Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen B 90/2002
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B 90/02

Urteil vom 23. Mai 2003
II. Kammer

Präsident Schön, Bundesrichterin Widmer und Bundesrichter Frésard;
Gerichtsschreiber Grunder

M.________, 1949, Beschwerdeführer, vertreten durch die Beratungsstelle für
Ausländer, Weinbergstrasse 147, 8006 Zürich,

gegen

Stiftung B.________-Personalvorsorge,  Beschwerdegegnerin, vertreten durch
die ATAG Ernst & Young AG, Bleicherweg 21, 8002 Zürich

Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, Winterthur

(Entscheid vom 16. August 2002)

Sachverhalt:

A.
M.________, geboren 1949, war ab 1. Mai 1982 als Hilfsdreher bei der Firma
B.________ + Cie AG angestellt und dadurch bei der Stiftung
B.________-Personalvorsorge berufsvorsorgerechtlich versichert. Am 23. Juni
1993 kündigte die Arbeitgeberin das Arbeitsverhältnis mit der gesetzlich
vorgeschriebenen Frist von drei Monaten, welche durch krankheits- und
unfallbedingte Abwesenheiten vom 28. Juni  1993 bis 28. Januar 1994
unterbrochen wurde und nach Ablauf der Sperrfrist am 31. März 1994 endete.
Danach bezog M.________ Arbeitslosenentschädigung und Leistungen einer
Krankentaggeldversicherung. Wegen seit ungefähr 1990 bestehenden multiplen
somatischen Beschwerden (chronische Rücken- und Kopfschmerzen, Schwindel,
Gleichgewichtsstörungen, Magenbeschwerden, Bronchitis, Nasenprobleme,
Nervenleiden) meldete er sich am 20. März 1996 zum Bezug einer Invalidenrente
bei der Invalidenversicherung an. Die IV-Stelle des Kantons Zürich holte eine
Stellungnahme der B.________ + Cie AG (Fragebogen für den Arbeitgeber vom 11.
April 1996) sowie die Berichte des Dr. med. H.________ vom 22. Juni 1996, der
Frau Dr. med. F.________,  vom 3. Mai 1996 und der Klinik X.________ vom 18.
April 1996 ein. Nach Beizug eines Gutachtens des Psychiatrischen Zentrums
W.________ (nachfolgend: PZW) vom 3. Januar 1997, wonach diagnostisch ein
schweres Zustandsbild ohne psychotische Symptome (ICD-10: F32.2) mit
ausgeprägter Angstsymptomatik und eine somatoforme Störung (ICD-10: F45)
bestanden, sprach sie, nach durchgeführtem Vorbescheidverfahren, mit
Verfügung vom 30. April 1997 dem Versicherten eine ganze Invalidenrente
(nebst einer Zusatzrente für die Ehefrau und zwei Kinderrenten) bei einem
Invaliditätsgrad von 100 % mit Wirkung ab 1. Oktober 1996 zu.

B.
Nachdem die Stiftung Baumann-Personalvorsorge mit Schreiben vom 25. September
1997 das Gesuch um Ausrichtung von Invalidenleistungen im Rahmen der
obligatorischen beruflichen Vorsorge abgelehnt hatte, liess M.________ beim
Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich Klage einreichen, welches
diese, nach Beizug der Akten der IV-Stelle des Kantons Zürich und einer
Stellungnahme der Frau Dr. med. F.________ vom 4. Juni 2002, abwies
(Entscheid vom 16. August 2002).

C.
Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde lässt M.________ beantragen "die
Beschwerdegegnerin (sei) zu verpflichten, dem Beschwerdeführer eine ganze
Rente aus der 2. Säule ab 01.04.1994 zuzüglich allfälligen Teuerungszulagen
nebst Zins und Verzugszins seit 28.01.2000 zu bezahlen" und "es sei,
eventuell, ein anerkannter Neurologe und ein Neurochirurge zu beauftragen,
den Einfluss der Gehirntumore auf die Arbeitsfähigkeit des Beschwerdeführers
abzuklären". Gleichzeitig lässt er schriftliche Erklärungen des L.________
vom 12. September 2002 und des Z.________ vom 17. September 2002 auflegen.

Die Stiftung B.________-Personalvorsorge (nachfolgend: Stiftung) lässt auf
Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde schliessen. Das Bundesamt für
Sozialversicherung verzichtet auf eine Vernehmlassung.

Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

1.
Die Vorinstanz hat die Bestimmungen und Grundsätze über den Anspruch auf
Invalidenleistungen der obligatorischen beruflichen Vorsorge (Art. 23 und 24
Abs. 1 BVG), das für die Leistungspflicht der  ehemaligen Vorsorgeeinrichtung
massgebende Erfordernis des engen sachlichen und zeitlichen Zusammenhangs
zwischen Arbeitsunfähigkeit und Invalidität (BGE 123 V 264 Erw. 1c, 120 V 117
f. Erw. 2c/aa und bb mit Hinweisen) sowie die Verbindlichkeit der Beschlüsse
der Organe der Invalidenversicherung für die Einrichtungen der beruflichen
Vorsorge (BGE 126 V 311 Erw. 1, 123 V 271 Erw. 2a, 120 V 108 Erw. 3c, je mit
Hinweisen) zutreffend wiedergegeben. Darauf wird verwiesen.

2.
Streitig und zu prüfen ist, ob beim Beschwerdeführer in der Zeit vom 1. Mai
1982 bis 31. März 1994 (bzw. bis zum Ablauf der 30-tägigen Nachdeckungsfrist
gemäss Art. 10 Abs. 3 BVG in der bis 31. Dezember 1994 geltenden Fassung),
als er bei der Stiftung vorsorgeversichert war, die Arbeitsunfähigkeit
eintrat, welche ab 1. Oktober 1996 zur Ausrichtung einer ganzen
Invalidenrente der Invalidenversicherung führte.

2.1 Die IV-Stelle eröffnete die für die Entstehung des Rentenanspruchs
massgebende einjährige Wartezeit (Art. 29 Abs. 1 lit. b IVG) am 2. Oktober
1995 (Verfügung vom 30. April 1997). Dieser Umstand war, wie die Vorinstanz
richtig dargelegt hat, für die Bestimmung des Rentenbeginns entscheidend und
damit für die Beurteilung des invalidenversicherungsrechtlichen Anspruchs von
Bedeutung, weshalb die Stiftung hinsichtlich des Eintritts der massgebenden
Arbeitsunfähigkeit an die Feststellung der IV-Stelle gebunden war (BGE 120 V
109 Erw. 3c mit Hinweisen; SZS 2002 S. 155 Erw. 2a). Das kantonale Gericht
hat zutreffend erwogen, es lägen keine Anhaltspunkte vor, dass die Verfügung
auf offensichtlich unhaltbaren Annahmen beruhe. Sodann ist die Vorinstanz in
eingehender Würdigung der ärztlichen Berichte und der Angaben der
Arbeitgeberin zum Schluss gelangt, dass die während der relevanten Zeitspanne
aufgetretene Arbeitsunfähigkeit weder in sachlicher noch zeitlicher Hinsicht
in einem engen Zusammenhang mit der nachfolgenden Invalidität, die den
Anspruch auf eine Rente der Invalidenversicherung ab 1. Oktober 1996
begründete, stand. Auf diese zutreffenden Erwägungen im angefochtenen
Entscheid wird verwiesen.

2.2 Was der Beschwerdeführer vorbringt, ist nicht stichhaltig. Es trifft zwar
zu, dass das am 12. April 1996 auf Grund eines Magnetresonanztomogramms (MRI)
entdeckte Acusticusneurinom rechts und das Meningeom in der hinteren
Schädelgrube rechts retrospektiv bereits auf dem MRI von 1992 nachzuweisen
waren, vom damaligen Arzt aber übersehen wurden. Im Gutachten vom 3. Januar
1997 hielten die Mediziner des PZW zudem fest, dass das depressive Syndrom
sich aus einer psychoorganischen Komponente, bedingt durch hirnorganische
Veränderungen, und einer reaktiven (zunehmende Beschwerden ohne zunächst
ersichtliches hirnorganisches Substrat, Kränkung im Zusammenhang mit der
Kündigung des Arbeitsplatzes, dadurch verursachte zunehmende psychosoziale
Belastung) zusammensetze. Sodann lagen anamnestisch bereits während der Dauer
des Versicherungsverhältnisses Symptome vor, die Folge einer hirnorganischen
Veränderung sein könnten. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers ist
aber nicht entscheidend, ab welchem Zeitpunkt sich ein pathologisches
Geschehen zu entwickeln begann, sondern wann dieses eine Schwere erreicht
hat, die eine länger dauernde und erhebliche Arbeitsunfähigkeit begründete.
Dazu hielten die Ärzte des PZW fest, es sei retrospektiv weder möglich
anzugeben, in welchem Zeitpunkt diese eingetreten sei, noch welches Ausmass
sie erreicht habe. Nach der Rechtsprechung bedarf es hinsichtlich des
Eintritts der berufsvorsorgerechtlich relevanten Arbeitsunfähigkeit eines
hinreichend klaren Nachweises, der nicht durch spekulative Annahmen und
Überlegungen ersetzt werden kann, sondern nach dem im
Sozialversicherungsrecht üblichen Beweisgrad der überwiegenden
Wahrscheinlichkeit zu erfolgen hat (BGE 126 V 360 Erw. 5b mit Hinweisen). Bei
der Aussage im Gutachten, auf Grund eigen- und fremdanamestischer Angaben
könne von einer vollständigen Arbeitsunfähigkeit ab Frühjahr/Sommer 1994
ausgegangen werden, handelt es sich um eine Annahme, die bezüglich des
Zeitpunkts nicht hinreichend präzis ist. Die von zwei Bekannten des
Beschwerdeführers in den letztinstanzlich aufgelegten Erklärungen
beschriebenen, im Zeitraum vor dem Ende des Versicherungsverhältnisses
beobachteten Symptome stimmen mit den fremdanamnestisch erhobenen Befunden
der Ärzte des PZW überein und sind damit einer fachärztlichen Beurteilung
unterzogen worden. Auf die beantragte Einholung einer neurologischen
Expertise ist zu verzichten, da angesichts des Zeitablaufs davon auszugehen
ist, dass keine sicheren Angaben zu der vor dem 30. April 1994 bestehenden
Arbeitsunfähigkeit mehr möglich sind (antizipierte Beweiswürdigung; vgl. BGE
124 V 94 Erw. 4b; SVR 2001 IV Nr. 10 S. 28 Erw. 4b). Damit bleibt es bei der
vorinstanzlichen Feststellung, dass nicht nachzuweisen ist, ob eine
massgebliche Arbeitsunfähigkeit während des berufsvorsorgerechtlichen
Versicherungsverhältnisses bestand. Die Folgen der Beweislosigkeit hat der
Beschwerdeführer zu tragen, der aus dem unbewiesen gebliebenen Umstand Rechte
- Anspruch auf Invalidenrente der Stiftung - ableiten wollte (noch nicht in
der Amtlichen Sammlung veröffentlichtes Urteil K. vom 29. November 2002, B
26/01, Erw. 5 mit Hinweisen auf BGE 117 V 264 Erw. 3b und Gygi,
Bundesverwaltungsrechtspflege, Bern 1983, S. 282).

3.
Da Versicherungsleistungen im Streite liegen, sind keine Gerichtskosten zu
erheben (Art. 134 OG). Der obsiegenden Stiftung steht keine
Parteientschädigung zu (Art. 159 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 135 OG; vgl.
BGE 118 V 169 Erw. 7).

Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.

2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons
Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherung zugestellt.

Luzern, 23. Mai 2003
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts

Der Präsident der II. Kammer:   Der Gerichtsschreiber: