ZAK
1992 S. 164 f. Erw. 4a und 1983 S. 443 Erw. 4a). Sodann verfügt die
Beschwerdeführerin nicht über eigene Geschäftsräumlichkeiten ausserhalb ihrer
Wohnung, die mit Aufwendungen (Miet- und Unterhaltskosten), die nicht ohne
Weiteres und vor allem nicht sofort vermindert werden können (Käser,
Unterstellung und Beitragswesen in der obligatorischen AHV, 2. Aufl., S. 118
Rz 4.23), verbunden sind, weshalb der Einwand, sie habe Mietkosten zu tragen,
die für ein erhebliches Unternehmerrisiko sprächen, nicht sticht.
Schliesslich ist die Tatsache, dass die Mehrwertsteuer abgerechnet und das
Einkommen als Ertrag versteuert wird, für die Beurteilung des Beitragsstatuts
nicht präjudizierend, da im Bereich des Steuerrechts der Abgrenzung zwischen
selbständiger und unselbständiger Erwerbstätigkeit nicht die gleiche
Bedeutung zukommt wie bei der sozialversicherungsrechtlichen Beitragspflicht.

Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten
ist.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt und
mit dem geleisteten Kostenvorschuss verrechnet.

3.
Diese Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons
Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherung zugestellt.

Luzern, 29. Januar 2003
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts

Die Präsidentin der IV. Kammer:   Der Gerichtsschreiber: