Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Schuldbetreibungs- und Konkurskammer 7B.69/2002
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7B.69/2002 /min

Urteil vom 21. Juni 2002
Schuldbetreibungs- und Konkurskammer

Bundesrichterin Nordmann, Präsidentin,
Bundesrichter Meyer, Bundesrichterin Hohl,
Gerichtsschreiber Gysel.

X. ________ GmbH,
Beschwerdeführerin,

gegen

den Beschluss des Obergerichts (II. Zivilkammer) des Kantons Zürich als
oberer kantonaler Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs vom 8.
April 2002 (NR020026/U).

Wiederherstellung der Rechtsvorschlagsfrist

wird festgestellt und in Erwägung gezogen:

1.
In der von P.________ gegen die X.________ GmbH eingeleiteten Betreibung Nr.
aaa händigte das Betreibungsamt W.________ am 15. Februar 2002 dem
Geschäftsführer der Schuldnerin, Dr. X.________, den Zahlungsbefehl aus. Mit
Verfügung vom 27. Februar 2002 liess das Betreibungsamt die X.________ GmbH
wissen, dass der an diesem Tag erhobene Rechtsvorschlag verspätet sei.

Mit Eingabe vom 28. Februar 2002 reichte die X.________ GmbH ein Gesuch um
Wiederherstellung der Frist zur Erhebung des Rechtsvorschlags ein. Das
Bezirksgericht Horgen (I. Abteilung) als untere kantonale Aufsichtsbehörde in
Schuldbetreibungs- und Konkurssachen wies das Gesuch am 11. März 2002 ab und
auferlegte der X.________ GmbH eine Gerichtsgebühr von Fr. 100.--.

Den von der X.________ GmbH hiergegen erhobenen Rekurs wies das Obergericht
(II. Zivilkammer) des Kantons Zürich (obere Aufsichtsbehörde) am 8. April
2002 unter Auflage einer Spruchgebühr von Fr. 100.-- ab.

Die X.________ GmbH nahm den Beschluss des Obergerichts am 10. April 2002 in
Empfang. Mit einer vom 18. April 2002 datierten und am 17. April 2002 zur
Post gebrachten Eingabe führt sie (rechtzeitig) Beschwerde an die
Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts und verlangt, dem
Wiederherstellungsgesuch zu entsprechen und die von der Vorinstanz
angeordnete Kostenauflage aufzuheben.

Das Obergericht hat auf Gegenbemerkungen zur Beschwerde verzichtet. Andere
Vernehmlassungen sind nicht eingeholt worden.

2.
Wer durch ein unverschuldetes Hindernis davon abgehalten worden ist, innert
Frist zu handeln, kann die Aufsichtsbehörde (oder die in der Sache zuständige
richterliche Behörde) um Wiederherstellung der Frist ersuchen; er muss, vom
Wegfall des Hindernisses an, in der gleichen Frist wie der versäumten ein
begründetes Gesuch einreichen und die versäumte Rechtshandlung bei der
zuständigen Behörde nachholen (Art. 33 Abs. 4 SchKG).

2.1 Das Obergericht hält mit der unteren Aufsichtsbehörde dafür, dass an das
Vorliegen eines unverschuldeten Hindernisses strenge Anforderungen zu stellen
seien. Mit dem von der Beschwerdeführerin eingereichten Arztzeugnis sei ein
Wiederherstellungsgrund nicht dargetan. Wohl bescheinige der ärztliche
Bericht, dass der Geschäftsführer der Beschwerdeführerin vom 24. bis zum 27.
Februar 2002 arbeitsunfähig gewesen sei, doch sei jener trotzdem in der Lage
gewesen, den Rechtsvorschlag (in der entsprechenden Rubrik auf dem
Zahlungsbefehl) rechtzeitig (d.h. am 25. Februar) zu unterzeichnen. Die
Vorinstanz ist der Ansicht, dass es dem Geschäftsführer unter diesen
Umständen hätte möglich gewesen sein sollen, telefonisch beim Betreibungsamt
Recht vorzuschlagen oder eine Drittperson mit der Postaufgabe zu beauftragen.
Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin sei sodann der Betreibungsbeamte
nicht verpflichtet gewesen, sie auf die Möglichkeit, den Rechtsvorschlag
telefonisch zu erklären, aufmerksam zu machen, und es sei nicht ersichtlich,
weshalb der Geschäftsführer nicht eine Drittperson mit der Postaufgabe hätte
beauftragen können. Dass kein Haushaltsmitglied anwesend gewesen sei, habe
ein Handeln innert Frist deshalb nicht als unmöglich erscheinen lassen.

2.2
2.2.1Die tatsächlichen Feststellungen der kantonalen Aufsichtsbehörden sind
für die erkennende Kammer verbindlich, es sei denn, sie seien unter
Verletzung bundesrechtlicher Beweisvorschriften zustande gekommen oder würden
auf einem offensichtlichen Versehen beruhen (Art. 63 Abs. 2 in Verbindung mit
Art. 81 des Bundesgesetzes über die Organisation der Bundesrechtspflege
[OG]). Im Verfahren vor Bundesgericht ist das Vorbringen neuer Tatsachen oder
Beweismittel nicht zulässig, wenn dazu schon im kantonalen Verfahren
Gelegenheit und Anlass bestanden hatte (Art. 79 Abs. 1 zweiter Satz OG).

2.2.2 Die Beschwerdeführerin macht nicht geltend, das Obergericht habe bei
der Ermittlung des Sachverhalts bundesrechtliche Beweisvorschriften
missachtet. Sie beschränkt sich darauf, den tatsächlichen Feststellungen der
Vorinstanz, die unter anderem auf einer (im vorliegenden Verfahren nicht
anfechtbaren) Würdigung des eingereichten Arztzeugnisses beruhen, ihre eigene
Darstellung entgegenzuhalten. Das Vorbringen, ihr Geschäftsführer habe den
Rechtsvorschlagsvermerk am 23. Februar 2002 mit dem Datum vom 25. Februar
2002 versehen und unterzeichnet und habe (am 24. und 25. Februar 2002) mit
schweren Fieberschüben im Bett gelegen, findet im angefochtenen Entscheid
keine Stütze und ist deshalb unbeachtlich. Unzulässig ist nach dem Gesagten
auch der Antrag, Dr. V.________ als Zeuge einzuvernehmen. Die Ausführungen zu
den Erläuterungen des Betreibungsbeamten bei der Übergabe des Zahlungsbefehls
betreffen ebenfalls tatsächliche Verhältnisse: Sie sind, wie auch der Antrag
auf Befragung des Betreibungsbeamten, hier nicht zu hören. Im Übrigen ist zu
bemerken, dass eine fehlende Kenntnis von der Möglichkeit telefonischer
Erhebung eines Rechtsvorschlags die Verweigerung der Wiederherstellung der
Rechtsvorschlagsfrist nicht als bundesrechtswidrig erscheinen liesse, da vom
Geschäftsführer der Beschwerdeführerin erwartet werden durfte, dass er sich
mit dem Betreibungsamt in Verbindung setze und zusätzliche Informationen
einhole.

3.
Die Beschwerdeführerin scheint die vorinstanzliche Gebührenauflage nur für
den Fall anfechten zu wollen, dass die Beschwerde gutzuheissen sein sollte.
Dass es dem Grundsatze nach gegen Bundesrecht verstosse, im
Wiederherstellungsverfahren Kosten aufzuerlegen, legt sie jedenfalls in
keiner Weise dar (vgl. Art. 79 Abs. 1 OG).

Demnach erkennt die Kammer:

1.
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.

2.
Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin, dem Beschwerdegegner P.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Peter Hänseler, Baarerstrasse 53, 6304 Zug,
dem Betreibungsamt W.________ und dem Obergericht (II. Zivilkammer) des
Kantons Zürich als oberer kantonaler Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung
und Konkurs schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 21. Juni 2002

Im Namen der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Der Gerichtsschreiber: