Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen B 117/2002
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B 117/02

Urteil vom 28. Februar 2003
II. Kammer

Präsident Schön, Bundesrichterin Widmer und Bundesrichter Ursprung;
Gerichtsschreiberin Hofer

Winterthur-Columna Sammelstiftung BVG, Könizstrasse 74, 3001 Bern,
Beschwerdeführerin, vertreten durch Rechtsanwältin Isabelle Brunner,
Klausstrasse 49, 8008 Zürich,

Obergericht des Kantons Schaffhausen, Frauengasse 17, 8201 Schaffhausen

betreffend Firma A.________

(Verfügung vom 8. November 2002)

Sachverhalt:

A.
Die Firma A.________ schloss sich mit Anschlussvereinbarung vom 2. April/13.
Mai 1991 der Columna-Sammelstiftung der Schweizerischen Volksbank für die
berufliche Vorsorge (heute Winterthur-Columna Sammelstiftung BVG; nachfolgend
Columna Sammelstiftung) zwecks Durchführung der obligatorischen beruflichen
Vorsorge an.

B.
Am 14. Februar 2002 liess die Columna Sammelstiftung Klage einreichen mit dem
Rechtsbegehren, es sei die Firma A.________ zu verpflichten, ihr den Betrag
von Fr. 29'827.70 nebst Zins zu 5,5% seit 1. Januar 2001 zu bezahlen und es
sei in der Betreibung Nr. ... des Betreibungsamtes X.________ der
Rechtsvorschlag aufzuheben und definitive Rechtsöffnung zu erteilen. Nachdem
am 11. April 2002 über die Firma A.________ der Konkurs eröffnet worden war,
sistierte der Vizepräsident des Obergerichts des Kantons Schaffhausen das
Verfahren. Am ... wurde das Konkursverfahren mangels Aktiven eingestellt,
worauf die Gesellschaft am ... im Handelsregister gelöscht wurde. Mit
Entscheid vom 8. November 2002 trat das Obergericht des Kantons Schaffhausen
auf die Klage nicht ein (Dispositiv-Ziffer 1) und auferlegte der Columna
Sammelstiftung die Verfahrenskosten von Fr. 250.- (Dispositiv-Ziffer 2).

C.
Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde lässt die Columna Sammelstiftung
beantragen, es sei Dispositiv-Ziffer 2 des vorinstanzlichen Entscheids
aufzuheben mit der Feststellung, dass das kantonale Verfahren kostenfrei sei;
unter Kosten- und Entschädigungsfolge zu Lasten des Kantons Schaffhausen,
eventuell zu Lasten der Beschwerdegegnerin.

Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

1.
Streitig ist lediglich die vorinstanzliche Auferlegung von Gerichtskosten.
Gemäss Art. 128 OG beurteilt das Eidgenössische Versicherungsgericht
letztinstanzlich Verwaltungsgerichtsbeschwerden gegen Verfügungen im Sinne
von Art. 97, 98 lit. b-h und 98a OG auf dem Gebiet der Sozialversicherung.
Nach der Rechtsprechung sind Zwischen- und Endentscheide kantonaler Gerichte
in Bundessozialversicherungsstreitigkeiten über kantonales Verfahrensrecht
mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Eidgenössischen Versicherungsgericht
anfechtbar, unabhängig davon, ob in der Hauptsache selbst Beschwerde geführt
wird (BGE 126 V 145 Erw. 1 und 2).
Die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen vom bundesrechtlichen
Grundsatz der Kostenfreiheit im kantonalen Verfahren abzuweichen ist, richtet
sich auch im Bereich der beruflichen Vorsorge ausschliesslich nach
Bundesrecht (BGE 118 V 316). Auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist daher
einzutreten.

2.
Da es sich bei der angefochtenen Verfügung nicht um die Bewilligung oder
Verweigerung von Versicherungsleistungen handelt, hat das Eidgenössische
Versicherungsgericht nur zu prüfen, ob das vorinstanzliche Gericht
Bundesrecht verletzt hat, einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des
Ermessens, oder ob der rechtserhebliche Sachverhalt offensichtlich unrichtig,
unvollständig oder unter Verletzung wesentlicher Verfahrensbestimmungen
festgestellt worden ist (Art. 132 in Verbindung mit Art. 104 lit. a und b
sowie Art. 105 Abs. 2 OG).

3.
3.1 Nach Art. 73 Abs. 2 BVG sehen die Kantone ein einfaches, rasches und in
der Regel kostenloses Verfahren vor; der Richter stellt den Sachverhalt von
Amtes wegen fest. Weitere Verfahrensgrundsätze, namentlich über das Abgehen
von der Regel eines kostenfreien kantonalen Prozesses im Bereich der
beruflichen Vorsorge, enthält das geschriebene Bundesrecht nicht. Für eine
entsprechende Konkretisierung nach kantonalem Recht besteht nach der
Rechtsprechung kein Raum, da sich eine solche Zuständigkeitsordnung mit dem
aus den Gesetzesmaterialien ersichtlichen Bestreben, ganz allgemein die
Rechtspflegegrundsätze zwischen der Ersten und der Zweiten Säule zu
parallelisieren, nicht vereinbaren liesse. Zudem würde damit Logik und
Tragweite von Art. 73 Abs. 2 BVG verkannt. Denn wenn das Bundesrecht die
Regel des kostenfreien Prozesses vorgibt, setzt deren einheitliche Anwendung
zwingend voraus, dass auch ihre Ausnahmen bundesrechtlich umschrieben werden.
Von der Rechtsprechung anerkannt wird die in anderen Erlassen ausdrücklich
verankerte Einschränkung der Kostenfreiheit im Falle mutwilliger oder
leichtsinniger Prozessführung, welche einen allgemeinen prozessualen
Grundsatz des Bundessozialversicherungsrechts darstellt (BGE 118 V 317 Erw.
3b und 3c; vgl. auch BGE 126 V 149 Erw. 4b).

3.2 Leichtsinniges oder mutwilliges Verhalten der Klägerin steht vorliegend
nicht zur Diskussion. Über das leichtsinnige oder mutwillige Verhalten
hinausgehende bundesrechtliche Ausnahmen von der Kostenfreiheit für Verfahren
zwischen einer Vorsorgeeinrichtung und einem Versicherten sind nicht
ersichtlich. Das kantonale Gericht hat den Kostenentscheid denn auch nicht
damit begründet, sondern der Columna Sammelstiftung gestützt auf Art. 48 Abs.
1 des kantonalen Gesetzes über den Rechtsschutz in Verwaltungssachen vom 20.
September 1971 (VRG, SHR 172.200) in Verbindung mit Art. 254 der
Zivilprozessordnung für den Kanton Schaffhausen vom 3. September 1951 (ZPO,
SHR 273.100) Kosten auferlegt. Danach sind die Prozesskosten in der Regel der
unterliegenden Partei aufzuerlegen. Hat keine Partei ganz obsiegt, so sind
sie in dem Verhältnis, in welchem die Parteien unterlegen sind, zu verteilen.
War dem Kläger die genaue Bezeichnung des Umfanges seines Anspruchs nicht
zuzumuten, so können die Kosten dem Beklagten ganz auferlegt oder unter die
Parteien entsprechend verteilt werden.

Nachdem der Columna Sammelstiftung weder leichtsinniges noch mutwilliges
Verhalten vorgeworfen wird, hält der ausschliesslich auf kantonalem Recht
beruhende vorinstanzliche Kostenentscheid vor Bundesrecht nicht stand und ist
aufzuheben.

4.
4.1 Das Verfahren ist kostenpflichtig (Art. 134 OG e contrario). Die
Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt (Art.
135 in Verbindung mit Art. 156 Abs. 1 OG). Da die Firma A.________ liquidiert
worden ist, können ihr keine Gerichtskosten auferlegt werden.

4.2 Nach Art. 159 Abs. 2 OG darf im Verfahren der
Verwaltungsgerichtsbeschwerde obsiegenden Behörden oder mit
öffentlich-rechtlichen Aufgaben betrauten Organisationen in der Regel keine
Parteientschädigung zugesprochen werden. Dies gilt auch für die Träger oder
Versicherer der beruflichen Vorsorge gemäss BVG (BGE 126 V 149 Erw. 4, 118 V
169 Erw. 7). Obschon die Columna Sammelstiftung formell obsiegt, hat sie
somit keinen Anspruch auf Parteientschädigung.

Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:

1.
In Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird Dispositiv-Ziffer 2 des
Entscheids des Obergerichts des Kantons Schaffhausen vom 8. November 2002
aufgehoben.

2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3.
Der geleistete Kostenvorschuss von Fr. 500.- wird der Beschwerdeführerin
zurückerstattet.

4.
Es wird keine Parteientschädigung zugesprochen.

5.
Dieses Urteil wird der Winterthur-Columna Sammelstiftung BVG, dem Obergericht
des Kantons Schaffhausen und dem Bundesamt für Sozialversicherung zugestellt.

Luzern, 28. Februar 2003
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts

Der Präsident der II. Kammer:   Die Gerichtsschreiberin: