Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

D D 1/2002
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D 1/02

Urteil vom 19. März 2003
IV. Kammer

Präsidentin Leuzinger, Bundesrichter Rüedi und Ferrari; Gerichtsschreiberin
Keel Baumann

X.________

gegen

Schweizerisches Bundesgericht

Rekurskommission des Schweizerischen Bundesgerichts, Lausanne

(Entscheid vom 18. September 2002)

Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

1.
1.1 Verfügungen betreffend ein Arbeitsverhältnis beim Bundesgericht bzw. beim
Eidgenössischen Versicherungsgericht können beim jeweils anderen Gericht
angefochten werden (Art. 36 Abs. 2 Bundespersonalgesetz [BPG; SR 172.220.1];
Peter Helbling, Entwicklung im Personalrecht des Bundes; Anmerkungen zum
Bundespersonalgesetz [BPG], in: Helbling/Poledna, Personalrecht des
öffentlichen Dienstes, Bern 1999, S. 33 f.). Das Rechtsmittel der
Verwaltungsgerichtsbeschwerde steht dem Gerichtspersonal gegen sämtliche
Verfügungen in personalrechtlichen Belangen - und nicht nur gegen Verfügungen
über die Auflösung des Arbeitverhältnisses (vgl. Art. 100 Abs. 1 lit. e OG) -
offen, weil nur so gewährleistet ist, dass die Beschäftigten der beiden
Gerichte an eine aussenstehende Gerichtsinstanz gelangen können (vgl.
Botschaft zum Bundespersonalgesetz vom 14. Dezember 1998, BBl 1999 1628;
Botschaft zur Totalrevision der Bundesrechtspflege vom 28. Februar 2001, BBl
2001 4414).

1.2 Entscheide der Rekurskommission werden vom Eidgenössischen
Versicherungsgericht nur hinsichtlich der Rüge der Verletzung von
Bundesrecht, einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens
(Art. 104 lit. a in Verbindung mit Art. 132 OG), der Rüge der unrichtigen
oder unvollständigen Feststellung des Sachverhaltes (Art. 104 lit. b in
Verbindung mit Art. 132 OG), nicht aber auf Unangemessenheit überprüft (Art.
104 lit. c in Verbindung mit Art. 132 OG). Da die Rekurskommission keine
richterliche Behörde im Sinne von Art. 105 Abs. 2 OG ist, kann das
Eidgenössische Versicherungsgericht deren Sachverhaltsfeststellung von Amtes
wegen überprüfen (Art. 105 Abs. 1 in Verbindung Art. 132 OG; BGE 123 V 110
Erw. 2b).

2.
Die Auflösung des Arbeitsverhältnisses für die auf Amtsdauer gewählten
Gerichtsschreiber richtet sich bis Ende 2002 noch nicht nach dem am 1. Januar
2002 in Kraft getretenen BPG und der dazugehörigen Personalverordnung des
Bundesgerichts vom 27. August 2001 (PVBger; SR 172.220.114), sondern noch
nach dem bisherigen Recht (Art. 89 Abs. 2 PVBger). Im vorliegenden Fall
gelangt deshalb die Angestelltenordnung vom 10. November 1959 (AngO; SR
172.221.104) zur Anwendung (vgl. Art. 41 Abs. 1 lit. a BPG).

Gemäss Art. 77 Abs. 1 AngO ist die Wahlbehörde - analog Art. 55 des
inzwischen aufgehobenen Beamtengesetzes vom 30. Juni 1927 (SR 172.221.10) -
berechtigt, bei wichtigen Gründen das Dienstverhältnis sofort oder vor Ablauf
der in der Verordnung oder in der Anstellungsverfügung bezeichneten Frist
umzugestalten oder aufzulösen. Als wichtige Gründe gelten
Dienstuntauglichkeit, Verlust der Anstellungsfähigkeit, strafrechtliche
Tatbestände, wiederholte Trunkenheit im Dienst, fortwährendes leichtsinniges
Schuldenmachen, Ungebührlichkeiten gegen Mitarbeiter oder Dritte sowie jeder
Umstand, bei dessen Vorhandensein die Fortsetzung des Dienstverhältnisses
nach Treu und Glauben nicht zugemutet werden kann (Art. 77 Abs. 2 Satz 1
AngO). Dabei genügt auch ein verschuldensunabhängiges Verhalten (Urteil T.
vom 4. Februar 2000, 2P.176/1998, Erw. 2; Peter Hänni, Beendigung
öffentlicher Dienstverhältnisse, in: Geiser/Münch, Stellenwechsel und
Entlassung, Basel 1997, S. 187 Rz 6.34). Für die Beurteilung der
Umzumutbarkeit kann auf die Rechtsprechung zu Art. 337 OR (BGE 127 III 353
Erw. 4a, 313 Erw. 3) zurückgegriffen werden (Hänni, a.a.O., S. 187 Rz 6.35).
(...)

5.
In personalrechtlichen Verfahren, in welchen das Eidgenössische
Versicherungsgericht Beschwerden gegen Verfügungen, die ein Arbeitsverhältnis
beim Bundesgericht betreffen, beurteilt, werden keine Kosten erhoben (Art. 34
Abs. 2 in Verbindung mit 36 Abs. 2 BPG).

Dem Verfahrensausgang entsprechend steht dem Beschwerdeführer keine
Parteientschädigung zu (Art. 159 Abs. 1 OG).
(...)

Luzern, 19. März 2003

Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts

Die Präsidentin der IV. Kammer:  Die Gerichtsschreiberin: