Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen B 83/2002
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B 83/02

Urteil vom 30. April 2004

I. Kammer

Präsident Borella, Bundesrichterin Leuzinger, Bundesrichter Rüedi,
Lustenberger und Schön; Gerichtsschreiberin Keel Baumann

K.________, 1949, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Christof
Tschurr, Bellerivestrasse 59, 8008 Zürich,

gegen

Kanton Zürich, Beschwerdegegner, handelnd durch die Finanzdirektion des
Kantons Zürich, Walcheplatz 1, 8090 Zürich, und diese vertreten durch die
Beamtenversicherungskasse des Kantons Zürich, 8090 Zürich

Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, Winterthur

(Entscheid vom 1. Juli 2002)

Sachverhalt:

A.
Der 1949 geborene K.________ arbeitete ab 1. August 1995 bei der Pro
Senectute und war damit bei der Beamtenversicherungskasse des Kantons Zürich
(BVK) vorsorgeversichert. Als er mit Wirkung auf den 31. Januar 1998 aus der
BVK austrat, wurde eine Austrittsleistung in der Höhe von Fr. 27'516.95 an
die Freizügigkeitsstiftung der Zürcher Kantonalbank überwiesen.

Am 25. Mai 2000 informierte die IV-Stelle des Kantons Zürich die BVK, dass
K.________ ab 1. Januar 1999 aufgrund einer Erwerbsunfähigkeit von 100 %
Anspruch auf eine ganze Rente der Invalidenversicherung habe. Da K.________
im Zeitpunkt des Beginns des Wartejahres - im Januar 1998 - bei der BVK
versichert gewesen war, erklärte sich diese für leistungspflichtig und
forderte die ausgerichtete Austrittsleistung am 15. Juni 2000 samt Zins
zurück. Am 28. Juli 2000 sprach sie K.________ mit Wirkung ab 1. September
1999 (Einstellung der Krankentaggelder) eine Invalidenrente in der Höhe von
Fr. 1521.60 pro Monat zu, woran sie auf Einsprache des Versicherten hin
festhielt (Entscheid vom 2. Oktober 2000).

B.
K.________ liess Klage gegen die BVK einreichen mit dem Rechtsbegehren, es
sei ihm mit Wirkung ab 1. September 1999 eine Invalidenrente aus beruflicher
Vorsorge von monatlich Fr. 2033.85 auszurichten; eventualiter sei die BVK zu
verpflichten, die Freizügigkeits- bzw. Austrittsleistungen früherer
Vorsorgeeinrichtungen, denen er angehört habe, als Eintrittsgelder in die
Vorsorgeversicherung der BVK einzubeziehen und nach deren Einbezug die
Invalidenrente neu zu berechnen. Mit Entscheid vom 1. Juli 2002 wies das
Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich die Klage ab.

C.
K.________ lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen und das im kantonalen
Verfahren gestellte Rechtsbegehren erneuern.

Die BVK schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Das
Bundesamt für Sozialversicherung (BSV) enthält sich in seiner Vernehmlassung
eines formellen Antrages.
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

1.
Die vorliegende Streitigkeit unterliegt der Gerichtsbarkeit der in Art. 73
BVG (in Verbindung mit Art. 25 FZG) erwähnten richterlichen Behörden, welche
sowohl in zeitlicher als auch in sachlicher Hinsicht zuständig sind (BGE 129
V 253 Erw. 1.1, 128 V 258 Erw. 2a, 120 V 18 Erw. 1a, je mit Hinweisen).

2.
Streitig und zu prüfen ist, ob die vom Beschwerdeführer bei seinem Eintritt
in die BVK nicht überwiesenen Freizügigkeitsguthaben - nach seinen Angaben
handelt es sich um ein Vorsorgekonto bei der Stiftung Auffangeinrichtung BVG
und um eines bei der Freizügigkeitsstiftung der Zürcher Kantonalbank - nach
Eintritt der Invalidität noch in die Vorsorgeeinrichtung eingebracht und zum
Einkauf von Rentenverbesserungen verwendet werden können.

Nach den zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Entscheid beurteilt sich
diese Frage aufgrund der bei Verwirklichung des rechtserheblichen
Sachverhaltes geltenden Rechtssätze (BGE 127 V 467 Erw. 1), somit nach den
bis 31. Dezember 2000 gültig gewesenen Bestimmungen.

3.
3.1 Versicherte, welche die Vorsorgeeinrichtung verlassen, bevor ein
Vorsorgefall eintritt (Freizügigkeitsfall), haben Anspruch auf eine
Austrittsleistung (Art. 2 Abs. 1 FZG). Treten Versicherte in eine neue
Vorsorgeeinrichtung ein, hat die frühere Vorsorgeeinrichtung die
Austrittsleistung an die neue zu überweisen (Art. 3 Abs. 1 FZG). Versicherte,
die nicht in eine neue Vorsorgeeinrichtung eintreten, haben ihrer
Vorsorgeeinrichtung mitzuteilen, in welcher zulässigen Form
(Freizügigkeitspolice oder -konto) sie den Vorsorgeschutz erhalten wollen
(Art. 4 Abs. 1 FZG). Die Vorsorgeeinrichtungen müssen den eintretenden
Versicherten ermöglichen, ihren Vorsorgeschutz aufrechtzuerhalten und weiter
aufzubauen, und ihnen die mitgebrachten Austrittsleistungen gutschreiben
(Art. 9 Abs. 1 FZG). Die Versicherten sind mit dem Eintritt in die
Vorsorgeeinrichtung zu den Leistungen versichert, die ihnen nach dem
Reglement aufgrund der einzubringenden Eintrittsleistung zustehen (Art. 12
Abs. 1 FZG).

3.2 Gemäss § 25 des die statutarische Grundlage bildenden
Versicherungsvertrages vom 21. September 1988 (nachfolgend: VV) haben
Versicherte mit einem Eintrittsalter von mehr als 27 Jahren die Möglichkeit,
sich durch Leistung eines Eintrittsgeldes soweit einzukaufen, dass sie mit
dem vollendeten 62. Altersjahr 35 anrechenbare Beitragsjahre erreichen.
Dieses Eintrittsgeld geht vollumfänglich zu Lasten der Versicherten. Die Höhe
des Eintrittsgeldes bestimmt sich nach der Tabelle im Anhang (Abs. 1). Die
Versicherten sind verpflichtet, Freizügigkeitsguthaben früherer
Vorsorgeeinrichtungen der Versicherungskasse für die Finanzierung dieses
Eintrittsgeldes zur Verfügung zu stellen. Ist die Freizügigkeitsleistung
höher als das maximal zulässige Eintrittsgeld, wird der überschiessende Teil
einem verzinslichen Zusatzkonto gutgeschrieben (Abs. 2).

4.
4.1 Die Vorinstanz hielt fest, dass die BVK den Beschwerdeführer gemäss den
Unterlagen über seine Pflicht zur Einbringung allfälliger Freizügigkeits-
bzw. Austrittsleistungen früherer Vorsorgeeinrichtungen und über die
Möglichkeit, Rentenverbesserungen einzukaufen, informiert habe. § 25 Abs. 2
VV sehe lediglich eine Pflicht vor, die Freizügigkeits- bzw.
Austrittsleistungen der zeitlich unmittelbar vorangehenden
Vorsorgeeinrichtungen einzubringen und für die Finanzierung des
Eintrittsgeldes zur Verfügung zu stellen. Der Beschwerdeführer habe aber über
keine derartige Leistung, sondern lediglich über zwei Freizügigkeitskonten
verfügt, auf welchen die Freizügigkeits- bzw. Austrittsleistungen früherer
Vorsorgeeinrichtungen "parkiert" gewesen seien und die er im Rahmen von § 25
Abs. 1 VV in die Kasse hätte einbringen können, ohne dazu verpflichtet zu
sein. Habe somit zu keinem Zeitpunkt eine Pflicht bestanden, die beiden
Freizügigkeitskonten in die BVK einzubringen, gehe auch das Vorbringen fehl,
wonach der Beschwerdeführer gemäss Art. 12 Abs. 1 FZG zu den Leistungen
versichert gewesen sei, die ihm aufgrund der einzubringenden - und nicht der
eingebrachten - Eintrittsleistung zugestanden habe. Nach Erhalt der
Information über die Aufnahme in die Kasse und nach Ausbleiben der Erklärung,
eine Rentenverbesserung einkaufen zu wollen, sowie nach Verstreichenlassen
der Rechtsmittelfrist gegen die Bedingungen der definitiven Aufnahme sei der
Beschwerdeführer Mitglied der BVK zu den vereinbarten Bedingungen geworden.
Nach diesem Zeitpunkt wäre ein Einkauf nur mit Zustimmung der BVK möglich
gewesen. Im Übrigen könne nach elementarsten versicherungsrechtlichen
Grundsätzen eine Erhöhung der Deckung nach Eintritt des Versicherungsfalls
nicht mehr einseitig erklärt werden.

4.2 Der Beschwerdeführer vertritt den Standpunkt, dass es ihm aufgrund des
FZG und der anwendbaren statutarischen Bestimmungen keineswegs freigestanden
wäre, die Freizügigkeits- bzw. Austrittsleistungen früherer
Vorsorgeeinrichtungen einzubringen. Komme ein Versicherter der entsprechenden
Pflicht nicht nach, habe er nachzuleisten, wofür weder eine Verjährungs- noch
eine Verwirkungsfrist bestehe, und erfolge ein Einbezug in die
Leistungsberechnung bei Eintritt des Vorsorgefalles. Auch wenn es
grundsätzlich keine Rolle spiele, weshalb die Austrittsleistung vorliegend
nicht zu Beginn des Versicherungsverhältnisses eingebracht wurde, sei darauf
hinzuweisen, dass er krankheitsbedingt - er leide seit Jahren an Depressionen
- nicht in der Lage gewesen sei, die frühere Freizügigkeits- bzw.
Austrittsleistung zu melden, und dass es stossend wäre, ihn für die Folgen
derjenigen Krankheit büssen zu lassen, welche schliesslich zur Invalidität
geführt habe.

4.3 Die BVK schliesst sich den Ausführungen der Vorinstanz an und beschränkt
sich auf den Hinweis, dass der Beschwerdeführer im Rahmen des
Aufnahmeverfahrens auf die Pflicht hingewiesen worden sei, Freizügigkeits-
bzw. Austrittsleistungen - d.h. Freizügigkeitsguthaben bei
Freizügigkeitseinrichtungen und die Freizügigkeitsleistung der unmittelbaren
Vorkasse - in die BVK einzubringen, in der Folge aber nichts unternommen habe
und nun die Konsequenzen hiefür zu tragen habe.

4.4 Nach Auffassung des BSV hätte der Beschwerdeführer seine beiden
Freizügigkeitsguthaben zwar nicht von Bundesrechts wegen, indessen gestützt
auf § 25 Abs. 2 VV in die Vorsorgeeinrichtung einbringen müssen. Wenn auch
die zur Rechtslage vor Inkrafttreten des FZG ergangene Rechtsprechung die
Einbringung von zusätzlichem Vorsorgekapital nur zulasse, solange kein
Vorsorgefall eingetreten sei, könne aufgrund der (in der Stellungnahme des
BSV nicht näher bezeichneten) Ausführungen des Bundesrates zum FZG auch die
Auffassung vertreten werden, dass ein solcher Einkauf möglich sei, solange
die Vorsorgeeinrichtung ihre Leistungen noch nicht definitiv berechnet und
bekannt gegeben habe. Vorliegend habe der Beschwerdeführer zwar erst nach
Eintritt des Vorsorgefalles erklärt, sich mit den Freizügigkeitskonti in die
vollen reglementarischen Leistungen einkaufen zu wollen. Da diese Erklärung
indessen bei der Vorsorgeeinrichtung vor der Festsetzung der Invalidenrente
eingetroffen sei, hätte diese, selbst wenn die Leistungsberechnung intern
bereits abgeschlossen gewesen wäre, den Erlass des definitiven Entscheides
stoppen und die Übertragung des Vorsorgekapitals abwarten können.

5.
5.1 Wie das Eidgenössische Versicherungsgericht im zur Rechtslage vor
Inkrafttreten des FZG ergangenen und in SVR 1999 BVG Nr. 12 S. 37
veröffentlichten Urteil A. vom 7. Januar 1999, B 30/97, ausgeführt hat, hatte
die bis 31. Dezember 1994 geltende Verordnung vom 12. November 1986 über die
Erhaltung des Vorsorgeschutzes und die Freizügigkeit (aFZV) zum Zweck, das
vom Vorsorgenehmer in der bisherigen Vorsorgeeinrichtung erworbene
Vorsorgekapital zu erhalten, damit er es später in eine neue
Vorsorgeeinrichtung einbringen und so seine Vorsorge dort fortsetzen kann.
Wolle der Vorsorgenehmer vermeiden, dass er im Invaliditätsfall eine
Versicherungslücke erleide, habe er sein Altersguthaben in die neue
Einrichtung zu überführen, namentlich weil gemäss Art. 24 Abs. 2 BVG im
Invaliditätsfall die Summe der Altersgutschriften für die bis zum Rentenalter
fehlenden Jahre dem Altersguthaben hinzugefügt würden und die
Versicherungsleistungen somit von dem bis zu Beginn des Leistungsanspruches
erworbenen Altersguthaben abhingen. Diese der Erhaltung des Vorsorgeschutzes
dienende Weiterführung der Versicherung in einer neuen Vorsorgeeinrichtung
(durch Einbringung der Freizügigkeitsleistung), der Aufbau der
Vorsorgesubstanz, sei mit dem Leistungen auslösenden Eintritt des
Versicherungsfalles abgeschlossen. Nach richtiger Auslegung könne das in Art.
4 lit. a aFZV statuierte Recht, das Vorsorgekapital "jederzeit" in eine
Vorsorgeeinrichtung einzubringen, dem Vorsorgenehmer deshalb nur solange
zustehen, als der Versicherungsfall (Alter, Tod, Invalidität) nicht
eingetreten sei.

5.2 In Bezug auf die Rechtslage nach Inkrafttreten des - in seiner
Zweckbestimmung mit der aFZV übereinstimmenden (vgl. Botschaft zu einem
Bundesgesetz über die Freizügigkeit in der beruflichen Alters-,
Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge vom 26. Februar 1992 [BBl 1992 III 533
ff., 570]) - FZG (und der dazugehörenden FZV) hat das Eidgenössische
Versicherungsgericht unlängst entschieden (BGE 129 V 440), dass die in Art. 3
Abs. 1 FZG statuierte Verpflichtung, die Austrittsleistung an die neue
Vorsorgeeinrichtung zu übertragen, solange bestehen bleibt, als weder ein
Freizügigkeitskonto noch eine -police errichtet worden sind noch eine
Übertragung an die Stiftung Auffangeinrichtung erfolgt ist, selbst wenn in
der Zwischenzeit ein Vorsorgefall eingetreten ist und der Versicherte
pflichtwidrig nichts vorgekehrt hat, die Übertragung rechtzeitig zu erwirken.
Es hielt fest, dass die neue Vorsorgeeinrichtung unter diesen Voraussetzungen
verpflichtet bleibt, die Austrittsleistung gutzuschreiben (Art. 9 Abs. 1
FZG), selbst wenn deren Überweisung verspätet erfolgt.

5.3 Da der Beschwerdeführer, was unbestritten ist, das Begehren um
Entgegennahme der Freizügigkeits- bzw. Austrittsleistungen früherer
Vorsorgeeinrichtungen zum Einkauf von Rentenverbesserungen bei der BVK zu
einem Zeitpunkt stellte, als die Überweisung auf ein  Freizügigkeitskonto bei
der Freizügigkeitsstiftung der Zürcher Kantonalbank und an die Stiftung
Auffangeinrichtung BVG bereits erfolgt war, durfte die BVK die Entgegennahme
der Guthaben ablehnen. Daran würde sich selbst dann nichts ändern, wenn der
Beschwerdeführer selber - wie er geltend macht - unverschuldet nicht in der
Lage gewesen wäre, die Freizügigkeits- bzw. Austrittsleistung der neuen
Vorsorgeeinrichtung rechtzeitig zu melden. Im Ergebnis erweist sich der
vorinstanzliche Entscheid demnach als rechtens.

6.
Da es um die Bewilligung oder Verweigerung von Versicherungsleistungen geht,
ist das letztinstanzliche Verfahren kostenfrei (Art. 134 OG).

Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.

2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons
Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherung zugestellt.

Luzern, 30. April 2004
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts

Der Präsident der I. Kammer:   Die Gerichtsschreiberin: