Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Anklagekammer 8G.53/2002
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8G.53/2002/kra
8G.55/2002

                A N K L A G E K A M M E R
                *************************

                      12. Juni 2002

Es wirken mit: Bundesrichter Corboz, Präsident der
Anklagekammer, Nay, Raselli und Gerichtsschreiber Monn.

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                        In Sachen

1. X.________,
2. Y.________,
Beschwerdeführer,

                          gegen

Schweizerische  B u n d e s a n w a l t s c h a f t,

                        betreffend
 Nichtanhandnahmeverfügung (Stimmenfang, Wahlbestechung),

           zieht die Anklagekammer in Erwägung:

     1.- a) X.________ und Y.________ vom "Bund der Ste-
uerzahler" reichten am 17. Februar 2002 bei der Schwei-
zerischen Bundesanwaltschaft gegen Elmar Ledergerber, SP-
Stadtrat und heute Stadtpräsident von Zürich, sowie gegen
die Veranstalter eines "Vote-In" zur Uno-Abstimmung eine
Strafanzeige wegen des Verdachts auf Wahlbestechung gemäss
Art. 281 StGB und Stimmenfang gemäss Art. 282bis StGB ein.

        Die Bundesanwaltschaft erliess am 14. Mai 2002
eine Nichtanhandnahmeverfügung.

        b) X.________ und Y.________ wenden sich innert
der Frist von fünf Tagen gemäss Art. 217 BStP an die
Anklagekammer des Bundesgerichts und führen Beschwerde im
Sinne von Art. 105bis Abs. 2 BStP. Sie verzichten aus-
drücklich "auf das Stellen von formellen Anträgen" (Be-
schwerden S. 2 Ziff. 4).

        Die Bundesanwaltschaft beantragt, die Beschwerden
seien abzuweisen.

     2.- Jedermann hat das Recht, Vergehen, die von Bundes
wegen verfolgt werden, bei der Bundesanwaltschaft anzuzei-
gen (Art. 100 Abs. 1 und 2 BStP). Besteht kein Anlass zur
Einleitung eines Ermittlungsverfahrens, so verfügt der
Bundesanwalt, dass der Anzeige keine Folge gegeben wird
(Art. 100 Abs. 3 BStP; in Kraft seit 1. Januar 2002).

        Gemäss Art. 105bis Abs. 2 BStP (in der seit
1. Januar 2002 geltenden Fassung) ist gegen Amtshandlungen
des Bundesanwalts Beschwerde an die Anklagekammer zuläs-
sig. Anwendbar sind die Verfahrensvorschriften der
Art. 214 bis 219 BStP.

        Zur Beschwerde gemäss Art. 105bis Abs. 2 BStP
legitimiert sind die Parteien sowie ein jeder, der durch
die Verfügung des Bundesanwalts einen ungerechtfertigten
Nachteil erleidet (Art. 214 Abs. 2 BStP).

        In Bezug auf Verfügungen, mit denen der Bundes-
anwalt einer Anzeige keine Folge gegeben hat, wird das
Opfer im Sinne des OHG, dem die Verfügung formell eröffnet
werden muss, im Gesetz ausdrücklich zur Beschwerde bei der
Anklagekammer des Bundesgerichts legitimiert (Art. 100
Abs. 5 BStP; in Kraft seit 1. Januar 2002).

        Demgegenüber bestimmt das Gesetz für den Anzeiger
nur, dass er über eine Verfügung, mit der der Bundesanwalt
seiner Anzeige keine Folge gegeben hat, "benachrichtigt"
werden muss (Art. 100 Abs. 4 BStP; in Kraft seit 1. Ja-
nuar 2002). Eine analoge Legitimation zu derjenigen des
Opfers gemäss Art. 100 Abs. 5 BStP fehlt. Dies spricht
dagegen, dass der Anzeiger zur Beschwerde legitimiert ist
(vgl. Bänziger/Leimgruber, Das neue Engagement des Bundes
in der Strafverfolgung, Bern 2001, Art. 100 BStP, N 236
und 237).

        Zu berücksichtigen ist überdies, dass in Fällen,
in denen der Bundesanwalt während der Voruntersuchung von
der Verfolgung zurücktritt und der eidgenössische Untersu-

chungsrichter die Untersuchung einstellt, nebst dem Opfer
nur der Geschädigte zur Beschwerde gegen die Einstellung
legitimiert ist (Art. 120 Abs. 2 BStP).

        Daraus folgt, dass allenfalls jener Anzeiger, der
zugleich direkt Geschädigter ist, durch eine Nichtanhand-
nahmeverfügung der Bundesanwaltschaft einen ungerechtfer-
tigten Nachteil im Sinne von Art. 214 Abs. 2 BStP erleiden
und zur Beschwerde gegen die Verfügung legitimiert sein
könnte. Die Frage muss jedoch nicht abschliessend geprüft
werden.

        Im vorliegenden Fall haben die Beschwerdeführer
eine Strafanzeige wegen Wahlbestechung und Stimmenfang
eingereicht. Sie sind nicht Partei des Strafverfahrens
(vgl. Art. 34 BStP), und durch die von ihnen angezeigten
angeblichen Straftaten wurden sie nicht direkt geschädigt.
Dies behaupten sie denn auch zu Recht nicht (vgl. Be-
schwerden S. 2 Ziff. 2), denn die blosse Anzeigeerstattung
genügt hiefür nicht. Folglich sind sie zur Beschwerde
nicht legitimiert.

     3.- Bei diesem Ausgang des Verfahrens haben die Be-
schwerdeführer die bundesgerichtlichen Kosten zu tragen
(Art. 245 BStP in Verbindung mit Art. 156 OG). Es ist eine
Gerichtsgebühr von je Fr. 1'000.-- anzusetzen.

            Demnach erkennt die Anklagekammer:

     1.- Auf die Beschwerden wird nicht eingetreten.

     2.- Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird den Be-
schwerdeführern je zur Hälfte auferlegt.

     3.- Dieses Urteil wird den Beschwerdeführern und der
Schweizerischen Bundesanwaltschaft schriftlich mitgeteilt.

                        _________

Lausanne, 12. Juni 2002

                Im Namen der Anklagekammer
            des SCHWEIZERISCHEN BUNDESGERICHTS
                      Der Präsident:

                  Der Gerichtsschreiber: