Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Schuldbetreibungs- und Konkurskammer 7B.76/2002
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7B.76/2002 /min

Urteil vom 1. Juli 2002
Schuldbetreibungs- und Konkurskammer

Bundesrichterin Nordmann, Präsidentin,
Bundesrichterin Escher, Bundesrichter Meyer,
Gerichtsschreiber Levante.

A. ________,
Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Patrik Gruber, boulevard de
Pérolles 26, Postfach 396, 1701 Freiburg,

gegen

Kantonsgericht Freiburg (Schuldbetreibungs- und Konkurskammer) als kantonale
Aufsichtsbehörde, Postfach 56, 1702 Freiburg.

Verwertung von Anteilen an Gemeinschaftsvermögen,

Beschwerde gegen das Urteil des Kantonsgerichts Freiburg (Schuldbetreibungs-
und Konkurskammer) als kantonaler Aufsichtsbehörde vom 19. März 2002.

Die Kammer zieht in Erwägung:

1.
Die Erbengemeinschaft C.________ sel. besteht aus B.________ in X.________
und A.________ in Y.________. Im Gemeinschaftsvermögen befinden sich 30
Liegenschaften und weitere Vermögenswerte. Im Zuge mehrerer gegen A.________
gerichteter Betreibungsverfahren pfändete das Betreibungsamt des Seebezirks
seine Liquidationsanteile am Gemeinschaftsvermögen für Forderungen von zehn
Gläubigern im Umfang von insgesamt Fr. 9'920.60. Am 12. März 2002
unterbreitete das Betreibungsamt nach Scheitern der Einigungsverhandlung die
Betreibungsakten der kantonalen Aufsichtsbehörde, um den Verwertungsmodus
festzulegen. Mit Urteil vom 19. März 2002 ordnete das Kantonsgericht Freiburg
(Schuldbetreibungs- und Konkurskammer) als kantonale Aufsichtsbehörde die
Auflösung der Erbengemeinschaft C.________ sel. an und forderte das
Betreibungsamt auf, unter den Voraussetzungen von Art. 10 Abs. 4 VVAG dem
zuständigen Friedensgericht die Teilung der Erbschaft zu beantragen.

A. ________ hat den Entscheid der Aufsichtsbehörde mit Beschwerdeschrift vom
18. April 2002 (rechtzeitig) an die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des
Bundesgerichts weitergezogen und stellt folgende Rechtsbegehren:
"1.Der angefochtene Entscheid sei aufzuheben.

2. Es sei Vormerk zu nehmen, dass die Mitglieder der Erbengemeinschaft des
C.________ bestehend aus B.________, geboren am 3. März 19.., und A.________,
geboren am 24. März 19.., eine Einigung über die Verwertung der Erbschaft
C.________ selig und die Auflösung der Erbengemeinschaft gefunden haben."
Weiter ersucht er um aufschiebende Wirkung.

Die kantonale Aufsichtsbehörde hat auf Gegenbemerkungen verzichtet. Das
Betreibungsamt des Seebezirks schliesst auf Abweisung der Beschwerde (soweit
darauf einzutreten sei). Die Miterbin und die Gläubiger als Beschwerdegegner
haben auf eine Stellungnahme verzichtet.

Durch Präsidialverfügung vom 8. Januar 2002 ist der Beschwerde aufschiebende
Wirkung zuerkannt worden.

2.
In der Beschwerdeschrift ist anzugeben, welche Abänderung des angefochtenen
Entscheides beantragt wird, und kurz darzulegen, welche Bundesrechtssätze und
inwiefern sie durch den angefochtenen Entscheid verletzt worden sind (Art. 79
Abs. 1 OG; Poudret/Sandoz-Monod, Commentaire LOJ, N. 1.1 zu Art. 79). Die
Beschwerde ist - wie aus der Begründung hervorgeht (BGE 119 III 50 E. 1) -
mit dem Antrag entgegenzunehmen, der angefochtene Entscheid sei aufzuheben
und das Betreibungsamt sei anzuweisen, von einer das Verwertungsverfahren
abschliessenden Einigung Kenntnis zu nehmen und den Erlös aus dem
vereinbarungsgemäss angestrebten Freihandverkauf des Gemeinschaftsvermögens
unter die Gläubiger zu verteilen.

3.
Die Aufsichtsbehörde hat festgehalten, dass das Betreibungsamt gemäss
kantonalen Akten am (recte) 9. Oktober 2001 die Einigungsverhandlung
durchführte. Als Lösung sei vorgeschlagen worden, dass B.________ die
Landparzellen übernehmen und das Haus A.________ überlassen würde. Das
Betreibungsamt habe in der Folge den Erben eine Frist bis zum 19. Oktober
2001 zur schriftlichen Stellungnahme eingeräumt; bis Ende Februar 2002 habe
keine (einvernehmliche) Lösung gefunden werden können. Mit Schreiben vom 26.
Februar 2002 habe das Betreibungsamt die Beteiligten aufgefordert, innert
zehn Tagen Anträge über die weiteren Verwertungsmassnahmen zu stellen. Die
Aufsichtsbehörde ist zum Schluss gelangt, der Wert des Anteils des
Beschwerdeführers an dem aus zahlreichen Grundstücken bestehenden
Gemeinschaftsvermögen sei nicht ohne weiteres bestimmbar; deshalb sei die
Auflösung der Erbengemeinschaft und die Teilung der Erbschaft anzuordnen.

4.
4.1 Die Einigungsverhandlung gemäss Art. 9 Abs. 1 der Verordnung über die
Pfändung von Anteilen an Gemeinschaftsvermögen (VVAG, SR 281.41) dient der
Herbeiführung einer gütlichen Einigung zwischen den pfändenden Gläubigern und
dem Schuldner und den anderen Teilhabern am Gemeinschaftsvermögen; unter den
Inhalt einer Verständigung gehört auch der freihändige Verkauf des
Gesamthandvermögens (Rutz, in: Kommentar zum SchKG, N. 16 a.E. zu Art. 132,
m.H.). Gelingt die gütliche Einigung nicht, so fordert das Betreibungsamt
(oder die Behörde, welche die Einigungsverhandlung leitet; Art. 9 Abs. 3
VVAG) die Beteiligten auf, ihre Anträge über die weiteren
Verwertungsmassnahmen innert zehn Tagen zu stellen, und übermittelt die Akten
der für das Verfahren nach Art. 132 SchKG zuständigen Aufsichtsbehörde (Art.
10 Abs. 1 VVAG). Die Aufsichtsbehörde kann verfügen, dass das gepfändete
Anteilsrecht als solches zu versteigern sei, oder dass die Auflösung der
Gemeinschaft und die Liquidation des Gemeinschaftsvermögens nach den für die
betreffende Gemeinschaft geltenden Vorschriften herbeizuführen sei (BGE 74
III 82 S. 83; Gilliéron, Commentaire de la LP, N. 52 zu Art. 132).

4.2 Der Beschwerdeführer bringt zunächst vor, die Miterbin habe am 25. März
2002 ihr Einverständnis zu einer gütlichen Einigung gegeben. Damit kann er
nicht gehört werden: Der angefochtene Entscheid datiert vom 19. März 2002, so
dass das tatsächliche Vorbringen des Beschwerdeführers von vornherein als
zulässiges Novum im Sinne von Art. 79 Abs. 1 OG ausser Betracht fällt.

4.3 Weiter macht der Beschwerdeführer im Wesentlichen geltend, aus dem
Schreiben des Rechtsvertreters der Miterbin vom 3. Dezember 2001 gehe hervor,
dass sich Ende 2001 eine Einigung abgezeichnet hätte bzw. die Parteien kurz
vor einer Einigung gestanden hätten; das Betreibungsamt habe (sinngemäss)
keinen vollständigen Einigungsversuch durchgeführt. Diese Vorbringen gehen
fehl. Zum einen ist die Tatsache einer kurz bevorstehenden Einigung von der
Vorinstanz nicht festgestellt worden (vgl. Art. 63 Abs. 2 i.V.m. Art. 81 OG);
neue Tatsachenbehauptungen können indessen nicht berücksichtigt werden, zumal
der Beschwerdeführer nicht geltend macht, zum Vorbringen im kantonalen
Verfahren habe keine Gelegenheit bestanden (Art. 79 Abs. 1 OG). Zum anderen
geht aus dem in den kantonalen Akten liegenden Schreiben vom 3. Dezember 2001
hervor, dass die Miterbin zur Verhinderung der Zwangsversteigerung, mithin
als Bedingung zur Einigung gefordert hat, dass der Beschwerdeführer rasch
konkrete Angaben betreffend Interessenten für die Hausparzelle mache. Dass
die Vorinstanz in Anbetracht dieser zu erfüllenden Bedingung zu Unrecht einen
Fehlschlag der Einigungsbemühungen angenommen habe, behauptet der
Beschwerdeführer selber nicht. Der Beschwerdeführer legt insoweit nicht dar
(Art. 79 Abs. 1 OG), inwiefern die Aufsichtsbehörde die Voraussetzungen
verkannt habe, um gestützt auf Art. 10 Abs. 2 VVAG über die Verwertungsart zu
entscheiden.

4.4 Sodann bringt der Beschwerdeführer vor, das Schreiben des
Betreibungsamtes vom 26. Februar 2002, mit dem den Beteiligten das Scheitern
der Einigungsbemühungen mitgeteilt und gemäss Art. 10 VVAG die zehntägige
Frist angesetzt wurde, um Anträge zu den Verwertungsmassnahmen zu stellen,
sei zu Unrecht ihm direkt (und nicht seinem Rechtsvertreter) zugestellt
worden. Dieser Einwand ist unbehelflich. Der Beschwerdeführer behauptet
erneut Tatsachen, die von der Vorinstanz nicht festgestellt worden sind;
diese können nicht berücksichtigt werden, zumal er nicht geltend macht, zum
Vorbringen im kantonalen Verfahren habe keine Gelegenheit bestanden (Art. 79
Abs. 1 OG). Im Übrigen kann auf die (sinngemässe) Rüge des Beschwerdeführers,
es verstosse gegen Treu und Glauben (Art. 5 Abs. 3 BV), wenn das
Betreibungsamt die Mitteilung an den Vertretenen und nicht an den
Rechtsvertreter gesendet habe, im Beschwerdeverfahren gemäss Art. 19 SchKG
nicht eingetreten werden (Art. 43 Abs. 1 i.V.m. Art. 81 OG; BGE 122 III 24 E.
1 S. 35). Dass dem Beschwerdeführer die Mitteilung (vgl. Art. 34 SchKG) des
Betreibungsamtes vom 26. Februar 2002 nicht zugestellt worden sei, behauptet
er im Übrigen selber nicht. Er legt auch insoweit nicht dar, inwiefern die
Aufsichtsbehörde die Voraussetzungen zum Entscheid über die Verwertungsart
(Art. 10 Abs. 2 VVAG) verkannt habe.

4.5 Gemäss Art. 10 Abs. 4 VVAG (in der Fassung vom 5. Juni 1996) ist den
Gläubigern, welche die Auflösung der Gemeinschaft verlangen, eine Frist zur
Leistung eines Kostenvorschusses anzusetzen mit der Androhung, dass im Fall
der Nichtleistung das Anteilsrecht als solches versteigert werde (BGE 80 III
117 E. 3 S. 121). Im vorliegenden Fall hat die Aufsichtsbehörde die Auflösung
der Erbengemeinschaft angeordnet und das Betreibungsamt angewiesen, seinen
Antrag auf Mitwirkung der für die Teilung zuständigen Behörde an die
Voraussetzungen von Art. 10 Abs. 4 VVAG zu knüpfen. Der Beschwerdeführer
setzt in keiner Weise auseinander, inwiefern die Anordnung der
Aufsichtsbehörde, das Betreibungsamt habe die Kostenvorschussverfügung gemäss
Art. 10 Abs. 4 VVAG zu erlassen und im Falle der Nichtleistung des
Kostenvorschusses (wohl) ohne weiteres zur Versteigerung des Anteils des
Schuldners zu schreiten, gegen Bundesrecht verstosse (vgl. Gilliéron, a.a.O.,
N. 35 zu Art. 132).

4.6 Soweit der Beschwerdeführer unter Hinweis auf die Literatur vorbringt,
die Erbengemeinschaft ende mit der Erbteilung, d.h. mit der vollständigen
Aufteilung des gesamten Nachlasses unter den Erben, und daraus schliesst, die
Aufsichtsbehörde könne die Auflösung der Erbengemeinschaft nicht anordnen,
ist sein Einwand unbegründet. Wohl trifft zu, dass ein Gläubiger die
Aufhebung der Erbengemeinschaft nicht verlangen kann, solange die Teilung von
den Erben noch nicht beschlossen worden ist; er kann die Aufhebung aber - wie
hier geschehen - indirekt erwirken aufgrund von Art. 104 und Art. 132 SchKG
sowie der VVAG durch Betreibung des schuldnerischen Erben, Pfändung seines
Anteils und Begehren der Verwertung (Schaufelberger, Basler Kommentar, N. 3
u. 4 zu Art. 609 ZGB; Tuor/Picenoni, Berner Kommentar, N. 4 zu Art. 609 ZGB).
Soweit der Beschwerdeführer weiter geltend macht, die Realteilung der
Erbschaft werde ohne Mitwirkung bzw. Einigung der Miterben und betreffend
landwirtschaftliche Grundstücke auf Schwierigkeiten stossen, und er sich zu
den Kompetenzen des Friedensgerichts als mitwirkender Behörde im Rahmen der
Realteilung äussert (vgl. Schaufelberger, a.a.O., N. 12 u. 16 zu Art. 609
ZGB, N. 12 ff. zu Art. 611 ZGB), kann er nicht gehört werden. Der
Beschwerdeführer legt in keiner Weise dar (Art. 79 Abs. 1 OG), inwiefern die
Aufsichtsbehörde ihr Ermessen überschritten oder missbraucht habe (vgl. Art.
19 Abs. 1 SchKG), wenn sie - von zwei Möglichkeiten (vgl. E. 4.1) - nicht die
Versteigerung des Erbschaftsanteils verfügt hat, sondern die Auflösung der
Gemeinschaft und die Liquidation des Gemeinschaftsvermögens nach den für die
Erbengemeinschaft geltenden Vorschriften angeordnet hat (vgl. Gilliéron,
a.a.O., N. 12 u. 34 zu Art. 132). Dass die vorinstanzliche Aufforderung an
das Betreibungsamt, dem zuständigen Friedensgericht (vgl. Art. 195
EGzumZGB/FR) die Teilung der Erbschaft zu beantragen, sich nicht mit den
bundesrechtlichen Regeln vertrage (vgl. Art. 10 Abs. 2 i.V.m. Art. 12 VVAG,
Art. 609 Abs. 1 ZGB), behauptet der Beschwerdeführer schliesslich selber
nicht. Soweit er lediglich die Unangemessenheit des angefochtenen Entscheids
geltend macht, ist er nicht zu hören, da nach Art. 19 Abs. 1 SchKG diese Rüge
vor Bundesgericht nicht vorgebracht werden kann.

5.
Somit ergibt sich, dass die Beschwerde abzuweisen ist, soweit darauf
überhaupt eingetreten werden kann. Es sei immerhin auf das Folgende
hingewiesen: Hat die Aufsichtsbehörde die Verwertungsart - hier die Anordnung
der Auflösung und Liquidation der Erbengemeinschaft - festgelegt, so
schliesst dies nicht aus, dass sich die Beteiligten auch nach diesem
Zeitpunkt noch über die Modalitäten der Verwertung einigen können (vgl. BGE
114 III 102 E. 3; 74 III 82 S. 83; Rutz, a.a.O., N. 37 zu Art. 132).

Demnach erkennt die Kammer:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, den Beschwerdegegnern (B.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Robert Friolet, Freiburgstrasse 69, Postfach 52,
3280 Murten; D.________; E.________ AG, vertreten durch F.________ AG;
G.________ AG, vertreten durch H.________ AG; Kantonale Steuerverwaltung des
Kantons Freiburg, rue Joseph-Piller 13, 1700 Freiburg; Ausgleichskasse des
Kantons Freiburg, Postfach, 1762 Givisiez), dem Betreibungsamt des Seebezirks
und dem Kantonsgericht Freiburg (Schuldbetreibungs- und Konkurskammer) als
kantonaler Aufsichtsbehörde schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 1. Juli 2002

Im Namen der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Der Gerichtsschreiber: