Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen B 104/2002
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B 104/02

Urteil vom 22. September 2003
II. Kammer

Bundesrichterin Widmer, Bundesrichter Ursprung und Frésard; Gerichtsschreiber
Widmer

Winterthur-Columna, Stiftung für berufliche Vorsorge, Paulstrasse 9, 8400
Winterthur, Beschwerdeführerin, vertreten durch Rechtsanwältin Isabelle
Brunner, Seefeldstrasse 116, 8034 Zürich,

gegen

A.________, Beschwerdegegner

Verwaltungsgericht des Kantons Zug, Zug

(Entscheid vom 26. September 2002)

Sachverhalt:

A.
Nach dem Tod des bei der Winterthur-Columna Stiftung für die berufliche
Vorsorge (im Folgenden: Winterthur-Columna) versicherten W.________ richtete
diese ab 1. Januar 1998 H.________ eine Witwenrente und den Söhnen D.________
und A.________ eine Waisenrente aus. Am 7. Mai 2000 starb H.________. Unter
Hinweis darauf, dass ihr dieser Todesfall nicht gemeldet worden sei, weshalb
sie die Witwenrente für ein weiteres Quartal bezahlt habe, sowie auf den
Umstand, dass sie die A.________ vom 1. Oktober 2000 bis 31. März 2001
zustehende Waisenrente zurückbehalten habe, forderte die Winterthur-Columna
mit Schreiben vom 26. April 2001 von A.________ die aus der Verrechnung der
beiden Beträge (Witwenrente von Fr. 2121.50 abzüglich Waisenrente von Fr.
1438.75) resultierende Differenz von Fr. 682.75 zurück. Da A.________ dieser
Zahlungsaufforderung nicht nachkam, liess die Winterthur-Columna diesen mit
Zahlungsbefehl vom 27. September 2001 des Betreibungsamtes C.________ für den
Betrag von Fr. 682.75 nebst Zins zu 5 % seit 27. September 2001 betreiben.
A.________ erhob Rechtsvorschlag.

B.
Am 20. Juli 2002 liess die Winterthur-Columna beim Verwaltungsgericht des
Kantons Zug Klage einreichen mit den Anträgen, A.________ sei zu
verpflichten, ihr Fr. 682.75 nebst Zins zu 5 % seit 27. September 2001 zu
bezahlen und es sei in der Betreibung Nr. ... des Betreibungsamtes C.________
vom 27. September 2001 der Rechtsvorschlag aufzuheben und ihr die definitive
Rechtsöffnung zu erteilen. Mit Entscheid vom 26. September 2002 wies das
Verwaltungsgericht die Klage ab.

C.
Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde lässt die Winterthur-Columna die
vorinstanzlich gestellten Rechtsbegehren erneuern; ferner sei ihr für das
kantonale und das letztinstanzliche Verfahren eine Parteientschädigung
zuzusprechen. Eventuell sei die Sache zur Gutheissung der Klage und
Zusprechung einer Parteientschädigung an die Vorinstanz zurückzuweisen.

Während A.________ sich nicht vernehmen lässt und das Bundesamt für
Sozialversicherung auf eine Stellungnahme verzichtet, äussert sich das
Verwaltungsgericht in ablehnendem Sinne zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde.

Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

1.
Mangels statutarischer oder reglementarischer Regelung stützt sich die
Forderung auf Rückerstattung von Leistungen der beruflichen Vorsorge, welche
eine Vorsorgeeinrichtung zu Unrecht ausgerichtet hat, sowohl im
obligatorischen Bereich (BGE 128 V 236) wie auch in der weitergehenden
Vorsorge (BGE 128 V 50) auf Art. 62 ff., insbesondere Art. 63 OR.

2.
Streitig und zu prüfen ist die Frage, ob der Beschwerdegegner der
Winterthur-Columna den Betrag von Fr. 682.75 zurückzuerstatten hat, weil
dieses Betreffnis zu Unrecht für einen Zeitraum nach dem Tod seiner Mutter
als Witwenrente ausgerichtet wurde.

2.1 Die Vorinstanz hat festgehalten, der Beschwerdegegner sei nicht Empfänger
der zu Unrecht ausbezahlten Witwenrente gewesen. Eine Rückforderung hätte
sich allenfalls gegen die Erbengemeinschaft der verstorbenen H.________
richten müssen. Weil der Beschwerdegegner nicht alleiniger Erbe sei, könne er
nicht persönlich belangt werden.

2.2 Dieser Auffassung kann nicht gefolgt werden. Mit Blick darauf, dass die
Erben Solidarschuldner (Art. 143 Abs. 2 OR in Verbindung mit Art. 603 Abs. 1
ZGB) sind und nach Art. 144 OR von Gläubigern je einzeln für einen Teil oder
auch für das Ganze belangt werden können, genügt es für die Rechtswirksamkeit
einer Rückforderungsverfügung, wenn mit dem Verwaltungsakt nur ein einzelner
Erbe ins Recht gefasst wird (BGE 129 V 71 Erw. 3.3). Ebenso müssen bei
Bestehen einer Erbengemeinschaft nicht sämtliche Mitglieder derselben
betrieben werden. Vielmehr kann ein einzelner Erbe für das Ganze belangt
werden, weshalb nur der belangten Person ein Zahlungsbefehl zuzustellen ist
(BGE 129 V 71 Erw. 3.2). Erhebt die betriebene Person Rechtsvorschlag, genügt
es dementsprechend, die Forderung allein gegen diese klageweise geltend zu
machen. Das Vorgehen der Winterthur-Columna ist daher nicht zu beanstanden.

2.3 Der in der Vernehmlassung des kantonalen Gerichts erhobene Einwand, die
zu Unrecht ausbezahlte Witwenrente sei nach dem Tod der rechtmässigen
Empfängerin ausgerichtet worden, weshalb es sich nicht um eine Schuld der
Erblasserin handle, ist unbehelflich. Zwar trifft es zu, dass die am 7. Mai
2000 verstorbene Bezügerin der Witwenrente, H.________, das für das dritte
Quartal 2000 ausgerichtete Rentenbetreffnis nicht mehr in Empfang nehmen
konnte. Dieses ging vielmehr an die Erbengemeinschaft. Wie vorstehend (Erw.
2.2 hievor) dargelegt, ist es jedoch zulässig, die Rückforderung gegenüber
einem einzelnen Erben einer Erbengemeinschaft auf dem Rechtsweg geltend zu
machen und durchzusetzen.

3.
Die Rückforderung ist im Grundsatz und der Höhe nach samt Zins unbestritten
geblieben und nach Lage der Akten ausgewiesen.

4.
Nach Art. 79 Abs. 1 SchKG kann ein Gläubiger, der auf Rechtsvorschlag hin auf
dem Wege des ordentlichen Prozesses oder Verwaltungsverfahrens einen
definitiven Rechtsöffnungstitel erlangt hat, direkt die Fortsetzung der
Betreibung verlangen, ohne dass er das Rechtsöffnungsverfahren nach Art. 80
SchKG zu durchlaufen hätte, sofern das Dispositiv des Entscheides mit
Bestimmtheit auf die hängige Betreibung Bezug nimmt und den Rechtsvorschlag
ausdrücklich als aufgehoben erklärt wird (unveröffentlichtes Urteil E. vom
25. Juni 1999, K 40/99). Auf dem Gebiete der Sozialversicherung ist die
erstinstanzlich verfügende Verwaltungsbehörde, die kantonale Rekurs behörde
bzw. das Eidgenössische Versicherungsgericht ordentlicher Richter im Sinne
von Art. 79 SchKG, der zum materiellen Entscheid über die Aufhebung des
Rechtsvorschlages zuständig ist (BGE 119 V 331 Erw. 2b, 109 V 51).

5.
Der im erst- und im letztinstanzlichen Verfahren obsiegende Sozialversicherer
hat grundsätzlich keinen Anspruch auf Parteientschädigung, ausser bei
mutwilliger oder leichtsinniger Beschwerdeführung durch die versicherte
Person (BGE 128 V 323; SVR 2001 BVG Nr. 3 S. 11 Erw. 3d/cc).

Von mutwilliger oder leichtsinniger Prozessführung (vgl. dazu BGE 128 V 324
Erw. 1b) kann im vorliegenden Fall nicht die Rede sein. Einerseits hat sich
der Beschwerdegegner weder im kantonalen noch im letztinstanzlichen Verfahren
zur Sache geäussert, andererseits hat die Vorinstanz die gegen ihn
eingereichte Klage mit dem angefochtenen Entscheid abgewiesen, was gegen die
Annahme spricht, der Beschwerdegegner habe eine offensichtlich gesetzwidrige
Position eingenommen. Der Antrag der Winterthur-Columna auf Zusprechung einer
Parteientschädigung für das erst- und das letztinstanzliche Verfahren ist
daher unbegründet.

Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:

1.
In teilweiser Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird der
Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Zug vom 26. September 2002
aufgehoben, und der Beschwerdegegner wird verpflichtet, der
Beschwerdeführerin Fr. 682.75 nebst Zins zu 5 % seit 27. September 2001 zu
bezahlen; der Rechtsvorschlag in der Betreibung Nr. ... des Betreibungsamtes
C.________ vom 27. September 2001 wird aufgehoben, und der Beschwerdeführerin
wird definitive Rechtsöffnung erteilt.

2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3.
Es wird keine Parteientschädigung zugesprochen.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Zug und
dem Bundesamt für Sozialversicherung zugestellt.

Luzern, 22. September 2003
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts

Die Vorsitzende der II. Kammer:  Der Gerichtsschreiber: